Feiner Sand

Feiner Sand Cover
Cover / Foto: 2F Spiele

Wenn ich derzeit so aus dem Fenster schaue, sehne ich mich schon etwas nach dem Sommer. Der Wintereinbruch kam dieses Mal recht spät, die Weihnachtsmärkte haben längst geschlossen und ohne Glühwein benötige ich weder diese Kälte noch Schnee und Eis. Da kann es schon vorkommen, dass man Sonne, Strand und Meer herbei sehnt. Und für genau solche Momente gibt es nun mit Feiner Sand das perfekte Spiel. Wie zumindest der erste Teil des Titels verrät, handelt es sich um ein neues Spiel von Friedemann Friese, genau genommen ein weiteres Fabelspiel. Dieses Genre hat Friedemann mit Fabelsaft etabliert: Ein Spiel, welches durch den Austausch von Karten und den damit verbundenen Aktionsmöglichkeiten von Partie zu Partie anders verlaufen kann. Im Gegensatz zu Legacy kann ein Fabelspiel jederzeit zurück gesetzt und neu begonnen werden. Fabelsaft traf nicht ganz unseren Geschmack, daher war die Spannung groß, ob es mit Feiner Sand gelingen würde.

Spielmaterial:

Hauptbestandteil dieses Spiels sind jede Menge Karten. Jeweils zwei Sets von Karten für die maximal vier Spieler. Ein Set enthält das vorsortierte Startdeck, das andere das ebenfalls vorsortierte Fabeldeck. Jeder Spieler erhält ein schmales Spielertableau zum Anlegen der Karten und zwei Holzmarker, beide rund, einer davon mit einem Loch in der Mitte. Außerdem sind einige gelbe Holzscheiben als Geldmünzen dabei.

Spielmechanismus:

Eine Partie Feiner Sand kann man sich vorstellen, wie einen Nachmittag am Strand: Alle sitzen beisammen und jeder baut dabei seine eigenen Sandburgen, holt sich dafür noch das eine oder andere Gerät, welches ihn dabei unterstützt. Deckbauspielen wird oft vorgeworfen, sie wären solitär, das ist auch bei diesem Deck”ab”bauspiel der Fall. Das hat sich Friedemann Friese zu Nutzen gemacht und lässt einfach alle gleichzeitig spielen. Um zu zeigen, dass der Zug begonnen wurde, setzt man seinen Marker vom Nachziehstapel in die Tischmitte. Damit ist der Stapel frei, um Karten nachzuziehen. Wie viele gibt das Spielertableau vor: Zu Beginn zwei Karten, später kann sich dieser Wert durch ausgespielte Karten erhöhen. So ist es bei allen anderen Aktionsmöglichkeiten auch. Nun müssen sich die Spieler entscheiden: Entweder sie bauen oder ziehen Karten, der Marker wird auf die Aktion 2a oder 2b geschoben. Um zu bauen nimmt man eine Karte von der Hand und bezahlt diese mit anderen Karten von der Hand. Münzkarten haben ihre aufgedruckten Werte, alle anderen Karten zählen als Wert 1. Alternativ können Karten nachgezogen werden. Ein Zug endet mit der Überprüfung des Handkartenlimits, überzählige Karten gelangen auf den Ablagestapel. Zusätzlich kann jede bereits ausgespielte gelbe Karte einmalig pro Zug genutzt werden. Um das Ende des Zuges anzuzeigen wird einfach der Marker aus der Tischmitte wieder auf den Nachziehstapel gelegt.

Feiner Sand Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Dann wird geschaut, ob Geschenke verteilt werden. Jeder Spieler kann ein Mal pro Zug eine Karte seinem linken Sitznachbarn schenken und legt sie dafür auf den Stapel zwischen den Spielern. Wenn am Rundenende überall zwischen zwei Spielern eine Karte liegt, muss jeder Spieler die oberste auf seinen Nachziehstapel legen. Wenn nicht alle Mitspieler ebenso häufig Geschenke verteilen, kann man hierüber gut Karten loswerden.

Feiner Sand Spielertableau
Spielertableau / Foto: Brettspielpoesie

Für die erste Partie sind die Karten vorsortiert, eine kleine Starthilfe mit nützlichen Kartenkombinationen. Anschließend kann mit zufällig gemischten Stapeln gespielt werden. Möchte man zum Fabelteil übergehen, zieht der Gewinner der letzten Partie solange Karten, bis er drei ohne Ausrufezeichen in der unteren Ecke gezogen hat. Jeder Spieler entfernt eben diese drei Karten und ersetzt sie durch die nächsten drei vom Fabelstapel. So kommen neue Karteneffekte hinzu, die in der Anleitung ausführlich beschrieben sind.

Spielende:

Sobald ein Spieler alle übrigen Karten auf der Hand hält, wird das Spielende eingeleitet. Dürften mehr Karten gezogen werden, gibt es als Kompensation eine Münze für jede fehlende Karte. Je nach Zeitpunkt wird nur noch diese oder noch eine weitere letzte Runde gespielt. Anschließend entscheidet die Anzahl der Handkarten über Sieg und Niederlage, übrige Münzen sind der Tiebreaker.

