Tribes

Tribes Cover
Cover / Foto: Kosmos

Zivilisationsspiele als Brettspiel sind oft nicht Jedermanns Sache, sie zeichnen sich häufig vor allem durch ihre lange Spielzeit aus und sprechen daher eher erfahrene, regelmäßige Spieler an. Eines der bekannten und beliebten Spiele dieser Kategorie ist Nations, hinter dem ein Team aus vier Autoren steht. Einer davon hat sich nun der Aufgabe angenommen ein einsteigerfreundliches Zivilisationsspiel zu kreieren. Dieses wurde über Kickstarter gefördert und wurde nun von Kosmos gemeinsam mit dem Autor überarbeitet  und veröffentlicht. Ich möchte euch Tribes – Aufbruch der Menschheit nun vorstellen.

Spielmaterial:

Der Spielplan ist recht strukturiert aufgebaut und schön illustriert. Jedes Zeitalter hat seine eigene Farbe, welche auch auf den zugehörigen Errungenschafts- und Ereignistafeln zu sehen ist. Ebenfalls aus fester Pappe sind die Landschaftsfelder, Siegpunkt-, Muschel- und Pfeilplättchen. Die Stammesmitglieder, Markierungssteine und Fortschrittsanzeigen sind aus Holz und in vier schlichten Farbtönen vorhanden. Bei den Siegpunktplättchen irritiert nur etwas, dass beide Seiten mit dem Wert bedruckt sind, da man diese laut Anleitung verdeckt sammeln darf.

Spielmechanismus:

Die Spieler bauen sich über drei Zeitalter ihr eigenes Volk auf, jeder beginnt nur mit drei unterschiedlichen Landschaftsarten und einer Figur. Mit den Aktionen können sie ihr Volk vermehren, neue Landschaften erkunden und ihre Stammesmitglieder auf diesen bewegen. Die Aktionsplättchen liegen in einer Reihe aus, nur das vorderste kann kostenfrei gewählt werden. Für weiter hinten liegende Plättchen muss auf jedes zuvor eine Muschel gelegt werden. Jeder Spieler besitzt zu Beginn fünf davon. Wählt man ein Aktionsfeld mit Muscheln darauf, erhält man diese in seinen Vorrat. Jede der drei Aktionen gibt es doppelt, neben den reinen Aktionsplättchen gibt es welche, die alternativ ermöglichen eine Errungenschaft zu erreichen. Dafür müssen je nach Zeitalter ein bis drei Stammesmitglieder auf der gleichen Anzahl an Plättchen des geforderten Rohstoffs stehen. Wenn eine Landschaftsart fehlt, kann man stattdessen eine andere Landschaft erschöpfen, indem man sie umdreht. Für das Erzielen von Errungenschaften gibt es Siegpunkte in Form von Stoßzähnen, bei früherem Erreichen als die Mitspieler gibt es dafür auch mehr Punkte. Außerdem wird auf der zugeordneten Leiste aufgestiegen. Die Werte dieser Leisten entscheiden über die Anzahl neuer Stammesmitglieder bei der Vermehrung, die Anzahl Plättchen beim Erkunden neuer Landschaften, die Reichweite bei der Bewegung oder sie beeinflussen den Stärkewert. 

Tribes Spielaufbau
Spielaufbau / Foto: Brettspielpoesie

Zu Beginn sind nur die unteren vier Errungenschaften des ersten Zeitalters zu sehen, erst wenn eine davon erreicht wurde, wird die darüber liegende Errungenschaft des höheren Zeitalters aufgedeckt. Wer eine solche erreichen möchte, muss zuvor die darunter liegende erreicht haben. Ein einziges Mal im Spiel kann der Spieler seinen Pfeilmarker legen, um von einem Pfad nach links oder rechts oben zu gehen. Dieser Weg steht anschließend auch allen Spielern offen. Manche Errungenschaften lösen Ereignisse aus, deren Plättchen die gleiche Form wie die Aktionsplättchen besitzen. Sie gelangen ans Ende der Aktionsplättchen und können von den Spielern anstelle eines Aktionsplättchens gewählt werden. Häufig versuchen die Spieler sie zu vermeiden, bis sie keine Muscheln mehr entbehren können. Die Ereignisse beziehen sich oft auf den oder die stärksten bzw. schwächsten Spieler, können positiv oder negativ ausfallen. 

Tribes Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Spielende:

Sobald eine bestimmte Anzahl an Ereignissen des dritten Zeitalters aktiviert wurde (abhängig von der Spielerzahl), wird nur noch die aktuelle Runde beendet. Zu den im Spielverlauf gesammelten Punkten der Stoßzähne kommen ggf. Punkte für drei der vier Leisten, wenn man dort bestimmte Werte erreicht hat. Der Stärkewert wird nicht mehr extra belohnt. Außerdem werden jeweils zwei Punkte für die meisten Stammesmitglieder und die meisten unerschöpften Landschaften vergeben. Wer mit seinem Stamm die höchste Punktzahl erreichen konnte, gewinnt die Partie.

