Das tiefe Land

Das Tiefe Land Cover
Cover / Foto: Feuerlandspiele

Dies ist ein Spiel, welches wie für mich gemacht zu sein scheint. Auf den ersten Blick bietet es alles, was von einem typischen Rosenberg erwartet wird: Schafe, Deiche, Workerplacement. Doch ist es nicht von Uwe Rosenberg, sondern ein Werk von Fans des Erfolgsautors bei dem die Spieler in die Rolle von Schafzüchtern schlüpfen. Ein Traum für mich! Ich erinnere mich noch an einen Urlaub an der Nordsee, wo mir eine ganze Herde Deichschafe einfach so hinterher gelaufen ist. Okay, sie waren durch einen Zaun von mir abgegrenzt, es war das für ein besonderes Gefühl :-D Und nun kann ich dies am Spieltisch erneut durchleben. Doch werden wir sogleich aus der heilen Welt herausgezogen, denn die Flut kommt und wir sollten dafür sorgen, dass der Deich hält, damit unsere Schafe nicht ertrinken.

Spielmaterial:

Das Spielmaterial ist sehr hochwertig, wie man es von diesem Verlag kennt. Dazu gehört auch eine prall gefüllte Schachtel, deren Inhalt ich hier gar nicht im Detail aufführen möchte. Ein großer Spielplan gelangt in die Mitte, jeder Spieler erhält einen eigenen Hofplan mit Schönwetter- und Schlechtwetterseite (die nur optische, aber keine spielerischen Unterschiede aufweisen), ein kleines Einkommenstableau und eine Spielübersicht. Dazu drei Bauern einer Farbe, vier Häuschen und einen Anzeiger aus Holz sowie ein. Ebenso aus Holz sind die Baustoffanzeiger, die Flutsteine, die Deichbauteile, die Grenzteile und natürlich jede Menge Schafe. Es gibt Flut- und Baustoffkarten, fast fünfzig Hofausbauplättchen und jede Menge Stanzmaterial als Münzen oder weitere Marker. Zusätzlich zur Anleitung ist eine Übersicht aller enthaltener Gebäude dabei.

Spielmechanismus:

In drei Runden, die aus verschiedenen Phasen bestehen, schlüpfen die Spieler in die Rolle von Schafzüchtern, die mit ihren Tieren hinterm Deich direkt am Meer leben. Und genau dies kann zum Problem werden, denn eine Sturmflut naht, der Deich muss ausgebaut werden, um sich gegen die Wassermassen schützen zu können. Jeder Spieler verfügt über drei Arbeiter mit unterschiedlich vielen Aktionspunkten, die alle in jeder der sechs Arbeitsphasen eingesetzt werden können. Es stehen auf den eigenen Hofplänen dafür fünf mögliche Aktionen zur Verfügung, man wird sich also nicht um alles kümmern können.

Das Tiefe Land Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Als Aktion können Rohstoffkarten erworben werden, diese sind für Hof- und Deichbau von Nöten. Der eigene Hofplan umfasst 4×5 Felder, die mit Gebäuden, Anlagen oder Schafweiden belegt werden können. Jeder Spieler kann maximal vier Gebäude errichten, aber beliebig viele Anlagen, solange er Platz dafür hat. Mit diesen Hofausbauten können Vorteile im Spielverlauf erworben werden, es können Siegpunkte bei Spielende generiert und zusätzliche Plätze für Schafe errichtet werden. Die Schafe laufen weg, wenn sie nicht eingezäunt sind, also müssen auch immer ausreichend Grenzteile oder Gebäude um die Schafe herum existieren. Gebäude und Grenzteile zu errichten hat zudem den Vorteil, dass mehr Einkommen freigeschaltet wird. So kann man ebenfalls an die fast überall benötigten Handkarten gelangen. Um am Deich zu bauen, werden Rohstoffe einer Sorte abgegeben und erst wenn das Materiallager komplett gefüllt ist, kann ein Deichteil platziert werden. Anschließend muss mit einem anderen Rohstoff weiter gearbeitet werden. Für jeden eingesetzten Rohstoff geht es auf der Deichleiste voran. Zudem muss der aktive Spieler einem Mitspieler anbieten mitzubauen. Der Mitspieler darf dabei maximal so viele Rohstoffe geben, wie der aktive Spieler und erhält ebenso Schritte auf der Deichleiste dafür. Auf dieser Leiste können  kleine Zwischenboni freigeschaltet werden, die sich von Partie zu Partie unterscheiden können.

Das Tiefe Land Deichbau
Deichbau / Foto: Brettspielpoesie

Nach je zwei Aktions- und Verwaltungsphasen kommt die Flut, dann muss der Deich lang und hoch genug sein, um die Flutsteine aufzuhalten, die entsprechend aufzudeckender Flutkarten platziert wurden. Gelingt dies, werden die Spieler belohnt, die am meisten zum Deichbau beigetragen haben und zwar in Relation zum Einsatz anderer Mitspieler. Bricht der Deich, ist der Spieler mit dem größten Einsatz fein raus, alle anderen bekommen in Relation zu dessen Einsatz bestimmte Marker, die sich bei Spielende negativ auswirken können. Außerdem wird in beiden Fällen der Wertanzeiger beeinflusst, er gibt die Punkte bei der Wertung am Spielende an, aber auch den Ein-/Verkaufswert der Schafe während der Partie. Hält der Deich die gesamte Partie über, wird der Einsatz am Deich bei Spielende nicht mehr belohnt, dafür gibt es die meisten Punkte für Schafe bei Spielende.

Das Tiefe Land Hofplan
Hofplan / Foto: Brettspielpoesie

Spielende:

Auf die dritte Runde folgt die Sturmflutphase, in der die speziellen Sturmflutgebäude gewertet werden, von denen jeder Spieler maximal eines verbauen darf. Es folgt ein letztes Mal die Prüfung ob der Deich hält. Sollte das nicht der Fall sein, müssen die Spieler für jeden Deichbruchmarker ein Schaf abgeben, können sie das nicht, ist der aktuelle Wert in Talern für jedes fehlende Schaf fällig. Hat der Deich gehalten, werden die Marker einfach abgelegt. Je nachdem wo sich der Wertanzeiger nun befindet, der durch die Prüfung des Deichs während der Partie verschoben wird, variiert der Gewinn für Schafe und die Belohnung für Investitionen in den Deichbau. Jeder Taler ist ein Punkt Wert, die Hofausbauten können Punkte einbringen und je zwei Karten ergeben einen Punkt. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten. Für die Ermittlung liegt ein hilfreicher Wertungsblock bei.

Spieleranzahl:

Das Tiefe Land funktioniert mit jeder Spielerzahl gut. Je nach Spieleranzahl variiert der Schafmarkt, er bietet dann mehr oder weniger Platz für den Kauf und Verkauf. Die Anzahl der Sturmflutgebäude im Spiel hängt ebenfalls von der Spielerzahl ab, sonst wird das gleiche Spielmaterial verwendet. Im Spiel zu zweit gibt es noch die Möglichkeit beim Deichbau anstelle des Gegenspielers den Markt zu “fragen”, ob er mitbauen möchte. Das kostet einen Taler, aufzudeckende Karten entscheiden über das Mitbauen. Das ist natürlich etwas glückslastig, aber imitiert in meinen Augen gut einen Spieler, dessen Karten und Vorhaben man auch nicht genau durchschauen kann. Es ermöglicht immerhin die Option nicht den Konkurrenten mitbauen lassen zu müssen, der aktive Spieler wird aber auch nicht für diese Option belohnt, wie wenn ein Mitspieler mitbauen würde.

Glücksfaktor?

Der Glücksfaktor ist in diesem Spiel gering. Es gibt ein paar Zufallselemente, welche für eine gewisse Spannung notwendig sind. Dazu gehören zum Beispiel die Flutkarten, bei denen aber für eine gewisse Planung auf der Rückseite der Wertebereich angegeben ist. Bei den Rohstoffkarten wird der Glücksanteil durch eine offene Auslage minimiert. Von den 46 Hofausbauten kommen in der Regel auch nicht alle ins Spiel, das ist vielleicht mal schade, wenn man auf eine bestimmte Kombo hofft, aber es ist auch schön, dass nicht immer dieselben ins Spiel gelangen, um auch andere Strategien zu forcieren.

