Belratti

Belratti Cover
Cover / Foto: Mogel Verlag

Der inzwischen gar nicht mehr so junge Mogel Verlag ist mittlerweile schon bekannt für seine kleinen Kartenspiele, die mit der ganzen Familie gespielt werden können. In diesem Jahr wurde eine Spielidee vom Hauptautor des Verlags, Michael Loth, sogar mit dem Hippodice 2018 ausgezeichnet. Wer sich in der Kunstszene auskennt oder im Oktober 2011 gewissenhaft die Nachrichten verfolgt hat, kann eine Ähnlichkeit zwischen Belratti auf dem Cover des gleichnamigen Spiels und dem deutschen Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi erkennen, der 2011 überführt und verurteilt werden konnte. In dieser Verhandlung konnten ihm “nur” 14 Fälschungen nachgewiesen werden, laut eigener Aussage waren es innerhalb von 40 Jahren ganze 300 Fälschungen, von denen noch über 200 im Umlauf vermutet werden.

Spielmaterial:

Die kleine Schachtel ist prall gefüllt mit jeder Menge kleinformatiger Karten. 168 davon zeigen unterschiedliche Gemälde, daneben sind vier Hilfs- und acht Charakterkarten enthalten. Die Anleitung ist kurz und knapp, enthält dabei aber alle Informationen für einen leichten Einstieg.

Spielmechanismus:

Kooperativ versuchen alle Spieler ein Museum neu einzurichten. Während die einen als Museumsleiter Bilder zu bestimmen Themengebieten fordern, sollen die anderen entsprechende Bilder “malen”. Wirklich gemalt werden muss bei diesem Spiel aber gar nicht, dafür bekommen die Spieler Handkarten mit Gemälden. Jede dieser Gemäldekarten zeigt genau einen Gegenstand. Zwei Karten werden aufgedeckt, um die Themen für die aktuelle Runde vorzugeben, sie dürfen nicht kommentiert werden. Jeder soll seine eigenen Assoziationen dazu finden. Die Museumsleiter entscheiden gemeinsam, wie viele Bilder zu diesen Kategorien sie von den Malern fordern. Mindestens zwei, maximal sieben sind erlaubt. Dann sind die Maler an der Reihe, von ihren Handkarten solche auszuwählen, die sich irgendwie den Themenkarten zuweisen lassen. Liegt wie im Bild ein Ohr als Thema aus, können andere Körperteile gewählt werden, genauso wie Musikinstrumente, die man hören kann, aber auch eine Mütze, welche über die Ohren gezogen wird oder gar einen Teddybären, der auch Ohren hat. Dabei ist es den Malern überlassen, wer wie viele der gewünschten Karten liefert, am Ende muss die vorgegebene Anzahl vorliegen. Jeder darf immer nur seine eigenen Handkarten sehen, die Maler dürfen sich gegenseitig lediglich verraten, wie gut ihre Karten zu den Themen passen, mehr nicht. Dann werden immer vier zufällige Gemäldekarten als Belrattis Fälschungen hinzugemischt.

Belratti Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Nun sind die Museumsleiter wieder am Zug und müssen die gesuchte Menge an Bildern den beiden Themen zuordnen. Dabei dürfen sie völlig frei über die Bilder und ihre Assoziationen sprechen, sie müssen sich am Ende nur einigen. Die Maler lösen anschließend auf. Die richtig zugeordneten Bilder gelangen auf dem Teampunktestapel, aber nur wenn sie auch der richtigen Themenkarte zugewiesen wurden, alternativ wird die Karte einfach abgelegt. Jede Fälschung, die von den Museumsleitern gewählt wurde, kommt auf Belrattis Punktestapel. Die Maler ziehen wieder bis auf das Handkartenlimit, dann werden alle Charakterkarten an den linken Nachbarn gegeben und die neue Runde beginnt.

Es gibt auch noch die Hilfekarten, sie können von den unterschiedlichen Rollen zu verschiedenen Zeiten eingesetzt werden. Entweder Themenkarten bzw. Handkarten austauschen, den Ansagewert manipulieren oder die Maler zu einem Gemälde direkt zu befragen. Nach Nutzung werden die Karten umgedreht, sie können später nur reaktiviert werden, indem der Wert (3-6) ihrer Rückseite angesagt und vollständig korrekt zugeordnet wird.

Spielende:

Mit der sechsten Fälschung, die ins Museum gelangt, endet eine Partie. Dann werden die gekauften Originale auf dem Teampunktestapel gezählt, um zu schauen ob bzw. wie gut die Spieler das Spiel gemeistert haben.

