Praetor

Praetor Cover
Cover / Foto: NSKN Games

753 – Rom schlüpft aus dem Ei. So habe ich mir in der Schulzeit merken können, wann die Hauptstadt Italiens gegründet wurde. Doch nun könnt ihr die Geschichte neu schreiben und in Praetor von NSKN Games in die Rolle von Ingenieuren schlüpfen, welche gemeinsam Rom erbauen. Nur wer die Ressourcen gekonnt nutzt, um Gebäude der Stadt und den Stadtwall zu errichten, wird am Ende des Spiels zum Prätor ernannt. Umgesetzt wurde diese Idee mittels eines Worker Placement-Mechanismus, bei dem Würfel die Arbeiter repräsentieren. Die Augenzahl gibt die Erfahrung an, doch wenn der Würfel die sechs erreicht, geht der Arbeiter anschließend in den Ruhestand.

Spielmaterial:

Das Spielmaterial ist sprachneutral, mit Ausnahme der großen Übersichtsbögen. 42 Stadtplättchen stellen die einzelnen Gebäude dar, die errichtet werden können. Außerdem zeigen die Ecken eines von vier Mustern. Je nach Spieleranzahl kommen nur bestimmte Plättchen zum Einsatz. Für den Wall, der errichtet werden soll, um die Stadt zu schützen, sind 14 Plättchen vorhanden. Jeder Spieler erhält ein eigenes Spielertableau. Diese sind beidseitig bedruckt, die Vorderseite ist für alle Spieler gleich, die Rückseiten unterscheiden sich für erfahrene Spieler. Im oberen Teil befindet sich eine Moralleiste mit Plus- und Minuswerten. Darunter der Personenbereich für Dorfbewohner, Novizen (Arbeiter in Ausbildung), aktive Arbeiter und Arbeiter im Ruhestand mit ihren Kosten sowie der Ressourcen-Wechselkurs am Markt. Zusätzlich stehen für jeden Spieler 8 Arbeiter-Würfel und 15 runde Holz-Marker in den Farben blau, gelb, weiß, schwarz und lila zur Verfügung. Auf einer zweiteiligen Wertungstafel werden die Punkte abgetragen. Die Ressourcen sind Gold-Plättchen aus Pappe mit den Werten 1 und 5, sowie Holzwürfel in den Farben orange, grau, weiß und schwarz zur Repräsentation der Ressourcen Holz, Stein, Marmor und Waffen.

Spielmechanismus:

Die Startgebäude der Stadt sind in jeder Partie gleich, nur die Anzahl und Anordnung variiert je nach Spielerzahl. Ein Ausbildungslager, ein Markt und ein Außenposten der Stadt stehen immer zur Verfügung. Diese Gebäude gehören niemanden und können von allen Spielern kostenfrei genutzt werden. Für jeden Spieler wird eine Mine als erstes Gebäude ausgelegt. Jede Runde wird ein Wallplättchen aufgedeckt und Ortsplättchen anhand der Spieleranzahl. Als Stapel werden erst die Ortsplättchen der zweiten Epoche aufeinander gestapelt und darüber die, der ersten Epoche. Dann werden pro Runde drei Phasen durchlaufen. In der Initiativphase wird die Spielerreihenfolge anhand der Siegpunkte festgelegt. Dann können die Spieler während der Aktionsphase aus drei Aktionen wählen, wenn Sie am Zug sind:

    • Ein Gebäude kaufen

Um ein ausliegendes Gebäude zu bauen, muss der Spieler einen Arbeiter einsetzen und die angegebenen Kosten zahlen. Dann nimmt er sich das Stadtplättchen und darf es in beliebiger Richtung und Stelle an die bereits ausliegenden Stadtplättchen anlegen. Er erhält dafür sofort die angegebenen Siegpunkte (die hier Sympathiepunkte genannt werden) und darüberhinaus für jede farblich passende Ecke, der angrenzenden Plättchen, einen weiteren Siegpunkt.

