Spiel des Jahres 2018 – Sieger

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Am vergangenen Montag schauten wieder viele Blicke nach Berlin, wo im Swissôtel die Kritikerpreise Kennerspiel des Jahres und Spiel des Jahres 2018 bekannt gegeben wurden. Und nach vielen Jahren wurde auch mal wieder ein Sonderpreis übergeben. Dieser ging, wie bereits  zuvor bekannt, an Matt Leacock und Rob Daviau für Pandemic Legacy Season 2. Eigentlich gab es seit der Einführung des Kennerspiels keine Sonderpreise mehr, doch die Jury wollte den Autoren endlich den gebührenden Respekt zollen. Ihnen gelang es mit Season 2 den ersten Teil tatsächlich noch zu übertreffen und erneut ein besonderes Spielerlebnis zu erzeugen. Eine weitere Nominierung hätte einfach nicht gepasst, weswegen sich die Jury für diesen Weg entschieden hat, damit die Autoren nicht erneut mit leeren Händen Deutschland verlassen müssen.

Weiter ging es mit dem Kennerspiel, doch gab es auch hier keine Überraschung. Der Preisträger lautet Die Quacksalber von Quedlinburg, womit die meisten gerechnet haben. Ich akzeptiere diese Entscheidung, auch wenn es nicht mein persönlicher Favorit ist. Ich denke die Jury wird sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben. Wer meint, selbst die bessere Auswahl an Spiele Highlights in diesem Jahrgang erkannt zu haben, hat noch wenige Tage Zeit für seine Favoriten für den Deutschen Spielepreis zu benennen.

Autor Wolfgang Warsch war an diesem Tag ein gefragter Mann. Auch wenn er nicht den Hauptpreis gewinnen konnte, so ist es eine besondere Leistung mit drei Spielen nominiert zu sein und das Kennerspiel des Jahres zu stellen. Dabei sollten all diese Spiele gar nicht unbedingt zeitgleich erscheinen, es ergab sich einfach so. Und auch für das kommende Jahr hält der Autor diverse Veröffentlichungen bereit. Anschließend wird die Neuheiten-Welle bei ihm erst einmal etwas abflauen, wenn alle aktuellen Spielideen umgesetzt wurden. Er hat seine Tätigkeit als Molekularbiologe an der Universität aufgegeben, sucht nun eine neue berufliche Herausforderung. Doch nicht als Vollzeitautor, aber vielleicht mit einer Halbtagsstelle, die ihm ausreichend Zeit und Platz für weitere Spielideen lässt, wenn der Erfolg es zulassen sollte. Ich drücke ihm dafür beide Daumen und bin gespannt auf seine kommenden Veröffentlichungen.

Schon in den Startlöchern steht eine neue Variante von Ganz schön clever mit neuem Wertungsblock. Bei diesem kommen völlig neue Regeln für das Eintragen der farbigen Würfelergebnisse zum Einsatz, was zu einem wirklich neuen, spannenden Spielerlebnis führt. Ich hatte die Möglichkeit diese Variante auf der BerlinCon anzuspielen und sie ist richtig tricky. Ich kann es bereits jetzt kaum abzuwarten, alle Möglichkeiten auszutesten. Mehr zur BerlinCon 2018 erfahrt ihr in der kommenden Brettgeschichte.

Abstrakt bleibt es auch bei dem dritten Nominierten Heaven & Ale. Zwar möchte das Spiel die Spieler in die Welt eines Bierbrauers entführen, doch fühlt es sich einfach nicht danach an. Man verschiebt Warenmarker, um bei Spielende die meisten Punkte zu erhalten, von leckerem Gerstensaft leider kaum eine Spur. So ist zumindest mein Ersteindruck. Es ist von den drei Nominierten das anspruchsvollste, ich freue mich bereits auf die Suche nach dem besonderen Kniff, der die Jury zu dieser Nominierung brachte.

Auch der Preisträger beim Spiel des Jahres 2018 kam nicht überraschend. Azul wurde in den meisten Prognosen vorhergesagt und es hätte mich auch dolle verwundert, wenn es ein anderes Spiel geworden wäre. Wobei ich gestehen muss, dass ich wenige Momente vor der Bekanntgabe plötzlich ins Zweifeln kam. Bei der Kurzvorstellung der Nominierten wurde mir bewusst, dass jedes der drei Spiele eine geeignete Wahl gewesen wäre, jedes auf seine eigene Weise. Azul bietet den enormen Vorteil, dass es mit unterschiedlicher Ausrichtung gespielt werden kann. Entweder nur um den eigenen Vorteil, um selbst eine wundervolle Wand zu fliesen. Oder taktisch und ein wenig gemein, wenn der vermeintlich beste Zug für einen selbst aufgegeben wird, um den Mitspielern das Leben schwerer zu machen. Daher dürfte es auch erfahrene Spieler begeistern. Ein Ableger soll noch dieses Jahr erscheinen, doch statt portugiesische Wände zu fliesen, sollen bunte Kirchenfenster zusammengestellt werden. Klingt interessant und wird hoffentlich keine schnöde Kopie von Sagrada. Da allerdings keine Würfel enthalten sein werden, wird das wohl nicht passieren.

The Mind sehe ich weiterhin eher als gelungenes Experiment, mit dem Mitspieler verblüfft werden können, wenn sie merken wie gut es funktioniert ohne Absprachen die Karten in die richtige Reihenfolge zu bringen. Und wie gut Wolfgang Warsch ohne Worte versteht, hat er bewiesen, als ihm nach Ausgabe der Urkunden einfach nur stumm das Mikro vor die Nase gehalten wurde.

Bei Luxor hat sich das Thema interessanterweise während des Entwicklungsprozesses mit dem Verlag weitgehend geändert, sonst würden wir nun als Affenbande in den Baumwipfeln Pokale für den Affenkönig sammeln. Schade für Rüdiger Dorn, für den es wieder nicht gereicht hat. Leider habe ich ihn nicht zu einem Interview erwischt, aber ich bin mir sicher, dass ich ihn nicht das letzte Mal auf dieser Veranstaltung gesehen habe und vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal sogar mit dem Hauptpreis. Ich würde es ihm gönnen.

Wie Bernhard Löhlein in seiner Ansprache feststellte, ist jede Nominierung schon viel wert, doch kann eben nur ein Spiel gewinnen. Also, #dontforgetthenominees, wie so mancher Besucher der Verleihung durch den T-Shirt-Aufdruck verdeutlichte.

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2 Antworten auf „Spiel des Jahres 2018 – Sieger“

Danke für deinen Bericht! Immer schön von der Verleihung zu lesen, wenn man nicht dabei sein kann. Dieses Jahr war die Jury ja ziemlich Mainstream – aber vielleicht ist genau das richtig so. Zumindest finde ich mich sehr gut in den Nominierungen und Siegern wieder – nur dieser seltsame Hype um das gemeinsame Sekundenzählen bei The Mind kam in meinen Gruppen nie an.

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