Colt Express – Marshal & Gefangene

Colt Express - Marhsal & Gefangene Cover
Cover / Foto: Brettspielpoesie

Erst Ende letzten Jahres haben wir Colt Express zufällig in einer Weltbild-Filiale gefunden. Für erschreckende 5,99 €! Unglaublich wie schnell und wie tief die Preise für Spiele des Jahres, vermutlich aufgrund von Überproduktion, sinken können. Dabei bekommt man wirklich tolles Material: Alleine den 3D-Zug und die Holzfiguren, dazu ein Haufen Karten. Kaum zu glauben dass dieser Preis die Produktionskosten übertrifft. Doch auch wenn das Grundspiel schon durchaus zu überzeugen weiß, gibt es scheinbar noch einige Ideen der Autoren, die nun in Erweiterungen umgesetzt werden. Die erste Erweiterung Postkutsche und Pferde habe ich bereits unter die Lupe genommen, heute folgt die zweite Erweiterung. Bei der leider die Zahl auf dem Karton verloren gegangen ist. Das erschließt sich mir jedoch nicht ganz, immerhin gab es die “1” auf der ersten Erweiterung und eine dritte ist auch bereits in Planung. Eigentlich kennt man es ja eher anders herum, wenn bei der ersten Erweiterung noch nicht an folgende gedacht wurde und erst später mit der Durchnummerierung begonnen wird.

Spielmaterial:

Um Banditen gefangen zu nehmen, benötigt man einen weiteren Waggon. Dieser ist im Inneren zweigeteilt, vorne normaler Waggon, hinten eine Gefängniszelle. Der Marshal kommt als neue orangefarbene Spielfigur mit abgebildetem Sheriff-Stern auf einer Seite daher, die gelbe Figur des Grundspiels wird nun für den neuen Charakter Mei benötigt. Doch die Figur alleine reicht natürlich nicht aus, auch einen kompletten Satz neuer Spielerkarten und einen Charakterbogen gibt es für Mei. Hinzu kommen ein neuer Geldsack mit Wert 250$ und ein weiteres Holzpferd. Ein angepasster Charakterbogen und ein Haufen Karten werden für den Marshal benötigt. Zudem enthält diese Erweiterung noch Gefangenenkarten mit jeweils einem Handlanger zu jedem Banditen und zwei Postsäcke mit den Werten 200$ und 1.200$ sowie neue Rundenkarten.

Colt Express -Marshal & Gefangene Spielkarten
Spielkarten / Foto: Bretspielpoesie

Spielmechanismus:

Das Spiel wird wie gewohnt aufgebaut mit folgenden Änderungen: Der Gefängniswaggon kommt hinten dran und es werden Gefangenenkarten mit Handlangern aufgedeckt und zwar eine weniger als Banditen mitspielen. Anstelle des Geldkoffers kommen die beiden Geldsäcke zusammen mit dem Marshal in die Lok. Die alten Aktionskarten Marshal werden nicht verwendet, wenn dieser selbst verkörpert wird, dafür aber die neuen Aktionskarten “Brilliante Idee”. In der Planungsphase kann man nun, statt drei Karten nachzuziehen auch explizit nach dieser Karte suchen. Denn nur mit ihr kann man sich selbst aus dem Gefängnis befreien. Auch nicht gefangene Spieler können diese Aktion nutzen, um einen Mitspieler zu befreien, wenn sie sich beim Ausspielen im oder auf dem Gefängniswaggon befinden. Der befreite Spieler muss einem als Dank ein Beuteplättchen überlassen. Hat man noch keinen Handlanger befreit, kann man sich auch einen der Ausliegenden aussuchen. Ist es der eigene treue Handlanger, darf der Spieler zukünftig beim Raub bis zu zwei Beuteplättchen aufnehmen. Andernfalls wird die Sonderfähigkeit des zugehörigen Banditen kopiert. Befindet man sich nicht in oder auf dem letzten Waggon, wenn die brillante Idee gespielt wird, kopiert man mit ihr die zuletzt gespielte Aktionskarte.

Die Regeln für eine Begegnung mit dem Marshal aus dem Grundspiel gelten nun nicht mehr. Jeder Bandit darf sich zum Marshal bewegen, auf ihn feuern oder ihm einen Hieb verpassen. Dann bekommt der Bandit nämlich die wertvollste noch vorhandene der drei Prügel-Karten des Marshals. Diese haben die Werte 800$, 500$ und 300$. Der Marshal hat natürlich nicht die Aufgabe, die unschuldigen Zuginsassen zu bestehlen, sondern er geht ganz eigenen Zielen nach. Diese werden zu Spielbeginn aus Haftbefehlen der teilnehmenden Banditen und den allgemeinen Zielkarten geheim zusammen gestellt. Nur der Marshal darf vor jeder Runde eine der Zielkarten einsehen und erfährt so nach und nach, also Runde für Runde, seine Siegbedingungen. Bei Spielende muss er mindestens vier dieser Ziele erreicht haben, um den Sieg einzufahren. Die allgemeinen Ziele können sich z.B. darauf beziehen noch eine Prügelkarte über zu haben, einen Postsack zu besitzen oder einen Colt leer gefeuert zu haben. Genau, der Marshal besitzt nämlich zwei Colts. Steht er also in Reichweite von zwei Banditen, bekommen beide eine Kugel ab. Jede Kugel hat dabei einen Effekt, der einmalig oder die komplette Runde andauert. So können die Banditen der Reihe nach durch ihre Schussverletzung nicht mehr feuern, rauben oder die Ebene wechseln, ein Gefangener wird wieder festgesetzt oder der Spieler muss einen Postsack abgeben, wenn vorhanden. Steht nur ein Bandit in Reichweite, wählt der Marshal aus welchem Colt er feuert. Mit seinen Aktionskarten stehen dem Marshal Feuer!, Verhaften und Bewegen bzw. Ebenen-Wechsel zur Verfügung. Letztere gibt es auch mit einem “+”, was bedeutet, dass er auf offener Strecke eine weitere Karte spielen darf und somit mehr Aktionen haben kann als die Banditen.

