BerlinCon 2021

Berlin Con 2021 Brettspielpoesie
Berlin Con 2021 Brettspielpoesie / Foto: Brettspielpoesie

Normalerweise findet die BerlinCon im Juli statt, nur wenige Tage vor der feierlichen Verleihung des Preises Spiel des Jahres. Da lohnt es sich für Verlage und die Medienvertreter noch einen Tag dran zu hängen und beide Events zu besuchen. Im vergangenen Jahr gab es aufgrund der Pandemie eine Absage für die BerlinCon. Die Spiel des Jahres Verleihung wurde digitalisiert, nur wenige Besucher nahmen daran vor Ort teil. In diesem Jahr entschied sich das BerlinCon-Team für eine Verschiebung innerhalb des Jahres. Am vergangenen Wochenende war es dann so weit und die BerlinCon öffnete, abermals in der Station, ihre Pforten. Und ich war dabei, zumindest von Samstag auf Sonntag. Meine Eindrücke nach über anderthalb Jahren Abstinenz von Brettspiel-Events möchte ich heute mit euch teilen.

Als die BerlinCon innerhalb diesen Jahres verschoben wurde, waren wir noch unsicher was unsere Teilnahme bei der Veranstaltung angeht. Wie wird das Hygiene-Konzept aussehen, ist das Event unter diesen Umständen überhaupt genießbar? Daher die Verkürzung auf nur zwei Tage, bei einer Übernachtung. Entspannt starteten wir in den Samstagmorgen, planten vor dem Mittag auf der Con einzutreffen. Das ging fast noch schief, da unser “Stammparkplatz” der vergangenen Jahre nun Teil eines Radfahrstreifens ist, der entsprechend unzählige Parkflächen verschwinden ließ.

Berlin Con 2021 Übersicht
Berlin Con 2021 Übersicht / Foto: Brettspielpoesie

Location

Wer die BerlinCon 2019 besucht hat, wird sich vielleicht an die Ausstellerhalle erinnern, die direkt an den Außenbereich zur Luckenwalder Straße angrenzt. Diese gesamte Halle stand nun fast leer. Das ermöglichte dem Veranstalter die Einlasssituation auch zu Stoßzeiten gut organisieren zu können. Dahinter bot eine große Halle sowohl freie Spielflächen, als auch Stände einiger Verlage mit Spieltischen. Soweit ich es überblicken konnte hielten sich alle Anwesenden an die Maskenpflicht außerhalb der Spieltische. Es gab, abgesehen von gut frequentierten Verkausflächen zu Stoßzeiten, überall ausreichend Platz sich von anderen zu entfernen, um Abstände einzuhalten. Die Vermischung von Spiel- und Ausstellerflächen fand ich gelungen, es wirkte weniger abgegrenzt. Die Corona-Auflagen führten immerhin auch dazu, dass jeder Anwesende zu jeder Zeit einen Sitzplatz am Spieltisch einnehmen konnte, was sich letztes Mal mitunter schwierig gestaltete.

Eine weitere angrenzende Halle bot vor allem freie Spielflächen sowie den Zugang zum BerlinCon Flohmarkt in einer weiteren, separaten Halle. Am Vormittag war uns die Wartezeit dort zu lang, am Nachmittag ließen sich zum Glück auch noch interessante Schnäppchen ergattern. So können wir nun endlich Vollzug vermelden, dass mit Focus unsere SdJ-Sammlung mit allen Gewinnertiteln seit 1979 vollständig ist.

Berlin Con 2021 Flohmarkt
Berlin Con 2021 Flohmarkt / Foto: Brettspielpoesie

Da die Spieltische der Verlage zur Mittagszeit gut belegt waren, schnappten wir uns zunächst für uns bislang unbekannte Spiele, um diese auf der freien Spielfläche zu erkunden. Erst später gelangten wir zu aktuellen Neuheiten.

Würfelspiele

Würfelspiele haben den charmanten Vorteil, dass sie meist schnell erklärt und schnell gespielt sind. Perfekte Voraussetzungen um sie bei solch einer Veranstaltung kennen zu lernen. Amigo Spiele war nicht mit eigenem Stand vor Ort, doch da deren Herbst-Neuheiten bereits erhältlich sind, konnten wir Uwe Rosenbergs Tulpenfieber zum Spielen ausleihen. Mit mehreren Würfeln versuchen die Spieler dabei gleiche oder aufsteigende Augenzahlen zu würfeln, um ein entsprechendes Feld des eigenen Tableaus abdecken zu dürfen. Ziel ist es, bestimmte Felder der unteren Reihen zu belegen, dabei hilft es zusätzliche Würfel nutzen zu dürfen. Diese können über zusammenhängende Tulpenbeete in Spalten oder Diagonalen freigeschaltet werden. Sechs Tulpenbeete als 2×3 oder 3×2 Raster führen zudem zu einem Bonusplättchen mit dem sich Würfel auf beliebige Seiten drehen lassen. Leider konnte uns das Spiel so gar nicht mitreißen, jeder würfelt nur so vor sich hin, es gibt keinerlei Interaktion. Emotionslos zieht sich die Partie, bis der Spieler mit den etwas glücklicheren Würfen die Partie gewinnt. Auch optisch wirkt Tulpenfieber auf mich eher abschreckend.

Tulpenfieber Spielsituation
Tulpenfieber Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Kosmos setzt ebenfalls auf ein Würfelspiel eines namhaften Autoren: Bei High Score von Reiner Knizia stellen sich die Spieler in sieben Runden mit ebenso vielen Würfeln unterschiedlichen Aufgaben. Die Aufgabenkarte bestimmt die mögliche Anzahl der Würfe und wie die Würfel Punkte bringen. Mal sind gleiche Augenzahlen gesucht, mal aufsteigende Reihen, mal zählen bestimmte Augenzahlen gar nichts. Die Punkte lassen sich auf dem Spielplan abtragen, jedes Feld darf nur von einem Spieler besetzt werden, die anderen setzen sich auch bei gleich hohem Punktwert auf das Feld mit dem nächstkleineren Wert. Anhand dieser Reihenfolge verteilen sich die Siegpunktchips jeder Runde an die besten Spieler. Der wertvollste Chip berechtigt dazu die folgende Runde zu beginnen. Dies finde ich sehr unglücklich, denn wenn der Startspieler immer perfekt würfelt, haben die anderen dadurch gar keine Chance mehr auf den Sieg. Das passierte bei uns die ersten drei oder vier Runden in Folge und frustrierte den anderen Spieler. Die verschiedenen Aufgabenkarten unterscheiden sich leider nicht genug, als dass sich die einzelnen Runden wirklich unterschiedlich anfühlen. Abgesehen von den frustigen Momenten erzeugte auch High Score keine wirklichen Emotionen, zumindest bei nur zwei Spielern. Daher lässt mich auch dieses Würfelspiel etwas ratlos zurück, die Lust auf eine weitere Partie hält sich in Grenzen.

High Score Spielsituation
High Score Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Der moses.-Verlag hat wieder ein Würfelspiel in kleinem Pappschuber im Angebot: Namaste. Auf den Wertungszetteln lassen sich die Zahlen von 2 bis 27 eintragen, von oben nach unten sowie von links nach rechts nur aufsteigend. Wer zuerst eine Reihe oder Spalte füllt erhält den Wert des mittleren Feldes als Punkte, nachfolgende Spieler bekommen nur den jeweiligen halbierten Wert. Der aktive Spieler hat die Wahl ob der farbige Würfel mit ein, zwei oder drei Würfeln genutzt wird, das Endergebnis ist verpflichtend. Genau wie die Summe aller weißen Würfel für alle Mitspieler. Wer nichts eintragen kann, bekommt die Summe als Minuspunkte. Für vollständige Reihen und Spalten gibt es den mittleren Wert als Siegpunkte. Zumindest für den ersten, der diese Reihe/Spalte komplettiert, nachfolgende Spieler müssen sich mit der halben Punktzahl zufrieden geben. Auch wenn ich zwischenzeitlich gut punkten konnte, haben die Minuspunkte meiner Fehlwürfe die Punkte bei Spielende fast negiert. Das Würfeln entfachte kaum Emotionen, man freut sich vielleicht den anderen den vollen Bonus wegzuschnappen, aber so richtig überzeugt hat es nicht. Namaste hat bei mir ebenfalls keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. [UPDATE 24.09.21:] Bitte beachtet hierzu den unten stehenden Kommentar von Autor Uwe Rapp. [UPDATE ENDE]

Namaste Spielsituation
Namaste – Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Neuheiten / Prototypen

Am Stand vom Hans im Glück-Verlag gab es einen Prototypen der Jubiläumsausgabe von Ultimate Railroads mit den neuen Spielerboards der Erweiterung Asian Railroads zu sehen. Diese neuen Spielertableaus bringen wieder ganz eigene Ideen mit. So ist es erforderlich, die Plätze für einige Loks erst freizuräumen. Anstelle der persönlichen Industrieleiste schreiten die Spieler nun auf dem gemeinsamen Industrie-Tableau voran. Dieses bietet zusätzliche Boni, die zu bestimmten Zeitpunkten ausgelöst werden können. Zudem erstrahlen die Schienen in Jubiläumsfarben, es gibt kleine Änderungen an den verwendeten Symbolen und einen neuen Schlüssel-Bonus, der sich auf verschiedene Weise aktivieren lässt. Das alles macht richtig Lust Russian Railroads neu zu entdecken.

Ultimate Railroads Proto
Ultimate Railroads – Prototyp / Foto: Brettspielpoesie

Auf dem Weg zum Ausgang entdeckte ich aus den Augenwinkeln noch die Schmidt Spiele-Neuheiten am Verlagsstand, was uns kurzerhand zu einer Mille Fiori von Reiner Knizia führte. Während wir noch die Anleitung studierten gesellte sich ein Pärchen dazu, kurz darauf hatte einer der Spieleerklärer von Schmidt Zeit für uns. Bei Mille Fiori draften die Spieler Aktionskarten und spielen jeweils eine nacheinander aus. Dadurch lassen sich Glassteine auf dem Spielplan platzieren, die zu Punkten und coolen Kettenzügen führen können. Jeder Bereich des Spielplans vergibt Punkte und Boni nach anderen Regeln, darunter geschickte Kombinationen zu finden finde ich spannend und interessant. Dies erzeugte bei mir direkt Lust auf eine weitere Partie.

