Unter Schafen 04/24

Der April, der April – der macht was er will! In meinem Fall führte das zu relativ wenig Spielzeit im vergangenen Monat, verglichen mit den Monaten zuvor. Irgendwie lies der Alltag mit familiären Verpflichtungen, neben unserem anderen großen Hobby, welches derzeit wieder etwas mehr Zeit beansprucht, im April einfach nicht mehr zu. Dennoch konnten wir bei zwei Gelegenheiten erfolgreich neue Leute ans Spielen heranführen, die so viel Spaß dabei hatten, dass es sicherlich keine einmalige Angelegenheit bleibt. Wie ich immer so gerne sagen, gibt es für jeden das richtige Spiel oder die richtige Art von Spiel, man muss es nur finden.

Mäh! - News und Aktuelles

Krimi-Käse

So wie ich gerne neue Spieler in unser aller Hobby einführe, freue ich mich auch, wenn Verlage andere Wege gehen, ihre Spiele unter das Volk zu bringen und dabei vielleicht sogar ganz neue Zielgruppen zu erreichen. Bisher ist mir dies in erster Linie als Beigabe zu einem Kindermenü einer Fast Food-Kette untergekommen. Nun bietet Ravensburger noch bis Ende Juni gemeinsam mit einer Weißkäsemarke eine Aktion an, bei der man für den Nachweis des Einkaufs von drei Produkten(externer Link) dieser Firma, den aktuellen Echoes-Fall Das Orakel erhält. 10.000 Spiele wurden dafür produziert, deren Schachtel als Zusatz das Firmenlogo zeigen soll. Ich habe mein Exemplar noch nicht erhalten, aber zumindest die Bestellung lief problemlos über die Bühne.

Etwas erstaunt war ich allerdings über die Bestätigungsmail. Der Betreff verweist auf eine “Krimi-Dinner Aktion”. Und am Ende der Mail wünscht man mir viel Spaß mit meinem Krimi-Dinner. Die genaue Kategorisierung der vielen Krimi-Spiele ist sicherlich nicht einfach, die Grenzen zwischen Krimispielen und ähnlichen Genres, wie z.B. den Escape Room-Spielen, fließen häufig ineinander über. In meinen Augen gehört Echoes zu keinem dieser beiden Genres. Es ist weder ein Kriminalfall zu lösen, noch muss man einem Escape Room entkommen. Auch wenn man bei dieser Aktion zuerst etwas zu Essen kaufen muss, handelt es sich bei diesen Spielen auch nicht um Krimi-Dinner, die sich dadurch auszeichnen das man in Rollen schlüpft und diese bei einem gemeinsam Essen verkörpert.

Ravensburger selbst betitelt die Echoes-Reihe als “Audio Mystery Spiel” und das trifft es ganz gut, man könnte auch sagen es handelt sich dabei um ein Hörspiel-Puzzle. Denn man hört sich verschiedene Audioschnipsel an und versucht, Zusammengehörige zu gruppieren und in die korrekte Abfolge zu bringen. Wer aufgrund der Betitelung dieser Aktion ein Krimi-Dinner erwartet, könnte allerdings enttäuscht werden.

Herde - Neuzugänge

Botanicus

(Vieri Masseini, Samuele Tabellini – Hans im Glück Verlag)

Die Hans im Glück-Neuheit dieses Frühjahrs ist Botanicus. Für den Verlag eher ungewöhnlich, kommt das Spiel in einer quadratischen Standardschachtel in Catan-Größe unter. Diese Größe ist notwendig um den faltbaren Spielplan und vor allem die großen Spielertableaus darin unterzubringen. Für das restliche Spielmaterial liegen hübsch bedruckte Faltschachteln bei, mit ihnen sieht das gesamte Spielmaterial ordentlich aufgeräumt aus. Leider muss man dieses beim Spielaufbau kurz auseinander sortieren, was wir sonst in separaten Spielertüten aufbewahren würden. Es ist doch einiges an Material für jede Person, welches auf verschiedenen Bereichen des gemeinsamen Spielplans oder der eigenen Tableaus zum Einsatz kommen kann.

Thematisch legt man bei Botanicus einen Garten an, bei dem die Anordnung der Pflanzen die Besucher begeistern soll, indem alles ihren Wünschen entspricht. EIne schöne Blumenwiese zieht auch unterschiedliche Tiere an. Interessant ist vor allem der Aktionsauswahlmechanismus, der leider erst ab drei Spielern richtig gut funktioniert, wenn man keinen neutralen Marker zusätzlich einsetzen muss.

Dieses Kennerspiel lässt sich in zwei verschiedenen Varianten erleben, einer für Einsteiger und einer für erfahrenere Spieler. Dafür sind die beiden Seiten des Spielplans und der Spielertableaus unterschiedlich bedruckt. Leider finde ich die Aufteilung auf zwei separate Spielanleitungen nur bedingt gelungen. Die für die fortgeschrittene Variante enthält nur Änderungen zum Grundspiel, sodass man bei Regelfragen in beiden Heftchen herum blättert.

Die Basisversion empfanden wir in der Erstpartie zu zweit leider nicht sehr reizvoll, aber für weniger erfahrene Spieler ist es sicherlich ein guter Einstieg. Bei uns wird Botanicus nun sicher hauptsächlich mit der Variante auf den Tisch kommen, die mehr Optionen biete und sich dadurch gehaltvoller anfühlt.

Little Town – Artisans

(L’Equipe Ludique – IELLO)

Fünf Jahre ist es schon her, dass bei IELLO das einsteigerfreundliche Worker Placement-Spiel Little Town erschienen ist. Meinem persönlichen Spielgeschmack ist es leider schnell entwachsen, dafür bietet es einfach zu wenig Abwechslung und fühlte sich etwas zu geradlinig an. Aber um andere an den Worker Placement-Mechanismus heranzuführen, eignet sich Little Town gut. 2022 kam dann bereits eine Erweiterung auf französisch, weitere Sprachen folgten ein Jahr später. Allerdings hält sich Huch!, der deutsche Vertriebspartner, eher bedeckt und stellte bislang leider keine Lokalisierung in nächster Zeit in Aussicht.

Vielleicht ist dies ein Grund dafür, dass der mit dem Autor Shun Taguchi verbundene, japanische Verlag Studio GG im vergangenen Jahr eine mutltilinguale Version auf den Markt gebracht hat. Als Autoren weist diese Erweiterung übrigens nicht das Autorenpaar Shun and Aya Taguchi aus, sondern L’Équipe Ludique, was nach einem französischen Entwicklerstudio klingt. Die Optik der Erweiterungsschachtel lässt mein Herz ein wenig höher schlagen, denn sie erweitert die auf dem Grundspiel zauberhaft gestaltete Landschaft nahtlos.

Enthalten ist eine schmale Spielplanerweiterung, acht neue Gebäudeplättchen sowie sechs neue Zielkarten in mehrfacher Ausführung in den fünf enthaltenen Sprachen englisch, deutsch, ungarisch, italienisch und spanisch. Vor allem aber bringt diese Erweiterung 88 sogenannte Handwerkskarten mit sich, mit denen sich die eigenen Arbeiter spezialisieren lassen, um zusätzliche Boni auszulösen. Ich freue mich mit dieser Erweiterung das zugängliche Little Town nun neu erleben zu dürfen.

Die Ratten von Wistar

(Simone Luciani, Danilo Sabia – PD Verlag)

Auf der SPIEL’23 konnte ich getrost an Rats of Wistar vorbei gehen, schließlich war bereits bekannt, dass schon bald eine deutschsprachige Ausgabe folgen würde. Angeregt wurde mein Appetit auf dieses Spiel dann erst wieder bei Braunschweig spielt! im März diesen Jahres wo ich einen groben Spielüberblick erhalten habe. Der Schiffscontainer mit der fertig produzierten Version dieses Spiels war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Deutschland eingetroffen, was nun aber der Fall ist.

Einer der beiden Autoren, Simone Luciani, ist in diesem Jahrgang wirklich recht aktiv gewesen und hat verschiedene Spiele veröffentlicht. Ähnlich wie Nukleum, kommt auch Die Ratten von Wistar mit einem eher abstrusen Thema daher. Wir führen darin eine Schar intelligenter Ratten an, die aus dem Wistar Forschungsinstitut entkommen ist und nun mit ihren speziell ausgebildeten Fähigkeiten versucht die Welt um sich herum zu entdecken.

Der Spielplan ist relativ groß und unterteilt sich in ein Gebäude, welches man erkunden kann sowie die darunter liegende Rattenhöhle und ein Aktionsrondell, welches dort vor jeder Partie befestigt wird. Jeweils zwei Aktionen davon sind einem Gebiet zugeordnet und die Anzahl eigener Hilfsratten in diesem Gebiet bestimmt den Ertrag der Aktion. Optisch und von der Ausstattung her spricht mich das alles sehr an, ich hoffe dasselbe zukünftig auch über das Spielprinzip sagen zu können.

Grasen - Frische Spieleindrücke

Mindbug Battlefruit – Kingdom

(Skaff Elias, Richard Garfield, Marvin Hegen, Christian Kudahl – Nerdlab Games)

Auf der SPIEL’21 wurde ich erstmals auf Mindbug aufmerksam, ein Duell-Kartenspiel, bei dem beide Duellanten pro Partie nur zehn zufällige Kreaturen in ihrem Deck haben. Das Spiel zeichnet sich vor allem durch die titelgebenden Mindbugs aus, mit denen man die Kontrolle über die Kreatur des Gegenübers erlangen kann. Diese Möglichkeit hat jede Person nur zwei Mal pro Partie und so entsteht ein kleines Mindgame darum, wer, wann seine Mindbugs einsetzt.

Das Spiel kam auch bei der Spiel des Jahres-Jury gut an und sie erwähnten es bei den Empfehlungen zum Kennerspiel des Jahres im vergangenen Jahr. Im selben Jahr erschienen die ersten eigenständigen Erweiterungen, mittlerweile sind mit Mindbug Battlefruits bereits die nächsten beiden Ausgaben angekündigt und können noch bis morgen Abend unterstütz werden. Dabei sind die Kreaturen aus Obst und Gemüse entstanden, was zu ziemlich freakigen Gestalten führt. Ich habe bereits eine englischsprachige Vorabauflage von Mindbug Battlefruit Kingdom vorliegen, die ich nun einige Male spielen konnte.

Neu ist bei diesen Karten das Keyword “Fast”, auf Deutsch also in etwa schnell, was es einer ausgespielten Kreatur erlaubt noch im selben Zug anzugreifen. Ebenfalls neu ist die “Harvest”-Funktion. Solche Karten kommen mit bestimmten Markern, die jede Runde reduziert werden und mit dem Entfernen des letzten Markers wird ein Effekt ausgelöst. Manche sind besonders stark und erledigen sich nach einer gewissen Zeit selbst, andere bauen eine gewisse Drohkulisse auf, weil man weiß was einen in x Runden erwartet, gelingt es nicht die Kreatur zuvor zu besiegen. Es ist wie ein kleiner Countdown, den man abwarten kann oder dessen Ablauf man aktiv zu verhindern versucht. Dies bringt eine interessante taktische Ebene in das Spiel hinein. Da man nun nicht zwingend Mindbugs einsetzen muss, um dem Gegenspieler Karteneffekte vorzuenthalten. Diese kleinen Anpassungen fügen sich nahtlos in das bekannte Spielprinzip ein. Sie fühlen sich frisch an, krempeln aber nicht das gesamte Spielgefühl auf links, sondern bleiben noch immer recht nah beim bekannten Grundprinzip.

Sechs-Sekunden-Kritzelei

(Hazel Reynolds – Gamely)

Ich würde von mir selbst nicht behaupten gut zeichnen oder malen zu können. Dieses Talent hat meine Mutter offenbar vollständig meiner Schwester vererbt. Entsprechend spiele ich auch eher ungerne Spiele, in denen gezeichnet wird. Trotz dieser grundlegenden Aversion, habe ich mir aufgrund häufiger Empfehlung, Sechs-Sekunden-Kritzelei zugelegt. Und es bislang keineswegs bereut. Wie der Titel bereits verrät, hat man im Schnitt nur sechs Sekunden Zeit ein vorgegebenes Objekt zu zeichnen, welches eine andere Person im Anschluss erraten soll. Insgesamt sind es pro Runde zehn Begriffe, für die insgesamt eine Minute, also 60 Sekunden, zur Verfügung stehen.

Das ist verdammt wenig Zeit, nimmt aber jeglichen Druck vernünftig zeichnen zu wollen. Man sollte vielmehr versuchen sich blitzschnell zu überlegen, wie man mit möglichst wenigen Strichen die vorgegebenen Begriffe darstellen kann. Wer mit Raten an der Reihe ist, erfährt zuvor die Kategorie der Begriffe. Wenn beispielsweise Obst oder Desserts gesucht sind, grenzt dies den Lösungsraum schon ganz gut ein. Am einfachsten finde ich Kategorien, die einen Anfangsbuchstaben vorgeben. So ist es mir schon erfolgreich gelungen eine Dahlie zu zeichnen, die als “solche” erkannt bzw. erraten wurde.

Leider wollen die meisten Mitspieler nicht dass ihre künstlerischen Kreationen veröffentlicht werden, daher gibt es leider nur wenige Nachweise darüber bei Instagram ;-)

Sechs-Sekunden-Kritzelei
Sechs-Sekunden-Kritzelei / Foto: Brettspielpoesie

Die Begriffskarten gibt es in drei Kategorien “Lässig”, “Knifflig” und “total verzwickt”. Besonders die letzte Kategorie kann eine echt harte Nuss sein, aber umso besser fühlt man sich, wenn die eine oder andere Zeichnung dennoch richtig zugeordnet wird. Laut Regel gewinnt, wer am meisten Punkte durch Zeichnen und Raten sammeln konnte, aber eigentlich interessiert der Endstand kaum jemanden. Viel mehr überwiegt der große Spaß beim Raten. In meinen Augen eine klare Empfehlung für ein schnelles Partyspiel mit großem Spaßfaktor. Auf englisch ist bereits eine zweite Box erschienen, die sich gerade noch in der deutschen Übersetzung befindet. Ich würde eine deutsche Ausgabe davon direkt kaufen, da uns sicher bald noch nicht verwendete Kategorienkarten ausgehen.


Vielen Dank an Hans im Glück, IELLO, PD Verlag und Nerdlab Games für die teils vergünstigte Bereitstellung der Rezensionsexemplare!

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