Libertalia – Vorher / Nachher

Als bei Stonemaier Games mit Libertalia-Winds of Galecrest eine überarbeitete Neuauflage von Libertalia aus dem Jahr 2012 aufkam, war ich relativ unbeeindruckt. Ich hatte zuvor nicht viel über dieses Spiel gehört. Im Gegensatz zu anderen Titeln, die vor meiner Rückkehr in die Welt der Brettspiele auf den Spiel des Jahres-Listen oder beim Deutschen Spielepreis verewigt wurden, war mir Libertalia einfach noch nicht untergekommen. Eine kurze Präsentation des Spiels im Rahmen der BerlinCon lies uns darauf hoffen, damit ein geeignetes Spiel für unsere Spielrunde zu sechst mit weniger spielerfahrenen Kollegen zu bekommen. Die ersten Stimmen nach Veröffentlichung klangen ebenfalls nicht schlecht. Und wie es der Zufall so will, fiel mir kurz darauf eine Ausgabe der ersten Version vom Verlag Marabunta in die Hände, welche mir der Besitzer direkt mit gab, obwohl ich doch eigentlich nur Fotos machen wollte. Daher kann ich euch nun aber die beiden Auflagen im Vergleich vorstellen.

Libertalia – Auf den Winden von Galecrest ist mit dem Blue Label bei Feuerland erschienen, benötigt also weniger Denkarbeit und enthält dafür eher Glückselemente als andere Titel des Verlags. Entsprechend ist auch die Anleitung nur acht Seiten lang. Für Libertalia benötigte man damals ganze zwölf Seiten und das ohne eine vollständige Seite für die Auflistung der Versionsunterschiede ;-) Dafür hat man vor zehn Jahren schon die Folierung bei den Karten durch eine Pappbanderole ersetzt, diese Entdeckung fand ich aktuell bemerkenswert.

Libertalia Spielplan
Libertalia – zentrale Spielpläne / Foto: Brettspielpoesie

Der Spielablauf hat sich nur in einigen Details verändert, das Grundprinzip ist noch dasselbe. In drei Durchgängen bekommen alle Spieler exakt dieselben Charaktere mit spezifischen Fähigkeiten auf die Hand, um mit diesen und gesammelten Beutestücken das meiste Geld zu sammeln. Diese Durchgänge heißen nun passenderweise Reisen, anstelle von Kampagnen. Waren die Durchgänge bei der Erstauflage alle sechs Tage lang, dauern diese nun gestaffelt erst vier, dann fünf und nur zuletzt sechs Tage. Der grobe Rundenablauf ist auf dem zentralen Spielplan aufgeführt.

Libertalia- Auf den Winden von Galecrest Spielplan
Libertalia – Auf den Winden von Galecrest Spielplan / Foto: Brettspielpoesie

Dieser hat nun eine Seite mit ruhiger und eine mit rauer See. Dadurch unterscheiden sich die Sonderfähigkeiten der Beutemarker, die beim Original nur genau eine Funktion hatten. Zusätzliche Plättchen ermöglichen nun sogar Partien mit einer Kombination aus zufällig rauen oder ruhigen Fähigkeiten. Die Pappplättchen als Beutemarker sind Bakelitsteinen gewichen. Diese sind beidseitig bedruckt, dadurch ist die gesammelte Beute der Mitspieler nun keine geheime Information mehr.

Libertalia Beute
Libertalia Beute / Foto: Brettspielpoesie

Trotz der anfänglich kürzeren Durchgänge erhalten die Spieler weiterhin sechs neue Charaktere für jeden davon. Charaktere können Tag-, Dämmerungs-, Nacht- oder Ankerfähigkeiten zeigen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten aktiv sind. Pro Tag der Reise spielen alle geheim eine Karte, die dann anhand ihres Rangs aufgereiht werden. Zunächst werden die Tagfähigkeiten in aufsteigender Reigenfolge abgehandelt, danach nehmen sich alle in umgekehrter Reihenfolge ein Beutestück und handeln ggf. Dämmerungsfähigkeiten ab. Manche Charaktere bieten noch Nachtfähigkeiten, die jede Nacht aktiv sind, solange sich der Charakter auf dem Schiff befindet oder Ankerfähigkeiten für das Ende der Reise.

Libertalia  Charaktere
Libertalia Charaktere / Foto: Brettspielpoesie

Zehn neue Charaktere sind hinzugekommen. Manche Charakterfähigkeiten existieren noch genau so wie 2012, viele wurden angepasst. Jeder Spieler hat nun einen eigenen Friedhof für seine abgeworfenen Charaktere und manche Funktionen beziehen sich auf diesen. Auf den Karten selbst sind keine Einflusswerte mehr angegeben, Gleichstände lassen sich anhand der neuen Ruhmesleiste auflösen. Neue Charakterfähigkeiten lassen die Spieler Ruhm erhalten oder verlieren. Die Charaktere waren ursprünglich Persönlichkeiten einer Schiffscrew mit Abbildungen von Personen. Diese hat man bei der überarbeiteten Auflage durch anthropomorphe Charaktere ersetzt.

Libertalia - Auf den Winden von Galecrest Charaktere
Libertalia – Auf den Winden von Galecrest Charaktere / Foto: Brettspielpoesie

Ein zusätzliches Tableau zur Markierung erhaltener Münzen ist in der neuen Ausgabe auch nicht mehr erforderlich, da jeder seine eigene Truhe erhält, um die Münzen einer Reise zu sichern. Darin lassen sich die gesammelten Münzen einer Reise dauerhaft speichern. Die ursprünglichen Spielertableaus zeigen detaillierte Spielerhilfen, deren Informationen nun dem gemeinsamen Spielplan zu entnehmen sind.

Libertalia Spielermaterial
Libertalia Spielermaterial / Foto: Brettspielpoesie

Die Münzen sind in beiden Versionen Pappplättchen. Bei Libertalia sind mehr solcher Münzen enthalten mit Wertigkeiten 1, 5 und 10, die Plättchen sehen optisch auch aus wie Münzen. Die neuen Münzen mit Wertigkeiten 1, 3 und 5 wirken abstrakter und es sind weniger enthalten, sodass man recht häufig hin und her tauschen muss. Dafür kommen sie in einer praktischen, verschließbaren Schale.

Libertalia Geld
Libertalia Geld / Foto: Brettspielpoesie

Beim Spielermaterial wurde die Farbe gelb durch lila ersetzt. Anstelle von Piraten-Fahnen und -Markern gibt es nun achteckige Holzsteine in den sechs Spielerfarben, welche bei der Ruhmesleiste zum Einsatz kommen.

Libertalia Spielermarker
Libertalia Spielermarker / Foto: Brettspielpoesie

Ganz neu ist das Fähnrichplättchen für Partien nur zu zweit, damit sich diese durch einen besonderen Charakter etwas mehr wie eine Partie zu dritt anfühlt ohne einen nervigen Ghostplayer verwalten zu müssen. Ebenfalls neu ist ein ganzer Kartenstapel für das Solo-Spiel gegen einen Automa, für den ein weiteres Regelheft beiliegt.

Libertalia Zusatzmaterial 2 Spieler bzw. Solo
Libertalia – Auf den Winden von Galecrest: Zusatzmaterial 2 Spieler bzw. Solo / Foto: Brettspielpoesie

Fazit

Bei Libertalia wirkte alles sehr düster, es triefte nur so vor rauem Piratenthema. Weibliche Charaktere waren rar. Die gesamte Optik ist bei Libertalia – Auf den Winden von Galecrest nun bunter, fröhlicher, einladender. Das mag vielleicht auch nicht jedem gefallen, ich jedoch mag die neue Optik mit den anthropomorphen Charakteren sehr. Und das schreibe ich nicht nur, weil die blinde Passagierin ein Schaf ist ;-)

Obwohl die Spielidee bereits zehn Jahre auf dem Buckel hat, funktioniert Libertalia auch heute noch gut. Die Anpassungen fühlen sich sinnvoll an und machen das Spiel jetzt erst so richtig rund. Die Regeln sind im Nu erklärt, allerdings hat dann jede der 40 Charakterkarten noch einen speziellen Effekt. Diese kann man aber gut gemeinsam besprechen, da ja alle genau die gleichen Karten auf die Hand nehmen. Die meiste Zeit agieren alle gleichzeitig und selbst die aufeinander folgenden Aktionen sind schnell abgehandelt.

Es sorgt für Abwechslung, dass pro Partie nur 18 der 40 Charaktere verwendet werden. Ich selber habe mich immer gerne überraschen lassen, welche Charaktere in einer Partie zum Einsatz kommen und welche Fähigkeiten sie mitbringen. Das fand ich spannender, als vorab alle vierzig Fähigkeiten durchzulesen. Die meisten Charaktere sind für sich alleine auch viel weniger interessant als in Kombination mit anderen, auf die man gerade zugreifen kann. Diese Kombinationen können, vor allem auf der ersten Reise, aber auch einfach mal schlechter zusammen spielen. Besonders wenn sich viele Fähigkeiten auf den Friedhof beziehen, dort aber noch gar keine Karten liegen. Dann fühlt sich der Einstieg etwas zäher an, als wenn man sich bei den vielen coolen Charakter-Fähigkeiten gar nicht für einen entscheiden mag.

Es ist ein tolles Spiel für vier oder besser noch mehr Spieler. Die Anpassung für 2 Spieler wirkt gut durchdacht, das Spielgefühl einer Partie mit mehr Spielern kam bei uns dabei dennoch kaum auf. Solo habe ich es gar nicht ausprobiert, aber wer gerne solo spielt, hat mit dieser neuen Version erstmalig die Möglichkeit dazu.

Libertalia – Auf den Winden von Galecrest ist kein Spiel für Strategen. Bei jeder zu wählenden Karten überlegt man, welche Charaktere noch im Spiel sind und einem gefährlich werden könnten. Der Friedhof und zugehörige Fähigkeiten, die bereits abgeworfene Charaktere zurückbringen, machen das Chaos perfekt. Man kann versuchen den Überblick zu behalten, doch muss sich meist auch auf ein wenig Glück verlassen. Es kann aber auch fies werden und das sollten alle Spieler abkönnen. Da sterben Charaktere auf der Insel noch bevor sie sich Beute schnappen oder verlassen selbst das Schiff noch vor Ende der Reise. Es ist ein Hauen und Stechen, denn nur einer kann der erfolgreichste Pirat werden.

Ich mag dieses Spiel und erwarte in jeder Runde ganz gespannt, welche Karten meine Mitspieler wählten. Daher bin ich froh durch die überarbeitete Auflage in den Genuss gekommen zu sein, dieses Spiel kennen zu lernen. Jeder, der nun bei Libertalia einstiegen möchte, dem empfehle ich diese überarbeitete Version, die Anpassungen machen das Spiel einfach noch interessanter. Wer Libertalia bereits besitzt, bekommt mit der neuen Verison auch neue Charaktere und Spielmodi und sollte sich überlegen, was ihm davon wichtig ist.

Ähnliche Artikel:

Eine Antwort auf „Libertalia – Vorher / Nachher“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert