Bei den vielen Escape Room-, Detektiv- und Ermittlerspielen an Markt, ist es immer schwieriger ein Thema oder eine Mechanik zu finden, die es so noch nicht gibt. Das ist für mich kein wirkliches Problem, solange sich ein neues Spiel nicht bloß wie eine billige Kopie eines bereits erschienenen Spiels anfühlt. Oder ein Thema verwendet wird, dass sich so langsam wirklich ausgelutscht anfühlt. Hin und wieder gelingt es trotzdem, mit Thema, Mechanik oder sogar beidem zu überraschen. Das ist einer der Gründe, wofür ich diese Spiele so liebe. Ravensburger geht aktuell neue Wege mit einen 3D-Puzzle-Abenteuer durch verschiedene Zeitlinien, was in letzter Zeit häufiger Thema solcher Spiele war. Magnificum lädt uns zum Dinner einer alten Dame und Unlock! lässt bekannte Spielwelten völlig neu erleben. Stillleben schlägt einen anderen Weg ein, als zuvor erschienene Krimispiele des Verlags, begibt sich dabei aber auch nicht auf völlig unbekanntes Terrain in diesem Genre.
Time Guardian Adventures –
Eine Welt ohne Schokolade
Über die Exit Puzzle von Ravensburger habe ich bereits geschrieben, auch über den ersten Exit Adventskalender. Beides konnte mich nicht so richtig von sich überzeugen. In erster Linie, weil die Rätsel weder deutlich als solche erkennbar waren, noch pfiffige Rätselideen zum Einsatz kamen, was bei den namengsleichen Konkurrenzprodukten vom Kosmos Verlag viel besser gelingt. Trotz dieser Vorbehalte, weckte der Verlag meine Aufmerksamkeit mit einem Adventure-Spiel, welches auf 3D Puzzle setzt. Und damit hatten sie mich direkt am Haken. Ich habe alle existierenden Sheepworld-3D-Puzzle im Wohnzimmer stehen und jedes Jahr dekoriere ich den Weihnachtsbaum mit 3D-Puzzlebällen als Christbaumkugeln.
Die Serie trägt auch gar kein Exit im Namen, es ist eine völlig neue Spielreihe. Dabei wird nicht erst ewig gepuzzelt, um dann im fertigen Bild die Rätsel mühselig zu identifizieren. Man wird besser geführt, bekommt kleine Puzzlehappen, die zusammen eine Zeitmaschine ergeben. Denn es ist die Aufgabe der Time Guardians, in die Vergangenheit zu reisen, um den exzentrischen Kriminellen Dr. Mayhem aufzuhalten, der durch Manipulation der Vergangenheit versucht, die Welt ins Chaos zu stürzen. Bei diesem Fall, Eine Welt ohne Schokolade, produziert er eine solche, indem er die Maya daran hindert den Kakao zu entdecken und stattdessen sämtliche Schokolade für sich behält. Das muss natürlich verhindert werden. Die Zeitmaschine lässt uns verschiedene Realitäten entdecken, denn auch nur der Versuch etwas in der Vergangenheit zu ändern, kann schwere Folgen nach sich ziehen.
Durch das Lösen von Rätseln auf Karten in Kombination mit den auf den Puzzlen abgebildeten Bildern der alternativen Realitäten lässt sich die bekannte Vergangenheit wiederherstellen. Die Zeitmaschine wächst mit jedem der sechs enthaltenen Puzzle in die Höhe. Das Material ist gewohnt hochwertig und lässt sich gut zusammensetzen. Kleiner Kritikpunkt: Die Puzzleteile mit unterschiedlich markierter Rückseite waren in einer einzigen Plastiktüte und sollten vor Beginn auseinander sortiert werden.
Wer mal nicht von alleine weiterkommt, kann auf Karten mit Hilfestellungen zurückgreifen. Diese haben wir nicht benötigt, trotzdem gut, dass man nicht komplett stecken bleiben kann. Ich mag vor allem die Geschichte, welche man bei diesem Abenteuer erlebt. Die alternativen Zeitlinien sind humorvoll erdacht, während man bei der Korrektur interessante Fakten zur wahren Geschichte der Schokolade erfährt.
Dies ist das zweite Abenteuer und die Anleitung heißt die Spieler auch erneut willkommen, ohne zu wissen ob sie wirklich zum wiederholten Male auf den Bösewicht treffen. Laut angegebenem Schwierigkeitsgrad richtet sich dieses Abenteuer an Fortgeschrittene. Noch leichter hätten die Rätsel für mich nicht sein dürfen, aber ich ordne mich auch als erfahrenen Spieler solcher Spiele ein. Weitere Abenteuer mit diesem oder höherem Schwierigkeitsgrad möchte ich gerne erleben. Hier ist die Kombination aus Abenteuerspiel und Puzzleaufgaben wirklich gelungen.
Verlag: Ravensburger
Autor(en): Nicholas Cravotta, Rebecca Bleau
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 120 – 180 Minuten
Vielen Dank an Ravensburger für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Das Dinner – Die letzte Arie der alten Dame
Das neueste Ermittlerspiel von Magnificum lässt die Spieler das Dinner einer alten Dame nachvollziehen, welches für sie im Krankenhaus endete. In Frage kommen nur die anwesenden Gäste, ein kleiner Kreis ihrer engsten Vertrauten. Um diesen Fall zu lösen, muss man die Hintergründe zu den verschiedenen Beziehungen erörtern, um herauszufinden wer den schlimmsten aller Wege gesucht hat, diese zu beenden.
Im prall gefüllten Umschlag entdeckt man unterschiedliches Material, das auch wirklich real und nicht zu sehr gestellt wirkte. Erstmalig bei einem Spiel dieses Verlags sind nicht alle physischen Dokumente von Beginn an einsehbar. Einige Dokumente waren mit einer Perforation versehen und dem Hinweis, diese erst nach Aufforderung zu öffnen. Viele der so behandelten Dokumente zeigen, korrekt aneinander gelegt, den Grundriss der Wohnung, in der es zu dem Vorfall kam. Das erinnerte mich fast ein wenig an Ermittlerspiele für Einsteiger anderer Verlage, die eine ähnliche Herangehensweise wählten. Bei Königsmord war der Tatort zusätzlich noch aus dreidimensionalen Elementen und die Spieler haben selbst die zu lösenden Fragen erst nach und nach erhalten. Zunächst verschlossene Dokumente findet man auch bei CrimeTime oder den Krimispielen des Noctis Verlags.
Zusätzlich gab es diverse digitale Elemente (Videos, Audio-Aufnahmen), die das Spiel aufgelockert haben, über die ich aber gar nicht zu viel schreiben mag. Das sollte schon jeder selbst entdecken. Mir hat dabei besonders eine ungewöhnliche Perspektive ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert. Leider waren die digitalen Inhalte außerhalb der Magnificum-Webseite bei diesem Fall eher rar.
Insgesamt war der Fall einfach zu lösen. Es gibt zwar durchaus Wendungen, die nicht direkt von Beginn an vorherzusehen waren, doch mit jedem Hinweis verdichtete sich eine Vermutung, die letztendlich der Lösung entsprach. Gerne hätte ich noch die eine oder andere falsche Spur erlebt, so fühlte es sich doch sehr linear an. Jedem Dokument konnten wir schnell und einfach zuordnen, um was für einen Hinweis es sich dabei handelt. Vieles war mir einfach zu eindeutig und manche Informationen auch wiederholend. Das ist sicherlich gut für Einsteiger, die sich in einem solchen Spiel erst einmal zurecht finden müssen, doch ich mag es kniffliger ohne Wiederholungen. Dennoch waren wir über zwei Stunden gut beschäftigt und hatten Spaß am Ermitteln. Beim nächsten Fall darf es gerne gerne wieder etwas verworrener und kniffliger sein.
Verlag: Magnificum
Autor(en): k. A.
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler
Dauer: 240+ Minuten
Vielen Dank an Magnificum für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Unlock! Game Adventures
Dieses Mal entführt uns Unlock! in bekannte Welten aus anderen Spielen. In Unlock! Game Adventures tauchen wir hinein in Zug um Zug, Mysterium und Pandemie und erleben diese Spielideen dadurch aus einer ganz neuen Perspektive.
Bei Zug um Zug reisten wir als Journalist durch die Staaten und nehmen an einer Gedenkreise teil, die zu Ehren der verstorbenen Eisenbahnmagnatin Carrie Baker ausgerichtet wird. Sie hat dazu beigetragen das Streckennetz von New York mit dem von Los Angeles zu verbinden und hinterlässt ihr Imperium zwei Kindern und einem Bruder. Auf der Reise lernt man allerhand Personen kennen, erfährt mehr zu den Hintergründen und fotografiert was das Zeug hält, um mit einer spannenden Story zurückzukehren.
Der zweite Fall schickt uns als Spiritisten zu einem alten Herrenhaus, in dem ein Mord geschah, den die Polizei nicht auflösen kann. Schon auf dem Weg dorthin versucht ein Geist Kontakt aufzunehmen, indem er Visionen überträgt. Diese sind anfangs zusammenhangslos, doch sie ermöglichen es später nachzuvollziehen wer, an welchem Ort und mit welcher Waffe den Toten erledigt hat. Ganz wie bei Mysterium, nur dass man hier vollständig gemeinsam in gewohnter Unlock!-Manier ermittelt.
Im Pandemic-Abenteuer verfolgen wir in einer globalen Pandemie die Schritte des Patient 0 zurück, um ein Heilmittel gegen die verschiedenen Virusvarianten zu erhalten, die sich mittlerweile über die ganze Welt verteilen. Neben einem Dokument und kleinen roten Klötzchen sind auch fünf Charaktere dabei. Eine Wissenschaftlerin, ein Betriebsexperte, eine Quarantäne-Spezialistin, ein Logistiker und ein Sanitäter stehen euch zur Lösung dieses Szenarios zur Seite. Man fühlt sich direkt heimisch im Pandemie-Universum.
Es ist nicht erforderlich die drei Spiele, die in diesem Unlock! neu interpretiert werden, zuvor gespielt zu haben, um diese Abenteuer erfolgreich zu überstehen, aber es ist zu empfehlen. Dann steckt man nämlich direkt im Thema drin und das hilft sicherlich, um die Ecke zu denken und auf kreative Lösungsansätze zu kommen. Dabei bricht das Spiel abermals mit seinen eigens aufgestellten Spielregeln, aber in einem Maß, wie ich es Unlock! mittlerweile gut verzeihen kann. Denn diese Ansätze machen die Abenteuer auch gerade so besonders. Die App erhält für jedes Szenario eine spezielle Funktionalität, alles ist gut aufeinander abgestimmt.
Die thematischen Spielwelten passen hier einfach perfekt zu den enthaltenen Abenteuern, die Grenzen verschwimmen fließend. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie man das nun noch toppen möchte. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Vielleicht schon mit der gerade angekündigten nächsten Box mit Extraordinary Adventures.
Verlag: Space Cowboys / Vertrieb: Asmodee
Autor(en): Mathieu Casnin, Thomas Cauët, Jeremy Koch
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler
Dauer: 60 Minuten
Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Stillleben
Das neueste Krimispiel vom Noctis Verlag heißt Stillleben. Diese Spielreihe zeichnete sich von Anfang an dadurch aus, dass die Spieler nicht die Rolle von professionellen Ermittlern einnehmen, sondern von Kriminellen. Das ist auch beim vierten Spiel dieser Reihe wieder der Fall, bei dem ein Raub geplant und in die Tat umgesetzt werden soll. Daher lautet der Untertitel auch nicht mehr “Investigativer Thriller”, sondern “Ein meisterhafter Jahrhundert-Coup”. Das ist neu für diesen Verlag, allerdings nicht für das Genre.
Von iDventure ist bereits The Heist bekannt, bei dem wir ebenfalls in zwei Phasen einen Raubüberfall planen und im Anschluss daran durchführen. Doch sind beide Spiele unterschiedlich angelegt. The Heist bietet als Ermittlerspiel einen ganzen Haufen an Material, durch den sich die Spieler zunächst durcharbeiten. Dabei nehmen sie immer wieder Kontakt mit Personen vor Ort auf. Stillleben bewegt sich eher in den Gefilden vorheriger Krimispiele dieses Verlags.
Das Spiel ist grundsätzlich kartengesteuert, zusätzlich liegen einige zunächst verschlossene Dokumente bei. Diese unterschiedlichen Dokumente sehen wieder alle recht ähnlich aus, nur eine Zeitung hat ein etwas anderes Format. Das ist sicherlich produktionsbedingt zu erklären, wird sich bei den Spielen dieses Verlags wohl auch nicht mehr ändern. Manche Karten sind mit Illustrationen versehen, die nicht nur hübsch anzuschauen sind, sondern auch wichtige Hinweise liefern können. Es gibt verschiedene Orte zu entdecken und an jedem davon Entscheidungen zu treffen. Davon hängt nicht nur ab, welche Hinweise man direkt erhält, sondern sie haben auch Einfluss auf die späteren Geschehnisse. Denn neu ist hier, dass in der ersten Phase des Spiels der Raub geplant wird und dabei das Deck für die zweite Phase entsteht. Ein Team muss zusammengestellt und das zu stehlende Gemälde identifiziert werden.
Im zweiten Teil des Spiels geht man den zusammengestellten Durchführungsstapel durch, muss hier und da noch Entscheidungen treffen oder aktiv werden. Es gibt sogar einen kurzen Echtzeit-Abschnitt, bei dem sich die Spieler aufteilen müssen und nicht jeder alle Informationen einsehen darf. Da hilft nur gut zu kommunizieren, um sich ideal abzustimmen. Zusätzlich zu den bekannten Sternen sammelt man hier ggf. Alarmsymbole, die sich bei der Wertung negativ auf die gesammelten Sterne auswirken. Um das zu verhindern hilft es, sämtliche Informationen genau zu sichten und anhand dieser kluge Entscheidungen zu treffen. Genau diese Aufgabe erschien uns recht einfach, wir waren uns immer relativ schnell einig, welches der einzig sinnvolle Weg sein kann und haben den Raub auch mit der bestmöglichen Wertung abgeschlossen.
Mir gefällt die Wandlungsfähigkeit dieser Spielreihe. Die Handhabung ist größtenteils genau wie bei den vorherigen Titeln, man findet sich sofort zurecht und dennoch ist das Spielerlebnis ein anderes. Man erfährt nun eben nicht immer direkt, wohin eine Entscheidung führt, sondern muss bis zur Durchführung warten. Das baute eine schöne Spannungskurve auf.
Verlag: noctis Verlag
Autor(en): Lukas Setzke, Martin Student, Verena Wiechens
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler
Dauer: 120 – 180 Minuten
Vielen Dank an den noctis Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars
Eine Antwort auf „Wo geht’s hier zum Ausgang?! – No. 45“
[…] 1: Unlock! Game Adventures (Space Cowboys) Unlock! Game Adventures bietet einfach die perfekte Symbiose des App-unterstützten […]