Gaia Project

Gaia Project Cover
Cover / Foto: Feuerland Spiele

Etwas mehr als zwei Jahre ist es erst her, dass ich auf diesem Blog das ausgezeichnete Terra Mystica vorgestellt habe. Das Spiel, welches 2013 mit dem Deutschen Spielepreis ausgezeichnet wurde, kam nämlich zu diesem Zeitpunkt in einer Big Box mit der großen Erweiterung Feuer & Eis und den beiden bis dato erschienenen kleinen Erweiterungen. Es hat mich und meine Mitspieler total begeistert. Da ich dieses Spiel erst relativ spät kennen lernen durfte, musste ich mich auch gar nicht so lange gedulden, bis der Nachfolger angekündigt und veröffentlicht wurde. Gaia Project klingt zwar vom Namen her ganz anders, ist aber nicht nur laut Untertitel ein “Terra Mystica Game”. Es enthält alle Elemente des Originals, wird aber durch noch mehr Variabilität und noch mehr Spielelemente etwas komplexer. Sollte dies hier von Jemandem gelesen werden, der mit Terra Mystica nicht vertraut sein sollte, dem lege ich zunächst diese Rezension ans Herz.

Spielmaterial:

Wieder erwartet die Spieler ein prall gefüllter Karton mit jeder Menge Material. Bis zu 10 Raumteile, beidseitig unterschiedlich bedruckt, werden zum Hauptspielfeld zusammen gesetzt. Daneben gibt es ein Forschungstableau mit Siegpunkt-Leiste und ein Wertungstableau. Sieben Völkertableaus zeigen 14 Völker mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten. Dazu gehören 147 detaillierte Gebäude und mehr als 300 Plastik-Spielsteine in den sieben Farben. Zudem mehr als 120 Plättchen aus stabilem Karton.

Spielmechanismus:

Wer Terra Mystica kennt, dem wird der Einstieg in Gaia Project leicht fallen, auch wenn viele Regeldetails hinzukommen. Über sechs Runden versuchen die Spieler mit ihrem Volk auf den Planeten Fuß zu fassen, Gebäude zu errichten und Technologien zu erhalten. Alles, um am Ende die meisten Siegpunkte gesammelt zu haben.

Gaia Project Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Die Ressourcen Credits, Wissen und Erz ersetzen Geld, Priester und Arbeiter. Sie werden nun auf den Spielertableaus mit Markern angezeigt. Wieder gibt es vier verschiedene Gebäudearten, die gebaut bzw. aufgewertet werden können. Über sie wird das Einkommen in den Folgerunden gesteuert. Statt zu Städten, können verschiedene Gebäude zu Allianzen zusammengeführt werden. In Nachbarschaft zu den Gebäuden anderer Spieler zu bauen kann Vorteile für beide Seiten mit sich bringen. Die 14 Völker haben ganz unterschiedliche Eigenschaften, sie unterscheiden sich z.B. in Einkommen und Sonderfähigkeiten. Gespielt wird über sechs Runden. Jede Runde gilt ein anderer Rundenbonus und pro Partie gibt es zwei zufällige Schlusswertungen. Statt dem Kulttableau kann hier auf dem Forschungstableau aufgestiegen werden, um neben Siegpunkten bei Spielende auch wertvolle Boni oder Einkommen in der laufenden Partie zu erhalten.

Gaia Project Spielertableau
Spielertableau / Foto: Brettspielpoesie

Reihum führt jeder Spieler aus den acht unterschiedlichen Aktionen genau eine aus. Das geht solange reihum, bis alle gepasst haben. Aktionen, bei denen einem andere Spieler zuvor kommen können, sind die Ausbreitung im Weltall und die einmalig pro Runde zur Verfügung stehenden Macht- und Q.I.C.-Aktionen. Was ist denn das für eine merkwürdige Abkürzung? Die Quantum Intelligence Cubes sind ein völlig neues Element, dass die Reichweite erhöht, in Erz getauscht oder bei einigen Aktionen eingesetzt werden kann bzw. muss. Neben den sieben Planetenarten, die den Völkern zugeordnet sind, gibt es nun auch Transdim- und Gaia-Planeten. Diese müssen erst bewohnbar gemacht werden, bevor man dort Gebäude errichten darf. Dafür wurde zwischen der Einkommens- und der Aktionsphase die Gaia-Phase eingeführt. Für die anderen Planeten gibt es, ähnlich zu Terra Mystica, einen Kreislauf, der angibt wie viele Terraformschritte benötigt werden, um dort ein Gebäude platzieren zu dürfen. Wie viel ein solcher Schritt kostet, legt wiederum der Fortschritt auf dem Forschungstableau fest. Alles ist clever ineinander verwoben.

Gaia Project Forschungstableau
Forschungstableau / Foto: Brettspielpoesie

Die Machtchips sind bereits von Terra Mystica bekannt. Sie wandern von Schale zu Schale. Nutzen kann man die Chips nur aus Schale drei, um sie anschließend in die erste Schale zurück zu führen. Nun gibt es eine weitere Schale, in der die Machtchips bis zur nächsten Runde “geparkt” werden müssen, wenn eine bestimmte Aktion ausgeführt wird. Man kann weiterhin Macht opfern, um die anderen Chips schneller in Schale 3 zu befördern. Es besteht nun auch die Möglichkeit neue Chips als Einkommen hinzukommen, was völlig neue Möglichkeiten offenbart.

Spielende:

Gaia Project Wertungstableau
Wertungstableau / Brettspielpoesie

Sobald der letzte Spieler in der sechsten Runde passt, kommt es zur Endwertung. Dabei wird geschaut, wie gut sich die Spieler bei den zwei Endwertungs-bedingungen geschlagen haben. Es werden Punkte für die ersten drei Plätze vergeben. Anschließend werden noch Punkte für Forschungsmarker auf Level 3, 4 und 5 vergeben. Zu guter Letzt können je drei Geld/Wissen/Erz in einen Siegpunkt verwandelt werden, bevor die Punkte verglichen werden, um den Sieger zu ermitteln.

Spielerzahl:

Vermutlich der vielfältigeren Spielelemente geschuldet, ist Gaia Project im Gegensatz zu Terra Mystica nur für bis zu vier Spieler geeignet. Durch den variablen Spielplan ist die Skalierung besser, es funktioniert auch wunderbar zu zweit. Dann kommen auf dem Wertungstableau Marker einer weiteren Farbe hinzu, um den Wettbewerb um die Endwertungen anzukurbeln. So kann es nicht passieren, dass ein Spieler mit wenig Initiative die volle Punktzahl in einer der beiden Endwertungen holt, wenn der andere dies komplett vernachlässigt. Es ist ein minimaler Eingriff in das Spiel, der sich optimal verwalten lässt. Daraus entstehen durchaus knackige Anforderungen, um sich Punkte bei Spielende zu sichern. Man kann sich dieser Herausforderung sogar solo stellen, die beiliegenden Automa-Karten ermöglichen dies. Die mehrseitige Zusatzregel zum Solo-Spiel kann in der ersten Solo-Partie etwas verwirren, aber spätestens danach ist der Ablauf klar. Zu viert kann es sich hingegen mit Grüblern oder Einsteigern ziemlich ziehen und recht langatmig werden.

Glücksfaktor?

Ab Partiebeginn sind alle Informationen bis zum Spielende offen, so wird der Glücksfaktor gering gehalten. Diverse Plättchen variieren zwar in jeder Partie, aber geübte Spieler treffen ihre Auswahl des Volkes anhand dieser Auslage. Der Spieler mit dem letzten Zugriff auf die Völker darf dafür die Planeten, unter Einhaltung bestimmter Regeln, anordnen. Das schafft etwas Ausgeglichenheit. Inwieweit die Völker unterschiedlich stark sind, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen. Sie verlangen unterschiedliche Herangehensweisen und lassen sich daher leichter oder schwerer spielen. Natürlich hängt ihre Stärke bzw. Schwäche auch immer von der aktuellen Auslage ab. In unseren bisherigen konnten jedenfalls keine besonderen Ungleichgewichte festgestellt werden. Wem selbst die Spielerreihenfolge zu beliebig ist, da sie in der Regel vom Startspieler aus reihum verläuft, kann die Zugreihenfolgekarte nutzen, damit die komplette Reihenfolge des Passens für die folgende Runde maßgeblich ist.

