Die Gefährten des Marco Polo

Die Gefährten des Marco Polo Cover
Cover / Foto: Schmidt Spiele

In meiner Rezension zum Sieger des Deutschen Spielepreis 2015, Auf den Spuren von Marco Polo, habe ich den enormen Wiederspielreiz durch die vielen variablen Elemente hervor gehoben, die jede Partie etwas anders erscheinen lassen und andere Strategien erfordern. Man könnte meinen, dass ein solch variables Spiel gar keine Erweiterung benötigt. Zum Gewinn des DSP gab es bereits eine Mini-Erweiterung, die unter anderem auch neue Charaktere enthielt. Doch vergangenes Jahr war es dann so weit und Hans im Glück präsentierte Die Gefährten des Marco Polo. Wer möchte kann nun mit den Töchtern, der Frau oder dem Sklaven Marco Polos spielen. Es ist eine modulare Erweiterung, mit zusätzlichem Spielplan und vor allem der Möglichkeit einen fünften Spieler teilhaben zu lassen. Doch möchte man das überhaupt?

Spielmaterial:

Der Spielplan wird um die Stadt Venedig erweitert. Diese setzt sich aus zwei kleineren Spielplanteilen zusammen  und wird an den Original-Spielplan angelegt. Es gibt einen kompletten Satz an Spielmaterial für einen Spieler in der Farbe lila. Außerdem jeweils vier zusätzliche Handelsposten für die vier Spielerfarben des Grundspiels. Daneben von allem ein wenig mehr: Weitere Stadtboni, Kamele, Aufträge, Charaktere inkl. Zusatzmaterial, Stadtkarten und Zielkarten. Alle neuen Stanzteile und Karten zeigen eine kleine, weiße Taube, um sie leicht vom Material des Grundspiels auseinander halten zu können.

Spielmechanismus:

Das Zusatzmaterial kann ohne weitere Module dem Grundspiel für mehr Abwechslung beigefügt werden. Möchte man mit fünf Spielern spielen, muss die Stadt Venedig hinzugenommen werden. Bei weniger Spielern ist dies eine Option. Dann bekommen die Spieler vier weitere Handelsposten, da in Venedig weitere Plätze dafür vorhanden sind und das Erreichen der Boni für platzierte Handelsposten nicht zu leicht gemacht werden soll. Diese erreicht man jedoch nicht über die Reise-Aktion, sondern über das neue Aktionsfeld des Venedig-Spielplans. Dort steht ein Aktionsplatz weniger zur Verfügung, als Spieler dabei sind, sodass mindestens ein Spieler pro Runde leer ausgeht. Beim Platzieren werden keine weiteren Kosten fällig, es sei denn die Strecke verlangt es (ähnlich wie bei der Reise-Aktion). Platziert werden kann vom untersten Feld ausgehend immer nur angrenzend zu einem Ort, an dem man bereits einen Handelsposten platziert hat. Drei der Orte bieten dauerhafte Stadtboni, die anderen Ortsaktionen. Für die Orte des Original-Spielplans gilt bei fünf Spielern, dass jeder Ort fünf Handelsposten aufnehmen kann, auch wenn dort nur jeweils vier Plätze abgedruckt sind.

Die Gefährten des Marco Polo Spielsituation
Die Gefährten des Marco Polo Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Zusätzlich können die neuen Gefährten mitspielen. Von den neun Plättchen stehen pro Runde sechs zufällige zur Verfügung sowie ein weiteres Aktionsfeld, um an diese zu gelangen. Die Gefährten haben unterschiedliche Eigenschaften, die für den Spieler in der laufenden Runde gelten. Günstigere Reisen, bessere Marktbedingungen oder zusätzliches Einkommen sind einige Beispiele. Einer dieser Gefährten kommt nur zum Einsatz, wenn mit der Stadt Venedig gespielt wird. Er bietet eine zusätzliche Platzierungsaktion in dieser Stadt.

Spielende:

Das Spielende wird von dieser Erweiterung nicht beeinflusst. Auf dem Venedig-Spielplan werden für die Endabrechnung jedoch weitere Bonuspunkte vergeben, wenn die Spieler an bestimmten Orten ihre Handelsposten platziert haben.

Spieleranzahl:

Die maximale Spielerzahl kann mit dieser Erweiterung auf fünf Spieler erhöht werden. Laut Verlag erhöht sich die Spieldauer dadurch um weitere 20 – 25 Minuten, in unseren Partien empfand ich es etwas länger. Bei fünf Spielern kann eben mehr blockiert werden, sodass häufiger umgeplant werden muss. Mit etwas mehr Spielpraxis für alle fünf Spieler, geht das sicher auch etwas flotter.

