Queen Games Pressetag 2022

Ich war wieder unterwegs für euch und diesmal war Bonn das Ziel. Dort fand der Queen Games Pressetag nach zweijähriger Abstinenz wieder in Präsenz statt. Vor zwei Jahren sollte es ursprünglich einen “Stefan Feld Spiele Testtag 2020” geben, zu dem es pandemiebedingt leider nicht kam. Daher war dies nun die erste Möglichkeit die mittlerweile vier Spiele umfassende Stefan Feld City Collection auf einem solchen Presseevent zu spielen. Das Event wurde direkt auf zwei Tage gestreckt und es gab noch weitere aktuelle Titel zu entdecken. Auch Autor Dirk Henn war mit seinem neuen Spiel Powerline vor Ort.

Nach einer herzlichen Begrüßung durch Ulrich Fonrobert in seiner gewohnt militärisch geprägten Ausdrucksweise, ging es direkt ans Eingemachte. Nämlich dem Entdecken der aktuellen Queen Games Neuheiten. Und damit alle die gleichen Chancen bekamen, die verschiedenen Spiele kennen zu lernen, gab es zwei gut 2-stündige Zeitslots vor dem Abendessen. Während sich die eine Hälfte über die bereits aufgebauten Marrakesh-Spiele hermachte, widmete sich die andere Hälfte zunächst den kürzeren Spielen Helsinki und Powerline.

Kleiner Disclaimer: Die Spiele der Stefan Feld City Collection waren allesamt mit dem verfügbaren Deluxematerial aufgebaut und sind entsprechend auch auf den von mir gmachten Bildern zu sehen. In der Standardausgabe, die auf Messen und Events erhältlich sein soll, werden keine Acrylteile sowie weniger Holzkomponenten zu finden sein.

Queen Games Pressetag Begrüßung
Queen Games Pressetag Begrüßung / Foto: Brettspielpoesie

Helsinki

Wir haben uns mit Tanja und Thorsten von den Hausis zusammen getan, nachdem wir uns bei B-Rex zwar mehrfach über den Weg liefen, aber sich keine Gelegenheit ergab gemeinsam zu spielen. Helsinki ist der Nachfolger zu Copenhagen, mit diversen Parallelen, aber auch gewissen Eigenheiten.

Statt Häuserfassaden Kopenhagens bestücken wir nun den Markt auf dem Senatsplatz von Helsinki mit Pavillonplättchen. In jedem Zug bewegen wir zunächst unsere Spielfigur auf dem zentralen Rundlauf um bis zu drei Felder. Die Position der Figur wirkt sich auf die beiden möglichen Aktionen aus. Entweder nehmen wir beide angrenzenden Karten auf die Hand oder die Position bestimmt von welcher Seite ein neu zu bauendes Pavillonplättchen in das Tableau hineinrutscht, wenn wir Karten ablegen um zu bauen. Anders als bei Copenhagen fallen die Plättchen nicht mehr alle von oben hinein und es gibt auch keinen Boden, auf dem Plättchen automatisch liegen bleiben. Damit ein Teil nicht “durchfällt”, muss es von der Statue im Mittelfeld oder einem anderen Plättchen gestoppt werden.

Queen Games Pressetag Helsinki
Queen Games Pressetag Helsinki / Foto: Brettspielpoesie

Wieder zählen bei Spielende nur vollständig bebaute Reihen oder Spalten Punkte, zusätzliche Punkte bringen Aufbauten ein. Auch lassen sich durch das Überbauen bestimmter (Rand-)Felder wieder interessante Bonuseffekte freischalten.

Helsinki bietet in meinen Augen genau den richtigen Grad an Steigerung der Komplexität für erfahrene Copenhagen-Spieler, die nach einer neuen Herausforderung suchen. Es kommt nun nicht mehr nur darauf an, bestimmte Farbkarten zu sammeln, man braucht auch noch eine Karte mit dem gewünschten Plättchen auf der Hand und zusätzlich muss auch die eigene Figur richtig stehen. Ich erhoffe mir von diesen Anpassungen einen länger anhaltenden Wiederspielreiz als beim Vorgänger.

Powerline

Powerline ist der erste Titel der neuen Green Planet Reihe des Verlags und – Achtung liebe Sammler! – er ist auch entsprechend mit einer 1 nummeriert :-O Das Thema, verschiedene Städte an Kraftwerke erneuerbarer Energie anzuschließen, ist aktueller denn je, das Spielprinzip bleibt jedoch sehr abstrakt. Da hätte ich mir von einer solch thematisch gelagerten Spielserie etwas mehr thematische Einbettung gewünscht.