Fazit:

Terra Mystica hat mich schon sehr begeistert, ich konnte mir kaum vorstellen, dass man Gaia Project daneben benötigt. Während man den Vorgänger noch zu fünft spielen konnte, ist diese Flexibilität nun nicht mehr vorhanden. Doch durch die vielfältigeren Spielelemente würde es sich zu fünft vermutlich zu sehr in die Länge ziehen. Auch zu viert kann es schon eher anstrengend lang werden, besonders mit ungeübten Spielern. Doch ist man erstmal drin, möchte man alle Völker ausprobieren. Wie schon bei Terra Mystica offenbart sich erst während der ersten Partie(n) mit einem Volk das gesamte Potential, was dann bei den nächsten Partien mit diesem Volk ausprobiert werden möchte. Die vielen variablen Elemente, von denen nie alle ins Spiel gelangen oder an anderen Positionen zu finden sind, sorgen für enormen Wiederspielreiz, da die Partien immer anders verlaufen.

Eines bleibt jedoch gleich: Ganz oft fehlt genau eine Ressource, damit der eigene Plan in dieser Runde noch aufgeht. Egal wie man es dreht oder wendet, irgendwas fehlt immer. Man muss also Umwege finden. Das Terraforming gerrät im Vergleich zum Vorgänger etwas in den Hintergrund, da es durch die Gaia-Planeten je nach Volk nicht immer erforderlich ist viel zu terraformen. Das führt zu vielfältigeren Siegstrategien, was ich sehr spannend finde. Was zum Vorgänger fehlt, ist die thematische Einbindung der Völker und ihrer Fähigkeiten. Bei Terra Mystica gab es kurze Hintergrundgeschichten zu jedem Volk, darauf wurde hier verzichtet. Das tut dem Spielspaß in meinen Augen aber keinen Abbruch. Worauf man sich jedoch einstellen solle: Für eine Partie Gaia Project wird viel Platz benötigt, sehr viel Platz. Und natürlich Zeit, die steigt proportional zur Spielerzahl.

Das zahreiche Material zeigt kleine Schwächen. Die Tableaus biegen sich im Lauf einer Partie gerne mal etwas durch. Bei den Ressourcen wurde in unseren Partien bemängelt, dass man durch die Marker auf den Leisten nicht mehr wie beim Vorgänger die einzelnen Ressourcen entsprechend der geplanten Aktionen zusammen häufen kann. Man muss nun alles im Kopf bedenken. Generell ist dies aber Kritik auf hohem Nieveau, bei den Plastikgebäuden ist es sicherlich auch einfach Geschmackssache, ob Holz oder Plastik besser ankommt.

Die Antwort auf die Frage, ob beide Spiele in einem Haushalt sinnvoll sind, lautet ganz klar: Jein! Terra Mystica ist das etwas zugänglichere Spiel und lässt sich wunderbar mit bis zu fünf Spielern spielen. Sicher kann man auch ohne Kenntnis dessen in Gaia Project einsteigen, aber ich finde die aufbauende Komplexität gelungen und würde mit dem Leichteren der beiden beginnen wollen. Ich sehe es als gelungene Weiterentwicklung mit viel Entdeckungspotential, vor allem für Spieler, die schon viele Partien Terra Mystica auf dem Buckel haben und nach Abwechslung dürsten. Wer hingegen vor allem solo spielt, kann sich Gaia Project natürlich auch direkt zulegen. Und sollte dies auch unbedingt. Ich werde beide behalten und bin zuversichtlich beide noch regelmäßig auf den Tisch zu bekommen.

Wertungsnote 6/6

Verlag: Feuerland Spiele
Autor(en): Helge Ostertag, Jens Drögemüller
Erscheinungsjahr: 2017
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 60 – 150 Minuten

Vielen Dank an Feuerland Spiele für die Bereitstellung eines vergünstigten Rezensionsexemplares!

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