Bier Pioniere

Bier zu brauen ist schon schwer,
es zu verkaufen noch viel mehr.
Die Industrialisierung hat’s möglich gemacht,
bei vielen eine Leidenschaft entfacht.
Von der eigenen Haus-Brauerei zum Konzern,
doch bleibt die Konkurrenz dabei nicht fern.
Neue Technik braucht auch gutes Personal,
sodann steigt auch gleich die Absatzzahl.
Alles im Blick zu behalten ist hier zentral,
perfektes Timing lohnt sich hier total.

Spielmaterial:

Bei Bier Pioniere bringt die große Schachtel allerlei Spielmaterial zum Vorschein. Neben einem großen, zentralen Spielplan und einem kleineren Zusatztableau bekommt jede Person ein ebenfalls stattliches Brauerei-Tableau. Da dort zunächst nicht alle Optionen verfügbar sind, deckt man die meisten Braukessel und Plätze im Lager zu Beginn ab. Die Tableaus haben Anlegeplätze für Ausbauten und einen Braumeister. Zusätzlich gibt es in den vier Spielerfarben blau, grün, rot und weiß unterschiedliches Holzmaterial wie kleine und größere Arbeiter, teilweise nummeriert, Scheiben, Klötzchen, aber auch ein Fass, ein LKW und eine Flasche. Zudem liegen achteckige Brau-Drehscheiben und Biersorten-Marker der Sorten Pils, Export, Lager, Stark, Weizen und Alt bei. Außerdem noch viele einzigartige Aktionskarten sowie einige Aufbau- und wenige kleinere Zielkarten.

Der Aufbau der Anleitung ist leider nicht optimal gelungen, was den Einstieg unnötig erschwert. Die Suche nach einem speziellen Regeldetail, um etwas nachzulesen, erwies sich oft als langwierig. Den Almanach am Ende der Spielanleitung finde ich dafür sehr gelungen, denn zu jeder enthaltenen Braumeisterpersönlichkeit und zu einigen Errungenschaften rund um das Bierbrauen liefert dieser weiterführende Informationen.

Spielmechanismus:

Als Bier Pioniere bauen wir im gleichnamigen Spiel unsere eigene Brauerei immer weiter aus, entlassen Personal in den Ruhestand, stellen qualifiziertes Personal ein, lernen neue Biersorten zu brauen und dies immer effizienter zu tun. Dafür stehen verschiedene Aktionsfelder auf einem gemeinsamen Spielplan zur Verfügung, um jeweils zwei Arbeiterfiguren einzusetzen. Ebenfalls dort befinden sich auch spezielle Felder für den Einsatz der LKWs und zur Bestimmung der zukünftigen Spielreihenfolge in Kombination mit einem Soforteffekt. Umso stärker dieser ist, wie zum Beispiel einen zusätzlichen (neutralen) Arbeiter zu bekommen, desto später ist man in der folgenden Runde am Zug.

Bier Pioniere Spielsituation
Bier Pioniere – Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Zusätzlich ist ein Arbeiter jede Runde in der eigenen Brauerei tätig. Doch steht dafür anfangs nur eine Aktionsmöglichkeit zur Verfügung, weitere müssen erst erlernt werden, indem man den Abdeckstein davon entfernt. Solche liegen zum Start auch auf allen Braukesseln, außer dem für Alt. Um eine weitere Biersorte brauen zu können, muss neben dem Abdeckstein auch noch die Abdecktafel abgeräumt sein. Das geht mit Ausbauplättchen, mit denen man gegen Geld die eigene Brauerei aufwertet und sofortige sowie dauerhafte Belohnungen erhält.

Bier Pioniere Brauereitableau Start
Bier Pioniere – Brauereitableau früh im Spiel / Foto: Brettspielpoesie

Für eine Brauaktion, legt man Brau-Drehscheiben auf die jeweiligen Braukessel. Mit Erhöhung der Braustufe und entsprechend ausgebauter Brauerei lassen sich verschiedene Biersorten parallel ansetzen. Der Gärungsprozess wird durch Drehungen abgebildet, welche eine Brau-Drehscheibe bis zur Fertigstellung benötigt. Diese Zeit lässt sich verkürzen, wenn man in die Fortschrittsleiste investiert, also quasi lernt effizienter zu brauen. Zur Lagerung eines fertiggestellten Bieres benötigt man allerdings auch noch Platz im Braukeller und Fässer, um das Bier später darin verkaufen zu können.

