Die Hälfte des Jahres ist bereits vergangen. Wir befinden uns mitten im häufig erwähnten Sommerloch. Das Wetter vor der Tür lädt meist auch eher nicht dazu ein, den ganzen Tag drinnen mit Brettspielen zu verbringen. Von daher ist es in der kalten Jahreszeit einfach leichter, sich mit anderen zum Spielen zu verabreden. Trotzdem kann ich auf mehr Partien und mehr Spielzeit zurückblicken, als noch im Monat zuvor. Es scheint bei mir also wieder bergauf zu gehen. Wir nähern uns ja auch immer weiter dem neuen Jahrgang, der bald mit der GenCon in den USA und der BerlinCon in Deutschland so richtig Fahrt in Richtung der SPIEL’25 aufnimmt. Passenderweise ist auch schon die BGG-Preview(externer Link) gestartet.
Mäh! - News und Aktuelles
Jogo do Ano 2025 – Nominierungen
In Portugal wird jährlich über das Jogo do Ano abgestimmt, ein Preis der zumeist eher schwergewichtigere Titel auszeichnet. Diese Auszeichnung vergeben die Mitglieder der Spiel Portugal Association, dem Veranstalter der LeiriaCon, einer mehrtägigen Brettspielverantaltung im Frühjahr in dem Ort Leiria, direkt am Strand. Dort sind häufig namhafte Autoren, Redakteure und Verlagsmitarbeiter dabei.
Die beiden Vorjahressieger sind Nucleum und Carnegie. 2025 zum Jogo de Ano nominiert sind:
- Endeavor: Deep Sea
- SETI
- Shackleton Base: A Journey to the Moon
- Terminus
- Unconscious Mind
Endeavor ist ja als schwergewichtigerer Titel hier bereits zum Kennerspiel des Jahres nominiert, SETI haben viele auf dieser Liste vermisst. Etwas was man bei den portugiesischen Nominierungen vermissen könnte ist Civolution, eines meiner persönlichen Highlights dieses Jahrgangs. Shackleton Base ist als Mondbasis Shackleton gerade erst auf Deutsch erschienen. Terminus und Unconscious Mind habe ich noch nicht gespielt. Ich bin gespannt welches Spiel im Oktober den Titel bekommt, denn die bisherigen Preisträger waren meist ganz nach meinem Geschmack.
Zusätzlich zum Jogo de Ano wird mit dem Meeple de Prata auch jährlich eine Institution oder eine Person ausgezeichnet, die sich grundlegend für die Entwicklung und Bereicherung von Strategiespielen in Portugal erwiesen hat. Dieses Jahr geht diese Auszeichnung an den Deutschen Uli Blennemann von Spielworxx, der in den vergangenen Jahren mit den Spielen seines Verlags regelmäßig bei der LeiriaCon vor Ort war und dort auch Vorträge hält. Gratulation!
Herde - Neuzugänge
Campus Galli
(Steffen Bogen – Huch!)
Campus Galli hat eine lange Reise hinter sich. Und damit meine ich nicht nur die Entstehung der Klosterbaustelle(externer Link) im süddeutschen Meßkirch, wo anhand des überlieferten St. Galler Klosterplans ein Kloster entstehen soll. Und das ganz ohne Baumaschinen oder moderne Werkzeuge, sondern so wie es damals gebaut worden wäre. Von der ersten Ankündigung bis zur Auslieferung des Spiels dauerte es auch noch ein ganze Weile.
Vergangenen Herbst war es dann so weit, allerdings stellte ich bereits beim Auspöppeln fest, dass nicht alles passt. Die Übersicht des Spielmaterials ist auf die drei enthaltenen Level aufgeteilt, auf denen man Campus Galli spielen kann. Mir fehlte eine Gesamtübersicht. Dann wäre auch schneller klar geworden, dass sowohl die Anzahl benötigter Karten an einer Stelle nicht passt, wie auch die Rückseiten bestimmter Karten des dritten Levels. Mit jedem Level kommen neues Spielmaterial und neuen Regeln hinzu, das Spiel wird dadurch anspruchsvoller. Man kann alle Level kooperativ oder kompetitiv spielen. Ich hätte mir jedoch gewünscht, das Spiel so zu erleben, wie es der Autor eigentlich entwickeln wollte.
Die Pappplättchen sind aus dicker Pappe und fühlen sich wertig an. Ich mag die Idee, dass man Plättchen je nach Vorgabe gespielter Karten entweder aus einer offenen Auslage nehmen darf oder aus dem sogenannten Betsäckchen, wobei man dafür “beten” muss, die gewünschte Farbe zu erhalten. Die Farben und Formen der Plättchen sind wichtig, um Belohnungen zu erhalten oder Aufgaben zu erfüllen.
