Wo geht’s hier zum Ausgang?! – No. 47

Wie mein Besuch auf der Spielwarenmesse 2023 zeigte, ist auch in diesem Jahr für das Genre der Escape Room-, Ermittler-, Krimi- und Rätselspiele noch kein Ende in Sicht. Stattdessen gelangen weiterhin ganz neue Ideen auf den Markt oder man versucht bei bekannten Systemen neue Akzente zu setzen. Dies jedoch meist eher in Bezug auf die Rätsel, als auf die Geschichten, die sich bei diesen Spielen oftmals ähneln. Da kommen einem oft dieselben Themen unter, doch muss das nicht per se schlecht sein. Wenn die Geschichten für sich interessant ausgestaltet sind, kann ein Spiel auch mit einem eigentlich bereits ausgereiztem Thema punkten, wie die heute behandelten Spiele aufzeigen.


Exit – Das Spiel: Das Verschwinden des Sherlock Holmes

Exit Sherlock Holmes - Cover
Exit – Das Spiel: Das Verschwinden des Sherlock Holmes – Cover / Foto: Kosmos

Sherlock Holmes ist das Superhirn, wenn es darum geht verzwickte Kriminalfälle zu lösen. Und damit ist der beratende Detektiv aus dem viktorianischem England auch ein gern gewähltes Thema für Escape Room- oder Krimispiele aller Art. So wie sich Autor Arthur Canon Doyle für Sherlock verschiedenste Geschichten ausgedacht hat, so freue auch ich mich über jede Begegnung mit ihm in solch einem Spiel. Und bin jedes Mal gespannt, wie den Autoren die Umsetzung gelungen ist. Denn zu der Person Sherlock Holmes werden viele sicherlich bereits eine grobe Vorstellung haben. Da kann es sich schwierig gestalten, die Erwartungen zu erfüllen.

Nun hat sich das erfolgreiche Autoren-Duo Inka und Markus Brand daran gewagt, Sherlock in einem ihrer Exit-Spiele auftreten zu lassen. Oder eigentlich auch nicht, denn genau genommen ist Sherlock verschwunden und die Aufgabe der Spieler besteht darin ihn aufzufinden und einen seiner Fälle in seiner Abwesenheit aufzuklären.

Exit: Sherlock Holmes - Spielmaterial
Exit – Das Spiel: Das Verschwinden des Sherlock Holmes – Spielmaterial / Foto: Brettspielpoesie

Neben den bereits bekannten Zutaten eines jeden Exit-Spiels (Decodier-Scheibe, Rätsel-, Lösungs- und Hilfekarten sowie einiger seltsamer Teile), liegen diesem Fall erstmals persönliche Nachrichtenkarten bei. Erst zu einem bestimmten Zeitpunkt weist einen das Spiel an, sich die eigene Karte alleine anzusehen. Sie enthält eigene Anweisungen für die Lösung eines Rätsels. Die Spieler müssen sich dann ergänzen und versuchen gemeinsam die Aufgabe zu lösen. Das fühlt sich zwar an, wie ein neuer Impuls, hätte aber gerne noch ausgefeilter sein dürfen. Hoffentlich ist dies ja nur der Anfang und die Idee wird von den Autoren weiter verfolgt und ausgebaut. Ansonsten ersetzen, wie auch schon bei vorherigen Exit Spielen für Fortgeschrittene, einzelne faltbare Orte und Dokumente das Heft zum Blättern.

Der angegebene Schwierigkeitsgrad Fortgeschrittene bezieht sich nicht nur auf den frühen Erhalt von Teilaufgaben, die man erst später lösen kann sowie eine fehlende Führung durch das gesamte Spiel. Manche der zu lösenden Rätsel sind durchaus knackig und um die Ecke gedacht. Teilweise so sehr, dass ich geneigt wäre dieses Spiel auf Expertenlevel einzustufen. Dafür sind andere Rätsel hingegen recht klassischer Art, sodass die Einstufung “Fortgeschrittene” insgesamt schon passt. Alle Rätsel sind logisch nachvollziehbar und lösbar. Mit Rätseln, bei denen die Perspektive eine Rolle spielt, habe ich als Brillenträger allerdings auch hier wieder meine Probleme gehabt. Wir konnten gemeinsam alle Rätsel lösen. Manche haben uns jedoch etwas mehr Zeit abverlangt. Dadurch konnten wir leider keine Bestzeit erzielen, hatten aber über 90 Minuten Rätselspaß.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Kosmos
Autor(en): Inka und Markus Brand
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 60 Minuten

Vielen Dank an Kosmos für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!


