Atiwa

Über den Südosten von Afrika,
erstreckt sich die Region Atiwa.
Eine Hügelkette mit Waldreservat,
ist Heimat manch bedrohter Tierart.
Viele Familien hier in Hütten leben,
ihr Bergbau führt zu Umweltschäden.
Doch wenn sie lernen dazu,
verändert sich auch ihr Tun.

Statt Flughunde zu verspeisen,
schickt man diese nun auf Reisen,
damit sie Samen ausscheiden,
und diese übers Land verteilen.
Wodurch neue Bäume entstehen,
so lässt es sich gemeinsam leben.

Spielmaterial:

Atiwa ist mit über 200 Holzteilen hochwertig ausgestattet. Dazu gehören neben großen Meeple auch besonders geformte Holzteile für Flughunde, Früchte, Ziegen und Buschtiere. Der Spielplan setzt sich aus zwei Teilen zusammen, wodurch sich ein kleiner Teil anhand der Spielerzahl austauschen lässt. Zusätzlich bekommt jede Person ein eigenes Spieltableau mit Ablageflächen für persönliche Marken, wozu neben vielen Holzteilen auch einige Pappmarker gehören. Als solche liegt auch die Ressource Gold bei. Zum zufälligen Ziehen der Verschmutzungsmarker ist ein Beutel enthalten. Zu den quadratischen Karten gehören neben Land- und Ortschaften auch Spielübersichten für jede Person.

Atiwa Spielerauslage
Atiwa – Spielbereich / Foto: Brettspielpoesie

Spielmechanismus:

Atiwa ist im Grunde ein klassisches Worker Placement-Spiel, bei dem Figuren auf einem gemeinsamen Spielplan Aktionen auslösen und diese somit für folgende Figuren blockieren. Die Aktionen beeinflussen die Auslagen der Spieler. Zum persönlichen Spielbereich gehört, neben dem eigenen Tableau mit vielen sogenannten Marken (Buschtier, Bäume, Früchte, Familien und Ziegen), auch eine darunter entstehende Gegend aus Landschaften und Ortschaften sowie eine Nachtkarte. Abgesehen von den Flughunden und Gold gibt es keinen allgemeinen Vorrat, die Marken bewegen sich wirklich nur zwischen eigenem Tableau und den Plätzen auf den verschiedenen Karten hin und her.

Atiwa Spielsituation 4 Spieler
Atiwa – Spielsituation; 4 Spieler / Foto: Brettspielpoesie

Die Aktionen im oberen Bereich des Spielplans sind durch ausliegende Plättchen variabel. Und das nicht nur von Partie zu Partie, sondern auch während einer Partie, da diese Plättchen nach jeder Runde “aufrutschen” und somit zugleich als Rundenzähler dienen.

Atiwa Spielsituation 2 Spieler
Atiwa – Spielsituation: 2 Spieler / Foto: Brettspielpoesie

Die meisten Felder der Ort- und Landschaftskarten bieten nur bestimmten Marken einen Platz. Selbst die leeren Joker-Felder duplizieren lediglich den Platz für eine Marke, die bereits auf dieser Karte ausliegt. Sie sind also nicht universell verwendbar. Eine Familie benötigt zwingend eine abgebildete Hütte, in welche sie einziehen kann. Flughunde können erst in belegten Hütten leben, wenn die Familie darin geschult ist und den Nutzen der Flugtiere erkennt. Wer am Ende seines Zuges drei Flughunde und eine Frucht besitzt kann die Tiere aussenden, um dafür einen Baum zu erhalten. Vorausgesetzt es ist noch ein Baum auf dem eigenen Tableau verfügbar und es gibt freien Platz für diesen.

Atiwa Spielplan 4 Spieler
Atiwa Spielplan – 4 Spieler / Foto: Brettspielpoesie

Auf jede Aktionsphase folgt eine Verwaltungsphase. In vorgegebener Reihenfolge gibt es ggf. Einkommen, Belohnungen der Tableaus, Heimkehr ausgesendeter Flughunde und Vermehrung. Dazwischen steht die Ernährung der Familien an.