Spieleranzahl:

Da alle gleichzeitig spielen, fühlt es sich schon ein wenig solitär an. Daraus resultiert eine gute Spielbarkeit als Solo-Spiel, ich mag aber den Wettlauf gegen die Mitspieler und die Spannung, wer seine Karten schneller los wird. Alleine erinnert es mich eher an eine Matheaufgabe, deren effizienteste Lösung ich suchen muss, was mir persönlich auf Dauer nur wenig Spaß bereitet. Zu  zweit wird es etwas taktischer, da die Geschenke immer an den Gegenspieler gehen, während sich die Geschenke bei mehr Spielern besser verteilen können. Selbst wenn der nachfolgende Spieler eine bestimmte Sorte von Karten für sich behält, kann es dann passieren die gleichen Karten vom Mitspieler zu bekommen. Im Spiel zu zweit sind alle Karten verloren, die der Gegenspieler einsackt.

Glücksfaktor?

Wer seine Maschinerie schneller als die Mitspieler zum Laufen bekommt, hat gute Chancen auf den Sieg. Da kann sich glücklich schätzen, wer die lukrativen Karten früh auf die Hand bekommt und auch früh ausspielen kann. Das Glück hat dadurch zwar einen Einfluss auf den Spielverlauf, aber es zählen auch die Entscheidungen der Spieler, welche Karten verschenkt werden und in welcher Reihenfolge Karten ausgespielt werden. Es kann sich lohnen, mal eine Runde auf das Bauern zu verzichten und seine Kartenhand für die Folgerunde aufzubauen.

Fazit:

Nach der ersten Partie war ich ein wenig enttäuscht, es war keine Liebe auf den ersten Blick, obwohl ich die Idee des Deckabbaus sehr spannend fand. Dieses Spiel verlangt den Spielern ab, sich von Karten zu trennen – kurzfristig oder möglicherweise auch langfristig. Die Geschenke werden in der ersten Partie gerne unterschätzt, zu sehr hängt man an seinen Handkarten. Doch ein Ungleichgewicht beim Verschenken kann den Sieg entscheiden. Dabei sollten die Karten nicht wahllos weiter gegeben werden, sonst kann man sich selbst schnell ins Aus katapultieren. Zu Beginn nerven die Sandburgen auf der Hand, sie werden im Verlauf des Spiels jedoch immer wichtiger. Wenn später mehrere Bauaktionen ausgeführt werden dürfen, kann man mit Sandburgen schnell einige Handkarten loswerden. Gibt es die zu Beginn verteilten Sandburgen jedoch niemals zurück und auch keine der anderen Spieler, wird man bei Spielende nicht so viele Karten in einem Zug bauen können.

Die Spielertableaus unterstützen den Spielablauf, sie offenbaren direkt alle Aktionen mit ihren derzeitigen Werten. Durch den parallelen Spielablauf entstehen kaum Downtimes. Man kann dabei nur grob im Blick behalten, was die Mitspieler treiben, vieles geschieht auf Vertrauensbasis. Dieses Element stört mich nicht, eher würde es mich stören, wenn ich meinen Mitspieler dabei nicht trauen könnte. Schließlich wollen wir alle mit intelligenten Zügen den Sieg erzielen und nicht mit Schummeleien. Für die ersten paar Züge empfiehlt es sich nacheinander zu spielen, bis alle das Spielprinzip verinnerlicht haben.

In der allerersten Partie störte ich mich daran, dass der Gewinner kaum Sandburgen gebaut hatte. Bei einem Spiel wo der Sand im Titel aufgeführt ist und die Sandburgen das zentrale Thema sein sollten. Aber nach mehreren Partien weiß ich nun, dass es darauf ankommt, den richtigen Zeitpunkt zum Umschalten zu finden und später im Spiel vermehrt auf die Sandburgen zu setzen, um viele Karten loszuwerden. Dennoch gibt es nicht die eine Siegstrategie, die Kartenreihenfolge variiert und daher kommt es auf die Entscheidungen der Spieler an, worauf sie sich konzentrieren wollen. Natürlich entsteht durch die zufällige Kartenreihenfolge ein Glückselement, aber dieses wird für eine gewisse Spannung auch benötigt.

Der Austausch der Spielkarten vom Fabelstapel führt zu mehr Varianz von Partie zu Partie. Bestimmte lukrative Karten können verschwinden, dafür kommen andere spannende Karteneffekte hinzu. Es gibt mal mehr, mal weniger Karten einer bestimmten Aktion. Das verhindert das Gelingen der immer gleichen Strategie. Diese Fabel erzählt zwar keine wirkliche Geschichte, aber sie verändert das Spiel in kleinen Nuancen, die es über viele Partien interessant machen.

Wertungsnote 4/6

Verlag: 2F Spiele
Autor(en): Friedemann Friese
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 30 Minuten

Vielen Dank an 2F Spiele für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

Ähnliche Artikel:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert