Die Tavernen im tiefen Thal

Cover / Foto: Schmidt Spiele

Der Autor des vergangenen Spielejahrgangs war Wolfgang Warsch. Gleich drei seiner vier Veröffentlichungen wurden von der Spiel des Jahres-Jury 2018 nominiert, einer dieser Titel wurde sogar zum Kennerspiel des Jahres ausgezeichnet. Da sind die Erwartungen an weitere Spiele aus seiner Hand natürlich hoch. Und auch in diesem Jahrgang lässt sich wieder die eine oder andere Neuheit von Wolfgang Warsch finden. Am ansprechendsten von diesen Neuheiten wirkte Die Tavernen im tiefen Thal für mich, da schon alleine das Cover total einladend wirkt.

Spielmaterial:

Details / Foto: Brettspielpoesie

Neben den vielen kleineren Tavernen- und Gästekarten, die nach Art sortiert ausliegen, liegt das Hauptaugenmerk in diesem Spiel auf den vier variablen Spielertableaus. Diese zweigen jeweils eine Kneipe, unterteil in verschiedene Bereiche, an denen die Tavernenkarten angelegt werden können. Zudem sind gewisse Bereiche zur Aufwertung herausnehmbar, um sie mit der aufgebesserten Seite wieder einsetzen zu können. Gold und Bier können hier in geringen Mengen auch für spätere Züge gelagert werden, die Anzeiger dafür sind aus Holz. Zudem erhält jeder Spieler einen Bierdeckel, vier neutrale, weiße Würfel und die Würfel seiner Spielerfarbe werden bereit gelegt. Zusätzlich gibt es einen Kloster-Spielplan mit Klosterleiste und Rundenanzeige. Als Startspielermarker dient, thematisch passend, ein aus Stanzplättchen zusammengesetzter Bierkrug. Der Grafiker hat sich bei diesem Spiel mit vielen liebevollen Details austoben dürfen. Alleine die Unterschriften für das Gästemodul sind originale Unterschriften von Beteiligten am Spiel, den Testspielern oder den Gewinnern der Verlosung von Schmidt Spiele für die letzten fehlenden.

Spielmechanismus:

In Die Tavernen im tiefen Thal betreiben die Spieler jeweils eine solche Taverne. Sie benötigen Gold, um Mitarbeiter einzustellen oder die Taverne auszubauen und Bier ist von Nöten, damit Gäste in den Laden kommen. Dies sind also die zwei Währungen: Bier und Gold. In acht Runden werden verschiedene Phasen durchlaufen: Zunächst decken die Spieler solange Karten auf, wie sie Gäste an einem Tisch platzieren können. Nur drei Tische bieten die Spielertableaus dafür zu Beginn, doch gleich sieben Stammgäste sind im Startdeck enthalten. Neben einem weiteren Tisch gehören noch eine zusätzliche Kellnerin und ein Bierlieferant zu den Startkarten.

Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Alle aufgedeckten Karten werden an ihre jeweilige Position des Spielertableaus gelegt und können in dieser Runde verwendet werden. Wurden Kellnerinnen beschäftigt, bringt jede davon einen eigenen zusätzlichen Würfel ein. Diese kann nur der Spieler selbst verwenden, die weißen Würfel werden nach dem Würfeln nämlich erst einmal gedraftet. Jeder Spieler wählt einen und gibt die übrigen auf einem Bierdeckel weiter, solange bis jeder wieder vier Würfel davon hat. Dann entscheidet jeder Spieler, wo er welche Würfel platzieren möchte. Die meisten Plätze zum Einsetzen der Würfel haben konkrete Vorgaben an die zu platzierenden Augenzahlen, manche können beliebig besetzt werden.

Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Nun geht der Zug erst so richtig los indem die eingesetzten Würfel abgehandelt werden, erhaltenes Gold und Bier also verwendet wird. So gelangen die Spieler an zusätzliche Tavernen- oder Gästekarten und können auf der Klosterleiste voranschreiten, um die dortigen Belohnungen zu erhalten. Das Gold kann ebenfalls verwendet werden, um Elemente der Taverne aufzuwerten, bei der Kellnerin, dem Tellerwäscher und dem Lieferanten können ausliegende Personen entlassen werden, um die Kosten zu senken.

Jede dieser Aufwertungen lockt einen Adligen an, der zehn Siegpunkte einbringt. Diese müllen das Deck aber nicht nur zu, sie bieten einen Würfeleinsetzplatz und was noch viel interessanter ist: Sie gesellen sich allesamt an einen Tisch, wenn mehrere von Ihnen die Taverne betreten.  Alle neuen Karten kommen direkt auf den Nachziehstapel, man kann also definitiv mit ihnen in der Folgerunde planen. Das ist soweit der grundsätzliche Spielablauf, zu Beginn einer jeden Runde hält die Rundenleiste noch einen kleinen Bonus bereit.

Spielertableau mit allen Mosulen / Foto: Brettspielpoesie

Wirklich interessant wird es erst mit den vier zusätzlichen Modulen. Sie sind aufsteigend nummeriert und aufeinander aufbauend. Mit jedem Modul wird das Spiel etwas umfangreicher. Zunächst wird eine weitere Währung, der Schnaps, eingeführt, der Zusatzaktionen ermöglicht. Dann folgt die Ruf-Leiste mit den Gauklern, die für mehr Stimmung in der Taverne sorgen. Das nächste Modul lässt die Spieler mit variablen Startbedingungen beginnen, die sie sich aus einer Auswahl wählen können. Dann besteht das Startdeck nur noch aus den sieben Stammgästen, falls keine Karten als Bonus gewählt werden. Alternativ gibt es z.B. die Möglichkeit bereits zu Spielbeginn mit einem ausgebauten Element des Tableaus zu starten, die ersten Klosterschritte zu machen oder Stammgäste zu entfernen. Im letzten Modul verewigen sich die Gäste im Gästebuch, wodurch ebenfalls Boni ausgeschüttet werden können, wenn eine bestimmte Kombination aus Gästen den Laden betreten hat.

Spielende:

Nach der achten Runde zählen die Spieler einfach alle Siegpunkte der Karten in ihrem Deck zusammen, der Spieler mit der höchsten Summe, gewinnt die Partie als erfolgreichster Gastwirt.

Spieleranzahl:

Egal mit welcher Spielerzahl gespielt wird, der Spielaufbau sowie -ablauf ist immer identisch. Es werden keinerlei Karten aussortiert, was unweigerlich dazu führt, im Spiel zu zweit wesentlich weniger unterschiedliche Gäste zu sehen zu bekommen, als mit mehr Spielern. Das Drafting spielt sich mit weniger Spielern etwas anders. Im Spiel zu zweit kann ich z.B. besser auf einen bestimmten Würfel spekulieren, da ich nachdem der Gegenspieler nur einen Würfel entfernt hat, bereits erneut aus dieser Auswahl wählen darf.

Glücksfaktor?

Glücksfaktoren lassen sich in verschiedenen Phasen dieses Spiels finden. Es beginnt beim Aufdecken der eigenen Karten. Im schlechtesten Fall zeigen die ersten drei Karten des Stapels jeweils Gäste und mehr Karten dürfen gar nicht aufgedeckt werden (Das erinnert doch irgendwie sehr an die Knallerbsen bei Quacksalber…). Dies schränkt die Aktionswahl ganz schön ein. Es gibt zwar die Möglichkeit einen Tresengast einzusetzen, um das Aufdecken zu wiederholen, doch ich habe bereits Partien erlebt, in denen das erneute Ziehen ganz genau so ablief. Die in dieser Konstellation vorhandenen vier Tavernenkarten waren mir nun zwar für den zweiten Durchgang sicher, aber den ersten Zug konnte ich bereits komplett abhaken. In anderen Situationen ist man froh über eine bestimmte Karte, beispielsweise eine Kellerin oder einen Bierlieferanten und möchte daher gar nicht neu beginnen Karten aufzudecken, auch wenn die Anzahl besonderer Karten im Deck recht hoch sein müsste.

Bei der folgenden Würfelwahl wird es dann erneut glückslastig, denn wenn alle Spieler nur Mist würfeln bringt auch das Draften nicht viel. Vor allem zu Beginn einer Partie sind die Augenzahlen 3 und 4 ziemlich sinnlos, da es keine Einsatzmöglichkeiten für diese Zahlen gibt. Dadurch können Würfel einfach verfallen. Aber auch im späteren Spielverlauf, nützt es nur wenig wenn z.B. viele Lieferanten aufgedeckt werden, ich aber selbst keine 1 oder 6 würfele, diese auch nicht von den Mitspielern zur Auswahl bekomme und die Lieferantenaktion nicht triggern kann.