Colt Express Marshal & Gefangene Material
Material / Foto: Brettspielpoesie

Neue Rundenkarten sind auch dabei. Es gibt wieder welche, die es ermöglichen eine Handkarte bei Rundenende für die kommende Runde zu behalten. Neu eingeführt wird die holprige Strecke, auf der man nicht zielen kann und daher Hiebe und Schüsse nicht erlaubt sind. Die Bahnhofskarten beeinflussen das Spielende enorm, denn nun kann ein Bandit in der letzten Runde sogar vom Zug gestoßen werden. Seine Aktionskarten werden anschließend nicht mehr ausgeführt. Es kann auch passieren, dass Banditen, die sich im Gefängnis befinden nicht gewinnen dürfen oder der ärmste Bandit ebenfalls gewinnt, wenn der Marshal gewinnen sollte.

Spielende:

Nach fünf Runden endet die Partie. Der Marshal erhält dann alle noch ausliegenden Gefangenen-Karten und alle im Zug befindlichen Postsäcke. Dann deckt er seine Zielkarten auf und überprüft, welche davon erfüllt wurden. Sind es mindestens vier hat er die Partie gewonnen. Wenn nicht, zählen die Spieler wie gewohnt den Wert ihrer Beute zusammen. Hinzu kommen 500$ falls man kein einziges Mal verhaftet wurde, 200$ für einen Handlanger im eigenen Besitz und die Preise für die Prügelkarten. Der reichste Spieler gewinnt.

Spieleranzahl:

Schon das Grundspiel lohnt sich nur zu zweit nicht wirklich und diese Erweiterung ist laut Verlagsangabe auf dem Karton sogar erst ab drei Personen einsetzbar. Besser wird das Spiel mit dem Marshal, umso mehr Spieler mitspielen. Durch den neuen Charakter und die Möglichkeit den Marshal zu verkörpern, können sich nun bis zu acht Spieler um die Beute des Colt Express streiten. Dabei zählen die Rundenkarten pro Bandit, also 2-4 für bis zu 5 Spieler und für alle anderen Gruppen die Rundenkarten für 5-6 Spieler. Umso mehr Spieler desto unplarer das Spiel, aber desto witziger kann die Aktionsphase auch werden.

Glücksfaktor?

Colt Express ist und bleibt ein glückslastiges, chaotisches Spiel. Aber genau diese fehlende Planbarkeit macht das Spiel aus. Die Erweiterung liefert sogar noch weitere zufällige Elemente. Zum Beispiel welche Handlanger ins Spiel kommen, für welche Banditen Haftbefehle ausgestellt wurden und wann bestimmte Ziele vom Marshal aufgedeckt werden.

Fazit:

Eine spannende Erweiterung. Der Einstieg ist nicht ganz einfach, für den Marshal gibt es viele neue Optionen und Regeldetails. Der Marshal-Spieler wird während der ersten Partien sicher noch den ein oder anderen Blick in die Anleitung werfen müssen. Aber auch die Banditen müssen sich auf dieses nun asymmetrische Spiel einlassen und sollten verhindern, dass der Marshal seine Ziele erreicht. Dabei muss man manches mal nicht nur an sich selbst denken, sondern lieber mal den Marshal ausbremsen, wenn möglich. Sonst hat man bei Spielende vielleicht die größte Beute, aber trotzdem nicht den Marshal besiegt. Wie schon bei der letzten Erweiterung sind die Bahnhofskarten etwas gemeiner und schließen manche Banditen unter bestimmten Voraussetzungen vom Gewinn aus. Aber um das Gewinnen geht es bei Colt Express ja auch nicht in erster Linie, sondern um den Spaß beim Durchlauf der geplanten Aktionen, die immer wieder nicht so verlaufen, wie gewünscht. Man kann sich auch vor einer Partie auf eine Auswahl an Rundenkarten einigen, um bestimmte Ereignisse auszuschließen.

Für die ultimative Abwechslung kann man die beiden Colt Express Erweiterungen auch kombiniert spielen, die notwendigen Regelanpassungen sind beschrieben. Leider sind die neuen Rundenkarten nicht besonders markiert, sodass nach einer Partie das große Sortieren beginnt. Aber es lohnt sich, vor allem für Spieler, bei denen Colt Express häufig im Einsatz ist. Diese Erweiterung ist wie die erste kein “must have” aber eine tolle Abwechslung für geübte Colt Express Spieler.

Wertungsnote 4/6

Verlag: Ludonaute / Asmodee
Autor(en): Christophe Raimbault
Erscheinungsjahr: 2016
Spieleranzahl: 3 – 8 Spieler
Dauer: 40 Minuten

Diese Rezension ist ein Beitrag zum Spielthema Erweiterungen des Brettspiel Blogger Netzwerks Beeple. Wollt ihr mehr zum Thema Erweiterungen lesen, findet ihr hier die weiteren Beiträgen.

Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

Ähnliche Artikel:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert