Unlock!

Unlock Cover
Cover / Foto: Brettspielpoesie

Exit-/Escape-Spiele sind schon letztes Jahr auf der Spiel in Essen groß herausgekommen. Ich habe euch bisher die Ansätze von Kosmos, Noris und HCM Kinzel versucht näher zu bringen. Nun geht es um den vierten Verlag, der sich des Themas angenommen hat und dabei wieder eine eigene Umsetzung präsentiert. Unlock! von den Space Cowboys besteht nur aus nummerierten Karten und ist an eine App gekoppelt. Es ist sogar bereits Preisträger des As d’Or – Jeu de l’Année, dem französischen Spiel des Jahres. Und dieser Preis wurde bereits drei Wochen nach dem Erscheinungstermin in Frankreich vergeben. Ob dies nun der Tatsache zu verdanken ist, dass es noch kein anderes Escape Brettspiel in französischer Version zu diesem Zeitpunkt gab und man den Grundgedanken prämieren wollte, die Verbundenheit mit den französischen Autoren oder tatsächlich das Spielgefühl den Ausschlag dafür gegeben hat, kann ich nur spekulieren.

Spielmaterial:

Die Grundbox enthält in Deutschland Karten für die drei Teile ‘Die Formel’, ‘Die Mausefalle’ und die ‘Die Insel des Dr. Soorse’ sowie eine kurze Demo zum Einstieg. Diese ist zusammen mit dem Szenario ‘Die Formel’ eingeschweißt. Jedes Kartenset ist anders illustriert. Die zugehörige App kann kostenfrei für die Betriebssysteme Android und iOS herunter geladen werden. Sie hat mittlerweile ein sinnvolles Update erhalten.

Unlock Spielmaterial
Spielmaterial / Foto: Brettspielpoesie

Spielmechanismus:

Das Ziel solcher Spiele sollte bekannt sein: Innerhalb eines Zeitlimits (60 Minuten) aus dem Raum zu entkommen. Die Räume werden hierbei auf Karten dargestellt, die vor dem Spiel gemischt und unter den Spielern verteilt werden. Sie zeigen Nummern für alle relevanten Gegenstände. Zu diesen existieren wiederum Karten, die man ebenfalls aufdecken darf. Es gibt dabei verschiedene Arten von Karten. Manche zeigen Puzzleteile in rot oder blau, solche Karten können miteinander kombiniert werden, indem die Zahl eines roten Puzzleteils zu der Zahl eines blauen addiert wird. Zu der gefundenen Zahl kann man dann nachsehen, ob eine Karte existiert. Ist die Lösung korrekt, werden die dafür genutzten Karten abgeworfen, um die Übersicht zu behalten. Maschinen können ebenfalls Zahlen liefern, die kombiniert werden können. Die Hinweise, welche Zahlen einer Maschine benötigt werden, erhält man durch Lösung bestimmter Rätsel. Hat man ein Schloss und meint die Lösung zum zugehörigen Code zu wissen, muss man diesen Code in der App eingeben. Die Rückmeldung gibt an, ob man die richtige Spur verfolgt hat oder zieht 3 bzw. 5 Minuten als Strafe von der verbleibenden Zeit ab.

Natürlich kann man sich auch wieder Hinweise geben lassen. Doch diese haben uns in keinster Weise weiter geholfen. Zu jeder Karte kann man sich einen Tipp anzeigen lassen, indem man die Nummer der Karte eingibt. Es ist in bestimmten Situationen auch möglich sich versteckte Hinweise anzeigen zu lassen, ohne die man sonst nicht weiter kommen kann.

Spielende:

Das Spiel endet, wenn man auch den letzten Code zum Verlassen der Umgebung lösen konnte. Dann errechnet die App eine Bewertung von 0 bis 5 Sternen. Sobald der Countdown abgelaufen ist, wird die Zeit hochgezählt, sodass man am Ende weiß, wie lange man damit beschäftigt war. Die Bewertung wird aus der benötigten Zeit in Kombination mit den Falscheingaben und angeforderten Hinweisen ermittelt.

Spieleranzahl:

Ähnlich wie bei anderen Exit-/Escape-Spielen ist meiner Meinung nach eine Spielerzahl von 3-4 Spielern optimal. Beim dritten Abenteuer tritt man in zwei Gruppen an, daher würde ich vier oder gar sechs Spieler empfehlen, um gleichgroße Gruppen zu haben. Zu zweit wird es sicher kniffeliger, weil beide Personen zu Beginn auf sich alleine gestellt sind und der Austausch fehlt.

Glücksfaktor?

Es verhält sich so, wie bei den anderen Escape-/Exit Spielen. Die Gabe Rätsel zu lösen ist erforderlich, dabei sollte man logisch denken und kombinieren können. Nur bei den Wimmelbild-artig versteckten Hinweisen, ist es manchmal einfach Glück die Zahl zu entdecken oder eben nicht, auch wenn man sich gewissenhaft umgesehen hat.