Das dritte Mal schlägt der Zufall dann beim Aufdecken der verfügbaren Gästekarten zu. Besonders wenn mit Modul 5 gespielt wird, ist es interessant Gäste mit unterschiedlichen Bierwerten zu bekommen. Doch wenn ich Pech habe, liegen in meinem Zug einfach keine der benötigten Gäste aus.

Fazit:

Ohne die Module erscheint mir persönlich das Spiel einfach nicht komplett, wir spielen nur noch mit allen Modulen. Sie ermöglichen es aber das Spiel so komplex zu gestalten, wie es einem gefällt. Der Schnaps bietet interessante neue Möglichkeiten, bei denen sich jeder Spieler entscheiden muss, welche Seite der Gaukler verwendet wird. Noch unterschiedlichere Startvoraussetzungen gibt es mit Modul 4, sie bieten sich für unterschiedliche strategische Ausrichtungen an. Die Ruf-Leiste sorgt dafür, einseitige Bier- oder Goldstrategien zu vermeiden. Und wird mit weniger erfahrenen Spielern gespielt, kann man zum Einstieg einfach weniger Module verwenden.

Ich kann bis heute nicht ganz nachvollziehen, warum Die Quacksalber von Quedlinburg bei so vielen Spielern so beliebt ist. Ich fand die meisten Partien einfach sehr frustig, wenn es einem Spieler einfach nicht gelingt was anderes zu Ziehen als die blöden Knallerbsen. Bei Die Tavernen im tiefen Thal kann ich sicher sein, im Gegensatz zu den Zutaten im Beutel, dass erworbene Karten definitiv aufgedeckt werden. Ich begrüße es sogar sehr, dass in diesem Spiel die erworbenen Karten nicht, wie so oft in Deckbuilding-Spielen, auf dem Ablagestapel landen, sondern auf dem Nachziehstapel.

Die zwei Ressourcen mit unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten finde ich interessant, aber das kenne ich doch irgendwoher…Ganz genau, in Vikings Gone Wild wurden genau dieselben Ressourcen verwendet. Aber das finde ich überhaupt nicht schlimm, bei dem Thema passen die Ressourcen einfach ideal. Die thematische Einbindung finde ich komplett gelungen, die Aktionen sind anhand dessen alle leicht zu erklären. Die detailverliebten Grafiken von Dennis Lohausen lassen einen immer wieder kleine Details erkennen. Die Namen der Tavernen, Die Blaue Forelle oder Zum Goldenen Löwen, habe ich zum Beispiel erst nach einigen Partien registriert.

Viele der einzelnen Spielphasen können parallel ablaufen, wie das Aufdecken der Karten oder das Einsetzen der Würfel. Nur die Würfelauswahl und die eigentlichen Aktionen werden hintereinander abgehandelt. Das kann sich durchaus etwas ziehen, vor allem zum Ende hin, wenn in der Regel mehr Optionen zur Verfügung stehen. Die einzige Interaktion entsteht durch das Draften der Würfel und die Wahl der Gäste, alle anderen Elemente macht jeder Spieler nur für sich alleine. Vieles spielt sich auf den Spielertableaus ab, die durch die vielen variablen Elemente sehr kleinteilig sind. Zudem wird an beiden Seiten der Tableaus Platz für anzulegende Karten benötigt.

Ich fühle mich bei der Bewertung irgendwie hin und her gerissen. Ich mag die Spielidee sehr und nach jeder Partie hatte ich das Gefühl, es erneut zu probieren zu wollen, um mich zu verbessern und andere Wege zu beschreiten. Aber es gibt diese Partien, in denen einem das Glück einfach nicht hold ist und man schon früh das Gefühl hat den anderen Spielern einfach nur noch hinterher zu laufen, ohne eine echte Chance auf den Sieg. Obwohl der Punktestand der Mitspieler nicht einsehbar ist, man also eigentlich nur abschätzen kann, wer gerade wie viele Punkte hat. Dafür lohnt es sich im Blick zu behalten, wer wie viele Adlige zu sich holt. Man sollte sich der beschriebenen Glückselementes einfach bewusst sein, dann kann man die Partien durchaus genießen. Ich vergebe also richtig gute vier Punkte mit Tendenz nach oben.

Wertungsnote 4/6

Verlag: Schmidt Spiele
Autor(en): Wolfgang Warsch
Erscheinungsjahr: 2019
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 60 Minuten

Vielen Dank an Schmidt Spiele für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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