Mille Fiori Spielsituation
Mille Fiori Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Viele andere Vorabexemplare bzw. Prototypen anstehender Herbst-Neuheiten konnte ich zwar fotografieren, fand aber keine Zeit sie mir ausführlich erklären zu lassen oder gar anzuspielen. Das gilt zum Beispiel für Arche Nova, welches bei Feuerland erscheint. Wer es anspielen konnte, hat jedenfalls nur positiv darüber berichtet. Leider schaffen es nur wenige vorbestellte Exemplare davon rechtzeitig zur SPIEL einzutreffen. Wer nicht vorbestellt hat, muss sich noch etwas länger gedulden.

Arche Nova Spielsituation
Arche Nova – Prototyp / Foto: Brettspielpoesie

Dieses Schicksal teilen sich leider einige geplante Herbst-Neuheiten. Weder Flippermania von Frosted Games, noch das auf dem folgenden Bild sichtbare Corrosion von Deep Print Games treffen rechtzeitig ein, um auf der SPIEL verfügbar zu sein.

Corrosion Spielsituation
Corrosion Prototyp / Foto: Brettspielpoesie

Fazit

Insgesamt hatte ich eine schöne Zeit auf der BerlinCon 2021. Es war natürlich lange nicht so wie frühere Veranstaltungen, dafür habe ich mich in der aktuellen Situation zu keiner Zeit unwohl gefühlt. Das Limit von 2.000 gleichzeitig anwesenden Personen wurde laut Veranstaltern zu keiner Zeit überschritten, insgesamt konnten 4.282 Besucher begrüßt werden. Es war schön einfach mal wieder “rauszukommen” und Gleichgesinnte zu treffen. Wir haben manche Spiele kennen lernen können, zu denen wir in den letzten 1,5 Jahren keinen Zugang hatten. Auch die eine oder andere Herbst-Neuheit konnten wir bereits bestaunen.

Insgesamt haben wir weniger Zeit auf der BerlinCon verbracht, als sonst üblich. Das fehlende Rahmenprogramm mit der SdJ-Verleihung hat sicherlich dazu beigetragen. Nächstes Mal würde ich wohl lieber wieder am Freitag anreisen, um ein paar Stunden zum ankommen und “eingrooven” zu haben. Am Samstag lässt sich dann früh durchstarten, um den ganzen Tag ausnutzen zu können. Ohne Rückreise verläuft auch der Sonntag entspannter und ermöglicht es ohne Blick auf die Uhr einfach zu spielen.

Für den Moment war es dann aber doch genau richtig für uns, um sich so langsam wieder an solche Events zu gewöhnen und daran fremde Menschen um sich herum zu haben. Ich freue mich jetzt umso mehr auf die SPIEL, auch wenn ich skeptisch bin, welche Neuheiten es tatsächlich dorthin schaffen werden. Da für mich aber auch sonst die Begegnungen im Vordergrund stehen, erwarte ich eine schöne Zeit.

Die nächste BerlinCon ist für den 15.07. – 17.07.2022 geplant, ich werde sicherlich wieder dabei sein und freue mich schon jetzt auf noch viel mehr tolle Begegnungen und hoffentlich wieder größere Spielerunden zu später Stunde. Zum Abschluss möchte ich noch ein großes Lob an Hunter & Friends mit all ihren Helfern für die tolle Organisation bedanken.

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2 Antworten auf „BerlinCon 2021“

Leider wurde Namaste nicht ganz regelgerecht gespielt, was für den Autor immer etwas schade ist,
weil der Spieleindruck dadurch möglicherweise negativ beeinflusst wird.
Die Minuspunkte bei Namaste ergeben sich ausschließlich durch die Zahl auf dem farbigen Würfel,
nicht durch eine Summe, was einen großen Unterschied macht.Meistens erzielen die Spieler über
100 Glückspunkte.
Außerdem können die Mitspieler die Summe der weißen Würfel eintragen, müssen dies aber nicht.
Minuspunkte bekommen also in aller Regel nur die jeweils aktiven Spieler.
Ich würde mich also freuen, wenn du dem Spiel irgendwann noch einmal, korrekt gespielt, eine 2. Chance gibst. Ansonsten hat mir der Bericht gut gefallen.

Hallo Uwe,
vielen Dank für Deinen Hinweis. Leider wurde es uns auf der BerlinCon dann völlig falsch erklärt. Mit diesen Anpassungen dürfte sich ja wirklich ein ganz anderes Spielgefühl ergeben. Ich werde Namaste natürlich noch eine Chance geben und habe im Artikel eine entsprechende Ergänzung hinzugefügt.
Verspielte Grüße, Sonja

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