Lift Off

Lift Off Cover
Cover / Foto: Schmidt Spiele

Nicht viele Autoren können nur von ihren Spielideen leben, sie haben einen anderen Hauptberuf. Ihre Spiele haben dann nicht immer etwas mit ihrem beruflichen Umfeld zu tun, anders als bei diesem Spiel. Das Erstlingswerk von Jeroen Vandersteen spielt im Weltall, der Autor selbst arbeitet aktuell für die Europäische Raumfahrt-organisation, zuvor war er für die NASA tätig. Das Spiel spielt aber nicht in der heutigen Zeit, sondern in den 50er/60er Jahren, dem Beginn der Erforschung des Weltraums und dem Aufbau der Raumfahrt. Statt nur zweier Großmächte, die in diesem Bereich konkurrieren, können sich bis zu vier Spieler als private Organisationen bei ihren Investitionen in die Raumfahrt messen.

Spielmaterial:

Ein großer Spielplan zeigt die Punkteleiste und Ablageflächen für die kleinen Missionskarten. Jeder Spieler bekommt ein eigenes Tableau mit Eigenschaftsleisten und Ablageflächen für die Technikkarten. Daneben setzt sich die Rakete des Spielers aus einzelnen Stanzteilen zusammen, weitere Stanzteile zum Ausbau werden bereit gelegt. Ebenfalls in Spielerfarbe bekommt jeder Spieler einige Holzraketen. Weitere Stanzteile sind für das Geld und die gemeinsame Raumstation enthalten. Die Spieler benötigen Platz, um Missionen über der Rakete ins All zu senden.

Bei der Spielanleitung konnte Hans im Glück in den vergangenen Jahren immer wieder punkten – bis jetzt. Sie ist nicht wirklich gut strukturiert und macht das Erlernen des Spiels schwerer als nötig. Außerdem fehlt eine Materialübersicht in der Spielanleitung, lediglich auf dem Karton ist eine oberflächliche Übersicht abgedruckt.

Spielmechanismus:

In diesem Spiel konkurrieren die Spieler als Raumfahrtagenturen in der Anfangsphase der Raumfahrt, sie schicken unterschiedliche Missionen ins All, um sich von den anderen abzusetzen und als Vorreiter in die Geschichte einzugehen. Dafür werden zu Beginn Spielendekarten gedraftet, bis jeder Spieler drei davon besitzt. Die darauf aufgeführten Wertungen gelten nur für diesen Spieler. Das grundlegende Spielkonzept ist eigentlich recht überschaubar: In nur acht Runden werden die Spieler jeweils drei Spezialisten mittels Drafting auswählen, zwei davon ausspielen, Missionskarten ziehen und auswählen und zu guter Letzt möglicherweise Raketen ins All schicken. Es sind nur wenige Entscheidungen zu treffen, doch die haben es in sich.

Lift Off Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Die Spezialisten zeigen einen Bonus und bieten eine oder zwei Fähigkeiten. Pro Runde werden nur zwei ausgespielt, man wird also niemals alles machen können. Dabei sind alle Boni und Fähigkeiten interessant, nicht immer bekommt man die gewünschten überhaupt auf die Hand und manch eine Karte will man dem Mitspieler einfach nicht überlassen. Der Startspieler einer jeden Runde wählt die Richtung, in die gedraftet wird. Das kann entscheidend sein. Sind die Spezialisten gewählt und ihre Funktionen ausgeführt, stehen schon die nächsten Entscheidungen an: Von welchem der vier Missionskartenstapel werden die Karten gewählt, welche behält man davon? Als letztes können Raketen gestartet werden, dafür sind einige Voraussetzungen erforderlich. Das eigene Labor und die Technikkarten bestimmen welche Missionskarten überhaupt ins All gesendet werden können, zusätzlich benötigt die Rakete Kapazität und Kosten müssen bezahlt werden. Jede Runde beginnt mit dem Einkommen, dies kann während der Partie erhöht werden. Die weiteren Parameter können durch bestimmte Fähigkeiten dauerhaft erhöht werden oder durch Spezialistenboni für die aktuelle Runde. Die Missionen selbst bringen Siegpunkte und/oder Boni ein, wenn sie ins All befördert wurden. Zusätzlich wird jeder Raketenstart belohnt. Diese Siegpunkte verringern sich in der zweiten Hälfte des Spiels, dafür werden die Missionen der Stufe 3 und 4 dann erst möglich.

Lift Off Spielertableau
Spielertableau / Foto: Brettspielpoesie

Spielende:

Wenn die Spezialistenkarten zum zweiten Mal aufgebraucht sind, endet das Spiel nach der aktuellen Runde. Zu den im Spielverlauf gesammelten Siegpunkten kommen nun die Punkte für Missionen, die eine Spielendebedingung zeigen. Zudem werden Punkte für die Spielendekarten vergeben, umso besser die Vorgabe erfüllt wurde, desto größer ist die Punkteausbeute. Jede grüne Technikkarte bringt zusätzliche Punkte ein und verbliebene Geld ebenfalls. Der Spieler mit den meisten Punkten hat die erfolgreichste Raumfahrtagentur und gewinnt die Partie.

Spieleranzahl:

Von den Spezialisten- und Missionskarten kommen nur in Vollbesetzung alle zum Einsatz, bei Partien mit weniger Spielern werden Karten aussortiert. Weiterhin werden Raketen einer nicht teilnehmenden Spielerfarbe auf bestimmte Felder für die Investition in die Raumstation gestellt. Ansonsten bleibt alles gleich. Besonders das Drafting entfaltet seine Vorzüge bei mehr Spielern erst so richtig, da man dann besser anderen Spielern bestimmte Karten vorenthalten kann. Dann macht auch das Auswählen der Draft-Richtung wirklich Sinn.

Glücksfaktor?

Der Drafting-Mechanismus soll für eine gerechte Verteilung der Karten sorgen, das funktioniert aber erst ab drei Spielern, besser noch bei vier Spielern, wie bereits aufgeführt. Auch die Spielende-Karten können vom Zufall begünstigt werden, wenn die Karten sich gut unterstützen. Tun sie das nicht, erschwert dies die Erfüllung aller drei Karten bei Spielende. Die Auswahl der Spezialisten ist ebenfalls vom Zufall bestimmt. Es kann passieren, dass eine bestimmte Fähigkeit oder Bonus einem Spieler über mehrere Runden einfach nicht zur Verfügung steht und er damit seine Strategie nicht zu Ende verfolgen kann, was in der Regel dazu führt, dass dieser Spieler nicht mehr um den Sieg mitspielt.

Fazit:

Während einer Partie mangelt es an verschiedenen Dingen: Geld ist ein knappes Gut und ohne Bonus kann nur ein Raketenstart pro Runde ausgeführt werden. Wer die Kapazität der Rakete erhöht, benötigt zukünftig mehr Geld für den Start. Wer irgendwann mal mehr als eine Mission lossenden möchte, ohne eine Runde ohne Raktetenstart zu haben, muss zwangsläufig auch irgendwann mal mehr als eine Mission wählen dürfen. Dabei helfen die Spezialisten, wenn man denn die gewünschte Funktion überhaupt auf die Hand bekommt. Manchmal erscheint es dennoch sinnvoller einem anderen Spieler eine bestimmte Karte vorzuenthalten und darauf zu hoffen eine bestimmte Funktion erneut zu bekommen. Das kann natürlich auch in die Hose gehen.

Die Raumfahrt hat sich weiterentwickelt, für die höherwertigen Missionen zum Spielende hin müssen auch mehr Bedingungen erfüllt sein. Darauf sollte man während der Partie hin arbeiten, sonst ist man möglicherweise in den letzten Runden sehr eingeschränkt in seinen Optionen. Erst die höherwertigen Missionen bringen weitere Spielendebedingungen ins Spiel, die zusätzliche Punkte einbringen. Es zu oft zu verpassen, die Rakete ins All zu schicken, wird sich am Ende rächen. Die Spielendekarten können sich auch auf die Technikkarten oder die Investitionen in die Raumstation beziehen. Für die Raumstation ist Spielmaterial vorhanden, jeder Spieler, der investiert, könnte ein Teil der Raumstation legen. Für das Spiel an sich ist dies nutzlos, es ist einfach ein optisches Gimmick, welches wir in unseren Partien nicht genutzt haben.

Durch die Spielendekarten liegt der Fokus immer mal wieder auf anderen Elementen, auf die man sich konzentrieren möchte. Dabei spielt auch ein wenig Glück hinein, in manchen Partien passen die Karten einfach besser zusammen, als in anderen. Zwar kann man die Karten noch verkaufen, um kurzfristig mehr Geld zur Verfügung zu haben, aber man kann über sie viele Punkte generieren. Sie nur halbherzig zu Erfüllen wird jedoch sicher nicht zum großen Erfolg führen, die Punkte lohnen sich meist erst so richtig auf der letzten Stufe. Auch wenn das Spiel bei der nüchternen Betrachtung vielleicht einige Schwächen aufweist, habe ich an allen Partien Spaß gehabt und möchte am liebsten direkt im Anschluss die nächste Partie folgen lassen. Schließlich sind für jeden Spieler zwei Punktemarker enthalten womit 400+ Punkte ermöglicht werden. Ich bin aber noch nie über 300 Punkte gekommen, da sollte also noch Potenzial nach oben vorhanden sein.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Hans im Glück Verlag
Autor(en): Jeroen Vandersteen
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 90 Minuten

Vielen Dank an Schmidt Spiele für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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