Detective: Ein Krimi-Brettspiel

Detective Cover
Cover / Foto: Pegasus Spiele

Krimispiele gibt es derzeit wie Sand am Meer, könnte man denken, wenn man sich die aktuellen Veröffentlichungen der Spieleverlage so ansieht. Da könnte man sich durchaus die Frage stellen, ob es denn wirklich noch ein weiteres Spiel dieser Art benötigt. Doch wie auch bei den Escape Room-Spielen, die durch ihre Rätsellastigkeit recht verwandt sind, hat bisher jeder Verlag seinen ganz eigenen Weg gefunden und wird damit auch bestimmte Zielgruppen ansprechen. Und so auch dieses Spiel, von einem Autor der schon länger dafür steht, dass seine Brettspiele Geschichten erzählen wollen, welche die Spieler tief in das Spielgeschehen hinein ziehen – die perfekte Immersion eben.

Spielmaterial:

Den größten Anteil am Spielmaterial haben die vielen Karten, die den fünf Fällen zugeordnet sind. Auf ihnen findet man alle Informationen zu den Kriminalfällen. Für die weitere Verwaltung ist ein kleines Spielbrett enthalten, auf dem mit drei Holzmarkern die aktuelle Position des Ermittlerteams, der Tag und die Uhrzeit festgehalten werden. Außerdem noch einige Ressourcen-Plättchen, die zu verschiedenen Zeiten während des Spiels verwendet werden. Weiterhin sind fünf Ermittlerkärtchen dabei, deren Rückseiten Berater zeigen. Zudem gehört die digitale Antares-Datenbank zwingend zum Spiel, die man über eine Webseite erreicht, bei der man sich anmelden muss. Dort wird der Spielfortschritt über die gesamte Kampagne festgehalten.

Detective Karten
Karten / Foto: Brettspielpoesie

Spielmechanismus:

Dieses Spiel ist als Kampagne angelegt, die in fünf einzelne Fälle unterteilt ist. Diese stehen alle in Bezug zueinander, von daher empfiehlt es sich keine zu großen Lücken zwischen den Fällen entstehen zu lassen. Nach einer kurzen Einführung in den Fall sind die Ermittler auf sich allein gestellt. Sie erfahren lediglich einige Hintergründe, das Ziel ihrer Ermittlungen und einige Spuren, um in den Fall einzusteigen. Manche Fälle erfordern bestimmte Sonderregeln, die nun ebenfalls aufgeführt werden. Zudem wird die zur Verfügung stehende Zeit angegeben und wie viel Stress erlaubt ist, denn jede Überstunde erhöht das Stresslevel. Am Ende dieser Zeit müssen einige Fragen beantwortet werden, die Einführung gibt nur die Richtung vor.

Detective Spielmaterial
Spielmaterial / Foto: Brettspielpoesie

Der Spielplan zeigt fünf Orte, die Bewegung zu einem anderen Ort kostet eine Stunde. Jeder bekannten Spur kann nachgegangen werden, dazu reisen die Spieler ggf. an den Ort und sehen sich dann die Karte dazu an. Sie gibt an, wie viel Zeit diese Spur gekostet hat und offenbart dann zumeist weitere Hinweise. Zu manchen können in der Antares-Datenbank weitere Informationen nachgelesen werden. Dort erhalten die Spieler Zugriff auf Personenakten, es können Fingerabdrücke und DNA-Spuren katalogisiert und mit anderen verglichen werden. Zu manchen Hinweisen ist es sogar erlaubt im Internet zu suchen. Oft darf die Rückseite einer Spurenkarte nur angesehen werden, wenn tiefer recherchiert wird. Dabei ist eine bestimmte Fähigkeit erforderlich, also ein entsprechender Marker. Diese sind jedoch recht begrenzt. Das Team muss sich auch sofort entscheiden, ob sie die weitergehende Recherche durchführen. Später ist dies nicht mehr möglich, außer man hat einen Charakter mit der entsprechenden Fähigkeit, die allerdings nur ein Mal pro Tag ausgeführt werden darf.

Detective Plättchen
Plättchen / Foto: Brettspielpoesie

Manche Karten erfordern zusätzliche Behördenmarker, andere belohnen die Spieler mit solchen, was ein Zeichen sein könnte, dass sie einer wertvollen Spur folgen. Außerdem können Storykarten freigespielt werden, deren Informationen nicht für den aktuellen Fall relevant sind, aber für die Gesamtkampagne und deswegen einem zukünftigen Kartenstapel hinzugefügt werden. Behördenmarker können sich die Spieler auch beschaffen, indem sie eine Aktion pro Tag dafür nutzen ihren Bericht zu schreiben. Und so versuchen die Spieler die zur Verfügung stehende Zeit effektiv zu nutzen und die Fälle möglichst gut aufzuklären. Dabei gleicht eigentlich kein Fall dem anderen, durch kleine Sonderregeln spielen sie sich teilweise vollkommen unterschiedlich.

Spielende:

Mit dem Abschlussbericht endet eine Partie, dieser kann durch die abgelaufene Zeit eingefordert werden oder von den Spielern aktiv ausgelöst werden. Für den Bericht sollten neben zentralen Schlussfolgerungen für den aktuellen Fall auch weiterführende Fragen beantwortet werden. All diese Antworten stehen jedoch nicht explizit auf einer Karte, die man nur finden muss, es müssen viel mehr die bisher gefunden Hinweise in Verbindung zueinander gesetzt werden. Für korrekte Antworten gibt es Punkte, ebenso für gefundenes Beweismaterial während der Partie. Für jede Überstunde werden Punkte abgezogen, am Ende gibt es eine Gesamtpunktzahl, die darüber entscheidet, ob der Fall gelöst wurde, oder nicht. Wurde der Fall nicht korrekt aufgelöst, bleibt die Option ihn erneut zu spielen, man kann aber auch direkt zum nächsten übergehen. Dann gibt es einen Abschlussbericht des Vorgesetzten, um die Spieler über sämtliche Informationen in Kenntnis zu setzen.

Spieleranzahl:

Gespielt werden kann mit bis fünf Spielern, wir haben es nur zu zweit ausprobiert. Man sollte eine Gruppe finden, die über die gesamte Kampagne zusammen bleibt, was uns zu dieser Entscheidung führte. Dadurch dass eine einzelne Partie mehrere Stunden in Anspruch nimmt, war es für uns so am besten möglich die Kampagne in kurzer Zeit abzuschließen. Jeder Spieler wählt einen Ermittler, bei weniger als fünf Spielern nehmen die übrigen Personen als Berater teil und bringen dafür mehr Ermittlerplättchen mit. Weitere Unterschiede gibt es anhand der Spielerzahl nicht, man hat eben mehr oder weniger Köpfe, die sich in den Fall rein denken. Dabei sollten aber immer alle Spieler gleichermaßen eingebunden werden, die Anleitung gibt sogar Tipps um einen Alpha-Spieler zu vermeiden. Es kann durchaus hilfreich sein, unterschiedliche Denkweisen im Team zu haben, daher würde es für mich als Solo-Spiel nicht in Frage kommen.

Glücksfaktor?

Einen Glücksfaktor gibt es hier nicht. Von den vielen Karten zu einem Fall werden die Spieler niemals alle sehen können, da jede Karte Zeit kostet und diese nur begrenzt zur Verfügung steht. Es kommt auf gute Ermittlungskünste an, die Indizien korrekt zu kombinieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Fazit:

Dieses Spiel ist wirklich gelungen. Es nimmt die Spieler mit auf eine spannende Krimi-Reise, bei der sie selbst in der Rolle der Ermittler stecken und den Verlauf des Spiels und damit der vorhandenen Informationen und Beweise selbst bestimmen. Eine Partie dauert mehrere Stunden, doch vergeht die Zeit dabei wie im Fluge. Zu sehr ist man damit beschäftigt sich gemeinsam in den Fall hinein zu denken. Die Zeit finde ich hierbei sehr gelungen eingesetzt. Es läuft keine Uhr ab oder so etwas, die Spieler entscheiden selbst, wie lange sie einer Spur folgen und die neuen Informationen verarbeiten. Reden und laut nachzudenken ist hier elementar. Jede Aktion selbst kostet hingegen Zeit, genau wie jede Bewegung zu einem anderen Ort. Die Zeit einer Aktion selbst erfährt man erst nachdem sie ausgewählt wurde, man kann also nicht alles im voraus durchrechnen, was thematisch auch nicht passen würde, dennoch kann es einigermaßen eingeschätzt werden. Eine Recherche vor Ort, zu der man erst durch die gesamte Stadt reisen müsste, dauert  beispielsweise länger, als vorhandene Informationen mit Hilfe von Computerunterstützung am Arbeitsplatz zu analysieren.

Es gibt nicht den einen richtigen Weg, man kann über verschiedene Wege an dieselben Informationen gelangen, sollte jedoch vermeiden zu viele Informationen doppelt zu erhalten. Denn dann reicht die Zeit wahrscheinlich nicht für weitere hilfreiche Spuren. An einem Tag haben wir die wichtigsten Informationen wirklich erst in den letzten Stunden des Tages erhalten, quasi just in time, um noch die richtigen Schlüsse für unseren Bericht zu ziehen. Genau so muss man sich auch ganz schnell davon lösen, wirklich alles entdecken zu wollen. Es ist nämlich gar nicht angedacht, dass eine Gruppe jede einzelne Karte zu sehen bekommt. Auch nach einer Partie dürfen nicht alle weiteren Karten angesehen werden, da man nur mit den gefundenen Informationen in den kommenden Fall starten soll. Die Fälle an sich sind alle logisch gut durchdacht und nachvollziehbar, sie sind interessant verwoben, es gibt keine eindeutige Lösung, die auf einer Karte steht, welche man nur finden muss. Es muss hier gezielt kombiniert werden, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wir haben uns während der Partien sehr viele Notizen gemacht und uns diese immer wieder angesehen. Leider ist eine MindMap auf dem Papier eher starr, besser wäre hier eine abwischbare Tafel gewesen, aber auch so konnten wir uns der Lösung ganz gut nähern. Insgesamt eine sehr interessante Herausforderung, wie ich finde und eines der besten Spielerlebnisse in diesem Jahrgang.

Doch hätte dieses Spiel fast die Bestmarke auf diesem Blog verfehlt, denn leider gibt es kleine Unstimmigkeiten auf den Karten. Hier und dort ist ein Grammatik- oder Rechtschreibfehler zu finden, der einem den Sinn eines Satzes zunächst verschleiert, manches Mal stimmen selbst die angegebenen Jahreszahlen nicht ganz überein. So etwas finde ich in einem solchen Spiel sehr schade, da es nun mal von der Atmosphäre lebt, die dadurch etwas getrübt wird. Aber der Spielspaß bleibt natürlich dennoch erhalten, deswegen auch ganz klar die sechs Punkte. Für mich persönlich ein ganz heißer Anwärter auf den Kennerspiel des Jahres-Preis 2019, auch wenn es durch die lange Spielzeit einer Partie, die zusammenhängende Kampagne und das einmalige Spielvergnügen sicher nicht jeden Spieler gleichermaßen anspricht.

Wertungsnote 6/6

Verlag: Portal Games / Pegasus Spiele
Autor(en): Ignacy Trzewiczek, Przemysław Rymer, Jakub Łapot
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler
Dauer: 120+ Minuten

Vielen Dank an Pegasus Spiele für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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15 Antworten auf „Detective: Ein Krimi-Brettspiel“

Hallo Sonja,
vielen Dank für deine Review. Ich kann deine Wertung absolut nachvollziehen, da ich auch ein sehr schönes Spielerlebnis mit vier anderen Freunden hatte. Am Ende haben wir eine Mind Map App und einen Zeitstrahl genutzt. Bin daher schon sehr gespannt auf die Erweiterung die jetzt wohl Ende März auf Deutsch erscheint. Ich hoffe sie kann mit den drei neuen Fällen das Niveau halten oder sogar noch verbessern.

Hallo Rene, vielen Dank für Deinen Kommentar. Einen Zeitstrahl hatten wir nicht, bei uns kam aber mehrfach die Frage auf, was denn nun wann passierte. Sollten wir nächstes Mal wohl auch nutzen.
Ich freue mich auch schon sehr auf die Erweiterung!

[…] Detective – Ein Krimi-Brettspiel schaffte es 2018 zum Kennerspiel des Jahres nominiert zu werden. Für den Preis hat es leider nicht gereicht, mit diesem hatte ich auch auch nicht gerechnet. Nicht, weil das Spiel es nicht verdient hätte, sondern weil es so manche Hürde aufbaut. Für ein grandioses Spielerlebnis empfiehlt es sich, die fünf enthaltenen Fälle in kurzen Abständen mit derselben Gruppe zu spielen. Jede Partie dauert locker 2-3h. Das ist für das Zielpublikum des Preises sicher nicht leicht umzusetzen, von daher hätte ein solches Kennerspiel zu Weihnachten zu so mancher Enttäuschung führen können. Umso erfreuter war ich von dieser Familienspiel-Version zu erfahren, die das Spielprinzip einem größeren Zielpublikum zugänglich machen sollte. Es hätte so schön werden können, doch leider hat der Verlag in meinen Augen einige Chancen verpasst. […]

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