Die Piraten der 7 Weltmeere

Die Piraten der 7 Weltmeere Cover
Cover / Foto: 2Geeks

“Moment mal, das hab ich doch schon irgendwo gesehen” war mein erster Gedanke, als ich zum ersten Mal über Die Piraten der 7 Weltmeere las. Wurde es nicht bei Hunter und Cron als Rattle Battle, Grab the loot vorgestellt? Nein, das war dann doch irgendwie anders, mit Schiffsausbauten und so. Vielleicht geht es einigen von euch ähnlich. Ignacy Trzewiczek erklärt auf Boardgamegeek.com, das er das 3D Dice Battle System in der Ukraine vom Autoren-Duo Oleg Sidorenko und Oleksandr Nevskiy erklärt bekam und sofort begeistert war. Die Ideen um den Mechanismus herum wichen aber zu stark voneinander ab, weswegen man sich dazu entschieden hat, den Mechanismus für zwei komplett unterschiedliche Spiele zu nutzen und nahezu zeitgleich auf den Markt zu bringen. In dieser Rezension könnt ihr euch ein Bild des Spiels der Ideengeber machen. Dabei schlüpfen die Spieler in die Rolle von Piraten, die durch die Gegend schippern, andere Schiffe überfallen, um Waren zu erhalten und diese im Hafen verkaufen.

Spielmaterial:

Jede Menge Plastik-Würfel: 10 Stück pro Spieler und 4 für die Karawanen. Als Spielplan wird die Spielverpackung genutzt, was mir persönlich nicht so richtig zusagt, weil ich während des Spiels nie weiß wohin mit dem ungenutzten Material und den ganzen Plastiktüten. Auch ist der Deckel, der zum Würfel genutzt wird, nicht sehr hoch und es passiert schon Mal das ein Würfel über die Kante springt – und alle Würfel erneut gewürfelt werden müssen. Auch wenn mir persönlich ein Pappkarton besser gefallen würde, zieht die Blechdose im Spielregal alle Blicke auf sich.

Dann sind noch ganz viele Karten dabei: Ein Satz aus jeweils sieben Charakterkarten für jeden Spieler,  31 Abenteuerkarten und 60 kleinere Beutekarten. Abenteuerkarten können Karawanen-, Hafen- oder Fluchkarten sein. Letztere sind leider nicht selbst erklärend.  Außerdem dabei: Jede Menge Plättchen mit schwarzen Malen, Ritualen, Freibeutern und Ying Yang-Symbolen. Dazu eine Rollenleiste mit Lineal, eine Abenteuerkartenablage und Marker für bis zu 4 Spieler, den Startspieler und die letzten Runden.

Spielmechanismus:

Jeder Spiel hat seine eigene Piratenmannschaft, bestehend aus einem Schiffsbauer, einem Gouverneur, einem Kapitän, einer Hafendame, einem Schamanen, einem Händler und einem Kartographen. Von dieser wird jede Runde eine Rolle ausgewählt und deren Aktion in obiger Reihenfolge ausgeführt. Wird in einer Runde eine Rolle von nur einem Spieler gewählt, erhält dieser einen Bonus, als Startspieler sogar den doppelten Bonus.

Die Piraten der 7 Weltmeere Karten
Überblick Karten / Foto: Brettspielpoesie

Die Spieler verfügen zu Beginn über 7 Schiffe ihrer Farbe. Mit Hilfe des Schiffsbauers kann man die eigenen Schiffe aus dem allgemeinen Vorrat kaufen. Dies kostet eine Schatztruhe pro Schiff, man beginnt das Spiel direkt mit 7 Schatztruhen. Auch der Gouverneur kann einem Spieler verhelfen die eigenen Schiffe aus dem Vorrat zurück zu holen. Dafür muss man aber ein schwarzes Mal (wenn er nicht der einzige Gouverneur in der Runde ist) in Kauf nehmen und Gouverneur eines Landes werden. Dabei sucht man sich ein Freibeuterplättchen aus und erhält fortan jedes Mal ein schwarzes Mal, wenn eine Karawane dieses Landes angegriffen wird. Da jedes Land maximal vier Mal angegriffen wird, lohnt es sich hier mitzuzählen. Sind keine Freibeuterplättchen mehr im Vorrat, kann die Aktion dieser Rolle nicht mehr genutzt werden.

Aber apropos Überfall, wie funktioniert dieser denn? Hierfür werden die Schiffe benötigt, wenn ein Spieler eine Karawanenkarte mittels Kapitän ausspielt. Die Karte gibt das Land an, aus dem die Karawane stammt und die Stärke, also wie viele rote Karawanen-Schiffe besiegt werden müssen (2-4). Jeder Spieler darf anhand der Spieleranzahl 1-3 Schiffe mehr zur Schlacht schicken als die Karawane umfasst, diese dürfen aber keine Waren geladen haben. Alle Würfel werden gemeinsam geworfen. Anschließend werden die Augenzahlen der Karawanen-Schiffe mit denen der Piratenschiffe verglichen. Man beginnt mit dem Schiff, das den geringsten Abstand zu einem Karawanen-Schiffe hat. Die niedrigere Augenzahl verliert und sinkt, bei Gleichstand zerstören sich beide Schiffe gegenseitig. Man fährt damit so lange fort, bis entweder alle Karawanen- oder Piraten-Schiffe versenkt sind. Die versenkten Schiffe kommen in den allgemeinen Vorrat und deren Besitzer erhalten ein Ying Yang-Plättchen. Haben Piratenschiffe überlebt, erhalten die Spieler pro Schiff ihrer Farbe eine Beutekarte. Dahinter verbergen sich entweder Talisman-Karten, die man vor sich ablegt und ein Ying Yang-Plättchen dafür erhält oder eine Kiste der Waren Rum, Kaffee oder Bananen. Diese Waren müssen sofort auf die eigenen Schiffe verteilt werden, ein Schiff kann eine Ware transportieren. Kann oder möchte ein Spieler dies nicht, kann er die Waren jetzt auch abschmeißen, später steht diese Option nicht mehr zur Verfügung.

Aber was macht man nun mit diesen Waren? Man will sie möglichst gewinnbringend verkaufen (in Schatztruhen umwandeln). Wenn der aktuelle Hafen nicht die Nachfrage bietet, welche man bedienen kann, hilft die Hafendame zusammen mit einer Hafenkarte. Diese wird ausgespielt und ersetzt die bisherige. Dort verkaufen kann man aber frühestens in der kommenden Runde, denn dafür benötigt man den Händler. Zur Erinnerung: Da die Rollen in festgelegter Reihenfolge gespielt werden, kann der Hafen bis zur Händleraktion schon wieder anders aussehen. Man kann dann beliebig viele der eigenen Waren veräußern. Der auf der Hafenkarte angegebene Kurs, kann aber erst erzielt werden, wenn man mindestens drei Waren der angegebenen Sorte besitzt, ansonsten gibt es nur den Minimalpreis. Für jeweils zehn Schatztruhen muss ein eigenes Schiff zur Bewachung selbiger entsendet werden, es steht einem im Spiel nicht mehr zur Verfügung.

Die Piraten der 7 Weltmeere Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Um eine Fluchkarte auszuspielen wird der Schamane benötigt. Für die Ausführung der Flüche wird meist gewürfelt und anhand des Ergebnisses muss man zum Beispiel Waren abgeben oder Schiffe werden versenkt.  Der Kartograf kommt zum Einsatz, wenn man eine weitere Abenteuerkarte ziehen möchte.

Einige Karten erlauben am Ende des Zuges das Eintauschen von Ying-Yang-Plättchen gegen Ritualmarker. Pro Marker kann man dauerhaft die Ladekapazität eines Schiffes erhöhen, ein Schiff im Kampf vor dem Sinken retten oder einmalig Waren zu einem besseren Kurs verkaufen. Rollen, welche diesen Tausch ermöglichen, bleiben am Rundenende jedoch liegen. Nur nachdem man den Kapitän, die Hafendame oder den Schamanen gespielt hat, darf man alle ausliegenden Karten wieder auf die Hand nehmen, dafür aber nichts eintauschen.

Spielende:

Wird die Spielende-Karte aufgedeckt, folgen noch drei komplette Runden. Im Anschluss dürfen die Spieler ihre Waren zum aktuellen Marktpreis verkaufen. Jede Talisman-Karte wird mit einer Schatztruhe belohnt, je drei Ying Yang-Plättchen ebenfalls. Für jedes schwarze Mal und jede Abenteuerkarte auf der Hand verliert der Spieler drei Schatztruhen. Der Spieler mit den meisten Schatztruhen gewinnt.

Spieleranzahl:

Im Spiel zu zweit fällt der doppelte Bonus für den Startspieler weg. So funktioniert das Spiel zwar auch, aber richtig Fahrt nimmt es erst bei 3-4 Spielern auf. Dann wird es nämlich interaktiver, es ist wahrscheinlicher das man die selben Rollen wählt oder sich gegenseitig in die Quere kommt. Und eben dieses interaktive Element macht den großen Reiz des Spiels aus.

Glücksfaktor?

Der Glücksfaktor ist bei den Kämpfen auf hoher See durch die Würfel sehr hoch. Aber oft trifft es alle Spieler in ähnlicher Weise. Bei den Warenkarten entscheidet das Glück viel mehr. Wer zu Beginn viele Talisman-Karten nach Plünderungen erhält, hat gute Chancen auf den Sieg. Denn sie generieren viele Ying Yang-Plättchen, mit denen man die Lagerkapazität erhöhen und die Schiffe vor dem Sinken schützen kann – und geben am Spielende weitere Siegpunkte. Im Gegensatz zu den Waren Kaffee, Obst und Rum kommen die Talisman-Karten nämlich selten wieder ins Spiel und es wird im Verlauf des Spiels schwieriger an die Ying Yang-Plättchen zu gelangen. Ansonsten sollte man die Mitspieler möglichst gut einschätzen können, um zu wissen, wann man bestimmte Charaktere alleine ausspielen kann, um den (doppelten) Bonus zu erhalten.

Den Umstand, dass man für je 10 Schatztruhen ein Schiff entsenden muss, sehe ich zwiespältig. Thematisch lässt es sich gut erklären, dass die Schatztruhen bewacht werden wollen, aber bei unseren Mitspielern kam es unterschiedlich an. Manche nannten es als Plus-Punkt, dass der Führende ausgebremst wird und die anderen einfacher dran bleiben können, auf andere wirkte es nachteilig. Denn warum sollte der Führende bestraft werden?

Fazit:

Der Würfelmechanismus ist eine innovative Idee und macht wirklich Spaß. Aber im Spiel zu viert kann es für kleine Hände problematisch werden die vielen Würfel gemeinsam zu werfen. Auch die Wertung der Schiffe weist einige Schwachstellen auf. Wenn doch Inseln abgebildet sind, warum werden diese nicht in die Wertung eingezogen? Sodass der kürzeste Weg zwischen zwei Schiffen nicht zählt, wenn eine Insel im Weg liegt, sondern man die kürzesten Wege dann außen herum finden muss. Wären die Inseln als 3D-Elemente auf dem Spielplan, könnte auch gar kein Schiff darauf landen, sondern würde direkt wieder ins Wasser rutschen.

Der Einstieg ist recht schwerfällig, da man die Aktionen der einzelnen Charaktere und vor allem die Flüche erst einmal verinnerlichen muss. Wenn man nach der Regel greift, um etwas über die Flüche nachzulesen, verrät man auch direkt das man mindestens einen solchen auf der Hand hat. Mit einer kurzen Übersichtskarte für jeden Spieler ließe sich das Problem lösen. [UPDATE: 06.12.2015]Ich habe mich überzeugen lassen, dass die Regel doch eindeutig ist. Die Regel ist teilweise unglücklich übersetzt, besonders bei der Rolle Gouverneur gibt es einige Unklarheiten bezüglich der Ausführbarkeit, wenn keine Freibeuter-Plättchen mehr erhältlich sind.[UPDATE ENDE]

Aber es gibt natürlich nicht nur Schlechtes über Piraten der 7 Weltmeere zu sagen. Denn wenn man die Charaktere und Flüche erst einmal kennt, läuft das Spiel sehr flüssig und macht ordentlich Spaß. Man ärgert sich, wenn man eine Aktion nicht wie geplant alleine spielt und somit die Boni nicht erhält, freut sich über viel Beute, weil die Mitspieler sich selbst und die Gegner versenkt haben und kann seine Mitspieler richtig zur Verzweiflung bringen, indem man kurz vor einem lukrativen Handel den Hafen wechselt oder einen Fluch spielt, bei dem Waren verloren gehen. Der Würfelmechanismus ist originell und die hohe Interaktivität macht das Spiel so beliebt. Der Funken springt aber nicht bei allen Spielern über und die Spieldauer empfinde ich als etwas zu lang für das Spielprinzip.

Wertungsnote 3/6

Verlag: 2Geeks
Autor(en): Oleg Sidorenko, Oleksandr Nevskiy
Erscheinungsjahr: 2015
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 45 Minuten

Vielen Dank an 2Geeks für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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3 Antworten auf „Die Piraten der 7 Weltmeere“

Hallo,

Eine Anmerkung:
“Die Regel ist teilweise unglücklich übersetzt, besonders bei der Rolle Gouverneur gibt es einige Unklarheiten bezüglich der Ausführbarkeit, wenn keine Freibeuter-Plättchen mehr erhältlich sind.”

Steht doch in der Regel: “Hat ein Spieler den Governeur gewählt, kann (weil es kein Freibeuter-Plättchen mehr im Spiel gibt) oder will aber kein Freibeuter werden, erhält er ein schwarzes Mal”.

Das bedeutet, man kann den Governeur nicht ausführen, wenn kein Freibeuter-Plättchen mehr da ist, da man immer ein schwarzes Mal erhält, wenn man eine Aktion nicht ausführen kann oder will.

Hallo Alex,
bei uns gab es heiße Diskussionen, ob man den Gouverneur (und dessen Aktion, also die Schiffe zurückzuholen) spielen kann, ohne Freibeuter eines Landes zu werden, was die deutsche Regel meiner Meinung nach impliziert.
Das finde ich in der Originalregel eindeutiger beschrieben:
„Mistake: Black Spot. If you chose Governor, but there aren’t any Corsair Tiles available, you cannot perform this character’s action; you must take a Black Spot tile“

Hmm, obwohl wenn ich jetzt nochmal genau drüber nachdenke heißt es weiter oben „Aktion – ein Freibeuter werden:“ Also führe ich die Aktion nicht aus, wenn ich kein Freibeuter werde. Dann gebe ich Dir Recht

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