Decrypto

Decrypto Cover
Cover / Foto: Brettspielpoesie

Immer wenn es um Agenten und verschlüsselte Nachrichten geht, muss ich zwangsläufig an den kalten Krieg denken, der von 1947 bis 1989 ausgetragen wurde. Dabei wurde mit allen Mitteln gekämpft, so spielten auch die Geheimdienste der Supermächte USA und UdSSR eine wichtige Rolle. Gerne wird dies als thematische Einbindung für Spiele aller Art verwendet, bei denen es um Codes und Verschlüsselung geht. Während dies bei Codenames in meinen Augen weniger gelang, da es sich doch eher als abstraktes Wortspiel anfühlt, haben die Macher von Decrypto dies geschafft. Hier geht es nicht in erster Linie darum, den eigenen Teammitgliedern die gesuchten Begriffe näher zu bringen, sondern den gegnerischen Teammitglieder für ihre Abfangversuche so wenig Anhaltspunkte wie möglich zu liefern.

Spielmaterial:

Jedes der beiden Teams bekommt einen Pappständer (schwarz oder weiß) mit jeweils vier Plätzen für die Wort-Karten. Von diesen sind 110 enthalten, jede mit vier Begriffen. Zwei auf der Vorder- und zwei auf der Rückseite. Allesamt codiert, sodass die Begriffe nur hinter der roten Folie der Pappständer problemlos gelesen werden können. Die 48 Code-Karten in den beiden Farben schwarz und weiß zeigen jeweils einen dreistelligen Code aus den Ziffern 1,2,3 und 4 in verschiedenen Kombinationen. Die Rückseiten sollen alte Disketten darstellen, vorne stehen die Codes auf einem alten Computermonitor. Eine Sanduhr und die 8 Abfang- bzw. Missverständnismarker vervollständigen das Spielmaterial zusammen mit den 50 Notizblättern.

Spielmechanismus:

Die Spieler teilen sich in zwei Teams, jedes erhält einen Sichtschirm und steckt dort vier Karten hinein. Durch die rote Folie werden nun die vier Begriffe lesbar. In maximal acht Runden zieht jeweils ein Team-Mitglied eine Codekarte, die drei der vier Begriffe, bzw. deren Position im Ständer, nennt. Der Spieler mit dieser Codekarte versucht nun Begriffe zu finden, mit denen seine Team-Mitglieder den Code ermitteln können. Sein Team kann die Begriffe dazu einsehen. Das gegnerische Team hört mit und versucht ab der zweiten Runde den Code abzufangen, also ebenfalls zu entschlüsseln. Doch kennt es die Begriffe selbst nicht, sondern nur die Codewörter und die Auflösung der vorherigen.  Erraten werden müssen nicht die Wörter selbst, sondern nur deren korrekte Positionen.

Decrypto Spielmaterial
Spielmaterial / Foto: Brettspielpoesie

Das erzeugt ein Dilemma für den Tippgeber. Denn er muss Begriffe finden, die für sein Team eindeutig genug sind, die dem anderen Team aber nicht zu viel verraten. Sie sollen die verschiedenen Tipps nicht so leicht zuordnen können. Es werden nämlich Marker verteilt, die über Sieg oder Niederlage entscheiden. Nennt das eigene Team einen falschen Code, wird dies mit einem Missverständnismarker geahndet. Kann ein Team einen Code korrekt abfangen, erhält es einen Abfangmarker.

Spielende:

Das Spiel endet, sobald ein Team zwei Marker einer Sorte in seinem Besitz hat. Sind es zwei Abfangmarker, gewinnt dieses Team. Zwei Missverständismarker sorgen für den Sieg des gegnerischen Teams. Sollte keiner dieser Fälle nach der achten Rund eingetreten sein, werden Punkte für die Marker vergeben. Misverständnismarker geben einen Minuspunkt, Abfangmarker einen Pluspunkt. Besteht anschließend noch immer Gleichstand, können die Teams versuchen die Codewörter zu erraten und es gewinnt, welchem Team dies besser gelingt.

Spieleranzahl:

Der Verlag schreibt 3 – 8 Spieler auf die Schachtel. Ich habe es zu dritt nicht probiert und werde es auch nicht. Dann würde ein Spieler nur versuchen abzufangen, während die anderen beiden vier Worte haben und sich gegenseitig Codes geben. Ab vier Spielern gerne, wenn jeweils zwei Spieler ein Team bilden und sich beim Verschlüsseln gegenseitig abwechseln. Mehr Spieler sind natürlich besser. Es müssen nicht zwangsläufig gleich große Gruppen sein, auch mit einer ungeraden Spielerzahl größer vier funktioniert es. Man kann es sicher auch mit mehr als acht Spielern angehen, da stellt sich dann nur die Frage, wie die Spieler sich am besten platzieren, um alles einsehen zu können und ob zu viele Meinungen den Brei nicht ein wenig verderben.