Crime Time – Ungelöster Fall 004: Das Letzte, was Du siehst, bin ich

Crimetime: Ungelöster Fall 004 - Cover
Crimetime Krimispiel: Ungelöster Fall 004 – Cover /
Foto: Brettspielpoesie

Auch bei ihrem vierten Fall Das Letzte, was du siehst, bin ich haben die Columbo Brothers wieder einiges zusammengestellt, um den Spielern ein immersives Ermittlungserlebnis zu ermöglichen. Es beginnt direkt mit dem Video einer Nachrichten-Aufzeichnung, welche die Spieler mit den ersten Geschehnissen vertraut machen soll. Dieses Video ist in gewohnter Weise inszeniert und zusätzlich zu wichtigen Informationen zu den aktuellen Geschehnissen auch mit witzigen, den Fall nicht wirklich betreffenden, Details gespickt.

Crimetime 004 - Spielmaterial
Crimetime 004 – Spielmaterial / Foto: Brettspielpoesie

Man bekommt hier das von dieser Reihe gewohnte Spielmaterial. Dazu gehören viele unterschiedliche, analoge Beweismittel, von denen nicht alle zu Beginn frei zugänglich sind. Die mittlerweile gut bekannte Ermittlersoftware, eine Webseite mit allen digitalen Informationen und hilfreichen Tools, wie z.B. Internettelefonie, hilft dabei sich Zugang zu den zunächst verschlossenen Dokumenten zu verschaffen. Zudem dokumentiert diese den Fortschritt und auch die benötigte Zeit, da man sich wieder mit echten Ermittlern messen kann, die diesen Fall in nur 2 Stunden und 55 Minuten gelöst haben sollen. Lediglich die Zeitangabe von 2-3 Stunden ist vielleicht etwas knapp bemessen, da sie nur knapp über der Zeit der wahren Ermittler liegt, was sicherlich als sportlich angesehen werden kann.

Crimetime 004 - Teilscreenshot-Ermittlersoftware
Crimetime 004 – Ermittlersoftware / Screenshot eines Teilausschnitts

Der Einstieg in die Ermittlungen zu einem anonym im TV angekündigten Mord an einer Person, die es laut des Phantoms “verdient hätte”, gelingt mit einem großen Poster der Verdächtigen. Der Untertitel “Serienmord am Rheinfall” lässt bereits erahnen, dass es nicht bei dieser einen Leiche bleibt. Es ist also ein Spiel gegen die Zeit, den Täter zu entlarven, bevor noch mehr Menschen den Tod finden. Weitere Geschehnisse vergrößern den potentiellen Kreis an Verdächtigen, sodass eine Menge Platz auf dem Tisch benötigt wird. Bei diesen Personen handelt es sich keinesfalls um reine Platzhalter, alle haben gute Motive und die meisten sind auch gar nicht so leicht auszuschließen.

Es gibt also wirklich viel Material zu durchforsten, dessen Inhalte in Verbindung zu setzen und kleine Rätsel zu lösen. Selbst ein kleiner Schreckmoment wurde eingebaut, auf den ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen möchte. Lasst euch überraschen! Jedes Detail kann entscheidend sein. Zur Strukturierung der Geschehnisse liegt sogar ein Din A4-Blatt mit einem Zeitstrahl bereit. Dieses zeigt ein ausgefülltes Beispiel, doch wir legten lieber schnell auf unsere gewohnte Weise los, anstatt uns damit auseinanderzusetzen. Aber vielleicht ist es für andere Gruppen eine gute Hilfestellung.

Insgesamt führt dies zu einem der intensivsten und zeitaufwändigsten Ermittlerspiele, welches ich bislang spielen durfte. Auch wenn es mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen angegeben ist, so bezieht sich dies eigentlich nur auf das Ausmaß der digitalen Hilfestellung, die man bekommen kann. Doch wer auf solche Spiele steht, möchte sie bestimmt auch gerne mit weniger Unterstützung lösen, sodass ich diese Option fast schon obsolet finde. Wer in dieser Reihe einsteigen möchte, dem empfehle ich zunächst die vorherigen Fälle zu erleben, was eine ideale Vorbereitung auf diesen Fall sein sollte.

