Wo geht’s hier zum Ausgang?! – No. 25

Wo geht’s hier zum Ausgang?! / Foto: Brettspielpoesie

Wer hätte zum Start dieser Rubrik erwartet, dass so viele Veröffentlichungen in so kurzer Zeit erfolgen? Ich war mir sicher, der Trend der Escape Room- und Detektiv-/Kriminal-Spiele würde irgendwann deutlich abebben, doch bislang ist kein Ende in Sicht. Weiterhin kommen neue Serien auf den Markt. Nicht nur jeder Verlag möchte mitmischen, viele legen sich auch gleich mehrere Standbeine in diesem Genre zu. Dabei ist allerdings nicht alles Gold was glänzt, bei manchen Spielen fragt man sich tatsächlich, wie so etwas heute bei all den existierenden Angeboten noch erscheinen kann. Doch hin und wieder ist auch ein neues Spielprinzip dabei, für das es sich lohnt auch den Neuen eine Chance zu geben. Und daher höre ich nicht auf, euch von meinen Spielerfahrungen mit Escape Room- und Krimi-Spielen zu berichten.


Escape Tales – Children of Wyrmwood

Escape Tales: Children of Wyrmwood
Escape Tales: Children of Wyrmwood / Foto: Brettspielpoesie

Die Escape Tales gehen in die dritte Runde. Es begann mit einem mysteriösen Ritual bei The Awakening, führte uns zunehmend technischer ins Jahr 2060 mit Low Memory und bringt uns nun ein Fantasy Abenteuer der Children of Wyrmwood. Der Kosmos Verlag entschied sich gegen eine Lokalisierung dieses dritten Teils der Serie, da sie die Zielgruppe bzgl. Story und Art der Rätsel leider für etwas zu klein einstufen. Hauptcharakter Gilbert lebt in einer Stadt die mehr und mehr von gefährlichen Wyrmwurzeln überwuchert wird, denen man ausweichen sollte, um nicht den Verstand zu verlieren. Dennoch macht er sich auf den Weg in die umgebenden Wälder, um herauszufinden was es mit diesen Wurzeln auf sich hat. Nach einem erfolgreichem Spieleschmiede-Projekt wurde das Spiel nun bei Grimspire in einer deutschen Version veröffentlicht.

Am Spiel selbst hat sich gegenüber Low Memory nur wenig verändert. Wieder ist das Spielerlebnis in drei Kapitel aufgeteilt, vorweg erleichtert ein kurzer Prolog den Einstieg. Die Kapitel hängen aber direkt zusammen und bilden chronologisch die Geschichte genau eines Charakters ab: Gilbert. Als neuer Mechanismus sind diesem Charakter Zustandswerte zugeordnet, die sich im Laufe der Partie verändern. Je nachdem welcher Weg gewählt wird, erhält Gilbert unterschiedliche Zustandskarten, welche die Werte sowohl positiv als auch negativ modifizieren.

Escape Tales - Children of Wyrmwood Gilbert
Escape Tales – Children of Wyrmwood: Gilbert / Foto: Brettspielpoesie

Sollten die Aktionsscheiben ausgehen, habt ihr nun die Wahl euch zu verausgaben oder auszuruhen, was sich ebenfalls verschieden auf den Charakter auswirkt. Das finde ich sehr gelungen, da es keine direkte Bestrafung gibt. Es verändert Statuswerte, deren Auswirkungen sich erst im Laufe der Partie zeigen und fühlt sich daher weniger bestrafend an.

Das Ablagetableau für die Raumkarten wurde wegrationalisiert, stattdessen werden die Karten nun direkt auf den Tisch gelegt, was im Spiel für mich kaum einen Unterschied machte.

