Nukleum

Die industrielle Revolution ist in vollem Gang,
Strom durch Uran zu erzeugen bereits gelang.
In Sachsen nahm die Erfolgsgeschichte ihren Lauf,
nach Elsa von Frühlingsfeld ist es nun euer Ziel auch,
mit Nuklea in Kraftwerken und Uran aus euren Minen,
Strom zu leiten durch eigene und fremde Turbinen,
um damit ausreichend Strom zu produzieren,
Gebäude und somit die Städte des Landes zu elektrisieren.
Neue Technologien bringen zwar Erfolge und Ruhm,
für des Königs Wohl müsst ihr aber noch mehr tun,
Aufträge erfüllen und Meilensteine erreichen,
um höchstes Ansehen einzustreichen.

Spielmaterial:

Die Schachtel von Nukleum ist prall gefüllt mit allerlei Spielmaterial. Zur Sortierung liegen Pappstreifen bei, mit denen man die Schachtel in kleinere Fächer unterteilen kann. Wirklich hilfreich ist dies allerdings nicht. Für das ganze Spielmaterial benötigt man auch viel Platz auf dem Tisch. Zu einen großen Spielplan mit den Städten und ihren Verbindungen gesellt sich ein zweiter, schmalerer Spielplan.

Jede Person erhält ein großes Bürotableau, welches mit Einkommensmarkern, Gebäudeplättchen, Minen und Turbinen der eigenen Farbe belegt wird. Daneben benötigt man weiteren Platz zur Ablage von Aufträgen und Ressourcen sowie den Vorrat der eigenen Arbeiterfiguren. Und zusätzlich für das schmalere Experiment-Tableau. Aus diesem werden einzelne Technologieplättchen zunächst etwas hinausgeschoben, um sie während des Spiels hinein schieben zu können. Ich bin gespannt, wie lange diese Tableaus halten, denn die Streben zwischen den Technologien sind sehr schmal und wabbelig, sodass sie leicht abknicken.

Auf und um den Spielplan herum kommen viele Stanzplättchen für Aufträge, Aktionsplättchen, Meilensteine, neutrale Gebäude, Kohle und Erfolge. Als Holzmaterial liegen Nukleummarker, Uranwürfel und Zielmarker bei. Die Kraftwerke sind kleine Pappaufsteller, mit Platz für ein Nukleum oder den Kohleanzeiger.

Spielmechanismus:

Thematisch schon ein wenig skurril: In einer alternativen Zeitlinie ist Sachsen das Zentrum der industriellen Revolution und dieses Bundesland, welches in der Wirklichkeit nie ein Atomkraftwerk in Betrieb genommen hat, rüstet nun Kohlekraftwerke um, damit die Städte des Landes mit Hilfe von Uran mit Strom versorgt können. Die Spieler sind verschiedene Industrielle und bauen Netzwerke auf, um Kohle und Uran durch Kraftwerke zu schleusen und damit eigens errichtete Gebäude zu erleuchten. Zu Beginn kann nur ein einziges der Kraftwerke Uran umwandeln, jedes Kraftwerk lässt sich aber auch mit Kohle betreiben. Verbindungen zwischen den Städten gibt es zunächst keine und somit auch keine Möglichkeit Ressourcen oder Strom zu transportieren.

Nukleum Startaufbau
Nukleum Startaufbau / Foto: Brettspielpoesie

Das wollen die Spieler mit ihren Aktionen ändern. Die einzelnen Aktionen sind eigentlich gar nicht kompliziert, ich werde sie nun auch nicht alle im Detail vorstellen. Im Grunde dienen sie dazu Aktionsplättchen, Aufträge, Ressourcen (Uran, Arbeiter, Geld) zu erhalten oder Gebäude, Turbinen und Minen auf dem Spielplan zu errichten. Die Aktionsplättchen gibt es in verschiedenen Kombinationen zweier Aktionen, die teilweise günstiger auszuführen sind oder besser belohnt werden.

