Ein Fest für Odin

Ein Fest für Odin Cover
Cover / Foto: Feuerland Spiele

Man stelle sich vor man vermische Patchwork mit einer Prise Agricola und fügt noch einen Hauch Arler Erde hinzu: Heraus kommt ein großer, dicker, schwerer Karton. Ein Fest für Odin kann veranstaltet werden. Jeder Spieler bietet dabei sein eigenes Festmahl an, um die Wikinger, die ihm in den Runden treu zur Seite stehen und Aufgaben erledigen, zu belohnen. Für die Ausführung dieser Aufgaben müssen die Wikinger entsprechend ausgebildet werden und die Erzeugnisse und Schätze müssen auf dem eigenen Plan regel.konform untergebracht werden. Denn nur wenn die eigene Sippe gute Arbeit verrichtet und man seinen eigenen Besitz erweitert und zur Schau stellt, kann man seinen Einfluss und auch die Einnahmen erhöhen. Das Erwerben, Tauschen, Aufwerten und Unterbringen der Waren ist eine spannende Herausforderung, eingebettet in das interessante Wikinger-Thema.

Spielmaterial:

Ein Fest für Odin Spielmaterial
Spielmaterial / Foto: Brettspielpoesie

So viel Material, dass ich hier gar nicht in allen Einzelheiten aufführen möchte. Ein großer Spielplan zeigt die über 60 Aktionsfelder. Für jeden Spieler gibt es ein identisches Spielertableau und 12 Wikinger aus Holz in einer Farbe. Ebenfalls aus Holz sind Holzstämme, Steine, Erz, ein Rundenanzeiger und ein Startspieler-Elch. Es gibt Ausbildungs- und Waffenkarten und jede Menge Warenplättchen. Für diese werden direkt zwei praktische Plastikkästen mitgeliefert, sodass man diese vor und nach einer Partie nicht aufwändig auseinander sortieren muss. Weitere Papptableaus zeigen den Rundenablauf, Ablageflächen für Sonderplättchen, einen Vorratsplan für Schiffe, beidseitig bedruckte Inseln, Bergstreifen und Zusatzaktions- und Gebäudeplättchen. Ungewohnt für ein Rosenberg-Spiel enthält der große Spielkarton sogar zwei Würfel mit 8 bzw. 12 Seiten.

Einziger Kritikpunkt am Spielmaterial ist der Wertungsblock. Mit exakt 10 Blättern scheint der Verlag nicht an einen hohen Wiederspielreiz zu glauben, was sehr schade ist. Anders sieht es bei de Anleitung aus, die in drei Teilen geliefert wird. Der Spielanleitung, Hinweise zu den einzelnen Aktionskarten und einem Almanach zur geschichtlichen Einbettung der Geschehnisse.

Spielmechanismus:

Das Spiel verläuft in der Standard-Version über 7 Runden, die in 12 Phasen unterteilt sind. Die meisten davon sind recht schnell abgehandelt: Ein neuer Wikinger kommt hinzu, es wird geerntet, die Auslage aufgefrischt und jeder erhält eine neue Waffe. Nur in der folgenden Aktionsphase hält man sich lange auf. Am Zug entscheidet sich ein Spieler für eine der über 60 möglichen Aktionen, die noch frei sind. Diese sind in vier Spalten eingeteilt und zeigen an, ob ein, zwei, drei oder vier Wikinger gemeinsam ran müssen. Wer drei oder vier Wikinger auf einem Feld einsetzt, wird dafür mit einer zusätzlichen Kartenaktion belohnt. Zudem werden die Aktion ertragreicher, umso mehr Wikinger beteiligt sind. Die Aktionen auf dem Spielplan sind thematisch zusammengefasst. Ob Erträge erhalten, Warentausch, die Beschaffung von Rohstoffen, die Weiterverarbeitung zu Schiffen, die Anschaffung von Schafen oder Rindern, selbst an die Jagd und Plünderungen wurde gedacht. Nicht nur über Plünderungen kann man an die Sondermarken gelangen, sondern auch gegen Abgabe von Erz oder Münzen mit den entsprechenden Aktionsfeldern. Wikinger können auch auswandern, deren Schiffe bringen dann mehr Punkte und sie müssen nicht mehr ernährt werden. Das wird aber von Runde zu Runde teurer und das Schiff steht nach der Auswanderung nicht mehr zur Verfügung.