Spieleranzahl:

Drei bis sieben Spieler sind möglich, mit jeder Spielerzahl funktioniert es auch wirklich. Die Anzahl Handkarten, aus denen die Bilder gewählt werden, liegt immer bei 18 Karten, nur die Verteilung auf die Spieler variiert. Zu dritt kann es etwas leichter erscheinen, da dann nur ein Maler existiert, den man bzgl. der Bilder einschätzen muss. Umso mehr Spieler, desto mehr Maler und Museumsleiter. Und das bedeutet auch mehr Meinungen, die zu interessanten Diskussionen führen, bei denen sich manch ein Maler ordentlich auf die Zunge beißen muss. Es kann natürlich passieren, zumindest solange man den Dreh noch nicht wirklich heraus hat, dass das Spiel so schnell endet, dass ein Spieler gar nicht in den Genuss der anderen Rolle kommt, doch umso besser die Spieler werden, desto mehr Runden werden in der Regel gespielt und jeder hat mal die Chance als Maler und Museumsdirektor zu agieren.

Glücksfaktor?

Ein Glücksfaktor existiert, doch dieser wird für das Spiel auch benötigt. Es gelangen immer vier Bilder des Fälschers in die Auswahl, diese gilt es heraus zu filtern und die Originale zu erkennen. Da können einem durchaus fiese Bilder untergejubelt werden, die wie die Faust aufs Auge zu einer der aktuellen Themenkarten gehört und zack, schon ist eine Fälschung dabei und das Spielende rückt näher.

Fazit:

Beim ersten Lesen der Regeln war ich ehrlich gesagt eher skeptisch, es klang zu sehr nach einem Abklatsch bereits bekannter Kommunikationsspiele. Doch gleich nach der ersten Partie wurde eine Wiederholung verlangt, wir haben uns von Belratti nämlich ordentlich übers Ohr hauen lassen. Und das geschah uns wieder und wieder, dieses Spiel ist gar nicht so leicht zu bezwingen. Und selbst wenn man eine Partie mal gewinnen sollte, gibt eine Wertungsskala auch noch an, wie gut man gewonnen hat und schon wird der nächste Reiz getriggert: “Das muss doch noch besser gehen!”

Es müssen lediglich Bildkarten gewählt und erkannt werden, das klingt doch gar nicht so schwer. Aber jeder Mensch denkt anders. Der eine konzentriert sich auf das Thema, der nächste auf die Form und ein anderer vielleicht auf die Farbe. Manches Mal bleibt auch nicht viel anderes übrig, weil man zu wenige wirklich passende Karten auf der Hand hat. Und dann kommt Belratti auch noch mit perfekten Fälschungen daher. In unseren Partien ist es uns noch nie gelungen, eine Hilfskarte zu reaktivieren. Komplett fehlerfreie Runden sind eher selten, doch auch das fordert heraus.

Das Spiel funktioniert am besten, wenn die Museumsleiter viel diskutieren und versuchen in alle möglichen Richtungen zu assoziieren. Leider passen manche Bilder wirklich hervorragend zu beiden Themengebieten, wir hatten als Thema einen Sack Geld und ein Ohr ausliegen und es wurde ein Smartphone gemalt. Das kostet viel Geld und wird ans Ohr gehalten, zumindest noch in unserer Generation. Doch prompt haben wir die falsche Kategorie gewählt, dafür gibt es keine Punkte, was ziemlich schade ist. Genauso könnte der Maler an dieser Stelle lügen, es weiß ja keiner, was in seinem Kopf los war. Ehrliche Spieler tun dies aber nicht. Vielleicht hätte man dieses Regeldetail einfach weglassen sollen, es wäre dennoch kein leichtes Spielziel. Aber immerhin wird man dafür nicht auch noch bestraft, und eigentlich ist es ja sogar umso schöner, dass wir trotz dieser Regel bereits siegreiche Partien hinter uns bringen konnten.  In meinen Augen das bisher beste Spiel des Mogel Verlags, das Awardlogo des Hippodice auf der Schachtel verspricht nicht zu viel. Ich sehe eine positive Entwicklung beim Mogel Verlag, denn zu diesem Schluss bin ich auch schon beim Vorgänger Lanzeloth gekommen. Doch dieses mal wurde noch eine Schippe drauf gelegt, wie gut dass meine Bewertungsskala noch etwas Luft nach oben lässt. Wer weiß was uns nächstes Jahr von diesem Verlag erwartet ;-) Wer solche kooperativen Kommunikationsspiele mag, sollte unbedingt zugreifen, es kann durchaus neben Codenames, Dixit, Face Cards und anderen Spielen dieser Art bestehen, weil das Spielgefühl ausreichend anders ist.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Mogel Verlag
Autor(en): Michael Loth
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 3 – 8 Spieler
Dauer: 20 – 45 Minuten

Vielen Dank an den Mogel Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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