Spiel mit den Löwen 2018

Brettgeschichte Logo
Logo / Foto: Brettspielpoesie

Am 24. November war es wieder so weit: Der Verein Norddeutsche Spielekultur e.V. lud im Jugendzentrum Neustadtmühle in Braunschweig zum gemeinsamen Spielen ein. Erstmals konnten dabei mehr als 200 Besucher begrüßt werden. Leider führte dies auch zu Platzproblemen. Aufgrund von anderen Veranstaltungen vor Ort gab es leider keine Möglichkeit die Kapazität kurzzeitig zu erhöhen, für das kommende Jahr soll jedoch vorgesorgt werden.

Für mich war dies der erste Tag ohne die Last des Studiums auf den Schultern, ich konnte ganz ohne den Anflug eines schlechten Gewissens einfach nur spielen. Und so fanden wir uns bereits kurz nach 11 Uhr im Jugendzentrum ein und starteten auch direkt mit dem ersten Spiel. Wir wollten den Azul-Nachfolger nun auch endlich mal spielen und steuerten direkt auf dieses Spiel zu. Noch während das Spiel aufgebaut und die ersten Regeln erläutert wurden, gesellte sich ein bekanntes Gesicht dazu. Dieser Mitspieler lässt keine Brettspiel-Veranstaltung in Braunschweig sausen und ist immer auf der Suche nach Mitspielern. Also schnell den Spielaufbau erweitert. Bevor es losgehen konnte, fand sich auch eine vierte Mitspielerin ein.

Azul – Die Buntglasfenster von Sintra (Michael Kiesling – Next Move Games) oder kurz gesagt Azul II, erinnert in manchen Punkten sehr an das Original, spielt sich dann aber doch anders. Statt Fliesen werden hier Glassteinchen aus der Mitte genommen, die auf dem eigenen Tableau zu Buntglasfenstern zusammengesetzt werden. Die Ablage und vor allem auch die Punkte sind hier jedoch ganz anders angelegt. Ich werde euch dies noch im Detail in einer Rezension vorstellen. Mir hat die Partie gut gefallen und Lust auf mehr gemacht. Es kommt für mich aber nach dieser einen Partie nicht an das aktuelle Spiel des Jahres heran, welches durch seine Leichtigkeit besticht. Bei Azul II gibt es einiges mehr zu beachten, da die eigene Spielfigur von rechts nach links über dem eigenen Spielertableau wandert und die Optionen einschränkt.

Azul II Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Mittlerweile hatten sich unsere Freunde eingefunden. Neben ihren beiden Kindern hatten sie auch die Oma dabei, damit sie sich abwechselnd um die Kids kümmern konnten. Die Oma ist selbst Spielerin, trifft sich regelmäßig mit ihren Freundinnen, spielt dabei aber eher einfache Spiele mit wenigen Regeln. Die Auswahl dieser Kategorie für fünf Spieler war vor Ort nicht sehr groß, also wählten wir zum Aufwärmen eine Partie Heckmeck am Bratwurmeck. (Reiner Knizia – Zoch Spiele) Ein Push your Luck Spiel mit Würfeln, bei denen man möglichst hohe Summen erzielen möchte, für punktebringende Würmerplättchen. In unserer Runde wollten alle immer aufs Ganze gehen, doch die besten Würfelspieler sind wir nicht, sodass viele Würmer aus dem Spiel entfernt werden mussten. Die Runde war kurz aber mit viel Schadenfreude und Spaß gespickt. Es folgte einige Runden Fatal, wir dachten das Prinzip die Regeln beim Spielen zu erlernen könnte hier gut ankommen. Doch nach einigen Partien packten wir die Karten wieder ein, der Funke ist in dieser Runde nicht bei allen übergesprungen. In neuer Spielerkonstellation machten wir uns auf zur Bergwanderung bei Mountains (Carlo A. Rossi – Haba), von dem ich euch nach der diesjährigen BerlinCon bereits berichtet hatte, das Spiel hat sich seitdem kaum noch verändert Doch auch hier lief die Runde eher schleppend an, viele Karten wurden ungenutzt abgelegt, weil die Spieler sich zu unsicher waren oder zu wenige Steinchen hatten. Anfangs kamen zu viele Karten, bei denen man sich weitere Ausrüstungskarten oder Stempel “erkaufen” konnte. Danach musste man aber erst wieder langwierig an Steinchen kommen, um heraus zu finden was die Mitspieler so an Ausrüstungen dabei haben. Es gab in der gesamten Partie keine Wanderstiefel, also war klar, dass solche Touren gar nicht erst angegangen werden müssen. Es zog sich daher ein wenig.

