Unter Schafen 04/23

April, April! Wie jedes Jahr begann der erste Tag des vergangenen Monats damit andere reinzulegen. Diese Tradition macht auch vor der Brettspielwelt nicht Halt und so konnte man dieses Jahr wieder einige abstruse Meldungen von Autoren, Verlagen und Medienschaffenden lesen. Manche so überspitzt, dass man sofort erkennt, woran man ist. Andere hingegen so perfide, dass man leicht darauf herein fallen kann. Man merkt daran auch, welche Themen die Szene derzeit beschäftigen. Mehr als ein Scherz drehte sich nämlich um Brettspiele, die vollständig von einer künstlichen Intelligenz erschaffen wurden.

Mäh! - News und Aktuelles

Abschied

Leider war nicht alles am ersten April zum Lachen. Wie kurz darauf bekannt wurde, ist mit Klaus Teuber am 01.04.2023 überraschend ein großer Wegbereiter der heutigen Brettspielszene von uns gegangen. Wie die Catan GmbH und der Kosmos-Verlag bekannt gaben, starb er im Alter von 70 Jahren “nach kurzer und schwerer Krankheit”. Zuletzt hatte er noch intensiv am dritten Buch seiner Catan-Trilogie gearbeitet, konnte es jedoch nicht mehr fertigstellen. Die Siedler von Catan, oder kurz Catan, wird jedoch sein großes Vermächtnis bleiben. Mit diesem Spiel hat sich Klaus Teuber weltweit einen Namen gemacht und den Weg geebnet, für die vielen Spielideen mit denen uns Autoren noch heute beglücken. Was er für die Brettspielszene getan hat, wird auf ewig mit seinem Namen verbunden sein. Mein aufrichtiges Beileid gilt seinen engsten Angehörigen.

Spiel Doch!

Am vergangenen Wochenende gab es die zweite Ausgabe der Spiel Doch! in Dortmund. Leider habe ich es auch dieses Jahr nicht geschafft, mir selbst einen Eindruck über diese Veranstaltung zu verschaffen. Deutlich über 14.000 Besucher haben sich insgesamt an den drei Tagen in den 8.300 qm der Dortmunder Westfalenhallen aufgehalten und neue Spieleindrücke gesammelt. Dies war nicht nur an den Verlagsständen möglich, sondern auch bei einer großen Spieleausleihe mit freier Spielfläche. Beide Areale sollen nächstes Jahr noch größer ausfallen. Ich hoffe, dass es sich für mich dann auch endlich mal einrichten lässt. Dieses Jahr blicke ich nun schon mit Vorfreude auf die BerlinCon, die vom 14. -16.07.23 in der Station in Berlin stattfindet.

Herde - Neuzugänge

Scribbly Gum / Pass The Party Food / Busy Beaks

(Phil Walker-Harding – JOEY GAMES)

Phil Walker-Harding ist bekannt für zugängliche Familienspiele. Diese bringt er in der Regel bei ganz unterschiedlichen Verlagen unter. Nun hat er, gemeinsam mit seiner Frau Meredith, einen eigenen Verlag gegründet. Joey Games hat sich zum Ziel gesetzt, Spiele für die gesamte Familie zu veröffentlichen, die regionale Themen der Heimat Australien aufgreifen.

Die ersten drei Veröffentlichungen decken verschiedene Mechanismen ab und sind bereits für Kinder ab sechs, sieben bzw. acht Jahren geeignet. Bei Scribbly Gum sind Baby-Motten in den Eukalyptusbäumen die Hauptdarsteller. Sie hinterlassen in der Baumrinde bezeichnende Muster und solche Schlangenlinien entstehen hier auch auf den doppelseitigen Zetteln. Karten geben vor in welche Richtung sich die Motten bewegen dürfen, um Nahrung einzusammeln. Beim kooperativen Pass the Party Food geht es darum gemeinsam klassische, australische Party-Snacks vor einem schelmischen Welpen zu verteidigen. Busy Beaks ist ein Set Collection-Spiel mit 14 unterschiedlichen Vogelkarten. Diese sind alle in Australien heimisch und haben einen ganz eigenen Effekt im Spiel.

Auch die Umwelt spielt bei Joey Games eine große Rolle. So sind alle Spiele nicht in Folie eingeschweißt, sondern lediglich mit zwei Aufklebern versehen, um Schachtel und Deckel beisammen zu halten. Die Karten in Busy Beaks waren in einer Art Butterbrotpapier eingewickelt und zur Aufbewahrung liegen direkt 14 zusammensteckbare Pappboxen bei. Leider passen diese Boxen nicht gut in die Schachtel, wenn man sich nicht vom innen liegenden Pappeinsatz trennen möchte.

La Famiglia – The Great Mafia War

(Maximilian Maria Thiel – Feuerland Spiele)

Mit La Famiglia hat Feuerland ein ungewöhnliches Projekt mit starker, direkter Interaktion für exakt vier Spieler veröffentlicht. Um deutlich zu machen, um was für ein untypisches Spiel es sich dabei handelt, hat sich der Verlag sogar extra ein neues Logo mit einem Totenkopf zugelegt. In zwei Teams aus Mafia-Familien treten die Spieler bei La Famiglia gegeneinander an, um die Kontrolle Siziliens zu übernehmen. Der Kampfmechanismus soll laut Verlag einfach und zugleich innovativ sein.

Eigentlich habe ich die ideale Gruppe für solch ein Spiel, doch leider kommt im Moment immer irgend etwas dazwischen, sodass sich die Gruppe leider länger nicht in entsprechender Konstellation treffen konnte. Daher wartet La Famiglia noch darauf von uns entdeckt zu werden. Materialtechnisch wirkt es bereits sehr hochwertig. Viele unterschiedliche Holzkomponenten, zweilagige Spielertableaus mit Aussparungen zur sicheren Platzierung dieser und viele offene Pappschachteln, zur sinnvollen Sortierung innerhalb der Schachtel und vermutlich auch während einer Partie auf dem Tisch. Die sechs enthaltenen Mafia-Familien mit individuellen Eigenheiten lassen viel Variation vermuten.

Grasen - Frische Spieleindrücke

Jurassic Park – Danger!

(Forrest Pruzan Creative – Ravensburger)

Letzten Monat berichtete ich über meine ersten Erfahrungen mit dem kooperativen Spiel Gemeinsam zum Schicksalsberg, einem Spiel welches auf den Geschehnissen des Films Der Herr der Ringe beruht, der Anfang der 2000er Jahre in die Kinos kam. Mit Jurassic Park – Danger! ist aktuell ein Spiel bei Ravensburger erscheinen, dessen cineastische Grundlage fast zehn Jahr mehr auf dem Buckel hat. Denn anders als bei Rückkehr zur Isla Nublar in der Welt von Jurassic World, bezieht sich Danger! auf die Geschehnisse des ersten Jurassic Park-Films aus dem Jahr 1993.

In diesem semi-kooperativen Spiel kontrolliert eine Person drei Dinosaurier, welche es auf die Charaktere der übrigen Spieler abgesehen haben. Für den Sieg über die Dinos müssen nicht alle überleben, doch drei Charaktere müssen eine persönliche Aufgabe erfüllen und den Hubschrauberlandeplatz erreichen. Diesen erreicht man jedoch erst, wenn drei Orte aktiviert sind, die zudem kleinere Vorteile bieten. Das Ziel der Dinosaurier besteht darin, drei Charaktere aus dem Spiel zu nehmen. Was für die Spieler einfach nur bedeutet, mit einem anderen Charakter weiterspielen zu dürfen. Es scheidet kein Spieler wirklich aus.

Die Aktionsmöglichkeiten werden über Karten gesteuert. Für manche Aktionen ist zudem das Bestehen einer Würfelprobe erforderlich. Wird man von einem Dinosaurier attackiert, kostet das eine Karte. Sollte man zu irgendeinem Zeitpunkt keine Karte mehr spielen könne, war es das für diesen Charakter. Auch wenn hier keine zentrale Geschichte erlebt wird, so ist der Filmklassiker doch allgegenwärtig. Im Film haben auch nicht alle Charaktere überlebt und die individuellen Fluchtbedingungen sind einzigartig und ikonisch zugleich. Robert Muldoon muss beispielsweise einen Velociraptor ablenken, der etwas beleibte Dennis Nedry wird immer Ziel einer Dino-Attacke, wenn mehrere Charaktere auf seinem Feld stehen. Beide haben den Film nicht überlebt, könnten es aber in diesem Spiel. Unsere erste Partie zu zweit fiel sehr knapp aus. Ich freue mich auf Partien mit mehr Spielern, wenn man nicht alle Charaktere selbst steuert und sich untereinander gut abstimmen sollte.

Moesteiro

(Costa , Rôla – PytHagoras Games / Huch!)

Mit Moesteiro hat Huch! ein ganz klassisches Euro Game in sein Portfolio aufgenommen. Es geht um den Bau einer Kathedrale, den die Spieler gemeinsam vorantreiben wollen. Doch spielt dabei jeder für sich und versucht die meisten Punkte zu generieren. An fünf Aktionsorten setzt man seine Arbeiterwürfel ein, die bestimmen in welcher Reihenfolge die Aktionen auszuführen sind und wie hoch der Ertrag sein wird. Neben normalen Würfel mit den Augenzahlen von eins bis sechs gibt es auch Meister-Würfel, welche nur die Augenzahlen eins bis drei zeigen. Hohe Zahlen bringen einen guten Ertrag, man ist damit aber später an der Reihe und an vielen Orten wird es später teurer die Aktion auszuführen oder man bekommt nicht mehr, worauf man es abgesehen hat.

Im Kern dreht sich alles darum Ressourcen zu generieren und mit diesem zum Bau der Kathedrale beizutragen. Auch die Reihenfolge ist ein wichtiges Thema, sowohl beim Platzieren der Würfel, als insbesondere auch beim Bau. Denn jeder Abschnitt lässt sich nur von einem Spieler errichten. Sollte niemand die geforderten Ressourcen liefern, platziert man den Abschnitt der Kathedrale dennoch, sodass diese am Ende einer Partie immer fertig gestellt ist. Die Spielidee ist schon irgendwie ganz cool, aber es fühlt sich nicht rund an. Vermutlich fehlt hier noch der eine oder andere redaktionelle Schliff, damit Moesteiro aus der Masse an Euro-Spielen wirklich herausstechen könnte.

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