Newton

Cover / Foto: Asmodee

Auch wenn ich Informatiker bin, finde ich wissenschaftliche Themen eher abschreckend. Große Forscher wie Galileo Galilei, Kopernikus oder eben Isaac Newton lösen in mir grundsätzlich erstmal keine Begeisterungssprünge aus. Daher lies mich auch dieses Spiel zunächst kalt, das Cover finde ich etwas zu puristisch und wenig ansprechend. Vermutlich war es einer der Autoren, der mich auf das Spiel neugierig machte. Simone Luciani war an Spielen wie Auf den Spuren von Marco Polo, Tzolkin, Teotihuacan oder auch Sheepland beteiligt. Und der Verlag Cranio Creations hat seit der Spiel 2014 sowieso einen besonderen Stand bei mir, denn ich werde so schnell nicht vergessen, wie ich den Anfängerfehler überhaupt machte, mir auf der Spiel früh am morgen am allerersten Stand eben dieses letztgenannte Spiel zu kaufen, welches ich den ganzen langen Tag mit herum schleppen musste, um abends am Ausgang festzustellen, dass noch ausreichend Exemplare vorhanden gewesen wären.

Spielmaterial:

Das meiste spielt sich bei Newton auf den zwei großen Spielplänen ab, der eine zeigt eine Landkarte, der andere verschiedene Technologiezweige. Jeder Spieler erhält ein Studientableau mit einem leeren Bücherregal und einem Schreibtisch. Vieles wird auf diesen Plänen und Tableaus mit den unzähligen kleinen Pappplätchen (Universitäten, Kultstätten, Städte, Bonusplättchen, Zielplättchen, Erfindungen, Ideen, Bücher, etc.) bestückt, zudem sind größere Meisterkarten und kleinere Aktionskarten enthalten. Die Figuren und Marker der Spieler sind aus Holz. Das Startspielerplättchen ist ein Apfel, mit dem Konterfei des titelgebenden Isaac Newton.

Spielmechanismus:

In sechs Runden wollen die Spieler Wissen anhäufen, um ihr Studientableau mit Büchern zu füllen. Am Ende einer jeden Runde gibt es eine Wertung, bei der volle Reihen und Spalten des eigenen Bücherregals belohnt werden.

Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Um das Regal befüllen zu können, müssen verschieden farbige Folianten ausgespielt oder bestimmte Orte bereist werden. Eine Aktion wird ausgeführt, indem eine Karte von der Hand auf den Schreibtisch gelegt wird, das Symbol bestimmt die Aktion. Je mehr dieser Symbole nun insgesamt bei diesem Spieler ausliegen, desto stärker ist der Ertrag der Aktion. Mit einem Reisesymbol darf sich beispielsweise ein Feld auf der Landkarte weit bewegt werden, mit zwei Symbolen bis zu zwei, usw. Neben den bereits erwähnten Aktionen wie Bücherregal befüllen und Reisen gibt es auch die Möglichkeit die Studenten auf dem Technologiezweig zu bewegen und Geld zu verdienen. Die Möglichkeit sich neue Karten zu verschaffen, die neben den Symbolen noch Sondereffekte bieten, ist die letzte Aktionsmöglichkeit. Die Sondereffekte können die Aktionen erweitern, zusätzliches Einkommen generieren oder einfach Folianten zeigen. Das Besondere: Nach jeder Runde muss eine zuvor ausgespielte Karte vom Schreibtisch unter das Studientableau geschoben werden. Dadurch wird ihr Aktionsymbol dauerhaft verfügbar und erleichtert zukünftig stärkere Aktionen auszuführen, der Sondereffekt verschwindet jedoch, da die Karte nicht mehr von der Hand ausgespielt werden kann.

Spielertableau / Foto: Brettspielpoesie

Zu Beginn der Partie erhalten die Spieler vier Meisterkarten, die neben Punkten, die es bei Spielende gibt, auch lukrative Soforteffekte oder dauerhaft verfügbare Folianten einbringen, sobald sie ausgespielt wurden. Zwischen zwei Aktionsrunden prüfen die Spieler wie viele Reihen und Spalten ihrer Regale vollständig mit Büchern befüllt sind, entsprechend erhalten sie Punkte. Hinzu kommt ggf. freigeschaltetes Einkommen in Form von Punkten, Geld oder Tränken. Mit einer Aktionskarte weniger geht es in die nächste Runde.

Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Spielende:

Sechs Runden dauert eine Partie, also genau 30 Hauptaktionen pro Spieler. Nach der Wertungsphase der letzten Runde werden ggf. noch Punkte für die erreichten und erfüllten Zielfelder sowie ausgespielte Meisterkarten vergeben, bevor der Sieger mit der höchsten Punktzahl feststeht.

Spieleranzahl:

Trotz des relativ aufwändigen Spielaufbaus mit den vielen kleinen Plättchen, spiele ich Newton ganz gerne mal solo. Es gibt nur wenige Anpassungen, einige Felder werden nicht mit Plättchen besetzt und es liegen weniger Aktionskarten aus, bei Spielende kann man ein Ergebnis anhand einer Tabelle ablesen. Das macht mir Spaß, dabei schnappt mir wenigsten keiner etwas vor der Nase weg und ich kann mich voll und ganz auf die Auslage konzentrieren und mich den geeignetsten Aktionen zur Erreichung der Ziele widmen. Aber natürlich macht es mir auch mit mehr Spielern Spaß, sobald alle das Spiel kennen geht es für ein solches Spiel sogar recht flott und bei den Karten und den Spielplänen kreuzen sich die Wege oft. Es entsteht dabei keine negative Interaktion, einem Spieler kann nicht genommen werden, was er bereits erworben hat, aber ein anderer Spieler kann präferierte Karten an sich nehmen oder ein Bonusplättchen früher erreichen. Es funktioniert auch zu zweit, doch bei mehr Spielern kommt man sich zwangsläufig mehr in die Quere. Die Bücherregale sind quasi zweigeteilt und das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass mehrere Spieler die gleiche Seite wählen und gleiche Vorgaben erfüllen müssen.

Glücksfaktor?

Jede Partie bietet eine andere Ausgangslage, da kann von Partie zu Partie schon mal mehr oder weniger zusammen passen. Dies ist bereits zu Spielbeginn bekannt und verändert sich nicht, es kann höchstens passieren dass ein Mitspieler etwaige Bonusplättchen früher erreicht und dadurch bestimmte Wege unattraktiver macht. Einen richtigen Zufallsfaktor gibt es während der Partie nur beim Angebot der Aktionskarten, der mit Geld etwas abgemildert werden kann, um zusätzliche Karten aufzudecken.

Fazit:

Ich persönlich finde Newton nicht schwer zu begreifen, aber schwer zu meistern. Die Aktionsmöglichkeiten sind für geübte Spieler rasch verstanden, doch zu erkennen, worauf es wirklich ankommt, benötigt Übung. Vor Spielbeginn sollte der Plan “gelesen” werden, in Kombination mit dem Aktionssymbol des eigenen Studientableaus und den Meisterkarten kann eine grundsätzliche Strategie überlegt werden. Wer sich nicht an dem Aktionssymbol des Tableaus orientiert, hat in unseren Partien nie um den Sieg mitspielen können. Denn es ermöglicht schon früh einen höheren Ertrag einer bestimmten Aktion. Ich halte es kaum für möglich, sich auf alle Aktionen gleichermaßen zu stürzen, besser überlegt man sich eine Strategie anhand bestimmter Aktionen. Zum einen möchte man viele Symbole auf den Schreibtisch bringen, anderseits werden Handkarten zum Ausführen benötigt. Vor allem in den ersten Partien kann es schon mal passieren, dass eine entsprechende Handkarte fehlt und unbedingt erworben werden muss, um eine bestimmte Aktion überhaupt noch ausführen zu können. Wie gut dass es einen Joker gibt, zumindest solange man diesen auf der Hand hält und nicht am Rundenende abgelegt hat.

Nicht nur die Studientableaus unterscheiden sich, die Startkarten der Spieler zeigen unterschiedlich farbige Folianten auf anderen Aktionskarten. Es ist in der Regel lukrativ Karten ohne Sondereffekte unter das Tableau zu schieben, das wären immer die selben bei einer Spielerfarbe, daher empfehle ich auch mal mit den Karten einer anderen Farbe zu spielen. Das Spiel bietet also jede Menge Variation. Die variable Verteilung der Orte, die für die Bücherregalbedingungen zu besuchen sind, sorgt dafür dass von Partie zu Partie bestimmte Ecken des Bücherregals leichter oder schwieriger zu erfüllen sind.

Manche Stimmen meinen, dass es zu stark wäre, sich auf Bücher zu konzentrieren, da somit immer die meisten Punkte generiert werden könnten. Ich finde es jedoch okay, dass die Bücheraktion grundsätzlich wichtig ist. Wir sind schließlich Gelehrte im 18. Jahrhundert, da musste man eben hin und wieder mal die Bücher wälzen, thematisch ist das wunderbar zu erklären. Die Wege, um an die Bücher zu gelangen, können dabei ganz unterschiedlich sein.

Nicht zu unterschätzen sind die Zusatzaktionen, die gegen Geld ausgelöst werden können, das Geld selbst ist bei Spielende nichts wert. Es ermöglicht jedoch die Aktionen zu verstärken, weitere Studenten einzusetzen, zusätzliche Karten aufzudecken oder auch Tränke zu kaufen, die wiederum eingesetzt werden können um Bedingungen des Bücherregals zu erfüllen. Alles fühlt sich so gut ineinander verwoben an und immer fehlt es an irgendwas: Entweder reicht das Geld nicht, um weit genug zu verreisen, es müsste noch ein Aktionssymbol mehr ausliegen oder es fehlt genau ein Buch oder ein Schritt auf der Technologieleiste. Es sollte daher gut geplant werden, um nicht kurz vor Ende eines Weges stoppen zu müssen, um bei der folgenden Aktion überzählige Schritte zu vergeuden. Irgendwas ist halt immer, sich dabei den effizientesten Weg zu suchen, um den Mitspielern eine Nasenlänge voraus zu sein, macht mir Spaß. Und meinen Mitspielern zum Glück auch. Hier ist allerdings auch ein kleiner Haken erkennbar. Wer zu Beginn versäumt, sich eine gute Basis aufzubauen, dem laufen die Mitspieler schnell uneinholbar davon. Die hinten liegenden Spieler hoffen dann nur noch auf ein schnelles herunter Spielen, erfahren im schlimmsten Fall sogar die Demütigung (mehrfach) überrundet zu werden. Gegen einen Mitspieler habe ich bisher noch keine Chance gesehen, das fördert allerdings meinen persönlichen Wiederspielreiz, denn auch diesen möchte ich irgendwann bei einer Partie Newton besiegen. Ich denke es gibt kaum ein besseres Lob für ein Spiel, als dass es immer wieder gespielt werden möchte, um andere Wege einzuschlagen und ein wenig herum zu experimentieren.

Wertungsnote 6/6

Verlag: Cranio Creations / Vertrieb: Asmodee
Autor(en): Simone Luciani, Nestore Mangone
Erscheinungsjahr: 2018
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 90 Minuten

Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

Ähnliche Artikel:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert