Spiel des Jahres 2024 – Sieger

Schon fast eine Woche ist es her, dass die Siegertitel für das Kinderspiel, Kennerspiel und Spiel des Jahres 2024 in feierlichem Rahmen bekannt gegeben wurden. Ich komme erst jetzt dazu, über meine Eindrücke zu schreiben. Im Anschluss an die BerlinCon und die Spiel des Jahres-Verleihung bleiben wir noch einige Tage in der Stadt, um unserem Brettspieldefizit nach der Fußball-EM weiter entgegenzuwirken.

Die Verleihung fand wieder am Sonntagabend statt, im selben Hotel wie in den vorherigen Jahren. Der Saal wirkte dieses Jahr noch besser gefüllt als im Jahr zuvor. Wir hatten uns beim Eintreffen keinen Sitzplatz gesichert und waren froh, noch freie Plätze in der letzten Reihe ergattern zu können. Moderiert wurde die Bekanntgabe erneut von den beiden Jury-Mitgliedern Maren Hoffman und Manuel Fritsch.

SdJ'24 Moderation
SdJ’24 Moderation / Foto: Brettspielpoesie

Sie holten sich für die Vorstellung der Spiele weitere Unterstützung aus der Jury auf die Bühne. Die Bekanntgabe der Siegertitel übernahmen Personen, die eine ganz persönliche Beziehung zu Brettspielen haben. Besonders gefallen hat mir, dass man auch die Titel der Empfehlungsliste auf der Bühne erwähnt hat, um diesen Spielen vor der Bekanntgabe der Siegertitel noch einen kleinen Moment zu geben. Ich finde es auch gut, dass die Jury sich selbst treu bleibt und nicht die gesamte Moderation abgegeben, sondern sich gezielt Unterstützung geholt hat. Man merkt, dass sie sich jedes Jahr selbst hinterfragen und gezielt Anpassungen vornehmen, um ein noch besseres Event auf die Beine zu stellen.

Kinderspiel des Jahres

Ohne eines der nominierten Spiele gespielt zu haben, rechnete ich mit guten Chancen für Taco Katze Pizza Junior, waren es doch zuletzt häufig Kinderspielversionen bekannter Spiele, welche die Kinder und die Jury von sich überzeugen konnten. Bereits 4-Jährige sollen viel Spaß dabei haben auf das Symbol der kommenden Karte zu tippen und erleben große Freude bei geglückten Rateversuchen, wie Kinderspiel-Jury-Mitglied Jo (Johanna France) berichtete. Die verantwortlichen Autoren und Verlagsvertreter sprachen davon, dass es keine leichte Entscheidung war, welche Symbole das Spiel verlassen sollten, um das Spielprinzip für Kinder zugänglich herunterzubrechen.

Auch Große kleine Edelsteine hatte gute Voraussetzungen auf den Titel, ist Autor Wolfgang Warsch doch mittlerweile ein Wiederholungstäter, mit offensichtlich gutem Gespür dafür Spiele zu entwickeln, die der Jury gefallen und zwar ganz unabhängig von der Kategorie. Es geht bei seinem Kinderspiel darum Größen von Edelsteinen einzuschätzen, dabei können Erwachsene ebenso scheitern, wie die Kleinen, weshalb sie keinen enormen Vorteil beim gemeinsamen Spielen haben.

Das dritte nominierte Kinderspiel Die Magischen Schlüssel ist von den Autoren Arno Steinwender und Markus Slawitschek. Letzterer hat im Jahr zuvor, ebenfalls im Autoren-Duo, mit Challengers das Kennerspiel des Jahres entwickelt und nun reiht sich das Kinderspiel des Jahres in seine Erfolge ein. Der Eyecatcher dieses Spiels ist die Truhe, für welche man den richtigen Schlüssel finden möchte. Es ist fast schon “sinnlich”, den Schlüssel umzudrehen und auf das Klicken zu warten, welches zu großer Freude führt, führte Jo an. Die Entwicklung begann mit der Idee ein Spiel mit einer Schatztruhe als zentrales Element zu entwickeln, mehrere 100 Schlüssel wurden über mehrere Jahre getestet, um zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu gelangen.

SdJ'24 Kinderspiel des Jahres Bekanntgabe
SdJ’24 Kinderspiel des Jahres Bekanntgabe / Foto: Brettspielpoesie

Den Umschlag mit dem Siegertitel durfte der Junge einer ukrainischen Familie öffnen, die in Rostock Zuflucht gefunden hat. Die Freude über den Sieg für Die Magischen Schlüssel war ihm ins Gesicht geschrieben, er versprühte sehr viel positive Energie im Raum. Er sprach zuvor davon, dass Spielen viel besser verbindet, als ständig über das zuvor Erlebte ausgefragt zu werden. Die deutsche Version des Spiels ist bei Game Factory erschienen, doch auch für den koreanischen Originalverlag Happy Baobab ist diese Auszeichnung eine tolle Ehrung ihrer Arbeit, wie eine Verlagsvertreterin auf der Bühne mitteilte.