Nukleum Aktionsplättchen
Nukleum Aktionsplättchen / Foto: Brettspielpoesie

Die umfangreichste Aktion ist die Stromproduktion, dafür benötigt man ein bereits platziertes Gebäude mit einer durchgängigen Verbindung zu einem Kraftwerk für den Transport von Uran bzw. Kohle und den dadurch entstehenden Strom. Die Eisenbahnschienen dieses Transportweges müssen nicht zwingend einem selbst gehören. Als Belohnung erhält man zusätzlich zur spezifischen Belohnung des Gebäudes auch immer Sterne als Erfolgsmarker. Dies ist die Haupteinnahmequelle für Erfolge, man kann sie aber auch als Bonus oder sogar als Hauptaktion erhalten. Gebaute Turbinen bringen dauerhafte Boni ein, aber auch manche Technologien des eigenen Technologietableaus können zu einmaligen oder dauerhaften Effekten führen oder eine persönliche Wertung bei Spielende freischalten.

Nukleum Spielsituation
Nukleum – Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Um eine Aktion auszulösen, benötigt man ein Aktionsplättchen, welches die gewünschte Aktion zeigt. Legt man das Plättchen an das eigene Tableau an, bekommt man beide darauf abgebildeten Aktionen und die Möglichkeit einen Auftrag zu erfüllen. Alternativ besteht die Möglichkeit das Plättchen zusammen mit einem Arbeiter auf dem Spielplan als Eisenbahnstrecke zu platzieren. Farblich übereinstimmende Verbindungen lassen die Aktion auslösen. Dies ist zugleich der Beginn oder die Fortführung eines Netzwerks. Ein wichtiger Begriff bei Nukleum. Denn nur im eigenen Netzwerk hat man die Möglichkeit Gebäude, Turbinen oder Minen zu errichten und die Plätze für solche Strukturen sind begrenzt.

Nukleum Bürotableau
Nukleum- Bürotableau / Foto: Brettspielpoesie

Die dritte Option im eigenen Zug ist das Auffrischen. Dabei bestimmt die Position der Marker auf den Einkommensleisten für Geld, Arbeiter und Siegpunkte in Kombination mit den eingesetzten Aktionsplättchen den Ertrag. Die Aktionsplättchen gibt es zur weiteren Verwendung zurück. Zusätzlich gehen alle Erfolgsmarker in den Vorrat zurück und man platziert entsprechend des Wertes einen Marker, um sich eine persönliche Wertung bei Spielende zu sichern. Darüber kommen auch weitere Nukleums zu den Kraftwerken, die dadurch fortan Uran verarbeiten können.

Nukleum Spielplan
Nukleum – Spielplan / Foto: Brettspielpoesie

Spielende:

Eine Partie Nukleum endet nicht abrupt, das Spielende kündigt sich an. Getriggert wird es, wenn zwei von fünf Zuständen erreicht sind: Es können keine Aufträge bzw. Aktionsplättchen mehr nachgelegt werden, jede Person hat drei Sterne platziert oder eine Person konnte alle eigenen Technologien entwickeln oder siebzig Siegpunkte erreichen. Dann folgt auf die laufende Runde noch eine weitere und man darf ein letztes Mal Erfolge abgeben, um sich die Wertung eines Meilensteins zu sichern, bevor es zur Endabrechnung kommt. In dieser kommen zu den im Laufe der Partie gesammelten Siegpunkten noch welche für aktivierte und erfüllte Meilensteine, erleuchtete Gebäude und ggf. die eigene Wertung des Technologieboards sowie für übrige Ressourcen. Es gewinnt, wer die meisten Siegpunkte erzielen konnte.

Spieleranzahl:

Für Partien mit nur zwei Personen gibt es eine spezielle Spielplanseite mit weniger Städten und weniger bzw. kürzeren Verbindungen dazwischen. Für das Spielende müssen dann drei der fünf Bedingungen erfüllt sein. Zu dritt nutzt man die andere Spielplanseite, deckt aber durch Karten zufällig festgelegte Städte/Minen/Turbinen mit Sperrplättchen ab und kann insgesamt auf weniger Kohle zugreifen, als zu viert. Auch die Anzahl der Aktions- und Auftragsplättchen variiert bei verschiedenen Spielerzahlen. Für das Solo-Spiel gibt es Botkarten und einen Würfel, deren Verwendung in einer gesonderten Anleitung erklärt wird. Damit habe ich mich nicht weiter beschäftigt.

Nukleum Spielsituation 2 Spieler
Nukleum – Spielsituation 2 Spieler / Foto: Brettspielpoesie

Diese Anpassungen sind gut gewählt und erlauben Spielspaß mit jeder Spielerzahl. Dennoch gefällt es mir zu dritt oder viert noch besser, weil die Interaktion dann wichtiger wird. Zwei Personen können sich leicht aus dem Weg gehen oder zusammen an einem Netzwerk arbeiten, mit allen Vor- und Nachteilen, die beide gleichermaßen betreffen. Bei mehr Personen erlaubt der Platz es gar nicht, dass jeder einen Teil der Landkarte für sich alleine beansprucht. Zudem sind sind die Belohnungen für einen kompletten Streckenabschnitt lukrativ, ein weiterer Ansporn sich daran zu beteiligen. Wer es verpasst, von den Platzierungen der anderen zu profitieren, kann schnell den Anschluss verlieren und wird es in der Regel schwerer haben, erfolgreich zu sein. Lediglich durch die Dauer einer Partie kann man davor zurückschrecken in Vollbesetzung zu spielen.

Glücksfaktor?

Wie es sich für ein strategisches Expertenspiel gehört, ist der Glücksfaktor gering. Aktions- und Auftragsplättchen kommen in zufälliger Reihenfolge ins Spiel, ansonsten sind alle Spielelemente bereits zu Spielbeginn einsehbar.

Meinung:

Weder optisch, noch thematisch, konnte Nukleum zunächst mein Interesse auf sich lenken. Doch die Autoren machten mich neugierig und schnell wurde mir klar, was ich verpasst hätte, wenn ich dieses Spiel links liegen gelassen hätte. Dabei war der Einstieg alles andere als leicht. Das ganze Material benötigt seine Zeit, bis alles spielbereit am rechten Platz liegt. Und auch wenn die einzelnen Aktionen eigentlich leicht zu verstehen sind, so ist das Gesamtkonstrukt mit seinen Details doch eher sperrig beim Versuch Zugang dazu zu finden. Das merkt man auch immer wieder, wenn man es neuen Spielern erklärt. Vor allem das Verständnis eines Netzwerks ist keineswegs intuitiv und stellt so manchen in der Erstpartie vor Probleme. Die erste Platzierung eines Elements auf dem Spielplan kann wegweisend für die Partie sein. Merkt man erst später, welche Konsequenzen das mit sich bringt, ist das frustrierend.

Der Aktionsmechanismus ist spannend, macht Nukleum aber auch anfällig für lange Downtimes. Umso mehr Akionsplättchen man sich zulegt, desto mehr Optionen eröffnen sich. Vieles hängt auch vom richtigen Timing ab, um sämtliche Bedingungen vorzufinden, die für die gewünschte Aktion notwendig sind (Ressourcen, Netzwerkanbindung, etc.). Und dann steht man immer vor der großen Frage, ob man das Aktionsplättchen an das eigene Tableau spielt oder ob man es unwiderruflich zu einer Schiene macht und auf dem Spielplan platziert. Dann kann man ggf. nicht beide Aktionen sofort ausführen, sondern muss mit einer Aktion warten, bis eine andere Schiene platziert wurde. Das eröffnet wiederum Optionen für andere Personen, sich bei dieser Verbindung anzuschließen, obwohl man eigentlich einen anderen Plan verfolgte. Im schlimmsten Fall wird die Aktion jedoch durch ein nicht farblich passendes Verbindungstück gar nicht mehr ausgelöst.

Hinzu kommt, dass man beim Schienenbau in der Regel keinen Auftrag erfüllen darf. Diese sind nicht nur wichtig für die Belohnungen, die man für das Erfüllen erhält, auch der Platzierungsbonus bei Erhalt eines Auftrags kann entscheidend sein, um kurzfristig Ressourcen zu generieren. Diesen Platzierungsbonus kann es später erst wieder geben, wenn der Auftrag erfüllt und damit auch der Platz wieder frei ist. Bei den Aktionsplättchen, die man als Schiene verlegt, sollte man auch im Hinterkopf haben, dass diese Aktionen einem kein weiteres Mal zur Verfügung stehen. Man hat zwar immer zur Not ein Plättchen für eine beliebige der Standardaktionen, aber dies ist eher ein Notnagel. Wenn jedoch gerade keine Plättchen mit einer bestimmten Aktion zugänglich sind, ist man darauf angewiesen oder muss auf andere Aktionen ausweichen. Besser ist es zumeist, sich gut vorzubereiten. Womit wir wieder bei dem Thema wären, dass es viele Faktoren gibt, die zum Grübeln führen.

