Das große, weite Meer birgt viele Gefahren,
sich dennoch mutige Seefahrer hinaus wagen.
Um Ruhm und Ehre zu erlangen, ziehen sie los,
dorthin wo früher lag die mächtige Insel Eos.
Inmitten von Nebelschleiern und Dämonen,
kann man sich die Hilfe von Engeln holen.
Um die Welt von Flüchen zu befreien,
und wahre Heldengeschichten zu schreiben.
Spielmaterial:
Das Spielmaterial fällt relativ opulent aus. Zumindest mit dem Deluxe-Upgrade, das mittlerweile neben neuen Missionen und zwei weiteren Nationen Bestandteil der Big Box ist. Das Spielmaterial der folgenden Fotos zeigt EOS mit diesen Deluxe-Komponenten. Das Deluxe-Material ersetzt einige Plättchen und Marker durch individuelles Holzmaterial, aber vor allem die dünnen Papiertableaus durch Double-Layer-Boards. Die Schiffe und Punktezähler bekommen spezifische Formen, die Arbeiter bleiben aber nur farblich zu unterscheidende Pöppel, statt ebenfalls einzigartiger Formen. So passen sie weiterhin optimal auf die Bootsfelder und können durchweg mit einem einfachen Pöppel symbolisiert werden.
Allerdings sind die separaten, gezackten Schutzleisten nicht ideal, da sie leicht verrutschen und die kleinen Zacken auch ungewohnt einzustellen sind. Ebenfalls etwas unglücklich ist die Geldanzeige. Jeder hat auf seiner Schiffskarte die Werte von 0-9 und von 10-100 und viel zu große Ringe, um mit diesen den aktuellen Wert einzustellen. Der runde Ozeanplan nimmt schon viel Platz ein, doch leider muss eine Menge Spielmaterial, wie diverse Kartenstapel, daneben oder drum herum angeordnet werden. Schade, dass es dafür keine vorgesehen Ablageflächen gibt.
Auch wenn die mehrseitigen Spielerhilfen zunächst etwas abschreckend wirken, so kann man dort gut sämtliche Aktionsmöglichkeiten, die verwendeten Symbole und die Engels- und Dämonenfähigkeiten nachlesen.
Spielmechanismus:
Jeder hat für seine Abenteuerreise ein Schiff mit Plätzen für bis zu fünf Pöppel, die Aktionen auslösen können. Irgendwann ist eine Auffrischen-Aktion notwendig, bei der man alle auf dem Schiff sichtbaren Boni erhält, bevor die Arbeiterfiguren diese wieder verdecken.
Jede Crew besteht aus fünf Personen mit den Fähigkeiten zu segeln, Karten auszuspielen, Geld zu besorgen, Dämonen zu vertreiben sowie einer spezifischen Aktionsmöglichkeit. Die Segelaktion ermöglicht Bewegung durch den Ozean voller Dämonen zu besonderen Orten. Mit Stärke lassen sich Dämonen vertreiben bzw. direkt abwehren. Abenteuerkarten bringen sofort oder später Effekte und Geld ist notwendig, um bestimmte Aktionen auszulösen und das eigene Schiff sowie die Fähigkeiten der einzelnen Crew-Mitglieder durch Ausbauten zu verbessern. Die Asymmetrie der Nationen entsteht aus unterschiedlichen Kosten sowie spezifischen Effekten und Boni, welche eine bestimmte Nation erhalten kann.
Umso höher der Rang des Crew-Mitglieds, desto umfangreicher kann der Ertrag der Aktion sein, wenn man in der Lage und dazu bereit ist, die höheren Kosten aufzuwenden. Nicht nur der Rang eines jeden Crew-Mitglieds kann sich verbessern, auch die Moral lässt sich steigern, was bei jeder Nation unterschiedlich belohnt wird.
Für eine Chronik-Aktion muss man sich bereits an einem entsprechenden Ort befinden, den man nur unter bestimmten Voraussetzungen erreicht hat. Sie ist nicht an ein spezielles Crew-Mitglied gebunden, es ist sogar möglich sie mehrfach zwischen zwei Auffrischaktionen zu nutzen. Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich damit ein Engel erwecken, ein Dämonenfürst bezwingen oder eine Heldentat begehen. Dämonenfürsten greifen nicht an, aber sie bringen einen Fluch mit sich, der alle betrifft, die diesen nicht abwehren können.
Jede solche Aktion wird auf der Chronik-Leiste abgetragen, wodurch Ereignisse eintreten, weitere Dämonenfürsten das Spielfeld betreten können und das Spielende näher rückt. Ereignisse belohnen die aktive Person, ebenso wie die Person mit den aktuell wenigsten Punkten. Sie können zudem Auswirkungen für alle haben.
Außer beim Auffrischen endet eine jede Aktion mit einer Zusatzaktion. Dafür stehen sechs Optionen zur Verfügung, man muss aber immer eine andere wählen, als zuvor, indem man den entsprechenden Marker verschiebt.
Für weitere Abwechslung gibt es unterschiedliche Zielkarten für Zusatzpunkte, eine Spielplanrückseite mit dem Ozean bei Nacht mit anderen Feldern und Boni, sowie verschiedene Schwierigkeitsstufen der Dämonenfürsten und Heldentaten.
Spielende:
Sobald durch eine Chronikaktion das letzte Feld der Chronikleiste gefüllt wird, haben alle anderen noch einen letzten Zug. Darauf folgt die finale Punktevergabe. Dabei gibt es noch Ruhm für Moral und Ränge, ausgespielte Karten und jede gebaute Aufwertung. Für Dämonen, vor denen man sich nicht ausreichend schützen kann, werden Punkte abgezogen. Wer danach den meisten Ruhm vorweisen kann, gewinnt die Partie EOS.
Spieleranzahl:
Bei bis zu fünf Personen unterscheidet sich lediglich die Anzahl der zu Beginn platzierten Engel auf dem Spielplan. Diese werden zufällig gewählt und können sich über den gesamten Spielplan verteilen oder nah beieinander liegen, was mehr oder weniger Konkurrenz um gewisse Seegebiete erzeugt. Sonst kommt man sich nur mal in die Quere, wenn dieselben Heldentaten oder Dämonen ins Visier genommen werden.
Mein persönlicher Sweet Spot liegt bei drei Personen. In größerer Runde dauert es mir meist etwas zu lang. Auch wenn die einzelnen Crew-Aktionen zügig abgehandelt sind, so können die Chronikaktionen schon Zeit in Anspruch nehmen. Durch den Aufholmechanismus bei den Ereignissen, muss auch eine weitere Person noch eine Entscheidung treffen.
Zehn Einzelspielerkarten erlauben es, EOS solo zu erleben. Um zu gewinnen, müssen konkrete Aufgaben in angegebener Reihenfolge sein, bevor man zum sechsten Mal die Aktion Auffrischen wählt.
Glücksfaktor?
Auch wenn EOS ein Abenteuerspiel sein möchte, sind die meisten Optionen früh bekannt. Die Heldentaten und Dämonenfürsten liegen offen aus, man weiß was notwendig ist, bevor man sich dorthin auf den Weg macht. Die Dämonenfürsten werden nicht wirklich bekämpft, es gibt keine zufälligen Ereignisse, die das Gelingen beeinflussen. Zu Beginn liegen viele mögliche Heldentaten aus, die von Dämonenfürsten vertrieben werden, wenn sie nicht vor ihrem Eintreffen erfüllt und somit abgeräumt sind. Es ist jedoch bekannt wo der nächste Dämonenfürst auftaucht, sodass das Verschwinden nicht plötzlich und unerwartet eintrifft.
Die Engel und ihre Fähigkeiten erscheinen schon unterschiedlich stark. Diese kennt man aber ebenfalls bereits zu Beginn und kann versuchen um die vermeintlich Stärkeren zu konkurrieren. Aber natürlich gibt es auch wirklich zufällige Elemente. Die Abenteuer- und Aufwertungskarten zum Beispiel, die recht unterschiedlich und teilweise auch verschieden stark sein können, was oft auch davon abhängig ist, wann sie verfügbar sind.
Ein Effekt ermöglicht es den Schicksalswürfel entscheiden zu lassen. Das Ergebnis ist komplett zufällig. Fünf Würfelseiten zeigen positive Effekte, eine bringt Dämonen ein. Eine Nation des Grundspiels, die Kusan, hat auf ihrem Tableau häufig diesen Bonus und fühlt sich entsprechend glückslastig an. Allerdings kommt diese Nation mit einer Aufwertung, welche Dämonen als Würfelergebnis ignorieren lässt, man dem also etwas entgegenwirken an.
Meinung:
Mir ist bei Spielen meist der Mechanismus wichtiger, als die thematische Einbettung. Bei EOS wurde viel Liebe in die Hintergrundgeschichte, die einzelnen Charaktere und deren Gestaltung gesteckt. Die Illustrationen gefallen mir, das Thema ist okay, aber ich baue keine engere Verbindung zu den Figuren auf. Dafür mag ich den Mechanismus sehr, vermutlich genau deswegen, weil es kein typisches Abenteuerspiel ist. Für ein solches ist EOS viel zu berechenbar, es passiert nicht viel Unvorhergesehenes. Zwar kann ein unerwarteter Effekt mal dazu führen, dass es einer anderen Person gelingt einem bei etwas zuvorzukommen, was anders geplant war, aber das Meiste lässt sich gut vorhersehen. Das steht für mich in direktem Gegensatz zum Ansatz vieler Abenteuerspiele, bei denen das Abenteuer sich zufällig entwickelt, weil man vieles erst nach und nach entdeckt und somit das wirkliche Erkunden des Unbekannten im Vordergrund steht. Dieser Aspekt kommt hier nicht wirklich zum Tragen.
Ich mag die Dynamik einer jeden Partie. Die Aktionen der verschiedenen Nationen sind zu Beginn allesamt noch recht schwach und gleichförmig, doch im Laufe einer Partie unterscheiden sich die Fähigkeiten immer mehr, sei es durch erhöhte Ränge, Aufwertungen oder andere Effekte. Es fühlt sich so an, als baue man sich eine kleine Engine auf, die immer mehr Ertrag auswirft. Und wie es sich für einen guten Engine Builder gehört, hört der Spaß meist genau dann auf, wenn die Engine gerade so richtig gut läuft.
Wichtig ist dafür auch die geschickte Verwendung der Zusatzaktion, die man in fast jedem Zug hat. Mit diesen lässt sich die Ausgangslage für die folgende Hauptaktion verbessern. Letztendlich hat das Spiel auch einen gewissen Wettlaufcharakter und da kann eine kleine Zusatzaktion das Zünglein an der Waage sein. Auch der Ozean entwickelt sich im Laufe einer Partie. Anfangs findet man dort viele versteinerte Engel und Heldentaten und nur einen Dämonenfürst und damit auch nur einen Fluch. Später werden es jedoch zwangsläufig mehr Dämonenfürsten, wenn man diese nicht immer gleich abräumt. Während die Aktionsmöglichkeiten der Crew-Mitglieder wachsen, können die Flüche zu immer mehr Einschränkungen führen. Je nachdem welche Nation man spielt, aber auch welche Engel, Dämonen und Heldentaten verfügbar sind, verläuft jede Partie EOS verschieden. Man kann sich auf ganz unterschiedliche Aspekte konzentrieren, viele Wege führen bei EOS zu Ruhm.
Wenn man sich vom klassischen Abenteuerspiel lösen kann, bekommt man ein besonderes Spielerlebnis, das sich vielleicht mal unbalanciert und dadurch vielleicht auch unfair anfühlt. Es gibt einfach jede Menge Effekte und Fähigkeiten, welche bestimmte Regeldetails aushebeln können. Diese gibt es aber in solch einer Häufigkeit, dass meist jeder mal einen Effekt spielt, über den die anderen nur Staunen können. Und selbst wenn es für den Sieg nicht ausreichen sollte, hat man immer das Gefühl etwas erreicht zu haben: Die Crew kann im Laufe einer Partie immer mehr und die eigenen Aktionen fühlen sich bedeutender an.
Fazit:
Bekannte Mechanismen verschmelzen in EOS – Island of Angels zu einem tollen Erlebnis, mit immer belohnenderen Aktionsmöglichkeiten. Dabei entsteht ein spannendes Wettrennen, welches man auf unterschiedliche Weise beeinflussen kann. Viele variable Elemente sorgen für ganz unterschiedliche Partien, was den Wiederspielreiz hoch hält.
Verlag: King Racoon
Autor(en): Felix Mertikat, Till Bröstl
Erscheinungsjahr: 2023
Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler
Dauer: 90 – 120 Minuten
Vielen Dank an King Racoon für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!