Terra Nova

Expertenspiele haben es eher schwer,
um sie zu spielen benötigt man mehr:
Mehr Zeit sie komplett zu genießen,
mehr Gehirnschmalz sollte fließen,
komplexere Regeln sind zu verstehen,
sonst wird man dabei untergehen.
Solche Spiele nicht jeder spielen mag,
oder es ist einfach nicht der richtige Tag.
Daher hat sich Andreas Faul die Mühe gemacht,
und das Regelwerk zu Terra Nova erdacht.
Da Terra Mystica als Lieblingsspiel sein Vorbild war,
war das Spielgefühl zu behalten für ihn ganz klar.
Ihm gelang es die Regeln herunterzubrechen,
um weniger erfahrene Spieler anzusprechen.

Spielmaterial:

Das Spielmaterial braucht sich vor dem von Terra Mystica nicht zu verstecken. Da im Vergleich zum Original einige Elemente gestrichen wurden, ist entsprechend weniger Material enthalten. Dieses ist aber weiterhin von guter Qualität. Die Spielertableaus sind dick und doppelseitig unterschiedlich bedruckt. Dazu erhalten die Spieler passendes buntes Holzmaterial, was sie von ihren Tableaus auf den Spielplan bekommen wollen. Der Spielplan zeigt verschiedene Landschaften, die sich mit den ebenfalls enthaltenen, doppelseitigen Landschaftsplättchen in die eigene Landschaft umwandeln lassen. Münzen und weitere Plättchen für Rundenwertungen und besondere Vorteile sind ebenfalls dabei. Auch Zusatzmaterial für eine Variante.

Spielmechanismus:

Wie bei Terra Mystica repräsentiert jeder Spieler in Terra Nova ein Volk und möchte sich in nur fünf Runden mit diesem auf dem Spielplan ausbreiten und dabei die meisten Punkte sammeln. Die Völker besitzen unterschiedliche Fähigkeiten, es gibt aber “nur” zehn verschiedene und entsprechend auch nur fünf unterschiedliche Landschaften. Weitere Anpassungen betreffen die Ressourcen, die auf Münzen und Macht beschränkt sind. Dabei ist der Umgang mit Macht einfacher geworden, da diese sich nicht mehr opfern lässt. Im Kreislauf verbleiben über die gesamte Partie hinweg immer acht Machtscheiben. Eine Partie endet bereits nach fünf Runden und es gibt kein zusätzliches Kulttableau oder Gunstplättchen mehr, die man aus Terra Mystica kennen könnte.

Terra Nova Spielsituation
Terra Nova Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Reihum führen die Spieler Aktionen aus, bis alle gepasst haben. Landschaften werden umgewandelt, um darauf eigene Häuser platzieren zu können. Grenzen Gebäude der Mitspieler an, erhalten diese dafür Macht. Unter den meisten Gebäuden, die ein Spielertableau verlassen, kommt Einkommen zum Vorschein, welches zu Rundenbeginn vergeben wird. Die beiden Paläste schalten zusätzlich spezielle Sonderfähigkeiten frei.

Terra Nova Spielertableau
Terra Nova Spielertableau / Foto: Brettspielpoesie

Die einfachen Wohngebäude lassen sich um zwei Stufen aufwerten und ab vier zusammenhängenden Gebäuden mit einer Wertigkeit von mindestens sieben entsteht eine Stadt. Eine solche bringt einen sofortigen Bonus ein. Um Gebäude über den Fluss hinweg zu einer Stadt zu verbinden, sind Brücken erforderlich. Die Schifffahrt ermöglicht es auch weiter entfernt von bestehenden Gebäuden neue zu errichten. Zusätzlich gibt es Machtaktionen auf dem Spielplan, welche alle nur einmalig pro Runde nutzbar sind. Die meisten bieten Alternativen zu Aktionen, die sonst Geld kosten.

Der Machtkreislauf ist erhalten geblieben. Erhält man Macht, muss man zuerst die erste Schale leeren und danach die zweite. Aus der dritten Schale kann man die Macht für Aktionen verwenden, wodurch sie zurück in die erste Schale gelangen.

In jeder Runde gibt ein Plättchen zusätzliche Punkte für bestimmte Aktionen, welche die Spieler bei Ausführung direkt erhalten. Beim Passen wählt der aktive Spieler ein neues Vorteilsplättchen. Diese können am Rundenbeginn zusätzliches Einkommen mit sich bringen und manche lösen beim Passen eine Wertung für dessen Besitzer aus.

Terra Nova Spielplan
Terra Nova Spielplan / Foto: Brettspielpoesie

Die aus der Terra Mystica Erweiterung Feuer & Eis bekannte Passreihenfolge ist als Variante enthalten. Anders als im Grundspiel wird dabei nicht mehr im Uhrzeigersinn vom Startspieler aus gespielt, sondern in der Reihenfolge, wie tatsächlich gepasst wurde.

Spielende:

Nach Abschluss der [UPDATE 29.11.22]sechsten fünften [ENDE UPDATE] Runde endet eine Partie Terra Nova mit der Endabrechnung. Noch ein letztes Mal kann Macht in Geld umgewandelt werden, für je drei Geld gibt es einen Punkt zusätzlich. Eine abschließende Mehrheitenwertung belohnt die meisten Gebäude in Reichweite auf dem Plan platziert zu haben. Danach gewinnt, wer insgesamt die meisten Punkte sammeln konnte.