Ein Fest für Odin Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Folgender Startspieler wird wer zuletzt einen Wikinger eingesetzt hat. Nachdem sich die Tiere möglicherweise vermehrt haben, muss ein Festmahl abgehalten werden, bei dem alle Wikinger etwas abbekommen sollten. Sonst hagelt es Minuspunkte. Nur ausgewanderte Wikinger müssen nicht mehr versorgt werden. Für jede neue Runde schließt sich ein weiterer Wikinger der Familie an. Zwei Tiere gleicher Rasse im Stall führen zur Trächtigkeit eines der Tiere und Nachwuchs in der folgenden Runde. Geld und Waren bekommen die Spieler entsprechend der Puzzleteile auf ihrem Heimatplan und weiteren Plänen oder Inseln. Moment mal, Puzzleteile? Korrekt! Die Pappplättchen, Münzen und Erz dürfen und sollten verpuzzelt werden, um das Einkommen zu Erhöhen und bestimmte Waren bzw. Rohstoffe in jeder Runde zu erhalten. Dabei dürfen blaue Waren beliebig eingesetzt werden, grüne dürfen nicht an andere Grüne grenzen und rot oder orange darf nicht genutzt werden. Jede Ware lässt sich aber mit speziellen Aktionen aufwerten: Von orange auf rot auf grün auf blau. In den Gebäuden dürfen auch die Nahrungsmittel (orange und rot) eingesetzt werden.

Für die Aktionen Walfang/Falle stellen/Jagd und Plünderung kommen die Würfel zum Einsatz. Will man ein Tier erlegen, versucht man möglichst kleine Augenzahlen zu würfeln. Denn für jede Augenzahl muss ein Rohstoff oder eine Waffe abgegeben werden. Bei der Plünderung versucht man hingegen möglichst hoch zu würfeln, da die Augenzahl den Höchstwert des Schatzes bestimmt. In diesem Fall lässt sich das Ergebnis durch Abgabe von Waffen oder Rohstoffen verbessern. Und kann man mit dem letzten Würfelwurf, bis zu zwei Mal kann man versuchen den Wurf zu korrigieren, gar nichts anfangen, bekommt man eine Waffe und Rohstoff und ggf. sogar einen Wikinger zurück.

Ein Fest für Odin Spielertableau
Spielertableau / Foto: Brettspielpoesie

Nicht zu verachten sind die Ausbildungskarten. Davon gibt es drei unterschiedliche Sets, von denen für Anfänger Set A vorgeschlagen wird. Alle Spieler beginnen mit einer Start-Ausbildungskarte auf der Hand, deren Effekt aber erst eintritt, wenn sie ausgespielt wurde. Durch besondere Aktionen können neue Karten gezogen bzw. Handkarten ausgespielt werden. Dann bringen sie entweder einen einmaligen oder bleibenden bzw. wiederkehrenden Bonus ein. Und viele davon tragen bei Spielende auch zur Siegpunktausbeute bei. Die Boni werden am effektivsten, wenn man seine Strategie ein wenig danach ausrichtet. Wenn mir die Karten beispielsweise Boni beim Walfang bringen, bietet es sich an diese Aktion häufig ausführen, um den Bonus häufig zu erhalten

Spielende:

Vor der Partie wurde entschieden, ob man 6 oder 7 Runden spielt und die entsprechende Seite der Spielertableaus gewählt.  Die letzte Runde endet nach dem Festmahl. Dann werden die Punkte in den einzelnen Kategorien auf dem Wertungsblatt notiert und zusammengezählt bzw. abgezogen. Es gewinnt, wer das beste Gesamtergebnis erzielen konnte.

Spieleranzahl:

Wie viele Rosenbergsspiele lässt sich auch ein Fest für Odin solo spielen. Dabei wird mit zwei Farben gespielt und die Wikinger erst nach jeder zweiten Runde abgeräumt. Das führt dazu, dass man sich mit den eigenen Wikingern für die kommende Runde blockiert. Ansonsten verläuft das Spiel ähnlich dem Mehrpersonenspiel, nur kleine Änderungen werden in manchen Phasen vorgenommen.