Fazit:

Viel Hoffnung wurde in das neue Spiel der Space Cowboys gesteckt, schließlich hat uns noch keines der Spiele dieses Verlags enttäuscht. Doch Unlock! hinterließ nach dem ersten Szenario ‘Die Formel’ einen faden Beigeschmack. Wir haben vollends versagt, waren über der Zeit, haben mehrere falsche Codes eingegeben und diverse Strafen erhalten. Und alles nur, weil wir etwas übersehen hatten. Okay, das ist zumindest realistisch, denn in einem echten Escape Room kann einem genau dies passieren. Man kommt auf eine Lösung nicht, weil man etwas übersehen hat, ist uns selbst vor Kurzem erst passiert. Wären wir an einem Rätsel kläglich gescheitert, hätte das jedoch ein besseres Gefühl hinterlassen, als zu wissen dass man den richtigen Gedankengang hatte, aber Informationen gefehlt haben, die man eben schlicht übersehen hat. Die Hilfefunktionen der App waren zu dem Zeitpunkt als wir es gespielt hatten, einfach nicht brauchbar. Da ist es vor allem ärgerlich, dass man durch die Hinweise in der Bewertung runter gestuft wird, auch wenn die Hilfen überhaupt nicht geholfen haben. Wobei wir uns auch eingestehen müssen, dass wir nicht alle Funktionen der App genutzt haben, sonst hätten wir zumindest beim ersten Teil sicher Zeit und Fehleingaben sparen können. Die übersehene Zahl hat zu einer Hilflosigkeit geführt, die uns erst dazu veranlasst hat, alles mit jedem zu kombinieren, um irgendwie weiter zu kommen, was uns diverse Strafen eingebracht hat.

Im zweiten Szenario im Sinne eines Point-and-Click-Adventures kamen wir in gleicher Besetzung schon besser zurecht. Für das dritte brauchten wir dann weitere Mitspieler, da sich diese in zwei Gruppen aufteilen müssen, die auf der Insel an anderen Orten beginnen und vor der Lösung zueinander finden müssen. Leider kamen wir zu Beginn nicht wirklich weiter, alle angezeigten Hinweise wussten wir bereits. Beide Gruppen müssen dabei auch gemeinsam Rätsel lösen, obwohl jeder nur die eigenen Gegenstände sieht. Das hat an sich richtig Spaß gemacht und wäre dieses eine Rätsel zu Beginn nicht gewesen, wäre unsere Zeit auch gar nicht so katastrophal. Mehr solch innovativer Ansätze bitte!

Die Bestrafungen sind der nächste Wermutstropfen. Beim Chrono Decoder von Noris bekommt man eine Minute für einen falschen Code abgezogen, das finde ich fair. Schließlich soll ja verhindert werden, dass man durch ausprobieren auf die Lösung kommt. Und wenn man mal der falschen Fährte gefolgt ist, soll man auch ein wenig bestraft werden. Bei Unlock! sind es jedoch glatt 3 oder 5 Minuten. Diese Bestrafung muss man zum Teil selbst auslösen, man könnte also einfach darauf verzichten, um das Endergebnis nicht zu sehr zu beeinflussen, aber im Sinne der Erfinder ist das ja auch nicht. In seltenen Fällen kann es sogar passieren, dass man zwei Karten kombiniert und die Addition beider Zahlen einen Wert ergibt, der als Karte existiert, diese aber nicht gemeint ist. So spoilert man sich selbst, was wirklich schade ist. Andere mögliche Kombinationen werden abgefangen, indem die Karten dazu existieren, aber eine der eben beschriebenen Strafen mit sich bringt. Das Handling der Karten zu bewerten, fällt mir wirklich nicht leicht. Zeitweise hatte ich das Gefühl mehr Zeit mit der Suche nach einer Zahl im Kartenstapel zu verbringen, als mit dem eigentlichen Lösen der Rätsel. Und irgendwann beginnt man überall Zahlen zu sehen, die gar nicht existieren, weil man einfach davon ausgehen muss, dass überall Zahlen versteckt sind. Die Kombination der Karten durch Addition finde ich eine schöne Idee, leider nicht stringent umgesetzt was die Kombination der verschieden farbigen Karten angeht. Die Karten werden hierbei in keinster Weise verändert oder zerstört, das Spiel ist zwar für die Spieler kein weiteres Mal spielenswert, aber kann an andere Spieler problemlos ausgeliehen werden.

Mir gefällt die Integration der App in das Spiel, aber ich kann auch nachvollziehen, dass sich Smartphone-Verweigerer benachteiligt fühlen, weil das Spiel ohne App schlicht nicht funktioniert. Großer Vorteil für den Verlag: Durch Anpassungen der App ist es problemlos möglich das Spielgefühl zu verbessern und dies allen Spielern kurzfristig zur Verfügung zu stellen, ohne dass die Spieler Geld für neues Spielmaterial ausgeben oder sich etwas ausdrucken müssen. Allerdings fühlt man sich als Spieler vor der App-Anpassung ein wenig als Versuchskaninchen. Zwei weitere, eigenständige Spiele dieser Reihe sind noch für dieses Jahr angekündigt. Das Potenzial ist da und ich bin sehr gespannt, wie sich die neuen Abenteuer spielen lassen. Auch wenn es mich von den bisher am Markt existierenden Spielen dieser Art weniger überzeugt hat als andere, ist jetzt schon sicher, dass ich alle kommenden Fälle spielen werde. Ich mag diese Art der Rätselspiele einfach und die Grundidee der Umsetzung ist ein spannender Ansatz.

Wertungsnote 4/6

Verlag: Space Cowboys / Vertrieb: Asmodee
Autor(en): Alice Carroll, Thomas Cauët, Cyril Demaegd
Erscheinungsjahr: 2017
Spieleranzahl: 2 – 6 Spieler
Dauer: 60 Minuten

Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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