Die Anleitung ist mittlerweile überarbeitet und die Karten kann man sich vom Verlag in korrigierter Version zusenden lassen. Jetzt irritiert nur noch die fünfte Spielerfarbe, bei einem Spiel für maximal vier Personen und bei nur vier enthaltenen Spielertableaus, von denen keines die Farbe lila zeigt. Ob es sich bei diesen Meeple um eine nicht mehr enthaltene Variante oder nur einen Fehler bei der Kommissionierung der Spiele handelt, bleibt offen. Der Autor wollte mir dies auf der SPIEL’24 als “Feature” verkaufen, dass man auch mit dieser Farbe spielen könne. :D Auf die Regelbeschreibung folgen auf fast ebenso vielen Seiten Hintergründe zum Projekt und der Spielentstehung. Es wäre schön, wenn in die Produktion ebenso viel Energie gesteckt worden wäre, wie in diese thematische Einbettung.
Mondbasis Shackleton
(Fabio Lopiano, Nestore Mangone – Giant Roc / Sorry we are French)
Viele haben bereits von der SPIEL’24 begeistert über Shackleton Base berichtet, nun ist endlich auch die deutsche Version davon als Mondbasis Shackleton erhältlich. Die Schachtel überrascht direkt durch ihre Größe und das Gewicht. Darin enthalten sind allerlei Boxen zur Aufbewahrung verschiedener Karten und kleinteiligen Spielmaterials. Es ist nämlich Material für gleich acht Konzerne enthalten, von denen pro Partie nur drei zum Einsatz kommen. Das lässt mich viel Wiederspielreiz durch unterschiedlich verlaufende Partien erwarten.
Auch das restliche Spielmaterial, welches immer zum Einsatz kommt, findet Platz in beiliegenden Pappschachteln. Lediglich das persönliche Spielmaterial, verschiedenartige Gebäude und Holzmarker, muss separat (z.B. in Zip-Tüten) verstaut werden. Wie auch schon bei Die Riff-Retter sind die doppellagigen Spielertableaus nicht geklebt, sondern werden nur aufeinander gefaltet, um Aussparungen für weiteres Spielmaterial zu erhalten. Während der große Hauptspielplan ohne weiteres Spielmaterial eher grau wirkt, wurde viel Arbeit in die Illustration der Rückseite und der Schachtelinnenseite gesteckt, die mir gut gefallen.
Grasen - Frische Spieleindrücke
Disney Lorcana – Die Luminari Chroniken: Überfall auf den Palast
(Ravensburger)
Auch beim achten Lorcana Set gibt es zum Abschluss des Zyklus, also vier Sets in einem Jahr, wieder ein kooperatives Spiel, in dem sich die Luminari einem Bösewicht entgegen stellen. Nach Ursula im ersten Jahr treffen sie nun auf Dschafar, dessen Name auch den Titel des achten Sets prägt. Schon bei Set 7, Archazias Insel, konnte man auf den enthaltenen Marketingkarten neben einem großen Bildpuzzle eine auf zwanzig Karten aufgeteilte Geschichte über die Eule und die geheimnisvolle Insel entdecken. Eine solche Geschichte gibt es auch bei Dschafars Domäne, allerdings sind daneben gleich zwei große Bildpuzzle enthalten, sodass mir von der Geschichte noch zwei Karten fehlen, um sie vollständig zu erfahren.
Beim Spielmaterial dieses Koop-Spiels lassen sich diverse Änderungen zum Vorgänger erkennen. Angefangen mit einer festen Stülpschachtel, in der sich das Spielmaterial dauerhaft verstauen lässt. Die labbrige Pappumhüllung des ersten Koop-Spiels war für die Aufbewahrung ja nicht zu gebrauchen. Anstelle eines dünnen Blatt Papiers als Spielunterlage, bekommt man ähnlich wie beim Einstiegsspiel ein richtiges Spielbrett. Auch eine gemeinsame Legendenleiste findet sich darauf sowie Marker für die Luminari und Dschafar, separate Legendenzähler gibt es daher nicht. Dafür wieder vier Kampfplätze mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad und ein Bösewichtdeck. Dieses enthält nun auch Orte. Solange diese im Spiel sind, kann man Dschafar nicht die neue, große Pappkarte, “Die neu geschmiedete Krone”, abnehmen. Dies ist aber Voraussetzung um zu siegen, zusätzlich zum bekannten Ziel jeweils 20 Legenden gesammelt zu haben. Außerdem bekommt man zu Beginn eines Zuges zwei Legenden, wenn sich die Krone im eigenen Besitz befindet. Es ist also doppelt erstrebenswert sie Dschafar abzunehmen.
Die beiden Spielerdecks kombinieren Stahl und Bernstein rund um die Charaktere Bolt und Goofy sowie Amethyst und Saphir mit Pinocchio und Elsa im Vordergrund. Für alle drei enthaltenen Decks gibt es eine passende Pappbox, zur sicheren Aufbewahrung innerhalb der Spielschachtel. Für das Spiel zu dritt oder viert benötigt man weitere Decks, lediglich zwei zusätzliche Legendenzähler sind in dieser Box vorhanden.