Escape Tales - Children of Wyrmwood Raum
Escape Tales – Children of Wyrmwood Raum / Foto: Brettspielpoesie

Neu ist die Möglichkeit sämtliche Karten miteinander zu kombinieren. Die Eingabe erfolgt in der App, die eigentlich wieder nur eine Webseite ist. Es ist keine Installation oder Registrierung notwendig. Erfolgreiche Kombinationen führen zu einem neuen Paragraphen im Story-Heft. Diese Kombinationsmöglichkeit ist nicht neu, wie kennen sie bereits aus anderen Spielen, doch passt sie hier gut hinein. Jedem Rätsel ist wieder ein Symbol zugeordnet, um den Code in der App eingeben zu können. Die Rundensymbole zur Unterscheidung der Rätsel fand ich zu Beginn schwierig zuzuordnen, was im Laufe der Partie jedoch leichter wird, umso mehr Rätsel bereits gelöst wurden.

Escape Tales - Children of Wyrmwood Symbole
Escape Tales – Children of Wyrmwood Symbole / Foto: Brettspielpoesie

Häufiger Kritikpunkt bei beiden Vorgängern war es, nicht zuverlässig zu erkennen, welche Bereiche eines Ortes zur Lösung der Rätsel wichtig sind und welche nicht. Dies ist hier nicht mehr der Fall. Wer genau hinsieht und gut kombiniert kann Verbindungen zwischen den Abbildungen verschiedener Raumteile entdecken. Dies ist uns positiv aufgefallen, es verhindert allerdings auch Hinweise zufällig zu entdecken. Es ist hier nämlich gut möglich sogar Teile der Gesamtgeschichte zu verpassen. Wir hätten das zweite Kapitel schon viel eher beenden können, entschieden uns dann aber doch noch ein wenig zu bleiben um alles näher zu erkunden. Wir untersuchten viele, aber nicht alle Orte. Dadurch bleib uns ein gesamter Strang an Informationen verborgen. Was uns im Spielablauf aber nicht negativ auffiel, es fühlte sich für uns alles stimmig an.

Was allerdings nicht für alle Rätsel gilt. Diese waren durchaus sinnvoll platziert und abwechslungsreich, ich würde sie als recht klassische Escape Room-Rätsel bezeichnen. Den einen oder anderen Lösungsweg könnten wir trotz aller Hinweise jedoch nicht vollständig nachvollziehen. Bei so manchem Rätsel hätte ich mir, wie bei EXIT, gewünscht die Rätselkarte zerschneiden zu dürfen. Diese waren im Kopf einfach nicht leicht zu lösen. Andere waren prädestiniert dafür digital in einer App gelöst zu werden, die man ja eh im Spiel benutzt. Manch einem gefällt vielleicht genau dieser Schwierigkeitsgrad, ich fand es teilweise sehr anstrengend. Ich fand es auch irritierend, das die Lösung mancher Rätsel keine sinnvolle Buchstabenkombination ergab, sondern wild aneinander gereihte Buchstaben.

Dies ist das erste Escape Tales Spiel, bei dem ich mir durchaus vorstellen könnte einen weiteren Durchlauf zu spielen, da es sich sehr stark verzweigt. Im ersten Kapitel haben wir versucht so effizient wie möglich durchzuhasten, was zwar problemlos gelang, dadurch jedoch so manches Rätsel und sogar ein Raum unentdeckt blieb. Auch im zweiten Kapitel gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten in welcher Reihenfolge die Orte entdeckt werden und dann die völlig freie Wahl, welche näher zu untersuchen sind, bevor die Spieler selbst das Kapitelende einläuten. Das dritte Kapitel ist kürzer, nennt sich selbst auch Epilog. Es bringt eine kleine Neuerung hinein, auf die ich jetzt nicht weiter eingehen möchte, um euren Spielspaß nicht abzumildern. Ich fand es gut davon überrascht zu werden.

Die Story sprach mich zunächst weniger an, dennoch hat mir das Gesamtkonstrukt mit den neuen Mechaniken wirklich gut gefallen. Daher hoffe ich, dass dies noch nicht der letzte Teil der Escape Tales-Serie sein wird.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Grimspire
Autor(en): Jakub Caban, Bartosz Idzikowski
Erscheinungsjahr: 2021
Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
Dauer: 450 Minuten

Vielen Dank an Grimspire für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!