Spieleranzahl:

Bei zwei Spielern werden nur die ersten beiden Plätze der Errungenschaften belegt und die Anzahl der erforderlichen Ereignisse zum Erreichen des Spielendes variieren. Es ist zu zweit etwas kalkulierbarer in Bezug auf die Aktionsplättchen. Bei mehr Spielern kann es schnell teuer werden eine bestimmte Aktion auszuführen. Da die Anzahl der verfügbaren Landschaftsplättchen nicht mit der Spielerzahl skaliert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eigene Plättchen reaktiviert werden können mit der Spielerzahl. Dies muss man bei seinem Vorgehen unbedingt beachten.

Glücksfaktor?

Besonders beim Landschaften erkunden, wenn die Plättchen zufällig aus dem Beutel gezogen werden, spielt schon ein Glücksfaktor hinein. Wenn man die für eine bestimmte Errungenschaft benötigten Landschaften einfach nicht zieht, ist das recht ärgerlich. Zwar kann man Landschaften auch erschöpfen, um Errungenschaften zu erzielen, aber das fühlt sich oft ungerecht an, wenn es den Mitspielern durch bessere Landschaften einfacher gelingt.

Fazit:

Die Idee eines zugänglichen Zivilisationsspiels klingt gut, leider konnte das entstandene Spiel nicht vollkommen überzeugen, auch nicht bei Spielern der Zielgruppe. Dabei bringt das Spiel eigentlich alles erforderliche mit. Die Regeln sind übersichtlich, schnell erklärt und schnell verstanden. Dabei wird jedoch auch schnell klar, dass es nicht wirklich thematisch umgesetzt ist. Ich hatte in unseren Partien nie das Gefühl eine Zivilisation durch verschiedene Zeitalter zu führen. Stattdessen stellt man seine Figuren auf bestimmte Felder, um sein Klötzchen auf eine Errungenschaft zu stellen. Mit Kochen, Jagen oder Fallen stellen hatte das nichts zu tun.

Besonders seit ich das hörenswerte Interview von Spielbar.com mit dem Autor gehört habe, denke ich das Spiel hat bei der Überarbeitung durch Kosmos zu viel eingebüßt, mit dem Ziel es massenkompatibler zu machen. Dadurch ist einfach weniger Varianz im Spiel. Die Partien verlaufen alle sehr ähnlich. Für jedes Zeitalter existiert ein Plättchen mehr, als für eine Partie benötigt wird. So kann es passieren, dass gar keine Errungenschaften dabei sind, welche den Stärkewert beeinflussen. Dadurch werden die Ereignisse völlig nebensächlich, weil es keine Möglichkeit gibt sich diesbezüglich von den Mitspielern abzuheben. Eine solche Partie fühlt sich auch nicht wirklich anders an als andere, der Schwerpunkt verschiebt sich nur ein bisschen, da die Spieler in den anderen drei Kategorien in der Regel höher aufsteigen und darüber mehr Punkte erzielt werden.

Der Aktionsauswahlmechanismus ist eigentlich recht interessant, oft habe ich mich dadurch allerdings etwas gespielt gefühlt. Besonders mit voller Spielerzahl muss man entweder oft Ausweichaktionen wählen oder viele Muscheln bezahlen. Die Muscheln verteilen sich während einer Partie zwischen den Spielern, es kann einem Spieler gelingen diese zu bunkern und damit seine Mitspieler unflexibel zu halten. Die Ereignisse heucheln mehr Varianz vor, als sie dem Spiel tatsächlich einbringen. Ihre Auswirkungen ähneln sich alle, entweder man verliert etwas, bekommt Siegpunkte oder ein oder alle Spieler dürfen eine bestimmte Aktion ausführen. Aber sie können einen Spieler daran hindern sein Spiel zu machen, denn selbst wenn sie keine negativen Auswirkungen mit sich bringen, verfällt dadurch quasi die eigentliche Aktion. Und ohne Errungenschaften wird kaum ein Sieg gelingen, also muss man hin und wieder diese Aktionen auswählen. Doch in manchen Situationen bleibt dazu einfach kaum eine Chance.

Die ersten Partien schienen noch interessant, doch danach wiederholte es sich einfach nur, sodass die Motivationen zu weiteren Partien gesunken ist. Schade, denn mit etwas mehr Varianz wäre sicher mehr Potenzial vorhanden. So greife ich dann doch lieber zu den ausgewachsenen Zivilisationsspielen, auch wenn man dafür einiges mehr Zeit einplanen muss.

Wertungsnote 3/6

Verlag: Kosmos Verlag
Autor(en): Rustan Håkansson
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
Dauer: 45 Minuten

Vielen Dank an Kosmos für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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