Aber auch dazu, Kleinigkeiten kurzzeitig zu vergessen. Gerne hätte ich aufgrund meines persönlichen Spielgefühls die volle Punktzahl an Nukleum vergeben, aber eines stört mich sehr. Auch nach diversen Partien in unterschiedlichen Konstellationen kommt es bei mir und anderen noch immer vor, dass Bonuseffekte, insbesondere von den eigenen Technologien, schlicht vergessen werden. Dann heißt es in einem späteren Zug eines Mitspielers: “Moment mal, ich müsste da noch…”. Dabei ist das Timing an vielen Stellen entscheidend.

Die richtige Reihenfolge durchzuplanen, um alles Notwendige zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung zu haben, ist eine spannende Aufgabe bei Nukleum. Umso mehr stört es, wenn genau eine Ressource fehlt, die in der Planung noch eingerechnet war, weil man eben irgendeinen Effekt kurzzeitig vergisst. Hingegen fühlt es sich richtig gut an, wenn der eigene Plan komplett aufgeht und man überall Belohnungen bekommt und in seinem Zug durch das Erfüllen eines Auftrags und den Erhalt einer Technologie richtig viel tun kann. Da kann man schon verzeihen, dass die Zeit zwischen den eigenen Zügen etwas ausarten kann, weil durch Schienen auch noch andere Personen Aktionen außer der Reihe erhalten können. Die angegebene Spielzeit von 60-150 haben wir bislang nicht einhalten können. Unsere Partien dauerten im Schnitt eher 180 Minuten, wobei die Zeit natürlich mit der Personenanzahl variiert und die Partien mit mehr Spielerfahrung auch etwas schneller enden.

Wir haben es hier zwar mit einem Expertenspiel zu tun, aber andere Spiele dieses Kalibers gehen irgendwann quasi ins Blut über, was hier aus irgendeinem Grund nicht der Fall zu sein scheint. Was erstaunlich ist, denn davon abgesehen habe ich das Gefühl Nukleum schneller verstanden zu haben, als andere Expertenspiele. Ich weiß anhand der Startauslage immer schnell was ich tun möchte und wenn es schief geht, weiß ich meist auch genau, woran es gelegen hat. Das ist zwar während einer solchen Partie etwas frustrierend, wenn man schon früh absehen kann, chancenlos zu sein, aber es erhöht die Vorfreude auf die nächste. Und oft entscheidet sich dann doch erst in der finalen Phase, wer die Nase vorn haben wird.

Durch den variablen Aufbau mit unterschiedlichen Meilensteinen und allgemeinen Aufträgen in Kombination mit den (leider nur) vier asymmetrischen Experiment-Tableaus und den zugehörigen, verschiedenen Aktionsplättchen ist der Wiederspielreiz enorm und jede Partie fühlt sich etwas anders an. Auch wenn ich mich an die Optik weiterhin nur schwer gewöhnen kann, muss ich zugeben, dass sie das Spiel gut unterstützt und die Symbolik schnell zu verstehen bzw. wiederzuerkennen ist.

Fazit:

Nukleum ist ein toll verzahntes Expertenspiel. Die Einstiegshürde empfinde ich relativ hoch und ich habe erlebt, dass nicht jede Person damit glücklich wird. Wer sich aber die Zeit nimmt, sich auf das Spiel einzulassen, der wird mit einem abwechslungsreichen Spielerlebnis mit interessantem Aktionsmechanismus belohnt, welches für ein Euro-Spiel auch wirklich viel Interaktion mit sich bringt.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Giant Roc (externer Link) / Board&Dice (externer Link)
Autor(en): Simone Luciani, David Turczi
Erscheinungsjahr: 2023
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 60 – 150 Minuten

Vielen Dank an Giant Roc für die Bereitstellung eines vergünstigten Rezensionsexemplars!

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