Zusätzlich spielt sich Powerline verdammt solitär. Jeder puzzelt auf seinem Tableau vor sich hin, was die anderen Spieler tun, interessiert kaum. Die Knobelaufgabe, die farbigen Spielfiguren in passender Reihenfolge den Würfelaugen auf dem Spielplan zuzuordnen, um Städte zu versorgen oder Kraftwerke zu errichten, finde ich durchaus interessant, aber man spielt halt mehr nebeneinander her, als miteinander. Das muss man mögen. Und mit dem Zufallsfaktor durch die Würfel sollte man ebenfalls leben können. Durch das solitäre Spielprinzip ist Powerline solo genauso spielbar wie mit bis zu sechs Spielern.

Queen Games Pressetag Powerline
Queen Games Pressetag Powerline / Foto: Brettspielpoesie

Marrakesh

In der zweiten Hälfte des organisierten Spielens bot sich für uns die Gelegenheit Marrakesh kennen zu lernen. Dies ist das erste speziell für die City Collection neu erdachte Spiel von Stefan Feld. In drei Durchgängen erhalten alle Spieler jeweils zwölf unterschiedlich farbige Aktionssteine, die hier, in Anlehnung an die titelgebende Stadt Marrakesh, “Keshis” genannt werden. Die Aktionsbereiche der eigenen Spielertableaus zeigen dieselben Farben.

Queen Games Pressetag Marrakesh
Queen Games Pressetag Marrakesh / Foto: Brettspielpoesie

Pro Zug wählt jeder drei seiner Keshis und platziert passend seine aktionsauslösenden Arbeiter. Die eigenen Keshis kommen allerdings nicht direkt aufs eigene Tableau, das wäre ja viel zu einfach. Stattdessen landen sie zunächst, gemeinsam mit denen der Mitspieler, im Würfelturm. Nur die Keshis, die unten heraus kommen, werden anschließend reihum von den Spielern genommen, bevor alle ihre gewählten Aktionen ausführen. Die Anzahl Keshis in den Aktionsbereichen bestimmt die Stärke der Aktion, alternativ lässt sich dem Bereich immer ein neuer Keshi hinzufügen.

Was auf den Spielertableaus passiert, ist schon eher solitär. Wirklich spannend ist hingegen, wer, wann, welche Keshis einsetzt, welche der Würfelturm für die aktuelle Runde ausspuckt und wie sie reihum genommen werden. Wenn mehrere gleichfarbige Keshis zugänglich sind, dürfte ein Spieler sogar gleich zwei davon nehmen. Das muss aber nicht immer die beste Option sein. Schließlich stehen die eigenen aktionsauslösenden Figuren an den drei Orten der selbst hinzugefügten Keshis.

Wie von Stefan Feld-Spielen gewohnt, gibt es verschiedenste Möglichkeiten Siegpunkte zu generieren. Überall warten Belohnungen auf die Spieler, aber es gibt auch Zwänge, die Punkte kosten können. Die Aktionsmöglichkeiten sind an sich nicht kompliziert, aber einen geeigneten Weg zu den meisten Siegpunkten zu finden, ist herausfordernd. Dafür sollten die Aktionen gut aufeinander abgestimmt sein, um die bestmöglichen Erträge zu erhalten. Ich freue mich darauf in weiteren Partien andere Wege auszuprobieren. Durch diverse zufällige Elemente beim Spielaufbau sollten sich auch in jeder Partie andere Schwerpunkte aufdrängen. Und wenn das noch nicht ausreicht, können die kleinen Module zum Einsatz kommen, die im Grundspiel enthalten sind.

Old London Bridge

Bei Old London Bridge bauen wir selbige auf, indem wir nummerierte Häuser in einer Reihe aneinander bauen. Die Drehscheibe in der Mitte bewegt sich jede Runde um bis zu drei Abschnitte und legt dadurch fest, welche Belohnungen es für den Bau der Gebäude gibt bzw. welches Gebäude aktuell nicht standardmäßig zur Auswahl steht.