Ein besseres Spielgefühl konnte bei Honga (Günther Burkhardt – Haba) erzielt werden, welches wir auch bereits von der BerlinCon kannten. Die Aktionsauswahl mittels der runden Kärtchen ist schnell verstanden, die Entscheidung für die beste Platzierung aber alles andere als trivial. Immer möchte man mehr machen, als gerade möglich ist, schließlich muss man den Säbelzahntiger auch noch beschwichtigen. Oder ihn durch die eigenen Vorräte fressen lassen, was in manchen Situationen durchaus sinnvoll sein kann. Diese Partie machte Lust auf mehr, aber an so einem Tag möchte man ja auch Abwechslung haben.

Honga Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Nach einer kurzen Verschnaufpause nutzen wir die Option endlich mal Rokoko (Matthias Cramer, Louis & Stefan Malz – Eggertspiele) kennen zu lernen und ließen es uns direkt vom Autor Stefan Malz erklären. Beim diesem Nominierten zum Kennerspiel des Jahres 2014 handelt es sich um ein schön verzahntes Strategiespiel mit ungewöhnlichem Thema. Als Schneider wollen wir unsere Kleider auf dem großen Ball optimal platzieren und das Fest mit allem drum herum zu einem gelungenen Abend machen. Alle Spieler beginnen mit gleichen Sets aus Arbeiterkarten. Während der Meister alle Aktionen ausführen kann, ist der Geselle zu den meisten Aktionen in der Lage und der Lehrling nur zu einigen. Mit diesen Personen besorgen wir uns also Stoffe, Garn und Spitze auf dem Markt, schneidern daraus tolle Gewänder, die wir entweder verkaufen oder in einem der Ballsäle platzieren. Wir können auch neue Arbeiter anwerben, also weitere Karten kaufen oder überflüssige Arbeiter wegschicken. Denn das gesamte Kartendeck muss erst durchgespielt werden, bevor wieder alle Karten aufgenommen werden dürfen. Auf dem Markt oder beim Anwerben neuer Arbeiter wird es günstiger, umso mehr Spieler die Aktion zuvor genutzt haben, die Auswahl ist dann aber auch begrenzter. Und so spielten wir einige Zeit vor uns hin, waren völlig in der Rokoko-Zeit abgetaucht und jeder wollte seinen Teil zu einem berauschenden Fest beitragen. Ein wirklich tolles Strategie-Spiel, bei dem ich selbst zumindest noch einige Partien benötige, um es wirklich zu durchdringen. Das Interesse daran wurde jedenfalls erweckt.

Rokoko Spielsituation
Rokoko Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Unsere Freunde hatten sich gerade verabschiedet, da tauchte einer unserer Nachbarn auf. Bis zum Eintreffen des anderen Nachbarn spielten wir eine schnelle Partie Showtime (Anna Oppolzer, Stefan Kloß – Pegasus Spiele), auch hier kannten wir die Regeln immerhin schon vom Pegasus Pressetag. Heute fiel uns auf, dass die Erklärung ziemlich umfangreich ist und einige Zeit in Anspruch nimmt, fast so viel wie die anschließende Partie selbst. Über drei Runden versuchen die Spieler ihre Personen im Kinosaal punktebringend zu platzieren, dabei sollten die Eigenheiten der Persönlichkeiten beachtet werden. Das führt zu einer ebenfalls langwierigen und dadurch etwas nervigen Punktevergabe, bei der die Punktezähler der einzelnen Spieler immer wieder in kleinen Schritten vor und zurück gehen. Zudem werden Filme aus dem Lieblingsgenre einer jeden Person belohnt, hier schlägt dann der Zufall dolle zu. Wenn man hier nicht gerade passende Karten zieht, geht man eben leer aus, ohne wirklich etwas dafür zu können.

Showtime Spielsituation
Showtime Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Wieder zu fünft kam nach langer Zeit mal wieder Vienna (Johannes Schmidauer-König – Schmidt Spiele) auf den Tisch. Runde für Runde fährt die Kutsche durch die Stadt und dort wo zuvor unsere Würfel platziert wurden, lösen wir Aktionen aus. Gewürfelt wird zu Beginn des Zuges und dann setzen wir immer einen oder zwei Würfel ein. So wie die Kutsche nur in eine Richtung fährt, können auch wir die Würfel nur von vorne nach hinten einsetzen. Manche Aktionen bringen direkt Punkte ein, andere über Mehrheitswertungen. Jeder Spieler sammelt Karten mit drei verschiedenen Symbole, auf die sich die Mehrheiten beziehen. Da die ertragreichen Aktionen sich eher im hinteren Teil befinden, für den hohe Augenzahlen von Nöten sind, ist hier schnell im Hintertreffen, wer nicht erfolgreich würfelt. Bei der kurzen Spieldauer ist das aber noch akzeptabel und besonders mit der vollen Spielerzahl macht es am meisten Spaß, auch wenn dabei etwas Einfluss verschwindet.

Mountains Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Die folgende Partie Mountains lief recht unterschiedlich zu der am Vormittag. Die Karten hatten sich anders verteilt, doch so richtig kam auch hierbei keine Fahrt auf. Es gelang keinem Spieler mehrere Touren nacheinander erfolgreich zu absolvieren und dadurch Steinchen anzuhäufen. Diese waren immer Mangelware und daher wurden viele Karten “übersprungen”. Die Partie endete wieder früh, weil sich kaum Jemand an die hinteren Touren heran getraut hat.

Colt Express Spielsituation
Colt Express Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Es folgte eine Partie Colt Express (Christophe Raimbault – Ludonaute), bei der sich scheinbar alle Mitspieler gegen mich verschworen hatten. In den letzten beiden Runden hatte ich fast nur noch Patronenkarten auf der Hand, musste mehrfach nachziehen und kam auf keinen grünen Zweig mehr. Aber genau für solche Situationen mag ich Colt Express, umso chaotischer, desto spaßiger. Nun neigte sich die Veranstaltung langsam dem Ende zu, leider waren einige aktuelle, kurze Titel für fünf Spieler, die uns direkt in den Sinn kamen, nicht vor Ort verfügbar. Wir entschieden uns daher für das altbekannte Sushi Go (Phil Walker-Harding – Zoch Verlag), obwohl ich das Spiel beim Anblick der Kartengrafiken eigentlich gerne wieder weggelegt hätte. Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, was man sich bei dieser Grafik gedacht hat und weiß ganz genau, warum ich mir eine ausländische Ausgabe zugelegt habe. Die Partie war dennoch recht spaßig und rundete den Spieletag schön ab. Ein schnelles Drafting-Spiel, bei dem es auf die richtigen Kombinationen der Sushi-Karten ankommt. Es folgte noch eine kurze Partie Twin it! (Nathalie & Rémi Saunier, Thomas Vuarchex – Huch!), doch für solch ein Aufmerksamkeitsspiel war es nun schon reichlich spät und die Konzentration lies spürbar nach. Wir verabschiedeten uns von den Veranstaltern und freuen uns bereits jetzt auf die nächste Spieleveranstaltung in Braunschweig. Es ist doch immer wieder schön zu sehen, dass man mit der Begeisterung für Brettspiele in seiner Heimat nicht alleine ist und sich immer mehr Leute wieder dem Spielen widmen.

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