Ich mag die enthaltenen Luminari-Decks, aber sie sind wieder nur auf den ersten zwei Kampfplätzen hilfreich. Möchte man Dschafar auch auf den anderen besiegen, kommt man wohl nicht darum, sich spezialisierte Decks dafür zusammenzustellen. Ich habe in der wöchentlichen Lorcana-Runde auch schon von anderen gehört, dass sie neben ihrem eigentlichen Spieldeck nicht bereit sind auch noch dafür Decks zusammenzustellen. Trotzdem gefällt mir die grundsätzliche Idee, das Duellspiel kooperativ auf andere Art und Weise erleben zu können.
Escape Academy Box: Der Verrückte Professor
(Escape Academy)
Ich liebe Escape Rooms, sowohl die richtigen Räume, in die man sich “einschließen” lässt, um durch das Lösen von Rätseln zu entkommen, als auch deren Brettspiel-Adaptionen für zu Hause. Daher war ich sehr gespannt, nun eine weitere Symbiose dieser beiden Spielarten kennen zu lernen: Die Escape Academy Boxen. Escape Academy ist ein Escape Room-Anbieter aus Berlin, der sich auf den Versand solcher Homeboxen spezialisiert hat.
Das Prinzip ist ganz einfach: Man wählt eine der derzeit sechs unterschiedlichen Boxen, wählt einen verfügbaren Zeitpunkt und bekommt einige Tage vorher die Box über den Versanddienstleister DPD geliefert. Alternativ kann man diese auch in Berlin abholen. Nach Abschluss packt man alles wieder zusammen und die Box geht zurück. Zusätzlicher mit einer Webseite für Timer und Hinweise hat man darin alles, was man für das Escape Room-Erlebnis benötigt.
Wir haben uns mit unserer eingespielten Escape Room-Gruppe zu viert für die Box Der Verrückte Professor entschieden. Es gäbe noch eine mit etwas höherem Schwierigkeitsgrad, aber diese hat uns thematisch mehr angesprochen. Ich kann hier nicht zu sehr ins Detail gehen, um nicht zu spoilern. Thematisch bekamen wir das, was man bei dem Titel erwartet: Eine Geschichte um einen etwas verrückten Professoren, der unsere Hilfe benötigt. Alles in der Box war also wissenschaftlich angehaucht. Es lagen auch einige Dinge bei, um sich zu verkleiden und die Umgebung, in der man spielt, etwas passender zu dekorieren.
Leider wurde unser Spieleindruck davon getrübt, dass die Box nicht korrekt zurückgesetzt wurde. Dies betraf zum einen eine tolle Rätselidee, die von ihrer Art her wirklich das Gefühl erzeugt, man wäre in einem realen Escape Room und müsste dort agieren. Leider konnten wir dieses nicht korrekt lösen, da uns etwas Entscheidendes fehlte. Durch ein gestaffeltes Hinweissystem bis hin zur Lösung, sind wir immerhin nicht komplett stecken geblieben.
Viele Rätsel waren dann eher klassischer Art. Das enthaltene Material hat teilweise begeistert, aber ebenso aufgrund minderer Qualität auch zu etwas Frust geführt. Bei zwei Rätseln haben wir die Reihenfolge falsch gewählt, sodass wir beim zweiten Rätsel nicht verstanden, worauf es hinauslaufen sollte. Bei einem anderen Rätsel hatten wir richtig zu knobeln, um das enthaltene Material korrekt anzuwenden. Dieses hätte wirklich herausragen können. Leider fehlte auch hier notwendiges Material, was aber nicht so schnell deutlich wurde, wie beim ersten Rätsel. Dadurch haben wir viel Zeit aufwänden müssen, ohne das richtige Material eine Lösung zu finden, was uns natürlich nicht gelang. Das führte dann dazu, dass wir bei allen folgenden Rätseln davon ausgingen, es könnte etwas fehlen, wenn wir nicht direkt weiterkamen.
Die grundsätzliche Idee finde ich gut, es ermöglicht das Spielen eines Escape Rooms zu Hause oder wo auch immer man sich dafür treffen möchte. Das macht es vermutlich einfacher als sich gemeinsam an einem festgelegten Ort zu treffen, zu dem man erstmal gelangen muss. Die Box ist groß und bietet mehr und teilweise auch realistischeren Inhalt als ein gewöhnliches Escape Room Spiel für zu Hause. Alleine die Schlösser, mit denen die einzelnen Fächer zunächst verschlossen sind, sind massive Vorhängeschlösser und nicht nur Plastikattrappen.
Aber es ist es nun schwierig, das Erlebnis zu bewerten. Denn vermutlich wäre es uns besser in Erinnerung geblieben, wenn alles korrekt gelaufen wäre. Hätten wir die Box regulär gekauft, hätten wir das Geld erstattet bekommen. Der Anbieter hat versichert, dass es eigentlich eine gute Qualitätssicherung gibt und dies nun ein seltener Ausnahmefall war. Das glaube ich, aber ich kann eben nur das bewerten, was ich gespielt habe. Und das hat leider mehr Frustration ausgelöst, als Spielfreude.
Vielen Dank an Huch!, Giant Roc, Ravensburger und Escape Academy für die teilweise vergünstigte Bereitstellung der Rezensionsexemplare!