Discover: Zu unentdeckten Landen

Discover Cover
Cover / Foto: Asmodee

Das Legacy-Spielprinizip hat vor einiger Zeit die Brettspielwelt revolutioniert und Spiele erschaffen, die sich aufgrund der Entscheidungen und Spielverläufe der Spieler dauerhaft verändern und weiter entwickeln, es muss sogar Spielmaterial zerstört werden. Jedes bespielte Exemplar wird vermutlich einzigartig sein, es stecken die Erlebnisse der Spieler darin. Letztes Jahr hat Asmodee die nächste große Revolution angekündigt: Die Unique Games: Wirklich einzigartige Spiele, welche mit der enthaltenen Zusammenstellung der Komponenten kein zweites Mal existieren. Ein interessanter Ansatz, der zugleich die Frage aufwirft, wie man Eindrücke anderer Zusammenstellungen bekommen kann? Bei Twitter kam direkt die Idee auf, die Spiele mit anderen durchzutauschen, um weitere Exemplare spielen zu können. Ich wollte mich jedoch zunächst mit einem Exemplar genau auseinander setzen.

Spielmaterial:

Fantasy Flight Games enttäuscht die Spieler nicht: Sämtliche Stanzteile sind aus dicker Pappe und fühlen sich hochwertig an. Neben den größeren Landschaftsplättchen in zwei Versionen, die jeweils zu einer Landschaft zusammen gelegt werden können, sind jede Menge unterschiedlicher Marker enthalten, manche zugeordnet zu den beiden Landschaften. Daneben sind viele unterschiedliche Karten in zwei Größen dabei. Die meisten davon sind durchnummeriert, doch können durchaus Lücken auftreten, jedes Spiel ist schließlich einzigartig. Aus Plastik sind lediglich die vier Abenteurer-Figuren und die beiden zwölfseitigen Würfel (D12). Die Spieleranzeiger müssen vor der ersten Partie zusammengesetzt werden.

Spielmechanismus:

Die fünf enthaltenen Szenarien spielen sich grundlegend ähnlich. Die Spieler haben Runde für Runde nur eine gewisse Ausdauer zur Verfügung, mit der sie Aktionen ausführen können. Sie nutzen diese um das Land zu entdecken und dabei vorgegebene Orte zu finden, um die Geschichte voran zu treiben. Nebenbei sammeln die Spieler Ressourcen auf, können daraus Waffen herstellen, müssen Wasserquellen und Nahrung finden. Nur das letzte Szenario hat ein grundlegend anderes Ziel: Die Spieler bekämpfen sich plötzlich gegenseitig, nur der Stärkste gewinnt, sobald alle anderen ausgeschieden sind.

Discover Blick in die Schachtel
Blick in die Schachtel / Foto: Brettspielpoesie

Ausscheiden können Spieler auch in allen anderen Partien. Jeder Spieler hat eine Charaktertafel von der die aktuelle Ausdauer abgelesen werden kann. Zudem wird die Gesundheit angezeigt. Es gibt vier Arten von Schäden, die ein Charakter bekommen kann: Hunger, Durst, Krankheit und Physischer Schaden. Die ersten drei können mit den Ressourcen Wasser, Nahrung oder einem Medikament geheilt werden, physische Schäden bleiben für immer. Bekommt ein Charakter mit drei Schäden einen weiteren hinzu, steigt er aus der Partie aus.

Discover Geländeübersicht
Geländeübersicht / Foto: Brettspielpoesie

In jeder Nacht wird eine Mondkarte aufgedeckt, welche vorgibt ob Wasser, Nahrung oder beides benötigt wird, um keinen Schaden zu nehmen. Die Karte gibt auch an wie viel Ausdauer für den folgenden Tag zur Verfügung steht und zudem können darüber Monster ins Spiel gelangen. Wer auf ein solches trifft, muss kämpfen. Dafür werden beide Würfel geworfen und die Ergebnisse mit den Werten der Monster-Karte verglichen. Es gibt zusätzliche Möglichkeiten die Würfel zu modifizieren, mittels Werkzeugen, Ressourcen oder der Hilfe der Mitspieler. Wenn man das Wesen nicht besiegt, verschwindet es in der Regel und man kann dem Kampf entfliehen. Doch nicht nur gegen Monster kann gekämpft werden, sondern auch gegen Tiere, welche in der Landschaft auftauchen. Allerdings erfährt man erst beim Umdrehen des Plättchens, ob es sich zum Beispiel um einen harmlosen Hasen oder einen großen Bären handelt. Besiegte Tiere werden meist mit Fell und Fleisch belohnt. Fleisch kann nur an einem Feuer zu Nahrung transformiert werden. Auch für die Nächte lohnt es sich an einem Feuer zu sein, oft ist dann der Schlaf besser, was zu mehr Ausdauer führt oder Monster halten sich vom Feuer lieber fern. Da jede Aktion Ausdauer kostet und vor allem jeder Bewegungsschritt, kann jede Ausdauer dazu beitragen, dem Spielziel näher zu kommen. Jede Landschaft besteht aus drei Geländearten, die unterschiedlich viel Ausdauer kosten, um sie zu betreten. Jeder Spieler erhält pro Partie eine Charakterkarte mit einer speziellen Fähigkeit, die dabei unterstützen soll, den Kampf um Leben und Tod zu überstehen.

