Railroad Ink Challenge

Railroad Ink Challenge Cover
Railroad Ink Challenge Cover / Foto: HeidelBÄR

Mit Railroad Ink schuf Horrible Guild im Jahr 2018, damals noch unter dem Verlagsnamen Horrible Games, ein gutes Roll’n’Write-Spiel mit Eisenbahnstrecken und Straßennetzen. Es stach vor allem durch seine Aufmachung aus der Maße an Spielen dieser Art heraus. Das hochwertige, wieder verwendbares Spielmaterial und die speziell designten Würfel mit den vielen Streckenabschnitten sorgen für ein tolles Spielerlebnis. Schon damals gab es gleich zwei farblich unterschiedliche Editionen mit verschiedenen Erweiterungswürfeln. Da wundert es nicht, dass zwei Jahre später die Weiterentwicklung Railroad Ink Challenge ebenfalls in zwei Editionen daher kommt. Statt Knallrot und Tiefblau stehen nun Blattgrün und Sonnengelb zur Wahl. Doch bieten sie nicht einfach nur “more of the same”, die Zeit zwischen der Veröffentlichungen wurde genutzt, um das Spielprinzip direkt weiter zu entwickeln. Diese Anpassungen möchte ich euch nun vorstellen.

Spielmaterial:

Beide Versionen sind grundsätzlich gleich ausgestattet: Vier identische, wieder beschreibbare Tableaus mit eingebauten Sichtschirm (deren Illustrationen aneinander gelegt auch hier ein langes Bild ergeben), vier nicht-permanente Marker sowie vier weiße Streckenwürfel.

RR Ink Challenge Sonnengelb Illustrationen
RR Ink Challenge Sonnengelb Illustrationen / Foto: Brettpielpoesie

Davon lässt sich schon ableiten: Statt für sechs Spieler eignen sich diese neuen Editionen einzeln nur noch für maximal vier Spieler. Das Spielmaterial wird erneut verstaut in quadratischen Boxen mit Magnetverschluss. Sie sind mit Inlays ausgestattet, in die sich das Spielmaterial optimal einsortieren lässt.

RR Ink Challenge Blattgrün Box
RR Ink Challenge Blattgrün Box / Foto: Brettspielpoesie

Die Spielertableaus sind in der einen Version gelb hinterlegt und in der anderen grün. Sie zeigen neue, zusätzliche Symbole gegenüber Railroad Ink. Die Strecken auf den Würfeln haben sich ebenfalls etwas verändert und es gibt, ganz neu, zusätzliche Zielkarten. Für mehr Auswahl bei Besitz von beiden Editionen sind die Zielkarten gänzlich unterschiedlich. Es unterscheiden sich auch die beiden aus jeweils zwei Würfeln und drei Zielkarten bestehenden Mini-Erweiterungen. Blattgrün bringt grüne Wald- und Pfad-Würfel mit, Sonnengelb zwei gelbe Canyon- und Wüstenwürfel.

Spielmechanismus:

Der grundsätzliche Spielablauf hat sich zu Railroad Ink nicht verändert, diesen könnt ihr in der verlinkten Rezension nachlesen. Ich werde mich an dieser Stelle auf die Veränderungen konzentrieren. Eine bereits erwähnte ist die durch das enthaltene Material vorgenommene Anpassung an maximal nur vier Spieler. Beide Versionen zusammen erlauben Partien zu acht.

Streckenwürfel

Statt neun unterschiedlicher Streckensymbole bei Railroad Ink, gibt es hier gleich 15 unterschiedliche. Darunter befinden sich ganz neu Endbahnhöfe sowie Strecken, die sich auf dem selben Feld befinden ohne sich zu kreuzen. Alleine diese neuen Streckensymbole führen zu ganz frischen Überlegungen zum Einzeichnen, sie erfordern teilweise ein gewisses Umdenken. Denn sie bieten einerseits Optionen offene Enden zu vermeiden, aber zugleich erschweren sie auch das Streckennetz für einen großen Punktemultiplikator zusammenzuhalten.

RR Ink Challenge Wald
RR Ink Challenge Wald / Foto: Brettspielpoesie
Spielertableaus

Die Spielertableaus sind ähnlich aufgebaut, wie die bisher bekannten, sie haben sich jedoch weiterentwickelt. Sie zeigen als Übersicht alle neuen Streckenwürfel-Symbole, zudem gibt es spezielle Bereiche für sämtliche Wertungen. So zum Beispiel für die Zielkarten und Gebäude. Letztere sind in dem 7×7-Raster verteilt: Fabriken, Siedlungen und Universitäten. Durch das Einzeichnen einer Strecke in ein solches Feld, wird das jeweilige Gebäude aktiviert. Nur bei den Siedlungen ist sogar ein Bahnhof erforderlich, um das am weitesten links befindliche Siedlungsfeld zu kreuzen. Dies bringt Zusatzpunkte bei Spielende, je mehr Felder gekreuzt sind, desto höher fällt die Belohnung aus.

Die Fabriken erlauben es in der aktuellen Runde einen Streckenwürfel erneut zu verwenden. Die Erweiterungswürfel zählen dabei nicht als Streckenwürfel, auch wenn sie Streckenabschnitte zeigen können. Es entstehen also noch mehr Optionen mehr als die standardmäßig verfügbaren vier (oder mit Erweiterung bis zu sechs) Strecken in einem Zug einzuzeichnen.

Von den Universitäten braucht man drei um eine weitere Spezialstrecke, also insgesamt bis zu vier, nutzen zu dürfen.

Zielkarten

Ich mag zufällige Zielkarten grundsätzlich in Spielen und auch hier erweitern sie das Spiel gekonnt. Sie erfordern bestimmte Streckenabschnitte, Anordnungen oder Verbindungen von Strecken. Alle Spieler bekommen die Möglichkeit mit diesen Elementen zu punkten, doch wem es früher gelingt, der wird dafür höher belohnt. Konzentriert man sich immens auf diese Ziele, kann es passieren den Fokus auf die Endwertungen zu verlieren. Im Nu hat man sich dadurch etwas verbaut, was hintern heraus viele Punkte kosten kann. Da hilft nur den Überblick zu behalten und immer auch das große Ganze zu betrachten. Da die letzten Spieler immer noch einen Punkt (gegenüber 2 oder 4) erhalten, sollte man sich nicht zu sehr darauf versteifen.

Drei Ziele pro Partie geben jeder Partie einen etwas anderen Fokus. Das erhöht den Wiederspielreiz, da sich die Partien tatsächlich anders spielen, auch wenn im Prinzip genau dasselbe geschieht. Wird mit den Erweiterungen gespielt, gibt es sogar noch viel mehr Kombinationsmöglichkeiten von Zielkarten.

RR Ink Challenge Zielkarten
RR Ink Challenge Zielkarten / Foto: Brettspielpoesie
Draft-Variante

Die Draft-Variante eignet sich nur für Besitzer verschiedener Ausgaben von Railroad Ink bzw. Railroad Ink Challenge, denn für jeden Spieler ist ein ganzer Satz Streckenwürfel erforderlich. Es werden jeweils zufällige zweier-Sets davon gewürfelt, die dann den Draft-Pool darstellen. Reihum wählt jeder Spieler ein Set aus, bis alle vier Würfel vor sich haben, die sie auf ihrem Tableau einzeichnen. Die Streckensymbole bekommen Wertigkeiten, um den Startspieler der folgenden Runde bestimmen zu können. Dieser hat ja durchaus einen Vorteil durch den frühen Zugriff.

Die Möglichkeit dieser Spielvariante finde ich total spannend, allerdings bietet mir Railroad Ink Challenge bisher auch ohne sie schon ausreichend Grübelpotential, sodass ich die Partien nicht noch durch eine eingeschobene Draft-Phase verlängern möchte. Zudem mag ich den direkten Vergleich mit den anderen Spielern, die aus exakt denselben Würfeln andere Ergebnisse erzielen.

Solo-Spiel

Für Solo-Spieler bietet Railroad Ink Challenge nun die Möglichkeit der Highscore-Jagd, also die Möglichkeit auf viele Punkte zu spielen und sich dabei immer weiter zu verbessern. Die Regeln sind unverändert, abgesehen von einer Zeitbeschränkung für die Zielkarten. Dabei gibt es mehr Punkte für jedes ausreichend früh erreichte Ziel. Ich selber habe allerdings wenig Lust meinem eigenen Highscore hinterherzujagen und spiele Railroad Ink Challenge lieber im Wettstreit.

Waldwürfel

Die Waldwürfel zeigen entweder nur Bäume oder Streckenabschnitte mit Bäumen, sie sind nicht zwingend angrenzend einzuzeichnen. Bäume auf mehreren orthogonal angrenzenden Feldern erzeugen einen Wald. Jedes Feld des größten Waldes bringt bei Spielende zwei Punkte ein, jedes Feld des zweitgrößten noch einen Punkt.

Pfadwürfel

Fußgängerpfade sind bei dieser Erweiterung gefragt, sie sind nur zusammen mit Streckenabschnitten auf den Würfeln. Berührt ein Pfad die Ecke eines Felds mit einem Bahnhof, wird er automatisch auf der kürzesten Diagonale mit diesem verbunden. Dadurch entstehen über Pfade miteinander verbundene Bahnhöfe. Jedes dieser Netzwerke bringt bei Spielende den halben Wert der Verkehrs-Netzwerke ein. Da die Pfade in alle vier Ecken verlaufen können, überschneidet sich diese Eintragung schnell mit dem Feld für die Eintragung der Runde, in der die Strecke eingezeichnet wurde.