Die Nummern der Häuser in der eigenen Auslage müssen absteigende Werte zeigen. Ist dies nicht möglich, bleibt nur ein Gebäude abzureißen, um das neue Gebäude regelkonform zu platzieren. Einzig mit einem Park lässt sich ein kompletter Nummernreset durchführen. Dafür bringen Parks als einzige Gebäude keinerlei Wappen mit sich, die bei anderen Gebäuden die Stärke der jeweiligen Aktion bestimmen. Je nach Gebäudeart erhält man entsprechend Münzen, neue Karten mit passendem Gesamtwert oder Schritte auf der zugehörigen Leiste. Eine dieser Leisten bestimmt die Spielerreihenfolge bei gleichwertigen Karten, auf der anderen lassen sich Plättchen mit einmalig einsetzbaren Fähigkeiten einsammeln

Queen Games Pressetag Old London Bridge
Queen Games Pressetag Old London Bridge / Foto: Brettspielpoesie

Bei Spielende nach zwölf Runden zählen nur die gesammelten Münzen. Zuvor gibt es noch zusätzliche Münzen durch vier verschiedene Schlusswertungen und Abzüge, wenn nicht alle eigenen Brückenplätze bebaut sind. Die festen zwölf Runden sind schnell gespielt, die Entscheidungen durchaus interessant. Auch wenn die große Spieleschachtel anderes vermuten lassen kann, fühlte sich Old London Bridge für mich wie ein idealer Absacker oder Aufwärmer an.

Dragonquest

Als letzter Absacker des Tages kam uns Dragonquest in die Finger. Das soll quasi das Spiel Drachenhort aus den 90ern sein, nur jetzt als Roll’n’Write-Version. Dabei versuchen die Spieler einen Weg durch den vor ihnen liegenden, zu Beginn noch relativ leeren, Dungeon zu finden. Die Bewegungswürfel zeigen neben Räumen und Korridoren, welche es ermöglichen im Dungeon voranzuschreiten, auch Totenköpfe, Entdeckungssymbole und leere Seiten. In bekannter Kniffel-Manier darf bis zu zwei Mal nachgewürfelt werden, wobei Totenköpfe immer liegen bleiben müssen. Bei mindestens drei Totenköpfen verfallen alle anderen Symbole. Stattdessen würfelt man dann mit den Gefahrenwürfeln aus, ob man in eine Falle gerät oder einem Monster begegnet. Fallen kosten immer Lebenspunkte, Monster können gleich mehrfach hintereinander angreifen oder direkt das Weite suchen. Was genau geschieht, wird mit speziellen Würfeln bestimmt.

Queen Games Pressetag Dragonquest
Queen Games Pressetag Dragonquest / Foto: Brettspielpoesie

Es gibt drei Gefahren, die man mit den Entdeckungspunkten aufsuchen kann, um nützliche Gegenstände einzusammeln. Wer jedoch nicht genug bekommt und zu viele solcher Symbole würfelt, ohne sich zu Beginn eines eigenen Zuges einen Gegenstand zu nehmen, muss sich der Gefahr stellen. In der Schatzkammer würfelt man um seine Belohnung und versucht dabei nicht den Drachen aufzuwecken. Man merkt also, es lauern Gefahren an jeder Ecke.

Damit es nicht zu einfach wird, einfach durchzurennen, wählt der vorherige Spieler eines von drei Plättchen und man selbst muss eine hoffentlich andere Nummer raten. Stimmen nämlich beide Zahlen überein, malt der gegnerische Spieler eine Mauer in den eigenen Dungeon, die einen meist zu einem Umweg zwingt, niemals aber den Weg komplett abschneiden kann. Es reicht allerdings nicht aus, den Dungeon zu überleben und Schätze einzusammeln, man muss spätestens mit dem letzten möglichen Zug auch den Ausgang erreichen, um die Chance auf den Sieg zu wahren.

Es ist allerdings sogar möglich, durch die Totenköpfe schon vor dem Betreten des Dungeons auf ein Monster zu treffen, was einem viele, im schlimmsten Fall sogar direkt alle, Lebenspunkte abziehen kann. Spielereliminierung mag ich nicht sonderlich in Brettspielen, besonders nicht, wenn es so früh passieren kann, während die Mitspieler noch diverse Runden vor der Brust haben. Als Roll’n’Write-Spiel finde ich Dungeonquest eigentlich gar nicht verkehrt, auch wenn es eigentlich nicht mein Genre ist. Aber das mögliche frühe Ausscheiden ist für mich leider ein direktes Ausschlusskriterium.

Amsterdam

Mit Amsterdam spielten wir am zweiten Tag auch noch eine überarbeitete Neuauflage aus der Stefan Feld City Collection. 2009 war dieses Spiel bereits als Macao bei alea erschienen, doch leider ist dies der einzige blinde Fleck unserer alea-Sammlung. Es ergab sich zuvor auch keine Gelegenheit für mich, das von manchem hoch gelobte Spiel selbst kennen zu lernen.

Queen Games Pressetag Amsterdam
Queen Games Pressetag Amsterdam / Foto: Brettspielpoesie

In der Hafenstadt dreht sich alles um die sechs verschieden farbigen Ressourcen, die zwar für Farbfehlsichtige mit einem Symbol gekennzeichnet sind, aber irgendwie keiner realen Ressource entsprechen. Die Anleitung spricht durchweg nur von lilafarbenen/orangenen/grauen/etc. Waren, ohne das Produkt dahinter konkret zu benennen.

Farblich passende Würfel geben jede Runde vor, wie viele Ressourcen dieser Sorte man erhalten kann. Zwei Ressourcen darf jeder Spieler pro Runde wählen und entsprechend der Augenzahl auf seinem Rondell platzieren, welches im Anschluss daran ein Feld weiter gedreht wird und die nun auf dem Pfeilfeld befindlichen Ressourcen freigibt. Hohe Augenzahlen bringen zwar viele Ressourcen auf einen Schlag, die man aber erst diverse Runden später verwenden kann.

Queen Games Pressetag Amsterdam
Queen Games Pressetag Amsterdam / Foto: Brettspielpoesie

Nicht nur Ressourcen bekommt man bei Amsterdam “einfach so”, auch eine neue Karte wird jede Runde aus einer Auslage gewählt. Durch Abgabe der angegebenen Ressourcen lässt sich eine solche später aktivieren, um ihren Effekt fortan anwenden zu können. Durch diese Aktivierungen lässt sich gewissermaßen eine Maschine aufbauen, die im Spiel immer mehr Aktionsmöglichkeiten und Bonuseffekte ermöglicht. Das fühlt sich sehr belohnend an, wenn die Maschine so richtig rund zu laufen beginnt.

Die “Geschenke” in Form von Ressourcen und Karten jede Runde sind Fluch und Segen zugleich. Offenbart das aktuelle Rondellfach nach dem Drehen keine einzige Ressource, wird dies ebenso bestraft, wie jede eigene ausliegende Karte, die bis Spielende nicht aktiviert ist.

Ressourcen lassen sich auch in Waren verwandeln, die dann für Punkte in passende Warenhäuser verschifft werden können. Die Vorausplanung mit dem Rondell und wann welche Ressourcen zugänglich sind, ist nicht ganz banal und kann schnell zu einem Knoten im Kopf führen. Da hätte ich jetzt, nachdem ich den groben Ablauf einer Partie verinnerlicht habe, große Lust in weiteren Partien auszuloten, was Amsterdam noch alles für einen bereit hält. Und damit meine ich noch nicht einmal die optionalen Module, die im Grundspiel direkt enthalten sind. Nach den Erstpartien beider Spiele, empfinde ich Amsterdam noch eine Spur komplexer als Marrakesh.

Fazit

Für uns bleib es an diesem zweiten Tag bei Queen Games das einzige Spiel, mit dem wir den gesamten Vormittag verbracht hatten. Nach dem erneut leckeren, hausgemachtem indischen Essen, machten wir uns auf den heute besonders beschwerlichen Heimweg. Daher kamen wir leider weder dazu, die beiden anderen bereits erschienenen Titel der Stefan Feld City Collection Hamburg oder New York zu spielen (die Brügge bzw. Rialto neu interpretieren), noch zu den beiden Chili Island-Neuheiten Top Ten Quiz oder Soulmates. Uns war es aber wichtiger, die Partien der anderen Spiele zu Ende zu spielen, um den bestmöglichen Eindruck mitzunehmen.

Insgesamt war es wieder ein rundum gelungenes Presseevent, mit vielen Spieleindrücken bei interessanten Gesprächen sowie der Möglichkeit sich direkt mit den Spieleentwicklern austauschen zu können. Durch die vielen Spielerklärer vor Ort, fühlte man sich gut betreut und musste nie lange darauf warten, ein neues Spiel kennen zu lernen.

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