    • Ein Gebäude nutzen

Jedes Gebäude darf pro Runde genau ein Mal von einem beliebigen Spieler genutzt werden. Man darf auch die Gebäude anderer Spieler wählen, muss dann jedoch die angegebenen Kosten an den Besitzer zahlen. Die Aktionen der kostenfreien Startgebäude: Mit dem Ausbildungslager können Novizen angeworben werden, auf dem Markt Waren ge- und verkauft werden und der Außenposten ermöglicht es einem Spieler pro Runde ein Wallplättchen zu erwerben, indem er die geforderten Ressourcen abgibt. Dafür erhält die darauf angegebenen Siegpunkte. Er legt es mit der Rückseite vor sich ab und erhält bei jedem weiteren Wallplättchen +3 Punkte mehr für jedes schon ausliegende. Bei den Gebäuden, die Ressourcen generieren, hängt der Ertrag von der aktuellen Erfahrung des Arbeiters ab. Die Tempel generieren Siegpunkte für Ressourcen, Arbeiter oder Moral. Zusätzlich gibt es Orte über die man an Gold oder Moral kommen kann. Es gibt auch Plättchen ohne Aktivierungszone, die schlicht viele Siegpunkte beim Bau einbringen.

    • Ein spezielles Gebäude aktivieren

Die Akademie und das Arbeiterlager sind spezielle Plättchen. Sie können von allen Spielern in einer Runde aktiviert werden, am besten nutzt man einen Marker dafür. Das Arbeiterlager erlaubt die Nutzung eines Arbeiters im Ruhestand auf einem anderen Gebäude, die Akademie lässt die Novizen einen Schritt bei der Ausbildung überspringen. Gehört das Plättchen einen Mitspieler, sind natürlich weiterhin die Aktivierungskosten an selbigen zu zahlen.

Wenn alle Spieler gepasst haben, kommt die Aktualisierungsphase. Dabei werden zunächst die Novizen ein Feld weiter geschoben. Dann werden die Arbeiter zurückgeholt, welche gebaut haben und erhalten dabei einen Erfahrungsspunkt. Daraufhin alle Arbeiter von roten Gebäuden, deren Erfahrung sich ebenfalls um 1 verbessert. Zu guter Letzt die Arbeiter von blauen Gebäuden, mit gleich bleibender Erfahrung. Dann werden alle Arbeiter mit dem Wert sechs werden in den Bereich der Arbeiter im Ruhestand versetzt und anschließen die Löhne gezahlt. Für Arbeiter die in den Ruhestand gehen, erhalten die Spieler Punkte entsprechend der aktuellen Epoche.

Praetor Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

In den ersten Partien wird empfohlen die A-Seite der Spielertableaus zu nutzen, deren Werte identisch sind. Später nutzen die Spieler die B-Seite und müssen ihre Taktik aufgrund der unterschiedlichen Werte individuell anpassen. Für spätere Partien mit mindestens 3 erfahrenen Spielern werden noch Anpassungen für die Schlusswertung aufgeführt. Für den längsten Wallabschnitt, den größten Stadtbereich und die meisten Dorfbewohner können zusätzlich Punkte vergeben werden. Als letzte Schwierigkeitsstufe können dann noch die Märkte aus dem Spiel entfernt werden.

Spielende:

Das Spielende wird eingeleitet, sobald das letzte Stadtplättchen oder das letzte Wallplättchen aufgedeckt wurde. Es folgt noch eine letzte Runde bevor die Schlusswertung durchgeführt wird, um den Prätor zu ermitteln. Es werden also höchstens 14 Runden gespielt.

Bei der Schlusswertung erhalten die Spieler Minus- oder Pluspunkte anhand ihrer Moralleiste. Außerdem erhält man für jeden aktiven Arbeiter seinen Erfahrungswert als Siegpunkte. Zu guter Letzt verkaufen alle Spieler ihre Waren anhand des Preises auf ihrem Spielertableau. Für jeweils 10 Gold bekommt man einen weiteren Siegpunkt.