Magische Briefe

Magische Briefe Umschlag
Magische Briefe Umschlag / Foto: Brettspielpoesie

Im vergangenen Jahr, zu Beginn der Corona-Pandemie mit den ersten Kontaktbeschränkungen, begann der Homunculus Verlag ganz klassisch Briefe zu schreiben. Den ersten Monat der sogenannten Crime Letters habe ich euch damals vorgestellt. Sie spielen in der eigens für die Escape Room-Reihe ESCAPE Dysturbia erschaffenen Welt. Jeden Monat gibt es vier Briefe mit unterschiedlichen Indizien, die es ermöglichen am Ende den oder die Täter zu überführen. Eine schöne Idee, vor allem in einer Zeit in der durch weit verbreitetes Home Office immer mehr online passiert. Es war für mich immer eine kleine Überraschung einen solchen Brief aus dem Briefkasten zu fischen und den Inhalt zu entdecken. Diese Briefe scheinen generell gut anzukommen, denn nun haben die Schöpfer eine thematisch etwas anders gelagerte Welt im Kopf, die auf ähnliche Art und Weise entdeckt werden soll.

Die Magischen Briefe laden euch ein in eine Welt voller Magie, sie führen euch als Student an die Akademie für Magie Lorethal. Ob ihr euch auf Angriffs- und Verteidungszauber, die Geheimnisse der Natur, die Erforschung magischer Artefakte oder auf die Suche nach der Wahrheit begeben wollt, zu jeder dieser Spezialisierungen gibt es eine Fakultät. Diese werdet ihr bei verschiedenen Wettbewerben vertreten, es scheint einiges, interaktives zwischen den Studenten geplant zu sein. Nach Erhalt eines persönlichen Willkommensschreibens mit Immatrikulationsbescheinigung und dem ersten Rätsel lernt ihr Monat für Monat in jeweils vier Briefen den Studierendenalltag an der Akademie mit vielen magische Momenten und Aufgaben kennen. Am Ende eines jeden Monats steht eine kleine Zwischenprüfung online an.

Magische Briefe Material
Magische Briefe Material / Foto: Brettspielpoesie

Ich konnte mir eine leicht abgeänderte Vorab-Version des allerersten Briefs anschauen, dieser macht durchaus Lust auf mehr, wenn man mit der Welt etwas anfangen kann. Ohne das Harry Potter-Universum im Detail zu kennen, denke ich das einige Parallelen zu erkennen sind. Die Story ist jedenfalls wieder sehr detailreich und liebevoll aufgebaut, da wird es sicherlich viel Interessantes zu entdecken geben. Das Einstiegsrätsel war leicht zu meistern, aber zum Einstieg soll es ja auch nicht gleich überfordern. Falls ihr euch einschrieben wollt, könnt ihr dies noch bis morgen auf Kickstarter tun und dort auch exklusive Inhalte bestellen. Ich bin mir allerdings sicher, dass eine Anmeldung für die magischen Briefe auch später noch auf der Verlagsseite möglich sein wird.

Eine Bewertung gebe ich hier nicht ab, da ich eben nur den Willkommensbrief bewerten kann und dieser sicherlich nicht mit dem Erlebnis eines vollen Monats vergleichbar ist. Dennoch wollte ich euch dieses neue Produkt kurz vorstellen, vielleicht seid ihr ja an einem Magie-Studiengang interessiert.

Verlag: Homunculus SPIEL
Autor(en): k. A.
Erscheinungsjahr: 2020
Spieleranzahl: 1 Spieler
Dauer: k. A.

Vielen Dank an Homunculus SPIEL für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!


Vendetta

Vendetta Cover
Vendetta Cover / Foto: Brettspielpoesie

Es begann mit den Detective Stories von IdVenture, darauf folgten die Hidden Games und viele weitere solcher freien Detektivspiele, bei denen sich die Spieler durch Unmengen von Indizien wühlen, um Zusammenhänge herzustellen, den Geschehnissen auf den Grund zu gehen und dabei den Täter zu ermitteln. Doch haben diese Spiele eigentlich immer eines gemeinsam: Die Spieler schlüpfen in die Rolle von Detektiven und versuchen die Bösen zu entlarven.

Vendetta bietet eine etwas andere Ausgangslage: Ihr gehört der Mafia an und macht euch auf die Suche nach einem Verräter in den eigenen Reihen, um den Tod des Sohnes vom Mafiaboss zu rächen. Erschossen wurde dieser von der Polizei, bei einem eigentlich geheimen Treffen, doch woher wusste die Polizei davon? Dies herauszufinden ist eure Aufgabe. Im Laufe der Partie werdet ihr viele unterschiedliche Orte besuchen und dort auf Verdächtige stoßen. Hin und wieder müsst ihr euch entscheiden: Welchen Weg ihr einschlagt, welchen Hinweis ihr genauer untersuchen wollt oder wie ihr Informationen aus Personen heraus bekommt. Solche Entscheidungen werden mit Sternen belohnt, die ihr für eine gute Bewertung sammeln könnt.

Vendetta Zeitstrahl
Vendetta Zeitstrahl / Foto: Brettspielpoesie

Ihr findet in der Schachtel neben einem Notizblatt mit Zeitstrahl und einem dicken, nummerierten Kartenstapel auch ein großes Plakat mit Ablageflächen für sämtliche Karten und Platz für weitere Notizen. Zusätzlich liegen mehrere Umschläge mit weiterem Material bei. Die darin enthaltenen Indizien sind leider alle auf derselben Papierart abgedruckt, immersiver wäre es passendere Materialien vorzufinden, denn ein Restaurantflyer liegt beispielsweise anders in der Hand als ein handgeschriebener Brief.

Vendetta Karten & Objekte
Vendetta Karten & Objekte / Foto: Brettspielpoesie

Die Karten sind atmosphärisch passend illustriert, sie werden gelungen in das Spiel eingebunden. Sie weisen euch an, wann ihr bestimmte Umschläge öffnen oder weitere Karten einsehen dürft. Es gibt auch den einen oder anderen Code herauszufinden, der auf der Webseite zum Spiel eingegeben wird, um Zugang zu weiteren Indizien zu erhalten. Dort findet sich auch ein umfangreiches Hilfesystem. Für manche Informationen wurden spezielle Webseiten angelegt, darüber hinaus findet ihr notwendige Informationen auch ganz allgemein im Internet. Das lässt die vierte Wand durchbrechen und zieht die Spieler tief hinein in die mafiöse New Yorker Unterwelt.

Die Kombinationen der Hinweise sind abwechslungsreich, nicht zu schwer, aber meist auch nicht zu offensichtlich, sodass mehrere Stunden Ermittlungsarbeit vor einem liegen. Der zeitliche Ablauf der Geschehnisse ist wichtig, dies korrekt nachzuvollziehen hilft die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ein Internetzugang ist während der Partie erforderlich. Es wird kein Material verbraucht, wenn die mitgelieferten Notizzettel nicht dauerhaft beschriftet werden. Ich empfehle dafür leicht zu entfernende Post-Its.

Vendetta Detective Board
Vendetta Detective Board / Foto: Brettspielpoesie

Es gelingt den Autoren eine Welt zu erschaffen, welche die Spieler erkunden wollen. Die Partie endet noch nicht mit der Benennung des Verräters, als rechte Hand des Mafiabosses entscheidet ihr über den Ausgang der Einzelschicksale aller Verdächtigen. So gelingt dem Spiel ein thematisch passender Abschluss, der wie die gesamte Partie direkt von den Entscheidungen der Spieler beeinflusst wird.

Wertungsnote 5/6

Verlag: Noctis Verlag
Autor(en): Lukas Setzke, Martin Student, Verena Wiechens
Erscheinungsjahr: 2021
Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler
Dauer: 120 – 150 Minuten

Vielen Dank an den Noctis Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!


Ähnliche Artikel:

2 Antworten auf „Wo geht’s hier zum Ausgang?! – No. 25“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert