Rajas of the Ganges

Rajas of the Ganges Cover
Cover / Foto: Huch!

Was verbindet man hierzulande in der Regel mit Indien? Da fallen mir Curry-Gerichte (hmm, lecker…) ein. Dann diese Holi-Feste, bei denen man mit bunten Farben um sich wirft. Auch wenn man mich bei so einer Veranstaltung niemals treffen wird,  scheint es ja seine Fans zu finden. Und natürlich Bollywood-Filme. Ähnlich bunt und etwas kitschig kommt optisch das neue Werk von Inka und Markus Brand daher, welches bei Huch! erschienen ist. Hinter der bunten Fassade steckt ein tolles Worker Placement Spiel, bei dem es mal nicht um Produktion und Handel von Wolle, Lehm und Erz geht, sondern Würfel die verfügbaren Ressourcen darstellen. Nach der Spiel’17 war es zunächst ausverkauft, doch nun steht der Nachdruck in den Startlöchern. Der beste Zeitpunkt, um euch meine Meinung zu diesem Spiel zu verraten.

Spielmaterial:

Ein doppelseitig bedruckter, bunter Spielplan mit zwei gegenläufigen Geld- und Ruhmesleisten ist das zentrale Element dieses Spiels. Genauso wie die 48 Würfel in den vier Farben blau, grün, orange und pink, die sich leider sehr schnell abnutzen. Bei unseren verlieren manche Würfel die Farbe ihrer Augenzahlen, aber es bleibt spielbar.

Dazu kommen noch 64 Provinzplättchen, die auf den Spielertableaus platziert werden können. Jeder Spieler erhält zudem eine Kali-Statue aus Pappe zur Aufbewahrung der Würfel sowie mehrere Arbeiter, ein Schiff, Marker und Klötzchen aus Holz und einen Bonusmarker aus Pappe. Zur Kennzeichnung des Startspielers ist ein zusammen steckbarer Elefant enthalten, dessen Plättchen nicht so richtig gut ineinander halten. Kleine Bonusplättchen und weiteres Stanzmaterial für die enthaltenen Erweiterungen sind ebenfalls enthalten.

Spielmechanismus:

Um an Ruhm und Geld zu gelangen, was für den Spielsieg notwendig ist, setzen die Spieler Arbeiter ein und bezahlen die gewählte Aktion. In den meisten Fällen müssen Würfel abgegeben werden, mit bestimmten Farben und/oder Augenzahlen. Für manche Aktionen muss zudem Geld bezahlt werden, in der Regel umso mehr, desto später man diese Aktion ausführt, wenn die günstigen Plätze bereits von den Mitspielern besetzt wurden. Die Spieler beginnen mit einem Würfel jeder Farbe, diese sollten am besten vermehrt werden, 10 Plätze haben sie zur Aufbewahrung dieser zur Verfügung. Ohne Würfel dazustehen lässt einen im Wettlauf um den Sieg etwas nach hinten fallen. Daher sollten die Bonusfelder gekonnt genutzt werden, welche die Spieler mit zusätzlichen Würfeln versorgen. Diese sind neben vielen anderen Boni auf dem Fluss, am Rand der Provinztableaus und auf der Geld- und Ruhmesleiste zu finden.

Rajas Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Unsere Provinzen versuchen wir mit Landschaftsplättchen zu belegen, welche uns zu Geld und/oder Ruhm führen und weitere Boni über Wege an unsere Residenz oben in der Mitte anbinden, wodurch sie ausgeschüttet werden. Die vier Gebäudearten können wir aufwerten, um später beim Bau dieser Gebäude mehr Ruhm zu erlangen und die Märkte können durch eigene Aktionen wiederholt Geld einbringen. Dabei können sich spezialisierte Märkte in Kombination mit hohen Augenzahlen genauso lohnen, wie gemischte Waren, da letztere ohne einzusetzenden Würfel Geld ausschütten. Mit kleinen Augenzahlen von 1 bis 3 können wir den Ganges entlang schippern und Boni abgreifen, wo das Schiff stehen bleibt. Auf dem Fluss können wir auch einen weiteren Arbeiter frei schalten, genau wie auf der Geld- und der Ruhmesleiste. Im Basisspiel liegt das Maximum jedoch bei fünf Arbeitern.

Im Palast ist jeder Würfelaugenzahl eine Person zugeordnet, deren spezielle Aktion mit einem solchen Würfel genutzt werden kann. Hier ist es zudem als Aktion möglich sich einen bestimmten farbigen Würfel zu besorgen oder den Würfel einer Farbe in zwei einer anderen festgelegten Farbe zu verwandeln. Auch neu Würfeln steht als Aktion zur Verfügung und wird zusätzlich finanziell belohnt.