Spieleranzahl:

Das Spiel lässt sich mit 2-5 Personen spielen. Anhand der Spielerzahl werden bestimmte Plättchen aussortiert, damit in der Zweier-Partie keine Gebäude doppelt vorkommen und sich die Spielzeit verkürzt. Zu zweit ist das Arbeiterlager viel zu stark. Der Spieler dem dieses gehört, kann in jeder Runde kostenlos einen Arbeiter im Ruhestand mit Erfahrung in Höhe von 6 verwenden, während der andere Spieler 3 Gold dafür an den Gegner zahlen muss. Damit steht der Sieger meist schon sehr früh fest.

Glücksfaktor?

Glück ist bei einer Partie Praetor sehr hilfreich, besonders was den Zeitpunkt des Aufdeckens bestimmter Plättchen angeht. Der Startspieler hat in jeder Runde einen entscheidenden Vorteil: Er kann aus allen neuen Ortsplättchen eines zum Bauen auswählen oder auch jede andere Aktion, die vielleicht nur ein Mal zur Verfügung steht, nutzen und sich dadurch einen ungeheuren Vorteil verschaffen. Wer hinten liegt, bekommt diesen Vorteil, daher kann es eine taktische Entscheidung sein, sich in den ersten Runden mit Siegpunkten zurück zu halten. Genau genommen kann man auf diese Art lange Startspieler bleiben und die Führenden haben kaum Chancen aus eigener Initiative Startspieler zu werden.

Gerade die Partien mit 4 oder 5 Spielern ziehen sich ganz schön. Der Zeitaufwand ist meiner Meinung zu hoch, da durch eine unglückliche Verteilung der Ortsplättchen der Sieger häufig schon früh feststeht.

Fazit:

Der Einstieg ist recht holprig, aber auch Wenigspieler finden sich nach den ersten Runden gut zurecht. Auch wenn man es auf den ersten Blick nicht direkt erkennen kann, gibt es viele mögliche Sieg-Strategien. Dass die Farben in den Ecken der Plättchen zusätzliche Punkte generieren, führt zwangsläufig dazu, dass sehr kompakt gebaut wird.

Die Spielvarianten machen das Spiel abwechslungsreich und mit ihnen lässt sich die Komplexität  variieren. In der Hardcore-Variante soll man ohne Markt spielen. Dabei muss man aber wissen, dass man gut auf die eigenen Ressourcen aufpassen muss und in eine Sackgasse geraten kann, aus der die Spieler nicht mehr heraus kommen können. Wenn alle Spieler einen bestimmten Rohstoff nicht mehr haben, der aber für den Bau aller ausliegenden Gebäude benötigt wird, ist die Partie unspielbar und somit vorbei.

Bei www.Boardgamegeek.com findet man mittlerweile eine Errata und Spielvarianten, welche direkt vom Autor kommen. Das maximale Einkommen durch den Tempel des Plutos und den Tempel des Merkur wird auf 22 limitiert, da diese Orte sonst zu stark sind. Alle anderen Varianten sind nicht zwingend notwendig, sondern nur Vorschläge. Man kann beim Markt ebenfalls die Erfahrung des eingesetzten Arbeiters als Vorgabe nehmen, also nur so viele Waren kaufen oder verkaufen, wie die Würfelaugen des eingesetzten Arbeiters zeigen. Das starke Arbeiterlager bekommt eine Sonderregel. Beim Aufdecken entscheidet der aktuelle Startspieler den Ort, aber das Plättchen wird keinem Spieler zugeordnet. Jeder kann es pro Runde nutzen, indem die Kosten an die Bank gezahlt werden. Und zu guter Letzt, kann man 5 Wallplättchen vor dem Spiel entfernen, um die Spieldauer zu verkürzen. Man kann entscheiden ob man die entfernten Plättchen geheim hält oder für den Rest des Spiels offen auslegt, damit die Spieler ahnen können, was noch kommen kann. Ich finde die Reaktion des Autors sehr positiv, vor allem dass er die Kritik annimmt und sich damit vollumfassend auseinander gesetzt hat.

Wertungsnote 4/6

Verlag: NSKN Games
Autor(en): Andrei Novac
Erscheinungsjahr: 2014
Spieleranzahl: 2 – 5 Spieler
Dauer: 60 – 90 Minuten

Vielen Dank an NSKN Games für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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