Glücksfaktor?

Diese Erweiterung hat keinen nennenswerten Einfluss auf den Glücksfaktor. Lediglich die Gefährten bringen etwas Zufall hinein, da man nie wissen kann, welche Gefährten genau zur Verfügung stehen. Drei bleiben in jeder Runde außen vor, dadurch kann es passieren, dass manch einer in einer Partie gar nicht zu sehen ist. Doch genau diese Unberechenbarkeit finde ich reizvoll, da es vermutlich zu verhindern versucht, dass man sich komplett auf die Auswirkungen eines bestimmten Gefährten verlassen kann.

Wird mit einem fünften Spieler gespielt, gibt es mehr Gerangel um die kostenlosen Aktionsplätze. Da kann man die doch sehr positiven Effekte der Gefährten als Kompensation sehen. Zwei der Charaktere bringen zufällige Elemente (andere Charaktere oder Bonuskarten) mit, einen davon zu wählen ohne die weiteren Elemente zu kennen ist natürlich glückslastig. Daher wird geübten Spielern empfohlen erst die Elemente vor der Auswahl der Charaktere zu ziehen.

Fazit:

Diese Erweiterung ist gut durchdacht. Sie gibt einem großartigen Spiel einen neuen Schliff, dreht es aber nicht komplett auf links. Es fühlt sich bekannt an, aber dennoch frisch. Und auch wenn Partien zu fünft länger dauern, so gefällt mir diese Möglichkeit, da die 4-Spieler-Marke ein großes Manko vieler Expertenspiele ist. Ab jetzt jede Partie zu fünft zu spielen, wäre mir persönlich jedoch zu anstrengend und zu zeitintensiv.

Doch bietet die Erweiterung auch daneben noch einiges. Der Venedig-Spielplan ist nicht einfach nur eine Erweiterung des Spielplans um weitere Orte, da zu diesen nicht wie gewohnt gereist werden kann. Das kann anfänglich etwas verwirren, es ermöglicht ganz neue strategische Ansätze. Schließlich kann man darüber sechs Handelsposten platzieren, die nicht auf dem normalen Spielplan gesetzt werden müssen. Dafür erhält man weitere Rundenboni und Stadaktionen. Besonders die Reiseaktion bei dem obersten Ort ist sehr lukrativ, da sie das Platzieren weiterer Handelsposten erleichtert, um dafür die bekannten Boni zu erhalten. Die Spielerreihenfolge wird aber weiterhin über die normale Reiseaktion festgelegt, damit bleibt sie ebenfalls lukrativ. Denn nur als Startspieler hat man den ersten Zugriff auf alle  Aktion und somit auch auf die Aktion, die es erlaubt Handelsposten nach Venedig zu setzen. Wer dort zu Beginn eine hohe Würfelaugenzahl platziert, kann es den Mitspielern erschweren das Aktionsfeld ebenfalls zu nutzen.

Die neuen Elemente der Erweiterung beeinflussen auch die Fähigkeiten altbekannter Charaktere, sodass es erneut vieles zu entdecken und zu optimieren gibt. Wer von einer Erweiterung erwartet, dass sie ein völlig neues Spielgefühl erzeugt, der sollte hier die Finger von lassen. Doch wer mit “more of the same” zufrieden ist, der kann bedenkenlos zuschlagen und sich wieder intensiver auf die Spuren von Marco Polo begeben.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Hans im Glück Verlag
Autor(en):
Simone Luciani, Daniele Tascini 
Erscheinungsjahr:
2017
Spieleranzahl:
2 – 5 Spieler
Dauer:
ca. 20 – 25  Minuten pro Spieler

Vielen Dank an Schmidt Spiele für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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Eine Antwort auf „Die Gefährten des Marco Polo“

Hallo,

also meiner Meinung nach ist es nicht nur more of the same. Im Grundspiel herrscht Knappheit an allen Ecken und Enden und die 100 Punkte zu knacken ist auch im 2er-Spiel nicht immer an der Tagesordnung. Mit der Erweiterung wird das aufgehoben und das Spiel ist eher ein „Race to the Points“, bei dem der Sieger oft mehr als 100 Punkte hat und im zweier Spiel sind 100 Punkte sogar eher ein schlechtes Ergebnis. Vom Mangel ist deutlich weniger zu spüren. Dadurch bekommt das Spiel einen deutlich anderen Charakter, ohne die Wurzeln zu verleugnen. Just my 2 Cents.

Viele Grüße,
Andreas.

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