Nur im Spiel mit Vollbesetzung kommen zwei Plättchen ins Spiel, die es erlauben jeweils eine Aktion aus einer Spalte, die ein Mitspieler genutzt hat, zu kopieren. Egal mit welcher Spielerzahl, Ein Fest für Odin macht uns in jeder Konstellation Spaß. Umso mehr Spieler, desto länger wird eine Partie allerdings.

Glücksfaktor?

Durch die Würfel bei Jagd und Plünderung kommt natürlich ein Glückselement hinein. Thematisch stehen die Würfel für die überlieferte Leidenschaft der Wikinger für Brett- und Würfelspiele. Durch die Belohnung beim Misserfolg erscheint dies auch einigermaßen ausbalanciert. Natürlich kann schlecht verteiltes Würfelglück manchmal den Spielspaß mindern, wenn einer immer sehr passend würfelt und die/der Mitspieler nie. In den meisten unserer Partien war dies dann aber nicht spielentscheidend. Auch die zufällig gezogenen Karten können mal mehr, mal weniger zur gewählten Strategie passen. Siegpunkte bringen sie meistens dennoch ein. In der Solo-Partie ist dieser Glücksfaktor sogar noch geringer, da die Start-Ausbildungskarte ausgewählt werden darf, um seine Strategie zu planen.

Fazit:

Die Regeln sind sehr umfangreich und können zusammen mit der Materialfülle erst einmal abschreckend wirken. Aber wer sich darauf einlässt, bekommt ein tolles Workerplacement-Spiel mit diversen Extras. Trotz der über 60 Aktionsmöglichkeiten, passiert es nicht selten, dass die Mitspieler genau die eine Aktion ausführen, die man selbst wählen wollte. Zu Beginn scheint es fast nicht möglich, den Heimatplan bis Spielende komplett auszufüllen, doch der Schein trügt. Jede Runde hat man mehr Wikinger zur Verfügung und bekommt mehr Belohnungen, wenn man gut gepuzzelt hat. Und dann erkennt man, dass noch eine Insel oder ein weiteres Gebäude sinnvoll erscheint. Es empfiehlt sich oft, die eigene Strategie ein wenig von den gezogenen Ausbildungskarten abhängig zu machen. Von diesen gibt es 190 Verschiedene, sodass es nicht allzu schnell langweilig werden dürfte. Der Almanach bietet Erläuterungen zu den gewählten Aktionen, Inseln, Waren, einigen Sondermarken oder Ausbildungen und informiert interessierte Spieler über die Herkunft und Lebensweise der Wikinger.

Für eine Partie muss man Zeit einplanen. Die vom Verlag angegebenen 30 Minuten pro Spieler gelten erst für geübte Spieler, Anfänger werden diese Zeit meist überbieten. Aber bei uns kam während einer Partie nie Langeweile auf. Man verfolgt welche Aktionen die Mitspieler blockieren, kann sich schon mal seine Gedanken machen wie man puzzeln möchte oder wie man seine Wikinger, wenn möglich, einsetzen möchte. Das Puzzle-Element ist leider thematisch nur schwer zu begründen, aber mir gefällt es. Ich habe Spaß daran mir zu überlegen, wie ich welche Plättchen effektiv nebeneinander gepuzzelt bekomme, um dabei die Prämien und ein möglichst hohes Einkommen freizuschalten. Warum manche Waren nicht an Waren gleicher Farbe grenzen dürfen ist thematisch ebenfalls schwierig zu erklären, aber vergrößert die Herausforderung beim Puzzeln.

Im Anschluss an eine Partie wollten bisher alle am liebsten gleich die nächste Partie angehen, nur leider fehlt dazu oft die Zeit. Beim nächsten Mal muss man sich wieder neu rein denken. Aber das tue ich jederzeit gerne, wenn die Zeit vorhanden ist. Es gibt einfach so viele Möglichkeiten an Siegpunkte zu kommen, die man alle gerne einmal austesten oder einfach optimieren möchte. Wir haben uns auch gleich ein Wertungsblatt einlaminiert, denn wir wollen es wieder und wieder spielen.

Wertungsnote 6/6

Verlag: Feuerland Spiele
Autor(en): Uwe Rosenberg
Erscheinungsjahr: 2016
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 30 Minuten pro Spieler

Vielen Dank an den Feuerland Spiele für die Bereitstellung eines vergünstigten Rezensionsexemplares!

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