Fugitive

Fugitive Cover
Cover / Foto: Brettspielpoesie

“Die Nacht ist dunkel, bisher lief alles wie am Schnürchen. Doch jetzt ist sie mir auf den Fersen, ich kann schon fast ihren Atem in meinem Nacken spüren. Ich muss schneller werden, geschicktere Verstecke finden, um kurz durchatmen zu können. Es sind noch ein paar Meter bis zu dem Flugzeug, welches mich ein für alle mal in Sicherheit bringt. Mit dem Diebesgut werde ich ein neues Leben beginnen. Ich muss nur noch diese letzten Meter zum Ziel unentdeckt bleiben…” – “Immer wieder derselbe Mist! Da sieht man den Feierabend schon vor Augen, doch kurz vor der Erlösung geht noch dieser Anruf ein und statt mit einem Cocktail an der Bar bin ich nun auf den Straßen unterwegs. Es ist vermutlich meine letzte Chance ihn zu erwischen. Doch er ist mir immer mindestens einen Schritt voraus. Selbst wenn ich das Gefühl habe, den Abstand zwischen uns zu verringern, schafft er es irgendwie noch eine Schippe drauf zulegen. Er darf mir nicht entkommen! Ich muss seine Wege besser voraussehen, um mich nicht ständig abhängen zu lassen…”.

Von dem Spiel, welches ich euch heute vorstellen möchte, existiert noch keine deutsche Version. Sollte es irgendwann  mal eine geben, müsste vermutlich ein neuer Titel gefunden werden. Die Übersetzung von Fugitive, ist nämlich Flüchtling und das würde vermutlich völlig falsche Assoziationen erwecken. Die Flüchtlingsproblematik spaltet das ganze Land, ja sogar ganz Europa. Doch hier soll es keineswegs um Politik gehen, sondern um ein spannendes Kartenspiel für genau zwei Spieler von Tim Fowers, welches 2016 über Kickstarter finanziert werden konnte. Dabei ist ein Spieler auf der Flucht, während der andere versucht ihn zu erwischen.

Spielmaterial:

Tim Fowers gelingt es, seine Spiele elegant zu verstauen. Die Verpackung von Fugitive sieht aus wie ein kleiner Aktenkoffer, mit einem Magnet wird die Schachtel verschlossen. Damit hat die Verpackung, wie schon bei Paperback eine einzigartige Form, das Spiel lässt sich schwieriger im Schrank verstauen, als die standardisierten Spieleschachteln. Dennoch finde ich diese Art des Schachteldesign klasse. Darin enthalten sind 42 nummerierte Ortskarten, zwei Übersichtskarten für den Fliehenden und den Verfolger, sowie ein kleines wieder beschreibbares Plättchen in Form eines Notizblocks, mit den Zahlen von 1 bis 42. Einen passenden, nicht permanenten Marker erhält man ebenfalls. Daneben sind noch ein schmaler Spielplan und weitere Zusatzkarten enthalten.

Fugitive Koffer
Koffer / Foto: Brettspielpoesie

Spielmechanismus:

Fugitive Notizblock
Notizblock / Foto: Brettspielpoesie

Die Karten werden anhand ihrer Werte in drei Stapel geteilt und gemischt bereit gelegt. Der Flüchtende beginnt mit einer Starthand und darf zunächst zwei Verstecke verdeckt ausspielen. Zwei nebeneinander liegende Karten dürfen höchstens um den Wert drei voneinander abweichen. Werden zusätzliche Karten als Sprint dazu gelegt, darf pro abgebildetem Fußabdruck auf den Sprintkarten ein weiterer Wert dazwischen liegen. Dann wechseln sich beide Spieler ab: Karte ziehen und ein oder mehrere Verstecke erraten, wenn der Verfolger am Zug ist. Werden mehrere Verstecke genannt, wird nur aufgedeckt, wenn auch alle Verstecke korrekt erraten wurden. Sonst lag der Polizeichef komplett daneben. Der Flüchtende darf in seinem Zug eine Karte ziehen und eine neues Versteck auslegen. So geht es hin und her weiter. Jedes Mal wenn die Spieler eine Karte ziehen dürfen, entscheiden sie selbst von welchem der drei Stapel.

Fugitive Spielsituation
Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Spielende:

Sobald der Polizeichef das letzte ausliegende Versteck des Flüchtenden korrekt benennt, wird der Flüchtling gefangen genommen. Spielt der Flüchtling die Karte 42 regelkonform aus, gewinnt dieser, es sei denn das letzte aufgedeckte Versteck hat einen Wert von 30 oder niedriger. Dann hat der Polizeichef noch eine letzte Chance alle Verstecke korrekt zu benennen, um die Flucht zu verhindern.

Spieleranzahl:

Dieses Spiel kann nur von genau zwei Spielern gespielt werden.