Rajas Spielsituation Varianten
Spielsituation mit Varianten / Foto: Brettspielpoesie

Wer das Grundspiel verinnerlicht hat, sollte die Varianten einsetzen. Dafür werden die Rückseiten der Kali-Statuen mit nur acht Würfelplätzen und der Provinz-Tableaus mit verschieden farbigen Erträgen verwendet. Eines der braunen Ertragsplättchen wird bei Spielbeginn gezogen und platziert, es bringt Geld oder Ruhm in Abhängigkeit anderer Spielelemente. Die anders farbigen Ertragsplättchen bringen Würfel, Geld oder Flussschritte, sie sind ergiebiger als die aufgedruckten Erträge. Während beim Basisspiel im Palast mit der Augenzahl 2 ein Ertragsplättchen verdeckt gezogen wird, um den Bonus sofort zu erhalten, darf nun aus allen zur Verfügung stehenden eines gewählt und entsprechend am Rand des eigenen Tableau platziert werden. Es muss für die Ausschüttung erst angebunden werden. Der sechste Arbeiter wird nun nicht mehr entfernt, sondern kann von den Spielern erworben werden. Spieler mit weniger Arbeitern, erhalten jedes Mal ein beliebiges Ertragsplättchen, wenn sie am Zug wären.

Spielende:

Die letzte Spielrunde ist erreicht, sobald beide Marker eines Spielers sich auf den gegenläufigen Leisten begegnen. Dieser Spieler gewinnt die Partie, wenn es kein anderer Spieler schafft dies mit seinen Markern im letzten Zug ebenso zu erreichen. In diesem Fall gewinnt der Spieler, dessen Marker weiter aneinander vorbei gelaufen sind.

Spieleranzahl:

Der Spielplan bietet eine Seite für das 2er-Spiel und eine für das 3er/4er-Spiel, bei dem für 3 Spieler zwei Aktionen abgedeckt werden. Das skaliert sehr gut, ich spiele es mit jeder Spielerzahl gerne. Zu zweit schaffen wir es mittlerweile sogar knapp unter der angegebenen Spieldauer von 45 Minuten.

Glücksfaktor?

Die Würfel sind hierbei unsere Ressourcen, da spielt natürlich Glück hinein. Auch wenn hier nicht immer hohe Zahlen notwendig sind, so kann die gewählte Strategie unter den Würfelzahlen leiden. Man kann durch Karma die Würfel drehen, aber nur auf die andere Seite. Karma kann jedoch auf den Gangesfeldern mehrfach genutzt werden, um so viele Würfel zu erhalten, wie der aktuelle Karma-Wert lautet. Auch nachwürfeln kann als Aktion verwendet werden, kostet aber eine wertvolle Aktion und kann helfen, muss aber nicht. Oftmals wünschte ich mir eine Augenzahl um genau eins zu erhöhen oder herabzusetzen. Oft sind hohe Würfelaugen von Vorteil, aber für bestimmte Palastaktionen oder Schritte auf dem Ganges werden niedrige Augenzahlen benötigt. Eine sechs durch Einsatz von Karma auf eine eins zu ändern ist in den seltensten Fällen lukrativ. Auch die Reihenfolge der Plättchen ist zufällig, kauft ein Mitspieler mir ein Spezielles vor der Nase weg, kann das schon nerven, dann muss umgeplant werden. Wenn ich aber Würfel einer bestimmten Farbe gesammelt habe, und alternative Plättchen nur für andere Farben verfügbar sind, nutzt das nicht viel. Da kann man höchstens sagen, das es gefährlich war ohne Alternative zu planen.

Fazit:

Der erste Blick auf das aufgebaute Spiel kann etwas abschrecken. Alles ist bunt, jede Menge Felder, um Arbeiter einzusetzen – da kann man sich zunächst etwas erschlagen fühlen. Doch eigentlich ist das Spiel schnell erklärt und nach wenigen Runden hat man den Ablauf verinnerlicht. Ich würde das Spiel als Kennerspiel einstufen, da die zur Verfügung stehenden Optionen umfangreich, aber dennoch schnell zugänglich sind. Mir gefällt besonders, dass alle Informationen stets offen sind, es gibt keine geheimen Punkte, wie in anderen Spielen. Ich sehe jederzeit, wie groß die Lücke zwischen beiden Markern eines jeden Spielers ist. Daher ist leider auch früh abzusehen, wann ein Spieler kaum einholbar scheint. Dennoch haben unsere Partien gezeigt, dass es auch auf den letzten Metern noch spannend werden kann, wenn man beim Endspurt mit einem Plättchen und ggf. einem Etragsplättchen an viel Ruhm oder Geld gelangt. Eine gelungene Mechanik, mit den beiden parallelen Punkteleisten, die aufeinander zulaufen.

Die Bonusfeler können zu interessanten Kettenreaktionen führen. Erhält man auf der Geldleiste einen Bonusschritt auf dem Fluss, durch den man Ruhm erlangt, kann man auf der Ruhmesleiste beim vorschreiten ggf. einen weiteren Bonus auslösen. Unsere Partien haben auch gezeigt, das beide Marker sich nicht zwangsläufig in der Mitte treffen müssen. Es können verschiedene Strategien zum Sieg führen. Dabei ist die Markt-Strategie die offensichtlichste, bei der man über Gemischtwarenmärkte regelmäßig an bis zu 9 Geld gelangen kann, ohne einen Würfel opfern zu müssen. Spieler, die es in unseren Partien mit ihr versucht haben, konnten jedoch nicht immer gewinnen, sie ist also nicht so übermächtig, wie es zu Beginn scheinen mag.

Lediglich um neue Spieler heran zu führen kommt das Basisspiel bei uns noch zum Einsatz. Laut Anleitung kann man zwar kombinieren, aber das verwirrt Neueinsteiger in der Regel nur. Sonst wird nur noch nach den erweiterten Regeln, mit allen Optionen gespielt. So spielt sich keine Partie wie die andere, die Flussfelder verändern sich und das erste, braune Ertragsplättchen kann die Strategie vorgeben. Muss es aber nicht, man kann auch ohne gewinnen. Was wiederum ausbalanciert scheint, denn die braunen Ertragsplättchen selber wirken unterschiedlich stark. Zwei Würfelplätze weniger zur Verfügung zu haben, war uns in den ersten Partien nahezu egal, da nur selten Würfel im Überfluss vorhanden waren. Mit etwas Spielpraxis kann es dann doch schon mal passieren, dass acht Plätze nicht ganz ausreichen. Egal mit welcher Variante, sollte man nicht zu lange weniger Arbeiter zur Verfügung haben, als die Mitspieler. Auch wenn man im fortgeschrittenen Spiel einen Ausgleich bekommt, muss man diese Ertragsplättchen erst anbinden, um ihren Bonus zu erhalten. Dafür zu lange auf die Arbeiter zu verzichten, erscheint mir nicht zielführend.

Das Thema ist natürlich austauschbar, aber es wurde passend umgesetzt und das Gesamtbild stimmt für mich. Bei mir ist der Reiz zu weiteren Partien noch lange nicht verflogen. Ich würde mich nicht wundern, wenn Rajas of the Ganges ein heißer Kandidat auf das Kennerspiel des Jahres 2018 wird.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Huch!
Autor(en): Inka und Markus Brand
Erscheinungsjahr: 2017
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 45 – 75 Minuten

Vielen Dank an HUCH! für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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4 Antworten auf „Rajas of the Ganges“

Danke für den Einblick vor allem in die Varianten.

Hab gerade erst angefangen mich mit dem Spiel zu beschäftigen und da kam mir auch direkt der Eindruck, dass der Markt für ungleiche Güter sehr stark scheint, da hier kein Würfel eingesetzt werden muss. Ich war schon drauf und dran eine Hausregel einzuführen, dass man da auch irgendeinen abgeben muss. Aber ich vertraue hier mal deiner / eurer Erfahrung mit dem Spiel und werde schnellstmöglich die Varianten ausprobieren.

Bei der Erwähnung des Ausgleichs für “fehlende” Arbeiter kam mir direkt der Gedanke, dass dies doch “blöd” ist, wenn andere davon profitieren, dass ich mir einen Arbeiter schneller erwirtschaftet habe als sie. Wie siehst du das (abgesehen davon, dass der Ausgleich schwächer ist)?

Hallo Oliver, danke für Deinen Kommentar und viel Spaß mit den Rajas.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Spieler, die dauerhaft weniger Arbeiter haben, schnell von den anderen abgehängt werden. Da hilft auch der Ausgleich nicht viel. Die anderen bekommen zwar die Plättchen, müssen diese aber auch erst anbinden, um den Bonus zu erhalten.

[…] Rajas of the Ganges muss ein großer Erfolg für Huch! gewesen sein. Neben dem dritten Platz beim Deutschen Spielepreis gewann es den International Gamers Award in der Kategorie General Strategy und landete bei weiteren Preisen auf den Empfehlungslisten. Kein Wunder, dass die Autoren und der Verlag das Universum am Leben halten wollen. Neben vielen Mini-Erweiterungen, die mittlerweile in Goodie-Boxen separat erhältlich sind, erscheint diesen Herbst auch ein Würfelspiel: Rajas of the Ganges – The Dice Charmers. […]

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