Queen Games hat dieses Jahr im September wieder zu einem Pressetag in Bonn eingeladen, der sich gleich über ein ganzes Wochenende erstreckte. Bevor es an die spielerischen Eindrücke ging, begrüßte uns Verlagschef Rajive Gupta zusammen mit seinem Sohn Robin und Pressesprecher Ulrich Fonrobert. Es folgte ein kleiner Ausflug in die fast 35-jährige Verlagsgeschichte mit besonderem Fokus auf die vergangenen Jahre mit der das Verlagsprogramm beherrschenden Stefan Feld City Collection, die sich aus Sicht des Verlags gut etabliert hat.
In diesem Zusammenhang ging es auch um die unterschiedlichen Versionen, in denen die Spiele dieser Reihe mittlerweile angeboten werden. Zur ursprünglichen Kickstarter-Deluxe-Version (die es für Sammler und Komplettionisten auch weiterhin geben wird) und den etwas abgespeckteren Classic-Versionen, brauchte der Handel erschwinglichere Produkte. Um einen entsprechenden Preis trotz Produktion in Deutschland oder angrenzenden Ländern realisieren zu können, war es bei den Essential Editions notwendig das Material noch weiter zu komprimieren. Dass Spielprinzip selbst bleibt davon jedoch unberührt.
Ähnlich verhält es sich mit Alhambra, welches nun als Compact Edition neu angeboten wird. Kleinere Plättchen sorgen für weniger Platzbedarf, nicht nur auf dem Spieltisch, sondern auch bei der Schachtel. Zudem zeichnen sich alle Spiele dieser neuen Family&Friends-Reihe dadurch aus, dass Teile der Stanzbögen zu Schachteln umfunktioniert werden, in denen das Spielmaterial aufbewahrt werden kann. Dadurch können auch die sonst beiliegenden Plastiktüten verbannt werden.
Bei den folgenden Spielvorstellungen möchte ich darauf hinweisen, dass es sich noch nicht um das finale Spielmaterial handelt und sich die genaue Ausgestaltung des finalen Spiels von den hier gezeigten Abbildungen noch unterscheiden kann.
Nassau
(Stefan Feld, 2-4 Spieler, 90-150 Minuten)
Der siebte Titel der Stefan Feld City Collection heißt Nassau und beruht auf dem alten alea-Spiel Um Ru(h)m und Ehre. Allerdings verwendet Autor Stefan Feld nur den Hauptmechanismus davon für die erste Phase einer jeden Runde, alles was danach geschieht, soll völlig neu sein.
Zunächst setzt man die eigene Besatzung ein, um den Piratenkapitän durch die Stadt zu lotsen und Belohnungen zu erhalten. Mit diesen möchte man sich für die darauffolgende Phase auf dem Meer wappnen. Dort kann man es mit Ungeheuern aufnehmen, Außenposten errichten und Beute sammeln, bevor man gefundene Edelsteine ins Piratenversteck bringen und Geschichten am Lagerfeuer erzählen kann, um Punkte zu sammeln.
Die erste Phase mit dem Hauptmechanismus von Um Ru(h)m und Ehre hat mir wirklich gut gefallen, auch wenn die Kritiken damals eher durchwachsen gewesen sein sollen. Insgesamt empfand ich Nassau als zu glückslastig bei der mehrstündigen Spielzeit. Über den Ausgang der Kämpfe entscheiden zufällig gezogene Plättchen und Würfel. Die zur Verfügung stehenden Edelsteine werden zufällig gezogen, man darf sie aber nur in vorgegebener Reihenfolge einlagern. Erscheint eine Farbe nicht, kann man diese Option kaum nutzen. Die Geschichtenkarten mit kleinen Aufgaben sind ebenfalls sehr zufällig und können Aspekte belohnen, auf die man selbst nur wenig direkten Einfluss hat. Das alles mag zum Piratenthema hervorragend passen, für mich sollte ein Spiel mit diesem Glücksanteil nicht so lange dauern.
Nova Roma
(Stan Kordonskiy, 1-4 Spieler, 60-120 Minuten)
Eher ungewöhnlich für Queen Games handelt es sich bei Nova Roma um eine Lokalisierung eines Kickstarter-Spiels. Ebenso ungewöhnlich wirkt die Optik für ein Spiel dieses Verlags, denn illustriert wurde Nova Roma von The Mico. Für manch einen ist dies vielleicht das optische Nonplusultra, ich habe mich an dessen Illustrationen leider spätestens seit der Westfranken-Trilogie irgendwie satt gesehen. Einen wesentlich besseren Eindruck hat das Spielprinzip bei mir hinterlassen, welches ich gerne weiter erkunden möchte.
Ein 4×4-Raster bestimmt die Aktionsmöglichkeiten, da man jede Runde eine von drei Figuren auf einem Schnittpunkt einsetzt, um beide verbundenen Aktionen auszulösen. Stehen die neutrale Figur oder weitere, eigene Figuren in derselben Reihe bzw. Spalte verbessert sich die Aktionsmöglichkeit oder der Ertrag davon. Die Aktionen sind auf dem Spielplan um das Raster herum angeordnet und ermöglichen unterschiedliche Dinge, wie z.B. die Teilnahme am Wagenrennen, Gebäudebau, Schiffsbewegungen oder das Ausspielen von Helferkarten. Das eigene Tableau hält neben der Ressourcenanzeige ein 3×3-Raster mit Bonusfeldern bereit, die sich im Laufe der Partie verbessern können. Jede Person bekommt zudem persönliche Vorgaben, welche Fortschritte zu erreichen sind, um zusätzliche Siegpunkte zu erlangen.
Leider gingen die möglichen Aktionen in der ersten Partie noch nicht ins Blut über, was zu langen Wartezeiten zwischen den eigenen Zügen führte und die Partie etwas träge verlaufen lies. Man kann nur wenig im voraus planen, ohne zu wissen wo sich die anderen im Raster platzieren und welche Schnittpunkte übrig bleiben. Ich denke aber, wenn die Optionen verinnerlicht sind, dass spannende Partien entstehen können und die Downtime abnimmt.
Moonlight Market
(Dirk Henn, 1-5 Spieler, 45-60 Minuten)
Bei Moonlight Market handelt es sich um den neuesten Titel der bereits erwähnten Family & Friends-Reihe. Es ist ein flottes Bietspiel für bis zu fünf Personen, bei dem wir mit einer Handkarte (Werte von 1-13) auf zufällig gruppierte Kettenglieder bieten. Diese unterscheiden sich in Farbe und Wert, zusätzlich gibt es einige besondere.
Um zu überbieten bezahlt man mit einem Siegel und der überbotene Spieler bekommt seine Karte zurück, um sie später erneut anzulegen. Sobald an allen Plätzen jeweils eine Karte liegt, nimmt sich jeder die dort ausliegenden Kettenglieder und fügt sie der eigenen Auslage hinzu. Dabei führt das vierte Kettenglied einer Farbe immer dazu, dass man zuvor die bereits ausliegenden abwirft.
Nach jeweils drei Bietrunden werden die Werte pro Farbe addiert, verglichen und entsprechend Punkte verteilt. Wer nach vier Durchgängen und dem Ausspielen von zwölf der dreizehn Handkarten die meisten Punkte vorweisen kann, gewinnt. Der Bietmechanismus ist einfach zu erlernen und leicht anzuwenden. Mir persönlich ist es leider etwas zu seicht und zu spannungsarm.
Kathmandu
(Stefan Feld, 2-4 Spieler, 60-75 Minuten)
Ein ganz neuer Titel in der Stefan Feld City Collection ist Kathmandu, was ursprünglich mal als Patliputra erscheinen sollte. In der Entwicklung hatte Stefan Feld aber eine bessere Idee zu den Gegebenheiten in Patliputra und daher wurde der Ort für dieses neu erdachte Spiel kurzerhand noch geändert. Über verschiedene Landschaften möchte man dabei mit seinem Yak reisen, um die Stadt Kathmandu zu erreichen. In jedem Zug wählt man einen Würfel, um die Reichweite festzulegen und eine von fünf Ressourcen einzusammeln.
Die unterschiedlichen Landschaften sind für die Bewegung nicht relevant, allerdings kann man bestimmte Karten erhalten bzw. Plättchen ablegen, wenn man auf einer passenden Landschaftsart stoppt. Es ist kein bloßes Rennen, denn auch über gemalte Tiere, gesammelte Waren, errichtete Tempel und passend zusammengesetzte Landkarten lassen sich Punkte sammeln, sollte bei Spielende aber nicht zu weit von Kathmandu entfernt sein, da dies sonst mit Minuspunkten bestraft wird.
Mir hat Kathmandu gut gefallen, durch den variablen Aufbau mit der Möglichkeit die Wegstrecke noch zu verlängern, steckt da sicher auch eine Menge Variation drin. Für ein Spiel von Stefan Feld ist es erstaunlich zugänglich und flott gespielt.
Ausblick
Mit der City Collection soll es weitergehen, geplant sind auch in den kommenden Jahren jeweils zwei Spiele pro Jahr. Die Reihenfolge und auch die einzelnen Städtenamen können sich dabei immer mal wieder ändern. Entweder weil sich bei der thematischen Einbettung herausstellt, dass die gewählte Stadt nicht zum Spiel passt oder weil ein Spiel sich schneller entwickelt als ein anderes.
So ist es nun geschehen und die Kampagne zu Chichen Itza sowie Valencia wurde angekündigt, obwohl eigentlich Manila und Sevilla als Nächstes folgen sollten. Auf neue Wege begibt sich Stefan Feld mit Chichen Itza, was ursprünglich als Miniaturenspiel angekündigt war, nun aber mit Standees erscheinen soll. Darin vereint er Ameritrash mit einer Euro-Mechanik und könnte so ein breites Publikum ansprechen. Es beinhaltet so viel Material dass wieder eine längliche Schachtel wie bei Marrakesh zum Einsatz kommt. Valencia ist eine Weiterentwicklung von Straßbourg und passt wohl besser in diese Stadt als zu Sevilla, daher der Ortswechsel. Nach derzeitiger Planung geht es danach weiter mit Manila, ehemals Amerigo, sowie Gonder, einer äthiopischen Stadt und möglicherweise einer Neuinterpretation von Im Jahr des Drachen.
Wer mehr Einblicke in die Entstehung dieser Spielreihe bekommen möchte, kann sich bei den Bretterwissern(externer Link) Interviews anhören, die ich beim Pressetag geführt habe. Es war wieder ein rundum gelungenes Wochenende mit leckerem, indischen Essen vom Verlagschef persönlich zubereitet, interessanten Gesprächen und spannenden Spieleindrücken.