SdJ'24 Kinderspiel
SdJ’24 Kinderspiel / Foto: Brettspielpoesie

Kennerspiel des Jahres

Beim Kennerspiel des Jahres war es Krimimaster Stephan Kessler, der die drei Nominierten vorstellen durfte. Die Gilde der fahrenden Händler hat die Jury überzeugt, weil es eine Geschichte transportiert und den Entdeckerreiz weckt. Besonders die individuellen Aktionsmöglichkeiten, die jede einzelne Person erhält, machen das Spiel so besonders. Die Autoren Brett J. Gilbert und Matthew Dunstan arbeiten mittlerweile seit über zehn Jahren zusammen an Brettspielen, leider konnte nur letzterer der Veranstaltung persönlich beiwohnen. Die Nominierung fühlte sich an “wie eine zweite Chance für das Spiel”, bei dem sie das bekannte Roll-And-Write-Konzept neu umsetzen wollten.

Auch bei Zug um Zug Legacy – Legenden des Westens konnten leider nicht alle Autoren vor Ort sein, nur der doppelt nominierte Matt Leacock war anwesend. Es war die Idee von Alan R. Moon, dem Autor von Zug um Zug, eine Legacy-Version zu erschaffen und er wandte sich mit dieser Idee an Matt Leacock und Rob Daviau, die zuvor schon sehr erfolgreich Legacy-Spiele entwickelten. Für die beiden war es wiederum spannend mit einem 20 Jahre alten Spielprinzip zu arbeiten, welches so viele Personen kennen und lieben.

Matt Leacock sprach auch von einem selektiven Gedächtnis, welches einen die Strapazen der Entwicklung eines Legacy-Spiels vergessen lässt, um genug Elan zu haben, weitere anzugehen. Über das Spiel selbst konnte auch die Jury nur wenig verraten, schließlich soll jede Gruppe selbst dieses “Überraschungsei” erleben, für das keinerlei Vorerfahrung mit Zug um Zug notwendig sei. Es wurde berichtet, das Alan R. Moon die Idee hatte, eine Pfeife dem Spiel beizulegen, aber da die Entwicklung vor allem während der Corona-Pandemie geschah, wurde diese Idee schnell verworfen.

Das andere Spiel von Matt Leacock, welches er gemeinsam mit Matteo Menapace entwickelt hat, ist e-Mission. Die Jury sprach von einem pädagogischen Beitrag welches das Spiel leistet ohne dabei belehrend zu wirken. Vor allem überzeugt das Spielprinzip, weil es keinen Alphaspieler zulässt, da jeder mit seinem eigenen Tableau beschäftigt ist, aber dennoch Abstimmung und Zusammenarbeit notwendig sind. Die Autoren wollten erreichen, dass es Spaß macht, die globale Erderwärmung zu bekämpfen. Dabei sollte dennoch über das ernste Thema informiert und zugleich Hoffnung verbreitet werden. So lief auch die Entwicklung des Spiels und das Eintauchen in die Thematik an: Es war durchaus frustrierend, aber immer war auch Hoffnung zu erkennen.

SdJ'24 Kennerspiel des Jahres Bekanntgabe
SdJ’24 Kennerspiel des Jahres Bekanntgabe / Foto: Brettspielpoesie

Für die Bekanntgabe betrat Hendrik Schmitt, der für die Reportage Spielerpublik Deutschland Regie führte, die Bühne. Er erzählte von der engen Zusammenarbeit mit Klaus Teuber, die aufgrund seines frühen Ablebens leider viel zu schnell endete und erforderte, das Ende umzuschreiben und neu aufzuarbeiten. Seine Quintessenz der Reportage ist ein unglaublich schönes Miteinander der Brettspielszene. Er findet es bewundernswert, wie familiär die Akteure miteinander umgehen. Wo sonst ist es möglich, das ein Autor mit mehreren Redakteuren verschiedener Verlage gemeinsam über ein neue Spielidee sprechen kann?

Kennerspiel des Jahres 2024 ist e-Mission, ein kooperatives Spiel mit einem sehr aktuellen Thema. Ein aktuelles Thema war es auch, zu welchem Co-Autor Matteo Menapace sich durch einen politischen Sticker/Pin meinte äußern zu müssen. Solch eine Verleihung ist kein Ort für politische Statements, insbesondere wenn diese ohne weiteren Kontext in verschiedene Richtungen interpretiert werden können. Im Laufe der Veranstaltung wurde immer wieder betont, dass der Verein für das 2018 ins Leben gerufene Motto “Spielend für Toleranz” wirklich einsteht und sich für Inklusion und gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzt.

SdJ'24 e-Mission
SdJ’24 e-Mission / Foto: Brettspielpoesie

Spiel des Jahres

Nach über einer Stunde war es an der Zeit zum Hauptpreis zu kommen. Das frische Jury-Mitglied Michaela Poignée durfte nach ihrem ersten Jahr der Jury-Zugehörigkeit die nominierten und empfohlenen Spiele vorstellen. Auf den Wegen von Darwin überzeugte, weil es einfach schön gestaltet ist und einen leichten Einstieg ermöglicht. Das Thema zieht sich hervorragend durch das gesamte Spielmaterial. Den größten Spaß hatten die Verantwortlichen daran die Tiere auszuwählen, die es ins Spiel geschafft haben. Auch das im selben Jahrgang ein weiteres Darwin-Spiel erschienen ist, ging an den Autoren nicht vorbei. Darüber sind sie in Kontakt gekommen mit den anderen Autoren und scherzen jetzt gerne darüber, wer der bessere Autor eines Darwin-Spiels sei.

Bei Captain Flip war die initiale Idee nicht noch ein “gewöhnliches, eher langweiliges” Spiel herauszubringen. Es sollte ein Spiel mit Zufall sein, welches die Risikobereitschaft herausfordert. In die Illustrationen haben sich die Verantwortlichen direkt verliebt, sie sind froh dass die Charaktere so divers umgesetzt wurden.

Nicht persönlich anwesend war Luc Remond, Autor von Sky Team, er übermittelte einige Grußworte in einer Videobotschaft sogar auf Deutsch. Die Jury sprach von einem besonderen Spielerlebnis, welches viel Überraschung bereithält, ohne ein sich dauerhaft veränderndes Legacy-Spiel zu sein. Personen, die dabei Pilot und Co-Pilot verkörpern, entwickeln über das Spielerlebnis ein neuen Draht zueinander. Die Regeln sind klar, das Spielmaterial toll produziert, das Spiel weckt Emotionen.

SdJ'24 Bekanntgabe
SdJ’24 Bekanntgabe / Foto: Brettspielpoesie

Mein persönlicher Fangirl-Moment passierte dann kurz vor der Bekanntgabe, zu der Entertainerin Lisa Feller die Bühne betrat und mit einer kurzen Comedy-Einlage zu klassischen Brettspielen das Publikum unterhielt. Auch positive Worte zur Arbeit der Jury und ihrer Wahrnehmung des roten Pöppels hatte sie dabei, bevor sie den Sieger Sky Team bekannt geben konnte. Dass es für sie nicht nur ein weiterer Job war, merkte man auch daran dass sie noch lange nach Bekanntgabe im Saal zugegen war und sich angeregt unterhielt.

SdJ'24 Sky Team
SdJ’24 Sky Team / Foto: Brettspielpoesie

Eure Meinung?

Nun seid ihr gefragt: Wie ist eure Meinung zu den Siegertiteln, seid ihr zufrieden? Schreibt mir gerne in die Kommentare, wie ihr die Bekanntgabe erlebt habt.

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3 Antworten auf „Spiel des Jahres 2024 – Sieger“

“Eure Meinung?”

“Solch eine Verleihung ist kein Ort für politische Statements”
Ach?
Was war denn dann die Aktion beim Kinderspiel, wobei “den Umschlag mit dem Siegertitel … der Junge einer ukrainischen Familie …, die in Rostock Zuflucht gefunden hat”, öffnen durfte? War das etwa nicht politisch?

Offenbar kommt es nur darauf an, ob ein politisches Statement der Jury passt oder eben nicht…

Meine Meinung!

Hallo KK,
vielen Dank für Deinen Kommentar und das Teilen Deiner Meinung.

Ich finde es macht schon einen Unterschied, ob der Veranstalter ein positives Beispiel für die selbst ins Leben gerufene Kampagne “Spielend für Toleranz” auf die Bühne holt oder ob eine eingeladene Person die Bühne ungefragt für die Präsentation eines politischen Statements nutzt.

Ich selbst gehöre ja nicht zur Jury, aber ich denke dass diese die Geschehnisse aufarbeiten und ggf. Vorkehrungen für zukünftige Verleihungen treffen wird und dazu gehört vielleicht auch, sich selbst zu hinterfragen, was für Themen man rund um die Verleihung anspricht.

“ein positives Beispiel für die selbst ins Leben gerufene Kampagne “Spielend für Toleranz” auf die Bühne holt”

Versteh ich ehrlich gesagt nicht. Der ukrainische Junge ist doch kein Beispiel für Toleranz… das könnte ich weiter ausführen, aber das ist hier wohl nicht der richtige Platz dafür.
Fakt ist für mich jedenfalls: wenn die Jury keine politischen Statements auf ihrer Veranstaltung will, sollte sie selber auch nicht damit anfangen! Sich dann über andere zu beschweren ist wohlfeil.

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