Glücksfaktor?

Beim Karten ziehen kommt es auf ein glückliches Händchen an, sowohl beim Flüchten, als auch beim Erraten. Es kann passieren, dass der Flüchtende keine Karte ausspielen kann, weil die Werte nicht passen. Das ermöglicht dem Verfolger näher zu kommen. Dieser kann Karten ziehen, die ihm die Verstecke besser einordnen lassen, oder auch nicht. Viel mehr als Glück kommt es jedoch auf Kombinationsgeschick und Spielereinschätzung an. Der Polizeichef kann anhand seiner eigenen Handkarten bestimmte Orte ausschließen und weiß, wie hoch der Wert des folgenden Verstecks maximal sein kann. Mit den Sprint-Karten kann der Flüchtling versuchen seinen Gegenspieler auf eine falsche Fährte zu führen. Die Wahl der Karten kann den Gegenspieler in beiden Fällen etwas unter Druck setzen.

Fazit:

Wir haben hier eines dieser Spiele, bei denen man sich fragt, wieso zuvor noch niemand auf diese Idee gekommen ist? Mit nur ein paar Karten und wenigen Regeln wurde ein intensives Spiel für zwei Personen geschaffen. Die asymmetrischen Rollen führen dazu, dass es nie bei einer Partie bleibt, mindestens eine Revanche mit getauschten Rollen muss eigentlich immer sein. Während der Polizeibeamte vor der mathematischen Herausforderung steht, anhand seiner Handkarten in Kombination mit seinen Rateversuchen und den ausliegenden Karten die Positionen zu bestimmen, versucht der andere Spieler ein wenig zu bluffen und sich unbemerkt davon zu stehlen. Manchen Spielern liegt die eine Rolle besser, anderen die gegensätzliche. Die Herausforderung besteht darin, in beiden Rollen eine gute Figur abzugeben. Wobei mir die Rolle des Flüchtigen etwas leichter erscheint, dieser Spieler trifft auch die größeren Entscheidungen. Oft bietet die Kartenhand mehrere Optionen, von denen sich der Spieler für eine entscheiden muss. Man kann in kleinen Schritten viele Verstecke besuchen oder mit Sprintkarten zu größeren Sprüngen ausholen. Die Sprintkarten können auch zur Täuschung eingesetzt werden. Beide Spieler stehen zudem Runde für Runde vor der Entscheidung, von welchem Stapel sie eine neue Karte aufnehmen. Mit den kleinen Zahlen gelingt es dem Verfolger nah dran zu bleiben, wählt dieser direkt höhere Karten kann er dem Mitspieler das Leben schwerer machen. Denn sollte dieser keine Karte regelkonform ausspielen können, legt er eben kein neues Versteck aus.

Das eigentlich ziemlich abstrakte, mathematische Spielprinzip wurde gelungen in Szene gesetzt. Man fühlt sich während einer Partie wirklich etwas gehetzt, die Anspannung ist beiden Spielern anzumerken. Zum Glück ist nach maximal 20 Minuten einem der beiden Kontrahenten ein Sieg gelungen. Ideal zum durchatmen, bevor die Revanche beginnen kann. Die Eventkarten machen das Spiel etwas leichter, für beide oder nur eine der beiden Rollen. So soll Spielern, denen eine Rolle weniger liegt, etwas unter die Arme gegriffen werden. Diese Events braucht es in meinen Augen nicht, ich mag das Grundspiel genau so wie es ist! Hiermit bekommt man tollen Spielspaß in kleiner Schachtel, die bei uns sicherlich noch häufig hervor geholt wird.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Fowers Games
Autor(en): Tim Fowers
Erscheinungsjahr: 2017
Spieleranzahl: 2 Spieler
Dauer: 5 – 20 Minuten

Vielen Dank an Fowers Games für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

P.S.: Wer jetzt Interesse bekommen hat, der muss sich leider noch einen Augenblick gedulden, wenn er das Spiel direkt beim Verlag bekommen möchte und es nicht vielleicht noch irgendwo im Fachhandel findet. Das Spiel ist derzeit bei Fowers Games nicht verfügbar, aber ein Nachdruck wurde bereits für Spätsommer 2018 angekündigt!

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2 Antworten auf „Fugitive“

Fowers Games sind super.Dazu gehören auch Burgle Bros and Paperback.Ich hatte schon bei der Spieleschmiede angefragt,ob sie das neue Spiel Now boarding auch in ihrer Schmiede bringen.Ich hoffe es,Fowers Games sind nicht überladen und machen Spass :) :)

Hallo Yvonne, mir gefallen die Spiele von Fowers Games auch ziemlich gut, obwohl kaum Jemand mit mir Paperback spielen möchte ;-) Now Boarding würde ich mir ebenfalls gerne näher ansehen :-)

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