Spielende:

Nach der siebten Runde endet eine Partie Atiwa mit der Schlusswertung. Punkte bringen freigeräumte Spielertableaus, geschulte Familien, ausliegenden Land- bzew. Ortschaften sowie Gold und viele Flughunde ein. Nahrungsdefizite während einer Partie wirken sich negativ aus, bevor gewinnt, wer die meisten Siegpunkte sammeln konnte.

Spieleranzahl:

Je nach Spielerzahl setzt sich der zentrale Spielplan anders zusammen und bietet mehr oder weniger Einsetzfelder. Manche Aktionen lassen sich zweifach pro Runde ausführen, dann ist die spätere Ausführung teurer oder ohne Bonus. Nur im Spiel zu viert darf eine spezielle, doppelt verfügbare Aktion nicht von ein- und derselben Person genutzt werden. Diese Anpassungen fühlen sich sinnvoll an, um auch bei weniger Spielern eine Konkurrenz um manche Aktionen herbeizuführen. Was auf den eigenen Tableaus passiert, ist natürlich eher solitär und daher ist es auch problemlos möglich, schon seine Aktion auszuführen, während der vorherige Spieler noch seinen Spielbereich aktualisiert.

Entsprehcend ist es auch kaum verwunderlich, dass sich Atiwa auch solo erleben lässt. Man nimmt beim Versuch120 Punkte zu erreiche die Figuren dreier Farben für aufeinanderfolgende Runden zur Hand, wodurch genutzte Aktionen zwei Runden lang blockiert bleiben. Weitere Punktzahlen in Verbindung mit zusätzlichen, spezifischen Vorgaben erzeugen weitere Solo-Herausforderungen. Ich habe dies nicht ausprobiert und kann daher den Solo-Spielspaß nicht bewerten.

Glücksfaktor?

Die meisten Optionen sind in Atiwa bereits zu Spielbeginn bekannt, jederzeit einsehbar und entsprechend auch planbar. Ein Glücksfaktor in Atiwa entsteht durch die zufällige Kartenauslage. Vor allem zu Beginn einer Partie, kann es ernüchternd sein, wenn die Karten in der Auslage nicht die Optionen ermöglichen, die man dringend benötigt. Es gibt zwar die Möglichkeit eine verdeckte Karte aufzudecken und bei sich zu platzieren, doch ist dies noch ein größeres Glücksspiel, ob man diese Karte gebrauchen kann. Auch ungeschulte Familien bringen Ungewissheit hinein. Statt in der Einkommensphase sicher Geld zu verdienen, schürfen sie nach Gold. Das kann erfolgreich, aber ebenso auch nicht von Erfolg gekrönt sein. Die dabei entstehende Umweltverschmutzung und deren Platzierung kann wiederum exakt durchgeplant werden.

Meinung:

Auch wenn sich das Spielprinzip von Atiwa recht abstrakt anfühlt, so ist das gewählte Thema doch immer wieder präsent und viele Optionen lassen sich thematisch nachvollziehbar erklären. Man lernt dadurch sogar noch etwas über die Geschichte Ghanas. Um tiefer in diese Thematik einzusteigen, liegt dem Spiel auch ein Begleitheft mit ausführlichen Erläuterungen bei. Und dieses verweist auf ein noch zu erscheinendes Sachbuch des Autors mit dem Titel “Weckruf aus Ghana”.

Viele Aspekte dieses Spiels sind von wahren Begebenheiten inspiriert, zum Teil jedoch spielmechanisch sinnvoll abstrahiert. Es ist beispielsweise erstrebenswert viele Flughunde zu besitzen, da sie für Aufforstung und damit für einen Nachschub an Bäumen sorgen (die aber in der Realität nicht über Nacht passiert). Die Familien müssen erst lernen, diesen Vorteil zu erkennen. Zuvor landen Flughunde öfter auf ihrem Speiseplan, erst später lassen sie die Tiere stattdessen bei sich wohnen. Das bietet zusätzlichen Platz für Flughunde, dafür muss im Gegenzug Nahrung anders beschafft werden.

Eine Partie Atiwa geht über sieben Aktions-Runden, inklusive einer siebenstufigen Rundenauswertung. Das klingt vielleicht erstmal erschreckend viel, ist aber tatsächlich halb so wild und der Ablauf geht schnell ins Blut über. Auch wenn das Austauschen einzelner Marken schon etwas fummelig sein kann. In der Aktionsphase ist Atiwa ein klassisches Worker Placement-Spiel. Interessant wird es für mich durch das Zusammenspiel von Spielertableaus und der eigenen Kartenauslage. Man kann nichts erhalten, was nicht auf dem eigenen Tableau noch vorhanden ist oder wofür man keinen erlaubten Platz hat.

Der Spielplan offeriert viele verschiedene Möglichkeiten die eigenen Figuren einzusetzen, dennoch ist es eigentlich immer knapp bemessen. Die Aktionen sind schon so zusammengestellt, dass man mit seinen drei Aktionen pro Runde nicht allzu locker alles erreichen kann. Zumindest nicht, wenn man ideal von den Vermehrungen der aktuellen Runde profitieren möchte. In der Regel wird das auch nicht immer gelingen oder es fehlt dann etwas an anderer Stelle, zum Beispiel bei Nahrung für die Familien. Das Timing ist bei Atiwa überall entscheidend. Zunächst gibt es möglicherweise Boni vom Tableau, dann folgt die Ernährung und erst danach passiert die Vermehrung.

Wer diese Reihenfolge nicht verinnerlicht hat, kann sich leicht verplanen. Schnell gibt man ein Tier als Nahrung aus, welches sich später vermehren sollte. Oder man bekommt Flughunde, die man in seiner Gegend nicht mehr unterbringen kann. Während der Aktionsphase sieht der Platz oft ausreichend aus, wenn die Flughunde unterwegs sind, doch kommen sie zurück, kann es plötzlich eng werden. Vor allem Einsteiger kann es vielleicht etwas frustrieren, wenn man immer wieder feststellen muss, dass man nicht alles beachtet hat und leer ausgeht, während die anderen überall profitieren.

Die Partien laufen grundlegend immer ähnlich ab. Auch wenn die Aktionen im oberen Bereich des Spielplans sich unterschiedlich zusammen setzen können, so bietet dies noch nicht wirklich Varianz. Die möglichen Vermehrungen sind immer exakt dieselben, sie unterscheiden sich von Partie zu Partie überhaupt nicht. Varianz entsteht noch am ehesten durch die zufällige Verfügbarkeit der Karten und der daraus entstehenden Möglichkeiten zur Unterbringung der Marken. Und dennoch finde ich jede Partie aufs Neue interessant. Ich mag es anhand der ersten zur Verfügung stehenden Optionen neue Schwerpunkte zu setzen und zu sehen, ob dies erfolgreich sein kann.

Fazit:

Mit dem Aufbau einer Farm in Afrika, schlägt Autor Uwe Rosenberg nicht nur thematisch neue Wege ein. Auch mechanisch ist das Freiräumen des eigenen Tableaus zwar keine wirkliche Innovation in der Brettspielwelt, für Spiele dieses Autoren aber zumindest ungewöhnlich. Und doch ist seine Handschrift mindestens mit der Vermehrung von Mensch und Tier in jeder Runde zu erkennen. Atiwa ist für mich ein spannendes Knobelspiel, bei dem man in jeder Partie aufs Neue versucht seine Aktionen möglichst effektiv zu nutzen, um von Belohnungen und Vermehrungen zu profitieren.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Lookout
Autor(en): Uwe Rosenberg
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 30 Minuten pro Spieler

Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

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