Wertungsnote 6/6

Verlag: Columbo Brothers
Autor(en): k.A.
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler
Dauer: 120 – 180 Minuten

Vielen Dank an Columbo Brothers für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!


Adventure Games: Expedition Azcana

Adventure Games: Expedition Azcana  - Cover
Adventure Games: Expedition Azcana – Cover /
Foto: Kosmos

Beim neuesten Adventure Game Expedition Azcana begeben sich die Spieler auf eine Expedition, um eine lang verschollene Hochkultur zu entdecken, die allgemeinhin als Mythos gilt, um deren Existenz zu beweisen. Die Umsetzung dieses bereits häufig verwendeten Themas ist interessant gelungen. Ich habe mich von diesem Spiel mehrere Stunden lang gut unterhalten gefühlt. Aufgeteilt ist das Abenteuer in drei Kapitel, nach denen man das Spiel gut pausieren kann. Wir haben uns einen Urlaubstag dafür Zeit genommen und alle drei Kapitel mit kurzen Pausen hintereinander weggespielt. So steckt man noch tief in der Geschichte drinnen und kann den Geschehnissen gut folgen. Man kann die Geschichte sicherlich auch sinnvoll an verschiedenen Tagen erleben, ich würde dann allerdings versuchen nicht zu viel Zeit dazwischen verstreichen zu lassen.

Adventure Games Expedition Azcana - Startaufbau
Adventure Games: Expedition Azcana – Startaufbau / Foto: Brettspielpoesie

Es gibt wieder verschiedene Charaktere, doch steuern alle Spieler diese erstmalig gemeinsam. Es gibt auch nur einen Aufsteller für die gesamte Gruppe, die während des Abenteuers weiter wächst. In meinen Augen eine sinnvolle Anpassung, da die einzelnen Aufsteller schon immer verwaltungsaufwändig und eigentlich unnötig waren. Neben den üblichen Kartendecks aus großen Orts- und kleinen Abenteuerkarten sowie einigen Plättchen, liegt noch ein weiteres Heft bei. Dieses Forschungsheft erhält die Gruppe im Laufe der Partie und die darin befindlichen Informationen helfen den Fortschritt der Expedition voranzutreiben. Dadurch fühlen sich die kleinen Rätsel, die es hier und da zu lösen gibt, nicht so abstrakt an, wie in manch vorherigem Adventure Game.

Das ebenfalls enthaltene Abenteuerbuch klammere ich an dieser Stelle etwas aus, da wir für das gesamte Abenteuer die Sprachausgabe der Kosmos Erklär-App genutzt haben. Dort kann man die Zahlencodes eingeben, die man sonst im Abenteuerbuch nachschlagen würde. Atmosphärisch gelungen bekommen die Orte in der App je nach Kapitel, in dem man sich gerade befindet, eine andere Hintergrundgrafik.

Adventure Games: Expedition Azcana - ScreenshotApp
Adventure Games: Expedition Azcana / Screenshot Kosmos Erklär-App

Nicht alle möglichen Aktionen und Kombinationen von Gegenständen sind gleichermaßen sinnvoll. Daher gibt es auch bei diesem Spiel die Möglichkeit sich in Gefahr zu begeben und von Widersachern erwischt zu werden, wenn man sich zu ungeschickt anstellt. Dies geschieht aber wirklich erst nach einigen Fehlschlägen, sodass man ruhig etwas Risiko eingehen kann. Es ist auch zu keiner Zeit unfair, denn wer wirklich alle Hinweise sammelt und sich diese jederzeit bewusst vor Augen hält, statt spontane Übersprunghandlungen auszuüben, kann fehlerfrei durch dieses Spiel gehen.

Nach dem vorherigen Adventure Game Im Nebelreich mit seinen langatmigen Textpassagen und teils unpassend platzierten Knobelaufgaben, war ich fast schon gesättigt von dieser Reihe. Doch bin ich froh Expedition Azcana eine Chance gegeben zu haben, bei dem viele Kritikpunkte vorheriger Adventure Games sinnvoll angepasst wurden.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Kosmos Verlag
Autor(en): Matthew Dunstan, Phil Walker-Harding, Ute Wielandt
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler
Dauer: 3 x 60 – 120 Minuten

Vielen Dank an Kosmos für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!


