Mit Weinanbau kennen wir uns aus,
spielten Viticulture runter und rauf.
Doch hilft das wahrlich nur bedingt,
da World viel Neues mit sich bringt.
Die Kräfte vereint, machen wir uns daran,
bauen Wein auf allen Kontinenten an.
Jeder seine eigenen Tücken mit sich bringt,
sodass nicht jeder Versuch direkt gelingt.
Es macht Spaß auf neue Weise zu erlernen,
wie aus Trauben ausreichend Punkte werden.
Spielmaterial:
Bei Viticulture World handelt es sich um eine Erweiterung zu Viticulture, die Spielmaterial liefert, um das bekannte Spiel, ggf. auch mit seinen zuvor erschienenen Erweiterungen, in eine kooperative Variante zu verwandeln. Dafür gibt es einen ganz neuen Spielplan, mit unterschiedlichen Seiten für Spiele mit und ohne den Bauwerken aus der Tuscany-Erweiterung. Ganz neu sind ovale und rechteckige Innovationen, blaue und gelbe Hüte für die Arbeiter sowie ein Einfluss- und ein Ereignismarker. Die Hüte sehen schon ziemlich cool aus, leider halten sie nicht immer optimal auf den Arbeiterfiguren aus unserer Viticulture Essential Edition.
Zentrales Element dieser Erweiterung sind die sieben einzigartigen Kontinentstapel mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad. Es sind auch ganz neue neue Mama- und Papa-Karten enthalten, die nun allerdings nur noch als blaue und rote Karten benannt sind. Die blauen zeigen hierbei weibliche Charaktere und die roten männliche, sodass sich in Kombination mit den Karten des Grundspiels gleichgeschlechtliche Paare erzeugen lassen. 20 Austauschkarten ersetzen Karten des Grundspiels bzw. der Erweiterungen. Sie sind identisch bis auf eine schwarze Umrandung, um anzuzeigen, dass diese Karten nicht mit Viticulture World kompatibel und daher nicht zu verwenden sind.
Spielmechanismus:
Das Grundprinzip von Viticulture bleibt erhalten: Jeder baut sein eigenes Weingut aus, um Trauben anzubauen, abzuernten und in Wein zu verwandeln. Diesen Wein möchte man möglichst effektiv verkaufen, um Siegpunkte und Einkommen zu erhalten. In exakt sechs Runden setzen die Spieler ihre Arbeiter auf Aktionsfeldern ein und blockieren diese Felder damit. Jedes Aktionsfeld gibt es bei dieser Erweiterung nur noch doppelt, wobei in Partien mit bis zu drei Spielern nur eines davon verwendet werden darf.
Zu Beginn eines jeden Jahres wählt man einen Bonus und legt damit zugleich die Reihenfolge fest, in der man Aktionen ausführt. Jedem stehen vier Arbeiter sowie ein großer Arbeiter zur Verfügung. Die normalen Arbeiter werden durch zwei blaue und zwei gelbe Hüte zu Saisonarbeitern. Diese dürfen entsprechend ihres Hutes nur im Frühling oder im Herbst arbeiten. Statt einen neuen Arbeiter zu erhalten, gibt es im Herbst die Möglichkeit einen Saisonarbeiter auszubilden, wodurch er seinen Hut verliert und fortan universell einsetzbar ist. Der große Arbeiter darf, wie üblich, neben besetzten Feldern des Spielplans eingesetzt werden. Dabei darf man zusätzlich mit einem Spieler, der dort bereits einen Arbeiter stehen hat, einen Tausch durchführen.
