Azul – Die Buntglasfenster von Sintra

Azul - Die Buntglasfenster von Sintra Cover
Cover / Foto: Pegasus Spiele

Azul ist ein besonderes Spiel, es spricht Gelegenheitsspieler und Kennerspieler zugleich an. Als Beweis dafür wurde es nicht nur zum Spiel des Jahres ausgezeichnet, sondern auch vom Publikum zum Gewinner des Deutschen Spielepreises ernannt. Besonders bei diesem Preis hatten es Familienspiele in den vergangenen Jahren eher schwer, zum Sieger gekürt wurden in den Jahren zuvor nur Kenner- und Expertenspiele. Zuletzt ist es 2009 einem Spiel gelungen beide Preise abstauben zu können, es gelang damals Dominion. Und wie es bei ausgezeichneten Spielen so oft geschieht, hat der Verlag direkt nachgelegt. Allerdings nicht mit einer Erweiterung, sondern direkt mit einer Abwandlung des Grundspiels. Was anfänglich als Azul II die Runde machte wurde nun als Azul – Die Buntglasfenster von Sintra veröffentlicht. Aus Fliesenlegern wurden nun Glaser, die geforderte Anordnung bestimmt farbiger Steine ist nach wie vor das Ziel.

Spielmaterial:

Wieder sind neun Manufakturplättchen enthalten, zur besseren Übersicht bietet die Rückseite eine Unterteilung der Farben, sodass die Steine den entsprechenden Farbbereichen zugeordnet werden können.  Zur weiteren Unterscheidung hat jede Farbe ein anderes Muster, welches in der Mitte der Steine eingraviert wurde. Die Steine zeigen fünf verschiedene Pastellfarben, was gut zum Thema Buntglasfenster passt. Die Spieler erhalten keine identischen Tableaus mehr, sondern einen Palast mit A- und B-Seite, sowie die acht Fensterstreifen einer Farbe mit unterschiedlichen Vor- und Rückseiten, die sie zufällig an ihrem Palast anordnen. Ein gemeinsamer Wertungsplan wird an die Seite gelegt, jeder Spieler markiert seinen Fortschritt mit einem Marker, der nicht wie in der Anleitung beschrieben aus Holz, sondern aus Plastik ist. Ein weiterer Marker markiert den Platz auf der Bruchglasleiste und eine Glaserfigur wird über den linken Streifen in der eigenen Auslage gestellt. Die Steine werden aus einem großen Beutel gezogen, für die abgelegten Steine gibt es einen Pappturm, aus dem der Beutel schnell nachgefüllt werden kann.

Spielmechanismus:

Das Nehmen der Steine ist identisch mit dem Vorgänger, reihum wählt jeder Spieler alle Steine einer Farbe von einem Manufakturplättchen und befördert übrige Steine in die Mitte oder entscheidet sich für alle Steine einer Farbe aus der Mitte. Der erste Spieler, der in einer Runde aus der Mitte wählt, erhält den Startspielerstein. Dadurch hat er in der Folgerunde den Erstzugriff auf die Steine, aber muss auch einen Schritt auf der Bruchglasleiste vorrücken.

Azul - Die Buntglasfenster von Sintra Spielsituation
Spielsituation / Brettspielpoesie

Platziert werden dürfen Steine auf dem Fensterstreifen, über dem der Glaser steht oder auf jedem beliebigen, der sich rechts davon befindet. Alle genommenen Steine müssen dabei auf einen einzigen Streifen platziert werden. Ist ein Streifen komplett gefüllt, wird sofort gewertet. Zu den Punkten für die Spalte können Punkte für das Verbauen der in dieser Runde geforderten Farbe hinzukommen. Alle bereits gewerteten Streifen rechts davon, werfen bei jeder Wertung erneut ihre Punkte ab. Anschließend wird der Streifen umgedreht bzw. nach der zweiten Wertung aus dem Spiel entfernt. Alternativ kann ein Spieler darauf verzichten Steine zu wählen und den Glaser zurück an den Anfang stellen. Überzählige Steine, die in einer Reihe nicht mehr verbaut werden können, kosten jeweils einen Schritt auf der Bruchglasleiste. Die Ebenen dieser Leiste entsprechen unterschiedlich vielen Minuspunkten, diese stiegen überproportional an. Eine Runde endet, wenn alle Steine aus der Mitte genommen wurden.

Azul - Die Buntglasfenster von Sintra Spielertableau
Spielertableau / Foto: Brettspielpoesie

Der Startspieler legt den entsprechenden Stein zurück und bestückt die Fabriken neu. Der Rundenmarker der letzten Runde wird entfernt, der neue Marker gibt nun die Farbe an, für die bei der Wertung Zusatzpunkte vergeben werden.

Spielende:

Nach der sechsten Runde endet eine Partie, dann erfolgt eine Schlusswertung, die sich auf die vollendeten Fensterspalten bezieht und sich anhand der A- oder B-Seite ein wenig unterscheidet. Je zwei Glassteine auf den Fenstersteifen geben einen weiteren Punkt und die Minuspunkte werden abgezogen, bevor der Sieger ermittelt werden kann.

Spieleranzahl:

Wie beim Original werden die Manufakturplättchen anhand der Spielerzahl begrenzt. Zu zweit können die unterschiedlichen Fensterstreifen größere Auswirkungen haben. Hat der Gegenspieler viel Platz für eine bestimmte Farbe, die ich gerade nicht verwenden kann, wird er sie wohl auch bekommen. Die Minuspunkte dafür würden häufig zu sehr ins Gewicht fallen. Bei mehr Spielern, kann es sich besser aufteilen, so dass mehrere Spieler um eine bestimmte Farbe konkurrieren. Mir ist es daher zu dritt oder viert lieber als zu zweit.

Glücksfaktor?

Glück kommt durch die Rundensteine hinzu, welche die Farbe bestimmen, für die es in einer Runde Zusatzpunkte gibt. Da die Fensterstreifen eines jeden Spielers zufällig ausgelegt werden, kann es passieren, die geforderten Farben in den ersten Runden kaum zur Wertung bringen zu können, da sich passende Felder auf den Rückseiten befinden. Es kann passieren, dass viele Steine einer Farbe auf eine Fabrik gelangen, man diese einem Mitspieler aber nur mit vielen eigenen Minuspunkten wegschnappen kann, weil man selbst nicht die entsprechenden Ablagefelder zur Verfügung hat.

Fazit:

Vieles erinnert an das amtierende Spiel des Jahres, vieles aber auch nicht. Der Auswahlmechanismus ist wie zuvor, durch den modularen Aufbau der Spielertableaus und die geänderte Wertung, unterscheidet sich das Platzieren hingegen völlig vom Vorgänger. Es haben nicht mehr alle Spieler die gleichen Voraussetzungen, was durchaus frustrierend sein kann, wenn man durch die Anordnung seines Spielertableaus in der benachteiligten Rolle ist. Das Einsetzen der Steine ist hier strategischer ausgelegt: In welche Reihe platziere ich die Steine, wann löse ich die Wertungen in den Spalten aus? Die hinteren Reihen lohnen sich früh zu werten, damit ihre Punkte auch in spätere Wertungen einfließen. Das korrespondiert aber nicht immer gut mit den Bonussteinen in den Runden. Die Wahl den Startspielerstein zu nehmen ist hier auch bedeutender. Es gibt dafür eben nicht mehr genau einen Minuspunkt, stattdessen schreitet man auf der Bruchglasleiste erst in kleinen, später in größeren Schritten vor. Wer am Ende der Leiste ankommt, bekommt die Punktzahl sogar direkt abgezogen und beginnt auf der Leiste wieder von vorne. Die Minuspunkte pro Runde sind auch nicht wie beim Vorgänger begrenzt.

Ich habe schon häufiger gehört, die Spielsteine würden aussehen, wie Pfferminzbonbons. Mich erinnern sie jetzt nicht unbedingt daran, ich finde jedoch sie liegen im direkten Vergleich mit den Azul-Steinen durchaus schlechter in der Hand. Das Material wirkt insgesamt nicht so schön verarbeitet, bei uns sind die Streifen einer Spielerfarbe leicht versetzt gestanzt. Es ist vielleicht nicht ganz gerecht, doch schon alleine durch den gleichen Namen, wird es immer mit dem Vorgänger verglichen und hierbei zieht es in meinen Augen den Kürzeren, sowohl vom Material als auch vom Spielprinzip. In unseren Spielrunden wird eindeutig das Spiel des Jahres bevorzugt. Es wirkt klarer, konzentriert sich mehr auf das Wesentliche. Azul – Die Buntglasfenster von Sintra ist wirklich kein schlechtes Spiel, nur steht es leider etwas im Schatten des Vorgängers.

Wertungsnote 4/6

Verlag: Next Move Games / Vertrieb: Pegasus Spiele
Autor(en): Michael Kiesling
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 30 – 45 Minuten

Vielen Dank an Pegasus für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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