Canyonwürfel

Canyons werden auf den Linien der quadratischen Abschnitte des 7×7-Rasters eingezeichnet, sie beginnen entweder an einer Kante des Rasters oder führen einen bestehenden Canyon fort. Um mit einer Strecke über einen Canyon zu fahren, ist eine Brücke notwendig. Davon darf jeder Spieler maximal zwölf verwenden. Der längste Canyon bringt bei Spielende einen Punkt pro einzelnem Segment ein. Zudem wird jeder Canyon, dessen beiden Enden an die Kante führen, mit zwei Punkte belohnt.

RR Ink Challenge Canyons
RR Ink Challenge Canyons / Foto: Brettspielpoesie
Wüstenwürfel

Die Würfelseiten der Wüstenwürfel zeigen zwei Kakteen, Streckenabschnitte mit einem Kaktus bzw. einer Oase oder die Sonne als Dürre-Symbol. Dies ist die einzige destruktive Erweiterung dieser beiden Railroad Ink Challenge Editionen. Ist nämlich die Dürre-Seite nach einem Wurf sichtbar, vertrocknen sofort alle Kakteen, die nicht orthogonal an eine Oase angrenzen. Alle Kakteen, die am Ende der Partie noch vorhanden sind, bringen einen Punkt ein. Diese Erweiterung ist durch die Art der Wertung auch irgendwie die unspektakulärste dieser vier für mich. Die drei Symbole können unterschiedlich häufig auftauchen und sind dadurch mehr oder weniger interessant. Es bringt zum Beispiel nichts nur viele Oasen zu haben, wenn einfach keine Kakteen kommen.

Fazit:

Mir gefällt Railroad Ink in beiden Challenge-Editionen noch besser als zuvor. Die vielen kleinen Anpassungen erzeugen neue, interessante Optionen. Das bekannte Spielgefühl bleibt grundsätzlich erhalten, es fühlt sich möglicherweise etwas verkopfter an, da noch mehr Möglichkeiten zu bedenken sind. Das kann abschrecken oder herausfordern, je nach Spielertyp und eigenem Geschmack.

Auch wenn gelb meine Lieblingsfarbe ist, würde ich eher Blattgrün wählen, müsste ich mich zwischen diesen beiden Editionen entscheiden. Ich mag die destruktiven Erweiterungen einfach nicht so sehr. Auch wenn es hier Möglichkeiten gibt sich zu schützen, wenn denn vorherige Würfel sinnvoll fallen. Passiert das nicht, kann diese Erweiterung auch komplett untergehen. Der Canyon der Edition Sonnengelb ist hingegen eine wahrlich interessante Erweiterung.

Bei Blattgrün würde ich den Wald immer den Pfaden vorziehen, denn diese machen das ganze Spielertableau einfach nur wahnsinnig unübersichtlich. Bei den Canyons wirkt es anders, da solche über die Ränder der einzelnen Felder laufen und nicht auch noch in den Feldern, wie die Pfade.

Wie auch schon bei Railroad Ink finde ich die Erweiterungswürfel aber gar nicht zwingend erforderlich, das Spielprinzip bietet mit den normalen Streckenwürfel schon genügend Möglichkeiten für viele interessante Partien. Wer aber vor allem darauf Wert legt, der kann ab Herbst 2021 bei sieben kleinen, thematischen Würfelerweiterungen, mit jeweils vier komplett neuen Würfeln, zuschlagen.

Die neuen Zielkarten sorgen sogar noch für zusätzliche Variation, diese gefallen mir richtig gut, um jeder Partie etwas Individualität zu verleihen. Wer noch kein Railroad Ink hat, aber Roll’n’Write-Spielen gegenüber nicht generell abgeneigt ist, sollte unbedingt einen Blick auf Railroad Ink Challenge werfen. Zumindest wenn es auch etwas denklastiger werden darf. Als schnelles, einfaches Würfelspiel würde ich Railroad Ink Challenge wahrlich nicht bezeichnen.

Wollt ihr Railroad Ink Challenge vor dem physischen Erwerb mal ausprobieren, gibt es mehrere Möglichkeiten dazu. In den gängigen App Stores lässt sich eine digitale Version erwerben. Zusätzlich bietet Horrible Guild die Spielpläne und sogar digitale Streckenwürfel auf ihrer Webseite an, auf den Produktseiten von HeidelBÄR Games wird darauf verlinkt. Dadurch eignet sich Railroad Ink Challenge auch für Partien über weite Entfernungen mit paralleler Videokonferenz.

Wertungsnote 5/6

Verlag: HeidelBÄR Games / Horrible Guild
Autor(en): Hjalmar Hach, Lorenzo Silva
Erscheinungsjahr: 2021
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 30+ Minuten

Vielen Dank an HeidelBÄR Games für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

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