Orbital Box

Orbital Box Cover
Orbital Box – Cover / Foto: Brettspielpoesie

Ich habe euch bereits einige Rätselboxen aus Holz vorgestellt. Sie verbergen manch einen mechanischen Mechanismus, der sich durch das Lösen abstrakter Rätsel auslösen lässt. Man findet darauf meist Zahlen, Buchstaben oder Symbole und muss diese korrekt kombinieren und auswerten, um weitere Teile zu lockern und letztendlich an das Innere zu gelangen.

Diese Boxen wirkten schon immer so, als wenn sie in zeitintensiver Handarbeit zusammen gebaut werden. Genau darin hat man nun offenbar Potential erkannt. Denn wer die Orbital Box lösen möchte, muss sie erst aus 88 einzelnen Holzbauteilen selbst zusammenstecken. Dieses Konstrukt hält in sich gut, es kommt kein Kleber zum Einsatz. Ich persönlich bin kein großer Fan einer solchen Aufgabe, aber mein Partner hat Spaß daran und hat die Box für mich zusammen gebaut.

Orbital Box - Spare Parts
Orbital Box – Ersatzteile / Foto: Brettspielpoesie

Das Material ist gut verarbeitet, die einzelnen Teile ließen sich gut aus dem Holzrahmen lösen. Im Zweifel hilft das beiliegende Werkzeug beim Heraustrennen. Manche Teile sollten abgeschliffen, andere gewachst werden, bevor man sie einsetzt. Dafür ist kein eigenes Werkzeug erforderlich, ein kleines Stück Schleifpapier und Wachs sind ebenfalls enthalten.

Lediglich die Anweisungen zum Zusammenbau hätten detaillierter sein dürfen. Die mehrsprachige Anleitung arbeitet vor allem mit Bildern und Symbolen, einen kurzen Text findet man bloß in der Einleitung. Da nicht jeder einzelne Schritt exakt beschrieben ist, können sich leicht kleinere Fehler einschleichen, die im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Box sich nicht wie vorgesehen öffnen lässt. Dies ist eben die Tücke des Eigenbaus.

Orbital Box - Zubehör
Orbital Box – Zubehör / Foto: Brettspielpoesie

Leider musste ich dann größtenteils alleine rätseln. Wenn auch nicht jedes einzelne Detail, so waren nach dem Zusammenbau doch die Hauptmechanismen klar, die sich bewegen lassen. Das bei einer solchen Box notwendige, abstrakte Rätseln liegt mir aber gemeinsam mehr, auch wenn bei solchen Boxen eigentlich immer nur eine Person sie anfassen und genauer begutachten kann. Wir ergänzen uns in der Regel gut, da uns ganz unterschiedliche Elemente auffallen und in Kombination erarbeiten wir uns dann gemeinsam die korrekte Lösung.

Orbital Box Zusammenbau
Orbital Box – Zusammengebaut / Foto: Brettspielpoesie

Wie auch alle anderen Boxen von Escape Welt gelangt man durch die Lösung aller Rätsel zu einem Fach, indem sich kleine Geschenke verstauen lassen, wenn diese Box als Verpackung dienen soll. Die Rätsel sind gewohnt abstrakt, die Geschichte zu der Box ist einfach nur aufgesetzt und in meinen Augen absolut unnötig. Eine ausgereifte und ansprechend umgesetzte thematische Einbettung erwarte ich bei einer solchen Box aber auch überhaupt nicht.

Ich verzichte ausnahmsweise auf eine Bewertung, da diese Box zwei unterschiedliche Interessensgebiete anspricht. Wer, wie ich, den Zusammenbau lästig findet, wird damit sicher nicht glücklich. Andere finden diese Aufgabe aber vielleicht gerade reizvoll. Ich mag die Grundidee der Rätselboxen, doch leider sind die Rätsel darin oft nicht eindeutig, sodass man viel Zeit damit verbringt irgendwie herauszufinden, was man eigentlich tun soll. Die reine Rätselzeit hält sich ob der wenigen enthaltenen Rätsel leider auch hier eher in Grenzen, was ich persönlich schade finde. Ich würde mir nachvollziehbarere Rätsel mit einem gewissen Kniff wünschen und mehr von diesen, für länger anhaltenden Rätselspaß.

Verlag: Escape Welt
Autor(en): k.A.
Erscheinungsjahr: 2022
Spieleranzahl: 1 Spieler
Dauer: 60-90 Minuten für den Bau, 15-30 Minuten zum Lösen der Rätsel

Vielen Dank an Escape Welt für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!


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