Bier Pioniere Spielsituation
Bier Pioniere – Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Solch ein Verkauf gelingt nur über Aktionskarten. Diese unterteilen sich in drei farbige Bereiche, von denen bei jeder Karte zwei belegt sind. Man muss sich für einen Bereich entscheiden und eine dazu passende Aktion wählen, da für jeden Bereich andere Aktionsfelder nötig sind. Der beigebraune Bereich einer Karte kann Glühbirnen zeigen, sowie Verbesserungen der Aktionen Drehungen, Fässer erhalten und Fässer reinigen. Man bekommt neue Fässer nämlich erst ins eigene Fasslager und muss diese vor weiterer Verwendung gesäubert in den Keller stellen.

Der weiße Bereich einer Karte bietet einen einmaligen Sofort-Effekt oder einen Braumeister, der einem einen dauerhaften Effekt ermöglicht. In jeder Brauerei kann es natürlich nur einen davon geben, man darf diesen später aber austauschen, bekommt dabei die vorherige Karte zur erneuten Verwendung sogar auf die Hand. Für den Verkauf von Bier ist der lilafarbene Bereich interessant, denn er gibt vor, welche Biersorten und wie viele Fässer gefordert sind, um welchen Ertrag zu erhalten.

Bier Pioniere Brauereitableau
Bier Pioniere – Brauereitableau / Foto: Brettspielpoesie

Die Aktionsfelder des Spielplans sind mit Werten von 2 bis 4 versehen. Erreicht man in Kombination mit dem Wert der eingesetzten Arbeiterfigur einen Wert von sechs oder höher, darf man mit einer kleinen Arbeiterfigur eine Bonusaktion auswählen. Sieben schwächere Optionen stehen dafür zur Wahl oder noch weitere fünf stärkere, wenn man bereits zwei Glühbirnen auf den beigebraunen Karten ausliegen hat. Diese Bonusfiguren können aber auch dauerhaft auf Zielkarten eingesetzt werden, um Punkte für das Erreichen der Vorgaben zu erhalten. Entscheidet man sich für einen Labor-Ausbau, setzt man ebenfalls dauerhaft einen kleinen Bonusarbeiter ein, um am Rundenende jedem Bier eine weitere Drehung geben zu können. Nur mit der Maschinenhalle gelangt man an zwei neue dieser kleinen Bonusarbeiter.

Haben alle ihre Aktionsmöglichkeiten ausgeschöpft, endet eine Runde mit einer Verwaltungsphase. Während dieser Zeit gärt das Bier vor sich hin, entsprechende Marker dürfen gedreht werden. Hat man zuvor eine entsprechende Aktion ausgewählt, kann man nun einen Arbeiter in Rente schicken und durch einen höherwertigeren ersetzen. Der vorherige Arbeiter räumt noch den Keller auf und sorgt dort für mehr Stauraum. Die Kartenauslage wird aufgefrischt, das Handkartenlimit überprüft und Einkommen verteilt. Alle eingesetzten Figuren gehen zurück an ihre Besitzer und eine neue Runde beginnt.

Spielende:

Sobald eine Person mindestens zwanzig Punkte erreicht, ist dies die letzte Spielrunde. Nachdem sie vollständig abgehandelt wurde, folgen zwei kleinere Schlusswertungen, bevor der Sieger mit der höchsten Punktzahl feststeht. Das ist nicht zwingend die Person, die das Spielende eingeläutet hat.

Spieleranzahl:

Spielen weniger als vier Personen mit, kommen die Aufbaukarten zum Einsatz. Sie geben vor, welche Aktionen abgedeckt werden und in der gesamten Partie nicht zur Verfügung stehen. Das führt zu gesunder Konkurrenz um die wenigen Einsetzfelder, auch in Spielen mit weniger Personen am Tisch. Zusätzlich sorgt es für ein wenig Varianz zwischen den Partien mit geringerer Spielerzahl. Im Spiel zu zweit kann zudem nur eine Person Punkte durch ein erreichtes Ziel erhalten, sonst bekommt die zweite Personen einen Punkt weniger als die Erste.

Glücksfaktor?

Die einzige nicht einsehbare Information in diesem Spiel sind die Aktionskarten, wenn man sich entscheidet zufällig vom Stapel zu ziehen. Da kann man schon Glück oder Pech haben, wie gut die gezogenen Karten zum eigenen Spielfortschritt passen. Um dies abzumildern, gibt es die offene Kartenauslage, mit deren Karten man besser planen kann, aber zugleich in direkter Konkurrenz zu den anderen steht. Die Karteneffekte, vor allem die der Braumeister, sind oft umso stärker, je früher sie ausspielbar sind.