Fazit:

Dieses Spiel ist ganz nach meinem Geschmack und das sage ich nicht nur weil es meine Lieblingstiere als zentrales Element enthält ;-) Wie so oft bei Spielen dieser Art, agieren die Spieler hierbei zwar hauptsächlich auf ihrem eigenen Hofplan, was sich relativ solitär anfühlt, doch bei Das Tiefe Land bauen sie ebenso gemeinsam am Deich. Und wer die Aktion Deichbau wählt, muss einem Mitspieler ermöglichen mitzubauen. Dabei gibt es verschiedene Herangehensweisen. Man kann den am weitesten hinten liegenden Spieler wählen, doch wird dadurch das Einkommen bei einer Flut geringer, weil der Abstand verringert wird. Man kann genau so versuchen den hinten liegenden Spieler nicht mitbauen zu lassen, um sich noch weiter von ihm abzusetzen. Beim Karten ziehen der Mitspieler aufzupassen lohnt sich, um einschätzen zu können, wer überhaupt die Möglichkeit hat mitzubauen. Das erzeugt eine schöne Interaktion. Diese fehlt dafür beim Worker Placement, da es keine gemeinsamen Einsatzfelder für die Bauern gibt, sondern jeder seine eigenen Aktionsfelder hat. Dies ist dennoch kniffelig, denn die Werte der Bauern geben ihre Einsatzmöglichkeit bzw. ihren Ertrag an und es wird teurer, soll die gleiche Aktion in einer Rund erneut ausgeführt werden.

Dabei fühlt sich das Spiel wahnsinnig thematisch an. Wenn der Deich bricht, verlieren die Schafe an Wert, weil alle aus Platznot ihre Schafe verkaufen wollen und der Markt übersättigt ist. Hält der Deich ist Platz genug und Schafe werden wertvoller, wir wollen diese ja eigentlich auch gar nicht verkaufen, sondern schön weiter vermehren. Der Verkauf ist in diesem Spiel lediglich ein Mittel zum Zweck, um noch etwas Profit heraus zu holen, wenn nicht ausreichend Platz für alle geschaffen werden konnte. Einzig dass für ein Deichstück immer nur ein Rohstoff verwendet werden darf, ist vielleicht nicht ganz thematisch, dafür ein wichtiger spielmechanischer Aspekt. Die Hofausbauplättchen sorgen für viel Varianz, manche ergänzen sich hervorragend, solche Synergien gilt es zu erkennen und zu hoffen, dass die Mitspieler einem keinen Strich durch die Rechnung machen.

Auch wenn es viele Detailregeln gibt, sind diese für geübte Spieler recht schnell zu erfassen, die Spielerübersichten helfen dabei enorm und erleichtern auch das Erklären, wenn man sich an den dort beschriebenen Phasen entlang hangelt. In den ersten Partien wird man allerdings noch häufig zu der Gebäudeübersicht greifen, da diese nicht immer selbsterklärend sind, das bremst das Spiel ein wenig aus. Es sind wirklich nur so Kleinigkeiten, an denen man sich stören kann, doch diese führen dazu, dass ich dem Spiel nicht die beste Wertung geben kann. Es gibt einfach Spiele, die mir noch ein wenig besser gefallen und mich eher zu einer weiteren Partie verleiten. Ich hatte an allen Partien im Vorfeld dieser Rezension Spaß, bin aber unsicher wie groß die Varianz am Ende wirklich ist, da die Partien schon recht ähnlich verliefen. Man erkennt bei den Gebäuden verschiedene Kombinationen, die man mal ausprobieren möchte, doch ich fürchte irgendwann hat man alle mal gespielt. Es bleibt das semi-kooperative Element des Deichbaus mit dem anschaulichen 3D-Material und die Auswirkungen auf die Punktevergabe bei Spielende, die in meinen Augen den besonderen Reiz dieses Spiels ausmachen.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Feuerlandspiele
Autor(en): Claudia & Ralf Partenheimer
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 50 – 100 Minuten

Vielen Dank an Feuerlandspiele für die Bereitstellung eines vergünstigten Rezensionsexemplares!

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