Glücksfaktor?

Eigentlich spielt hier kein Glück hinein. Sicherlich kann man sich über den Schwierigkeitsgrad der Begriffe streiten. Doch ist dies sehr objektiv, der eine hat direkt diverse Beschreibungen parat, ein anderer vielleicht nicht. Man soll die Karten zunächst nicht mischen, uns ist aufgefallen, dass die Reihenfolge interessant gewählt ist. So hatten wir bisher in jeder Partie mindestens zwei Begriffe, die es den Spielern schwer gemacht haben, weil beschreibende Begriffe zu beiden gut passten. Zum Beispiel Meerjungfrau und Schildkröte oder Archäologie und Kunst.

Fazit:

Was zunächst an das erfolgreiche Codenames erinnert, stellt sich sehr bald als frische Herausforderung an. Wieder geht es in Teams gegeneinander, wieder müssen Begriffe gefunden werden, um auf andere Begriffe hinzuweisen. Der Einstieg ist leider immer etwas holprig, die Spielerklärung fällt uns schwer und wir blicken dabei häufig in fragende Gesichter. Meist macht es erst in den ersten Zügen *klick* und die Spieler verstehen so langsam, worauf es hierbei ankommt. Man versucht seinem Team möglichst eindeutige Hinweise zu geben, damit sich das Team keinen Missverständnismarker einhandelt. Doch sollten die Begriffe nicht zu eindeutig sein, da es für das gegnerische Team sonst ein Leichtes sein könnte, die Codes abzufangen. Es ist immer wieder spannend, in wie viele verschiedene Richtungen dabei gedacht wird und das Team dem Gedanken auch tatsächlich folgen kann.

Das Material finde ich sehr gelungen, es passt zu der zeitlichen Einbindung der Thematik. Der Einsatz der Folie ist auch gut gelungen, so wird verhindert, dass man alle Begriffe im Stapel direkt lesen kann. Die Downtime empfinde ich hierbei als wirklich gering. Besonders im Vergleich zu Codenames. Denn hier kann ich mir schon früh Codewörter für alle vier Begriffe überlegen, um sie zu verwenden, sobald ich am Zug bin. Nur wenn ein Mitspieler zuvor den gleichen Begriff verwendet, muss umgedacht werden. Es spielen auch beide Teams gleichzeitig, das entschlüsseln und abfangen geschieht nahezu zeitgleich. Auch wenn es in der Regel beim eigenen Code etwas flotter geht, als beim gegnerischen, wenn unter den Team-Mitgliedern mehr diskutiert wird.

Unsere Partien haben auch gezeigt, dass wirklich erst das Spielende den Sieger aufzeigt. Ein Missverständnismarker ist zwar bereits die halbe Miete zur Niederlage, doch wenn man sich keinen zweiten einhandelt, bedeutet dies nichts. Gleiches gilt für einen Abfangmarker, nur in Bezug auf den Sieg. Auch wenn einzelne Mitspieler schon früh erahnen, welche Wörter man haben könnte, kann es gelingen sie mit den richtigen Codes wieder davon abzubringen. Unsere Partien wurden bisher alle über die Marker entschieden, auch wenn manchmal fast alle acht Runden benötigt wurden.

Ich finde es schade, dass Decrypto von der Spiel des Jahres-Jury in diesem Jahr nicht wenigstens empfohlen wurde. Vom Gefühl her hätte ich Decrypto sogar Siegchancen eingeräumt, wenn, ja wenn es Codenames zuvor nicht gegeben hätte. So erscheint es mir doch zu ähnlich. Und der Zugang ist, wie oben beschrieben, sicher auch etwas schwieriger. Aber es ist ausreichend unterschiedlich, um neben Codenames zu bestehen. Wenn ihr Codenames mögt und Gruppen ab vier Spielern habt, solltet ihr unbedingt einen Blick auf Decrypto werfen.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Le Scorpion Masqué / Vertrieb: Asmodee
Autor(en): Thomas Dagenais-Lespérance
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 3 – 8 Spieler
Dauer: 30 Minuten

Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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