Spieleranzahl:

Für nur zwei Spieler gibt es eine besondere Spielplanseite. Diese zeigt nur eine Machtaktion für den Brückenbau. Außerdem sind manche Landschaften für die beiden Varianten markiert, bei denen Gebäude nicht verwendeter Spielerfarben zu bestimmten Zeitpunkten auf den Plan gelangen, was die eigene Ausbreitung behindern kann und zugleich für Nachbarschaft sorgt. Aber auch ohne diese Varianten lässt sich Terra Nova zu zweit spielen. Ich mag es zu dritt oder viert allerdings lieber. Der aus Terra Mystica bekannte fünfte Spieler wurde im Zuge der Vereinfachung des Spielprinzips weggelassen.

Glücksfaktor?

Es gibt bei Terra Nova keine geheimen Informationen und auch keine Zufallselemente. Die Rundenplättchen können durchaus mal unglücklich liegen, wenn beispielsweise direkt in der ersten Runde das Errichten einer Stadt belohnt wird, wo es schwieriger möglich ist, als zum Ende der Partie hin. Aber dieser Zufall trifft alle gleichermaßen, es bevorteilt niemanden speziell. Die Völker haben unterschiedliche Fähigkeiten, vor allem beim Einsatz der komplett verschiedenen B-Seiten. Ich habe jetzt noch nicht jedes Volk mehrfach spielen können, aber im ersten Eindruck keines erkannt, welches mir extrem viel stärker vorkommt, als die anderen. Vermutlich unterschieden sie sich eher wieder darin, wie anspruchsvoll sie zu spielen sind. Mit der Variante der Passreihenfolge wird auch die Ungerechtigkeit gelöst, dass Spieler die spät passen in der folgenden Runde früh dran sind, weil sie einfach vorteilhaft hinter dem neuen Startspieler sitzen.

Meinung:

Ich war zunächst skeptisch, ob es wirklich eine vereinfachte Version eines großartigen Spiels benötigt. Ich musste aber auch direkt zugeben, dass Terra Mystica es tatsächlich schwer hat, regelmäßig auf den Tisch zu kommen, da man sich dafür Zeit nehmen muss und nicht jeder unserer Mitspieler die Komplexität mag, die es mit sich bringt. Damit kommen wir direkt zu einem guten Grund, aus dem es Situationen geben mag, in denen Terra Nova sich besser eignet als Terra Mystica.

Mir gefällt die Gestaltung des Spielmaterials auch besser, als bei Terra Mystica. Es hat mich zuvor nie gestört, aber im direkten Vergleich finde ich die kräftigeren Farben von Terra Nova ansprechender. Es tut mir fast schon leid immer wieder den Vergleich zu ziehen, aber bei den Gemeinsamkeiten und auch der Entstehungsgeschichte, kann ich Terra Nova schlecht für sich alleine betrachten.

Terra Nova ist mitnichten ein Familienspiel, denn um das Spielgefühl grundlegend zu erhalten, sind manch abstrakte Konzepte wie der Machtkreislauf erhalten geblieben. Den ich noch immer ziemlich genial finde. Acht Machtscheiben sind nicht viele und man muss gut haushalten, da verbrauchte Macht immer wieder in Schale 1 landet und neue Macht von dort erst wieder über Schale 2 in Schale 3 gelangt. Man sollte nie zu lange Macht in der dritten Schale lagern, da man sich dadurch der Möglichkeit beraubt weitere Macht, zum Beispiel durch den Bau gegnerischer Gebäude in Nachbarschaft, zu erhalten. Was gewiefte Mitspieler gerne ausnutzen.

Bei jeder Partie Terra Nova fühlte ich mich auch direkt an Terra Mystica erinnert, das hat das Spiel auf jeden Fall geschafft. Wieder gibt es verschiedene Rundenwertungs- und Vorteilsplättchen für unterschiedlich verlaufende Partien, aber dennoch fühlen sich die Partien gleichförmiger an. Das kommt einfach daher, dass weniger Optionen zur Verfügung stehen. Auch wenn die Völker sich durchaus unterscheiden und verschiedene Akzente setzen, bietet Terra Nova nicht dieselben Möglichkeiten der Spezialisierung, wie es Terra Mystica ermöglicht hat.

Ich spiele wirklich gerne eine Partie Terra Nova mit, doch weckt jede Partie auch das Bedürfnis in mir, eine Partie Terra Mystica folgen zu lassen. Einfach mal wieder mehr davon zu erleben und sich tiefer hinein denken zu müssen, das vermisse nicht nur ich. Auch meine Mitspieler, die Terra Mystica zuvor bereits gespielt hatten, äußerten direkt diesen Wunsch.

Fazit:

Terra Nova ist ein tolles Spiel, doch wer Terra Mystica kennt und liebt, wird vermutlich lieber zu diesem greifen. Dennoch hat auch Terra Nova seine Daseinsberechtigung, und wenn sie nur bezweckt neue Spieler mit dem grundsätzlichen Spielablauf vertraut zu machen, um sie langsam an Terra Mystica heranzuführen. Wer den Vorgänger nicht kennt, wird bestimmt nichts vermissen. Außerdem lässt sich Terra Nova schneller spielen und eignet sich daher auch an Spieleabenden, an denen man nicht so viel Zeit zur Verfügung hat oder den Kopf nicht zu sehr anstrengen möchte.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Kosmos
Autor(en): Andreas Faul
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 60 – 90 Minuten

Vielen Dank an Kosmos für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

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