Meinung:

Das Thema von Bier Pioniere fühlt sich stimmig umgesetzt an. Im Spiel entdeckt man viele Persönlichkeiten und technische Errungenschaften, die zur Geschichte des Bierbrauens in Deutschland dazu gehören. An die Optik musste ich mich allerdings erst gewöhnen, alles scheint auf den ersten Blick eher trist. Besonders die achteckigen Brau-Drehscheiben wirkten anfangs sehr abstrakt, doch im Spiel ergibt die Form wirklich Sinn. Das Drehen imitiert den langwierigen Brauprozess ganz hervorragend. Wenn ich dem Spiel eines vorwerfen könnte, dann den Umstand, dass man ordentlich Punkte generieren kann, ohne viel Bier zu brauen. Das wirkt nicht gerade thematisch, unterstreicht aber die vielfältigen Möglichkeiten die erforderlichen Punkte sammeln zu können.

Mir gefällt der Ansatz dieses Worker Placements-Spiels, bei dem verschiedene Figuren auf speziellen Feldern eingesetzt werden können. Da das Spielende durch einen vorgegebenen Punktewert eingeleitet wird, haben wir es genau genommen mit einem Wettrennen zu tun und bei diesem kommt es auf das geschickte Kombinieren von Aktionen an. Dabei sind auch die Zeitpunkte entscheidend. Aufgrund der Konkurrenz um die gemeinsamen Felder, könnte man annehmen die Figur auf dem eigenen Tableau wäre zuletzt am sinnvollsten. Oft benötigt man aber eine solche Aktion früher, um andere vorzubereiten.

Mir gefällt auch, dass man mit der Position auf den Reihenfolgefeldern nicht bloß die kommende Zugreihenfolge beeinflusst, sondern zusätzlich interessante Belohnungen locken. Die Möglichkeiten einen Arbeiter aufzuwerten sind rar gesät, dabei erscheint es vor allem zu Beginn vorteilhaft diese Option zu wählen, um damit spätere Chancen auf Bonusaktionen zu erhöhen und den Platz im Keller zu gewinnen. Sich für eine der vielen möglichen Bonusaktion zu entscheiden, ist dabei nicht immer einfach, da sie alle irgendwie helfen, schneller agieren zu können. Mindestens einen Bonusarbeiter dafür zur Verfügung zu haben, ist aber schon erstrebenswert, dass sollte man bedenken wenn man diese Figuren auf andere Weise dauerhaft einsetzt. Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen an eine Partie Bier Pioniere, die gleichermaßen erfolgreich sein können.

Auch die verschiedenen Möglichkeiten seine Ausgangslage zu verbessern sind gegeneinander abzuwägen. Konzentriert man sich eher auf die Braustufenleiste, um mehrere Biere gleichzeitig brauen zu können und mehr Kontrolle über neue Karten zu haben, oder auf die Fortschrittsleiste für schnellere Brauergebnisse oder pusht man zunächst die Einkommensleiste für höheres Einkommen. Denn Geld ist ein knappes Gut bei Bier Pioniere. Es gibt zwar Aktionen, um einfach nur Geld zu erhalten, aber dann verzichtet man auf eine andere Aktion, die man alternativ mit dieser Figur erhalten könnte.

Die Karten sind ein zentrales Element, sie sorgen für Varianz über mehrere Partien hinweg. Das gilt für die Zielkarten, die einen Fokus vorgeben können, genau wie für die Aktionskarten mit ihren verschiedenen Einsatzmöglichkeiten. Diese bringen das Dilemma mit sich, dass man sich oft nur schwer entscheiden kann auf welche Art und Weise die Karte den größten Vorteil bringt. Hinzu kommt bei Bier Pioniere noch, dass man bestimmte Aktionsfelder benötigt, je nachdem welchen Bereich einer Karte man aktivieren möchte. Das alles führt zu interessanten Entscheidungen.

Fazit:

Thomas Spitzer ist es bei Bier Pioniere gelungen, bekannte Mechanismen geschickt zu kombinieren, um ein thematisch dichtes, gehobenes Kennerspiel zu erzeugen. Auch wenn die Regeln umfangreich sind, lassen sich diese über das Thema wunderbar erklären und erlauben auch nicht ganz so erfahrenen Spielern einen guten Einstieg, wenn sich diese von der Komplexität nicht abschrecken lassen.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Spielefaible
Autor(en): Thomas Spitzer
Erscheinungsjahr: 2023
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 75 – 100 Minuten

Vielen Dank an Spielefaible für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

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