Die meisten Aktionen sind identisch zu denen aus dem Grundspiel oder sehr ähnlich, es gibt aber jeweils zwei ganz neue Aktionen im Frühling und im Herbst. Im Frühling ist eine Tauschaktion verfügbar sowie die Möglichkeit dafür zu bezahlen, eine Innovation zu platzieren. Die rechteckigen Innovationen verbessern das zugehörige Aktionsfeld dauerhaft. Ovale Innovationen ermöglichen es dort beliebig viele Arbeiter einsetzen zu können und mit ausgebildeten Arbeitern sogar einen Bonus zu erhalten. Beim Platzieren können zusätzliche Kosten anfallen oder alle können einen Bonus erhalten.
Im Sommer lässt sich beim Passen neben einer beliebigen Karte auch der Bonus wählen, dass eine Traube reift oder 2 Lira zu erhalten. Im Herbst kann als neue Aktion Wein direkt verkauft werden, um Geld zu erhalten und man kann sich Einfluss erkaufen. Neben einer Siegpunktvorgabe ist auch Einfluss notwendig, um eine Partie Viticulture World zu gewinnen.
Dies ist aber nicht die einzige Möglichkeit Einfluss zu erlangen. Pro Partie kommt ein Kontinentdeck zum Einsatz. Dies bietet jede Runde ein besonderes Ereignis, welches die üblichen Regeln abändert und häufig zu Einfluss führen kann. Für die ersten Partien gilt die Empfehlung, die ersten sechs Ereignisse in vorgegebener Reihenfolge zu spielen. In späteren Partien kann man zufällige sechs der acht Ereignisse eines Kontinents nehmen und diese durch Mischen in eine zufällige Reihenfolge bringen.
Spielende:
Eine Partie endet nicht mehr wie bei Viticulture, sobald eine Person 20 Punkte erreicht, sondern immer nach genau sechs Runden. Um zu siegen, muss jede einzelne Person mindestens 25 Punkte vorweisen können und der Einflussmarker das Ende der Leiste erreicht haben. Sonst ist die Partie verloren.
Spieleranzahl:
Die Spielerzahl ist bei Viticulture World eine spannende Angelegenheit. In Partien zu zweit oder dritt steht an jedem Ort nur ein Feld zur Verfügung, um Arbeiter einzusetzen. Das zweite Feld jeden Ortes ist nur bei 4-6 Spielern verfügbar. Dabei macht es durchaus einen Unterschied, ob ich mit zwei oder drei Spielern um die selben Aktionsfelder konkurriere. Zu dritt sind eben mehr Figuren vorhanden, für die man alternative Optionen finden muss. Noch stärker macht sich dies bemerkbar, wenn vier, fünf oder sogar sechs Personen ihre Arbeiter auf dieselbe Anzahl Einsetzfelder verteilen müssen. Als Kontrast dazu hängt auch der erforderliche Einfluss von der Spielerzahl ab. Dabei wird nur zwischen mehr oder weniger als drei Personen unterschieden. Weniger Personen haben es allerdings schwieriger, die gleiche Menge Einfluss zu bekommen.
Unsere Partien zu zweit erschienen uns knackiger als zu fünft. Zu zweit funktioniert es bereits gut und ist auch wirklich herausfordernd. Wie üblich bei Stonemaier Games hat Viticulture World natürlich auch einen Automa für das Solospiel, dies habe ich aber nicht ausprobiert.
Glücksfaktor?
Bei sämtlichen Karten gilt, dass sie zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich wertvoll sind. Es gibt mit den zufälligen Karten und Innovationen einige variable Elemente, die einen Glücksfaktor erzeugen. Vor allem, wenn die Innovation früh verfügbar ist, mit der man Wein für Geld und Siegpunkte direkt veräußern kann, ist dies fast schon ein Garant für den Sieg. Damit spart man sich nämlich das Erfüllen der Auftragskarten und somit auch wertvolle Aktionen.
Meinung:
Ich mag Viticulture wirklich gerne und besitze auch die beiden Erweiterungen mit zusätzlichen Besucherkarten, doch kam ich noch gar nicht in die Verlegenheit diese in einer Partie zu verwenden. Ich hatte bislang nicht das Gefühl mehr Abwechslung zu benötigen. Und erst recht hätte ich mir nicht vorstellen können, daraus ein kooperatives Spiel entstehen lassen zu wollen. Doch die Erweiterung Viticulture World ist klasse und es funktioniert wunderbar Viticulture damit kooperativ zu erleben.