Spielende:

Eine Partie endet, wenn die letzte Szenariokarte erfüllt wurde oder wenn zuvor alle Abenteurer ums Leben gekommen sind. Hat mindestens ein Abenteurer das Szenarioziel erfüllt, bestimmt die letzte Szenariokarte auch die Siegbedingung. Es können mehrere Spieler gewinnen oder auch nur einer. Selbst bereits ausgeschiedene Spieler können noch gewinnen. Oft weiß man das zuvor nicht so genau, was dann für die Spieler etwas frustrierend sein kann.

Spieleranzahl:

Wir haben Discover nur zu zweit gespielt. Da uns die erste Partie schon nicht so recht überzeugen konnte, wollten wir keine weiteren Spieler hinzuholen. Man kann das Land auch solo entdecken, doch das einheitliche fünfte Szenario geht nur mit mindestens zwei Spielern.

Glücksfaktor?

Nach einer verlorenen Partie haben wir für den zweiten Versuch des gleichen Szenarios weniger als 10 Minuten benötigt. Ich denke das sagt alles. Da die einzelnen Plättchen in jeder Partie zufällig verteilt werden, kann es passieren, dass zu besuchende Orte direkt nebeneinander liegen oder auch an völlig verschiedenen Enden des Spielplans, was sich auf das Spielerlebnis auswirkt. Umso mehr Zeit benötigt wird, desto mehr Nächte müssen überlebt und Kämpfe ausgetragen werden. Die Kämpfe werden durch Würfel entschieden, ein weiterer Glücksfaktor. Immerhin gibt es mehrere Wege Würfel zu manipulieren.

Fazit:

Ich habe nun schon häufiger gehört: Discover könnte sich zu den Unique Games verhalten, wie Risiko: Evolution zu den Legacy-Spielen: Ein erster Einstieg, der noch viel Potenzial bietet und hoffentlich eine neue Welt offenbart. Ein Spiel, welches für sich alleine gesehen allerdings eher durchschnittlich ist. Der Titel verspricht Entdeckungen, ja, die gibt es. Aber fast nur in der ersten Partie mit einer Landschaftsart, in späteren Szenarien werden diese schließlich erneut verwendet. Nur ist die Anordnung der Landschaftsteile dann wieder zufällig. Die Ressourcen, Waffen, Tiere und Monster sind die gleichen. Sicherlich kommen nicht alle in jeder Partie zum Einsatz, aber irgendwann scheint alles bekannt. Mich stört dieser massive Glücksfaktor beim Erkunden: Wird ein Szenario nicht erfolgreich abgeschlossen, kann man es wiederholen. Aber anders als z.B. bei T.I.M.E Stories kann man aus vorherigen Durchläufen nur sehr bedingt lernen, denn der Spielplan setzt sich zufällig zusammen, sodass man von vorne zu suchen beginnt. Das kann dazu führen, dass eine Partie entweder in unter 10 Minuten erfolgreich beendet ist oder man noch weitere, zeit-intensive Versuche benötigt, weil die gesuchten Orte immer zuletzt aufgedeckt werden. Das nervt einfach nur und dämpft die Motivation zu weiteren Partien enorm. Zumal es meist auch keine richtige Auflösung gibt, ist die Aufgabe erfüllt, ist die Partie zu Ende. Man erfährt nicht wirklich was im Anschluss passiert.

Was mich bereits in der zweiten Partie massiv gestört hat, ist der fehlende Zusammenhang der Geschichte. Zwischen dem ersten und zweiten Szenario vergingen in unserem Fall über 10 Jahre, inhaltlich versuchte es aber direkt anzuknüpfen, wir hatten als Gruppe noch immer dasselbe Ziel vor Augen. Das fühlt sich keineswegs thematisch an. Aber es lässt sich wohl kaum verhindern, wenn man erreichen möchte, dass jedes Spiel einzigartig ist und die Karten leicht auszutauschen sind. Immerhin gibt es bei den Charakteren ordentlich Auswahl, sodass wir in fast allen unserer Partien andere Personen mit besonderen Fähigkeiten sein konnten.

Das Spielprinzip selbst ist rech einfach gehalten. Runde für Runde die Ausdauer bestmöglich ausnutzen. Dabei hat sich in unseren Partien gezeigt, dass neben der Erfüllung der Aufgaben möglichst wenig gemacht werden sollte. Alle Umwege, um weitere Plättchen einzusammeln, kosten einfach Zeit. Zwar können Wasser und Nahrung in der Nacht helfen, doch nicht immer lohnt sich dieser Aufwand. Lässt man diesen Aspekt außer acht, kann es vorkommen, dass sich Spieler “opfern” müssen, um ihren Mitspielern den Abschluss zu erleichtern. In meinen Augen funktioniert dieser semi-kooperative Ansatz hier nur bedingt. Für die Erfüllung der Aufgaben macht es wenig Sinn nicht kooperativ zu agieren, wir kamen am besten voran, wenn wir gut zusammen gearbeitet haben. Doch dann sollte man auch gemeinsam gewinnen und nicht mal so, mal so.

Würde mich mein Exemplar nun mit anderen austauschen wollen? Leider nein, denn mein Interesse daran die anderen “Welten” zu erkunden hält sich stark in Grenzen. Dafür bietet das Spiel an sich einfach nicht genug, es gibt keine Geschichten, die unbedingt gelesen werden wollen, die Spiele werden sich vermutlich zu sehr ähneln. Schade, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, was in dieser Richtung noch kommen mag und hoffe es war erst der Startschuss für ein völlig neues Spielgenre.

Wertungsnote 2/6

Verlag: Fantasy Flight Games / Vertrieb: Asmodee
Autor(en): Corey Konieczka
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 60+ Minuten

Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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