Chronicles of Crime

Chronicles of Crime Cover
Cover / Foto: Corax Games

Jedes Jahr auf der Spiel kristallisiert sich ein bestimmter Trend heraus. 2016 war es das Thema Mars, ein Jahr später gab es jede Menge Escape Room-Adaptionen für den Spieltisch und in diesem Jahr scheinen Detektiv-Spiele angesagt zu sein. Auch Corax Games hat ein solches über die Spieleschmiede nach Deutschland gebracht, im Original ist Chronicles of Crime bei Lucky Duck Games erschienen. Das zentrale Element hierbei ist eine kostenfreie App, die während einer Partie dauerhaft zum Einsatz kommt. Mit ihr können Hinweise und Orte gescannt, Tatorte durchsucht und Personen befragt werden, um diverse Kriminalfälle zu lösen.

Spielmaterial:

Das Spielmaterial ist an sich recht übersichtlich, während einer Partie wird jedoch jede Menge Platz auf dem Tisch benötigt. Neben einem Spielplan gibt es kleine Hinweis- und Sonderkarten, größere Personenkarten, Karten mit Kontaktpersonen und noch größere Ortskarten. Alle sind mit einem QR-Code versehen, der für das Spiel essentiell ist. Der Spielplan selbst dient nur als Ablagefläche für gefundene Hinweise, bekannte Orte werden an den Rand gelegt, Personen werden den Orten zugewiesen. Die weiteren Hinweise liegen immer aus, um sie bei der Durchsuchung von Tatorten direkt im Zugriff zu haben. Man kann sich eine zusätzliche VR-Brille bestellen, die in Kombination mit einem gängigen Smartphone verwendet werden kann. Allerdings fanden wir uns ohne VR-Brille besser zurecht. Zusätzlich wird die Installation einer kostenfreien App benötigt. In dieser sind neben einem kurzen Einführungs-Szenario fünf Fälle enthalten, von denen drei aufeinander aufbauen und zügig hintereinander gespielt werden sollten. Weitere Fälle können käuflich erworben werden, einer liegt der VR-Brille bei. Das oben benannte physische Spielmaterial ist recht oberflächlich gehalten und kann daher in den verschiedenen Szenarien unterschiedlich verwendet werden.

Der Spielkarton enthält ein übersichtliches Plastik-Inlay, welches auch gleich Platz für die Zusatzkarten der ersten beiden Erweiterungen Noir und Welcome to Redview bietet.

Spielmechanismus:

Chronicles of Crime App Screenshot
App Screenshot / Foto: Brettspielpoesie

Zu Beginn liegt meist nur Scotland Yard als Ort aus und der Hauptkommissar hat einen Auftrag für uns. Wir erfahren was untersucht werden soll, worüber die ersten Personen und/oder Orte ins Spiel gelangen. Durch das Einscannen des QR-Codes eines Ortes kann man sich dorthin begeben, ein solcher Ortswechsel kostet 20 Minuten Zeit. In der App wird die aktuelle Zeit im Spiel jederzeit angezeigt. An einem Tatort kann sich ein Spieler umsehen, er bekommt dafür eine 360°-Ansicht dieses Ortes, auf eigenen Wunsch in VR-Ansicht oder nicht. Dabei versucht dieser Spieler seinen Mitspielern die Umgebung möglichst genau zu beschreiben, die anderen Spieler suchen währenddessen passende Hinweiskarten dazu heraus. Wird beispielsweise eine Schaufel genannt, kann die Hinweiskarte Gartengeräte vielleicht weiter helfen. Dafür muss die Hinweiskarte eingescannt werden, die App meldet dann ob dies ein echter Hinweis ist oder nicht. Jede Aktion kostet die Spieler 5 Minuten, damit nicht einfach wahllos alles eingescannt wird. Man kann Personen zu anderen Personen oder auch zu gefundenen Hinweisen befragen, allerdings nicht zu Orten. Personen können aber von sich aus über andere Orte sprechen, die somit ins Spiel eingeführt werden.

Chronicles of Crime Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Während eines Tages kann viel passieren, der Täter kann erneut zuschlagen und ein weiterer Tatort gefunden werden oder das Ermittlerteam erhält plötzlich einen Anruf mit neuen Informationen. Eine Besonderheit sind noch die vier forensischen Kontakte, die in jeder Partie benötigt werden. Ein Hacker, eine Forensikerin, ein Arzt und ein Kriminalpsychologe können hinzugezogen werden, um bestimmte Hinweise mit ihrer Expertise zu begutachten, was zu völlig neuen Entwicklungen führen kann.

Spielende:

Sobald man meint den Fall lösen zu können, kann man zu Scotland Yard gehen und die Auflösung präsentieren. Nach einer bestimmten Spielzeit wird man automatisch aufgefordert dies zu tun. Es werden diverse Fragen zu dem Fall gestellt, als Antworten müssen die QR-Codes der Karten eingescannt werden. Anschließend gibt es eine Bewertung der abgegebenen Antworten und eine kurze Auflösung, die bei falschen Antworten aber leider nicht alle Einzelheiten aufklärt.

Spieleranzahl:

Das Einstiegsszenario haben wir beim Corax Tag zu fünft gespielt, danach hatten wir das Gefühl weniger ist bei diesem Spiel bezogen auf die Spielerzahl mehr. Aufgrund des großen Interesses an Krimi-Spielen in unseren Spielgruppen haben wir uns dann doch an ein Szenario zu viert gewagt und waren erstaunt, wie gut das funktionierte. Selbst zu fünft hatten wir viel Spaß mit einem Szenario, es war eine eingespielte Gruppe, in der jeder seinen Teil dazu beigetragen hat. Der Originalverlag rät jedoch sogar bei BGG davon ab, mehr als vier Spieler hinzuzunehmen. Es sollte halt kein Spieler als Alpha-Spieler alles an sich reißen, damit alle Spieler etwas davon haben. In den großen Gruppen haben wir mit einem Tablet gespielt, reihum hat jeder Spieler dieses mal in die Hand genommen und die Texte vorgelesen. Das Einscannen der QR-Codes fand ich allerdings mit einem handlicheren Smartphone angenehmer. Mit der zusätzlichen VR-Brille konnte ich viel weniger erkennen, als in der normalen 360°-Ansicht, daher kam diese bei uns kaum zum Einsatz. Ich bin Brillenträger, aber anderen Mitspielern ohne Sehhilfe erging es ähnlich.

Glücksfaktor?

Das Glück spielt hier kaum hinein, es geht darum die Fälle mit logischem Menschenverstand und durch Kombination der einzelnen Beweise oder Indizien zu ermitteln. Stehen mehrere Hinweise zur Auswahl kann es zwar passieren, dass der zuerst gescannte bereits der interessanteste ist, das weiß man aber zu dem Zeitpunkt noch nicht. Also werden hinterher dennoch alle anderen gescannt oder weiter aufgrund von Wissen oder Intuition ausgeschlossen. Manches Mal ist es uns passiert, dass wir eine Hinweis-Karte eingescannt haben, weil wir etwas völlig anders gesehen haben, als das was uns der Hinweis dann mitteilte. Das ist eben ein kleiner Nachteil der universellen Karten.

Fazit:

Ich mag Spiele, in denen Hinweise analysiert und kombiniert werden müssen, um damit einen umfangreichen Kriminalfall zu lösen. Und Kombination ist hier genau der richtige Begriff, es reicht nicht die Orte selbst zu besuchen oder einfach die Zeugenaussagen anzuhören, die Personen müssen mit den richtigen Beweisen konfrontiert werden, damit sie erzählen was man hören möchte. Kommt man dann an einen Ort zurück, kann es passieren, dass sich die Personen wieder wie zuvor verhalten und nicht wie man es nach dem letzten Besuch erwarten würde. Vielleicht wird dies irgendwann in der App auch noch angepasst, das wäre eben ein Vorteil der App-Verwendung. Leider war uns nicht immer direkt klar, was bei der Auflösung des Falls erwartet wird. Reicht es den Täter zu kennen oder müssen wir wissen, wo er sich derzeit befindet, um ihn festnehmen zu können? Dies ist nur ein Beispiel dafür. Die bei der Auflösung gestellten Fragen unterscheiden sich und sind spezifisch auf die einzelnen Fälle zugeschnitten, das macht es schwer den Zeitpunkt zu kennen, an dem gelöst werden kann.

Die Fälle sind allesamt gut aufgebaut, nichts ist von Beginn an eindeutig, es wird jedoch im Verlauf einer Partie immer klarer. Die Lösungen sind alle nachvollziehbar, nichts wirkte auf uns komplett abgedreht. Besonders die drei zusammenhängenden Fälle waren gut aufgebaut, der Schwierigkeitsgrad wurde dabei von Fall zu Fall erhöht. Es ist wirklich zu empfehlen sie in kurzen Abständen zueinander zu lösen, da sie sich inhaltlich stark aufeinander beziehen.

Die Handhabung der App und damit immer ein Smartphone am Spieltisch zu haben, muss man akzeptieren, das meiste spielt sich eben dort ab. Ich möchte das sicherlich nicht immer haben, finde es bei diesem Spiel aber gut umgesetzt und nicht störend. Einzig das es uns häufiger passierte, das Gespräch mit einer Person noch nicht beendet zu haben, bevor wir die nächste Person ansprechen. Das führt dazu, dass man die zuletzt befragte Person nach der anderen Person befragt und kostet fünf Minuten. Das ist aber unserer Unaufmerksamkeit geschuldet, die App gibt immer genau an, in welcher Situation man sich gerade befindet. Die Texte in der App müssen immer von einem Spieler vorgelesen werden, eine Sprachausgabe wäre hier noch das i-Tüpfelchen und würde die Spieler sicher noch mehr in das Spiel hinein ziehen.

Der Zeitfaktor ist interessant eingebaut. Er führt dazu, dass man eben sehr sorgfältig auswählen muss, was genauer betrachtet wird und was nicht. Ein Ortswechsel kostet viel Zeit, zu einem Tatort zurückzukehren weil etwas übersehen wurde, ist ärgerlich. Daher haben wir immer zwei Personen die Tatorte betrachten lassen. Zu vielen Schlussfolgerungen kann man über mehrere Wege gelangen, also muss man auch nicht immer alles untersuchen. Wir haben die Fälle alle in der vorgegebenen Zeit gelöst, uns störte der Zeitdruck nicht, ich kann aber verstehen wenn Spieler ihre Probleme damit haben.

Was mir ein wenig fehlt, ist eine Komplettlösung zu den einzelnen Fällen. Besonders wenn man nicht alle Details korrekt beantworten konnte, wäre es interessant die Musterlösung zu kennen und nachzuvollziehen über welche Karten man dort hingelangt wäre. Nach unseren Partien wurde zumeist einige Zeit über den gelösten Fall diskutiert und erörtert, was man nächstes Mal besser machen könnte. Da würde solch ein Gesamtüberblick sicher helfen. Die Motivation einen anteilig gelösten Fall erneut zu spielen, hielt sich bei uns in Grenzen. Auf weitere Fälle bin ich hingegen gespannt und hoffe, mich an dem Spiel noch längere Zeit erfreuen zu können.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Corax Games
Autor(en): David Cicurel
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 60 – 90 Minuten

Vielen Dank an Corax Games für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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