Wer jetzt allerdings denkt, man selbst wäre doch total geübt genug darin Viticulture zu gewinnen, der sollte sich lieber warm anziehen. Denn kooperativ muss man vieles anders angehen. Das beginnt, bei den zunächst auf Sommer bzw. Winter spezialisierten Arbeiter, die man erst ausbilden muss, um sie universell einsetzen zu können und mit ihnen ggf. auch den einen oder anderen Bonus der Innovationen abzugreifen. Es geht bei dieser kooperativen Variante also nicht mehr darum auszuknobeln, wie man notwendige Aktionen geschickt aufeinander folgen lassen kann, damit die Mitspieler einen den Plan nicht durchkreuzen.
Stattdessen ist Abstimmung gefragt, wer sich in welche Richtung spezialisiert und welche Aktionen dafür erforderlich sind. Sommer- und Winterbesucher können eine große Hilfe dabei sein, da manche Aktionen ermöglichen, deren Einsetzfelder vielleicht anderweitig verplant sind. Die Partien Viticulture World sind selbst mit guter Abstimmung noch lange kein Selbstläufer, diese Variante ist knallhart. Viele unserer Partien erschienen uns schon früh aussichtslos und wir konnten sie nur knapp mit den letzten Aktionen gerade so noch gewinnen. Oder eben auch nicht. Das erzeugt für mich persönlich mehr Spielreiz, als wenn sich die meisten Partien locker gewinnen ließen. Es gibt auch nach erfolgreichem Durchlauf aller Kontinente noch immer Karten zu entdecken. Von den aktionsverstärkenden rechteckigen Innovationen gibt es mehr als pro Partie verfügbar sind. Bei denen haben sich schnell Favoriten für uns heraus kristallisiert, die wir, wenn sie denn auftauchen, anderen vorziehen. Allerdings hängt dies auch von immer ein bisschen von der Spieleranzahl ab.
Die Karten der Kontinentdecks enthalten kurze Informationen zur Historie des Weinanbaus auf der ganzen Welt. Viel interessanter für das Spiel sind aber ihre Regelanpassungen. Viele dieser Karten ermöglichen es Einfluss zu erlangen. Doch gibt es diesen meist nicht einfach geschenkt, sondern man muss gewisse Bedingungen erfüllen. Und hin und wieder bieten diese Karten auch Einsetzfelder, die nur über einen Arbeiter aktiviert werden können. Ich möchte allerdings gar nicht ins Detail gehen, da ich mich selbst darauf gefreut habe, jeden neuen Kontinent und seine Besonderheiten entdecken zu können.
Fazit:
Viticulture funktioniert wunderbar kompetitiv, doch wer dieses Spiel gerne auf eine andere Art erleben möchte, bekommt mit Viticulture World die perfekte Gelegenheit dazu. Das grundlegende Spielgefühl beim Weinanbau bleibt erhalten, doch erfordert diese kooperative Variante ein Umdenken. In vom Grundspiel eingefahrenen Strategien wird man Viticulture World vermutlich nicht gewinnen können. Stattdessen entsteht ein interessantes Puzzle, wie man die zur Verfügung stehenden Aktionen gemeinsam möglichst effizient nutzen kann. Durch die verschiedenen Kontinente mit unterschiedlichen Ereignissen ist für Varianz gesorgt.
Verlag: Feuerland Spiele
Autor(en): Mihir Shah, Francesco Testini
Erscheinungsjahr: 2023
Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler
Dauer: 75 – 95 Minuten
Vielen Dank an Feuerland Spiele für die Bereitstellung eines vergünstigten Rezensionsexemplars!