BerlinCon 2019 – Samstag

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Logo / Foto: Brettspielpoesie

Heute möchte ich euch vom längsten Tag der BerlinCon berichten. Mit der BerlinCon Badge konnten die Hallen bereits um 09:30 Uhr betreten werden. Wieder erfolgte der Einlass sehr entspannt, auch wenn sich einige anscheinend frühzeitig die Pole Position gesichert hatten, um beim “weltgrößten” Brettspiel-Flohmarkt ganz vorne mit dabei zu sein. Auch unser erster Weg führte direkt dorthin, doch musste noch einige Zeit vergehen, bis wir durch den professionell abgesperrten Zickzack-Kurs wirklich zu den Spielen gelangten. Die Positionierung des Flohmarkts am Ende der Halle empfand ich als hervorragende Lösung, auch wenn die Schlange zeitweise trotzdem bis in die Ausstellerhalle hinein ragte.

Ich konnte nicht bleiben, um mich von der Spieleauswahl des Flohmarkts selbst zu überzeugen, da ich Christoph von der Brettspielbox zu Cranio Creations begleiten wollte. Dort bekamen wir zunächst einen Überblick über Masters of Renaissance. dem Kartenspiels zu Lorenzo Il Magnifico. Ich habe das Grundspiel nie gespielt, das Kartenspiel würde ich dennoch gerne ausprobieren, die Erklärung machte Lust auf mehr. Besonders der Ressourcenmarkt, bei dem kleine Kugeln die Ressourcen repräsentieren, fiel mir direkt ins Auge. Die Spieler wählen eine Reihe oder Spalte und erhalten dann alle entsprechenden Ressourcen, bevor sie den Markt durch das hinein schieben einer weiteren Kugel verändern. Mit den Ressourcen können die Karten erworben werden, mit denen sich die Spieler eine kleine Engine aufbauen wollen.

Masters of Renaissance – Prototyp! / Foto: Brettspielpoesie

Es folgte eine Vorstellung der für mich persönlich interessanteren Neuheit Mystery House, einem neuen Ansatz das Escape Room-Erlebnis auf den Spieltisch zu bekommen. Die gesamte Spieleschachtel wird zum physischen Escape Room, Karten bilden die Wände der Räume und müssen durch geschicktes Kombinieren und Lösen von Rätseln erst geöffnet werden, um weiter in das Innere zu gelangen. Zusammen mit Jürgen und Eva von Spielbar.com wagten wir uns an den Demo-Fall, um einen ersten Eindruck zu gewinnen. Dieser Demo-Fall enthält weniger Karten, als die “richtigen” Fälle, die äußeren Wände werden komplett freigelassen. Die Spieler sitzen jeweils an einer Seite und können von dort in den Raum hinein sehen, wenn alle einverstanden sind, kann die gesamte Box gedreht werden, um andere Einblicke zu erhaschen. Wer etwas sieht, kann die App danach befragen. Da diese noch nicht fertig ist, stand uns jemand vom Verlag zur Seite und konnte stattdessen befragt werden. Die Aufmachung macht ordentlich was her, die bringt aber auch Nachteile mit sich. Die Box sollte auf Augenhöhe der Spieler stehen, damit alle einen möglichst geraden Blick hinein haben. Getrübt wird dies von der Dunkelheit, die zwar thematisch hervorragend passt, aber für Spieler mit schlechterer Sicht im Dunkeln weniger geeignet sein könnte. Dennoch bleibe ich gespannt, wie das Endergebnis sein wird, den Ansatz einen dreidimensionalen Raum zu erzeugen, finde ich gelungen. Leider ist noch kein deutscher Vertrieb im Boot und daher noch keine deutsche Veröffentlichung in Sicht. Die englische Version ist für die Spiel in Essen geplant.

Mystery House Prototyp!/ Foto: Brettspielpoesie

Escape Room Adaptionen sprechen mich immer an, weswegen ich als nächstes am Stand von idVenture hängen blieb. Die vier großen Titel des Verlags, die beiden Detective Stories sowie die beiden Escape Room-Spiele, haben wir bereits erfolgreich lösen können, doch was dort auf den Tischen lag, schien uns unbekannt zu sein. Es handelte sich um einen kurzen Demo-Fall, den es auch schon auf der Spiel Doch gegeben haben soll. Als geübte Spieler in diesem Genre kamen wir schnell auf die Lösung, als Demo-Fall fand ich es allerdings sehr gelungen. Es zeigt die  grundlegende Herangehensweise an einen solchen Fall auf, ideal um herauszufinden, ob diese Art von Spiel für einen geeignet ist. Als wir den Stand schon verlassen wollen, drückte man uns noch die Clue-Box in die Hand, eine kleine Holzbox, gefüllt mit diversen Rätseln für 60 Minuten Escape Room-Feeling. Wir schauten uns alles im Detail an, doch fanden nicht einmal den Ansatz einer Lösung. Also stand fest, das Ding muss mit und zu Hause in Ruhe unter die Lupe genommen werden. Ich werde berichten…

Genau zur Mittagssonne machten wir es uns bei Queen Games gemütlich, um die Roll & Write-Variante zu Copenhagen anzuspielen. Und das mit der Sonne ist kein Scherz, denn durch die Dachfenster haben wir hier fast schon Sonnencreme vermisst. Als ich zum ersten Mal von dieser Roll & Write-Adaption hörte, vermutete ich zunächst ein Ausschlachten des bekannten Spiels. Mittlerweile gibt es ja unzählige Roll & Write-Versionen, die oft nicht an das bekannte Grundspiel heran kommen. Doch ganz anders erscheint es mir bei Copenhagen zu sein, die erste Partie fühlte sich sehr spannend an, alle hatten das Gefühl mehr Einfluss zu haben, als im normalen Spiel. Die Wertungszettel sind zweigeteilt, im eigenen Zug wird gewürfelt, um entsprechend der Farben Puzzleteile als Hausfassaden einzuzeichnen. Die passiven Spieler dürfen eine übrige Farbe wählen, um ein entsprechendes Kreuz zu setzen, welches Bonusaktionen freischalten kann. Diese Bonusaktionen haben wir in unserer Erstpartie vermutlich noch viel zu wenig verwendet, ich bin gespannt was sich da noch alles für Möglichkeiten ergeben können.

Copenhagen Prototyp! – Foto: Brettspielpoesie

Das nächste Ziel war der Stand von Pegasus Spiele, wo es eine kleine Pressevorführung einiger Neuheiten geben sollte. Wir starteten an mehreren Tischen mit Kitchen Rush, einem weiteren kooperativen Echtzeitspiel. Pegasus Spiele hat an der von Artipia Games bereits veröffentlichten Version noch ein wenig gefeilt, herausgekommen ist ein Familienspiel, welches vom Aufbau her an Magic Maze erinnert. In kleinen Szenarien wird von Partie zu Partie ein Regeldetail hinzu genommen, sodass sich die Spieler langsam an den Spielablauf gewöhnen können. Die Spieler wollen gemeinsam ein Restaurant betreiben, müssen dafür die Bestellungen aufnehmen, Zutaten sammeln und diese an den Kochstellen zubereiten. Die Arbeiter sind Sanduhren, jede Aktion kostet einen Sanduhrdurchlauf an Zeit. Innerhalb einer vorgegeben Zeit muss eine Aufgabe erledigt werden. Später kommen noch weitere Elemente hinzu, wie Teller waschen, Kräuter zupfen, etc. Ich selbst bin eigentlich kein großer Fan von Echtzeitspielen, da mir diese häufig zu hektisch sind, aber durch die sanfte Einführung kann ich mir dieses sogar ganz gut vorstellen.

Kitchen Rush – Prototyp!/ Foto: Brettspielpoesie

Auch Next Move Games, die Marke von Plan B Games für abstrakte Spiele, hat ein neues Spiel veröffentlicht. 5211 heißt es und dieser Titel beschreibt schon den grundlegenden Spielablauf: 5 Karten auf der Hand, von denen zuerst zwei ausgespielt werden, dann in zwei weiteren Runden jeweils eine, bevor es zur Wertung kommt. Bei der zählen die Karten der Farbe die am häufigsten ausgespielt wurde, vorausgesetzt das Limit wurde nicht überschritten. In mehreren Runden wird der gesamte Kartenstapel durchgespielt, bevor der Sieger mit den meisten Punkten ermittelt wird. Dieses Kartenspiel hat mich nicht direkt überzeugen können, zu zufällig erschien es uns, zu wenig Einfluss hatten die Spieler.

5211 Spielsituation / Foto: Brettspielpoesie

Als nächstes wagten wir einen Blick auf das Roll and Write Spiel zu Imperial Settlers, welches wir am morgen fast schon gekauft hätten, da es für die ersten Käufer einen speziellen Block mit deutschen Gebäuden gab. Doch hat das Spiel zuletzt eher durchwachsene Kritiken bekommen, wir wollten uns nun einen eigenen Eindruck verschaffen. Leider weicht dieser nicht wirklich von der allgemeinen Stimmung ab. Reihum würfelt ein Spieler, dann dürfen alle Spieler die Würfel nutzen. Für jedes Kreuz wird ein Arbeiter-Symbol benötigt, zusätzlich noch Ressourcen, die auf den anderen drei Würfeln zu finden sind. Die Spieler können sich über Gebäude dauerhafte Boni freischalten oder Ressourcen im Dorf abbauen. Leider geht total schnell der Überblick verloren, welche Ressourcen und wie viele Arbeiter bereits verwendet wurden. Jeder Spieler spielt nur für sich, lediglich bei den Rundentafeln, die jede Runde neu vergeben werden, kann man sich aktiv etwas “wegschnappen”, wobei auch das kaum relevant ist. Wir haben die Partie ungefähr nach der Hälfte abgebrochen, weil uns die Verwaltung einfach zu mühsam war. Da helfen auch keine Hinweise wie, “als Solo-Spiel ist es am besten” oder “man kann doch einfach die Ressourcenmarker des Grundspiels verwenden”. Ein eigenständiges Spiel muss auch für sich alleine bestehen können, hier hätte man in meinen Augen redaktionell noch einiges verbessern können.

Imperial Settlers Roll & Write / Foto: Brettspielpoesie

Als wir nach einer kurzen Auszeit zurück kamen, war die Ausstellerhalle bereits geschlossen und wir schauten uns an, was auf der freien Spielfläche so los war. Wie auch schon am Vorabend waren die meisten Tische besetzt, überall wurde gespielt. Einige spielten ihre eigenen Neuanschaffungen, andere nutzten die umfangreiche Spieleausleihe vor Ort. Wir trafen hier und da bekannte Gesichter, spielten einige Partien A fake Artist goes to New York und trafen dann auf einige Beeple-Mitglieder, die gerade auf dem Weg zur klimatisierten Hotelbar waren. Dort schlossen wir uns direkt an, denn die BerlinCon hat nach wie vor einen großen Nachteil: Das Wetter. Wenn es auch nicht ganz so heiße Temperaturen waren, wie sie derzeit in Deutschland herrschen, so wird es in einer großen Halle mit so vielen Menschen auf Dauer einfach warm und stickig.

In der Bar kam direkt eine Neuanschaffung von Christoph auf den Tisch: Draftosaurus. Bei diesem familientauglichen Spiel werden, wie der Titel bereits vermuten lässt, Dinosaurier gedraftet. Reihum wird zeitgleich ein Saurier aus der Hand gewählt, ein Würfel gibt vor, wo dieser eingesetzt werden darf. Nur der aktive Spieler darf dies ignorieren. Um Punkte zu generieren werden je nach Gehege gleiche oder ungleiche Dinosaurier, Paare oder Einzelgänger platziert. Jedes Gehege hat eine spezielle Platzierungsregel, anschießend gibt man seine Dinosaurier einfach weiter und wählt aus den neu erhaltenen. Solange bis alle Dinos platziert wurden. Da macht richtig Spaß, die kleinen Dinos sehen toll aus und liegen super in der Hand, die Rückseite der Tableaus bietet weitere Einsetzregeln für mehr Abwechslung. Leider kam ich am Sonntag genau dann an den Stand von BoardgameBox, als gerade das letzte Exemplar verkauft wurde und muss nun hoffen, es mir auf anderem Wege zu besorgen.

Draftosaurus / Foto: Brettspielpoesie

Wir spielten noch weitere Titel wie 4 1/2 Minuten oder das Kneipenquiz, bevor ein Social Deduction Spiel den gemütlichen Abend beenden sollte. Doch bei Secret Hitler wurde es zunächst etwas ungemütlich, man muss sich nämlich auf das Thema einlassen können und das Spiel nicht zu ernst nehmen. Ich mag das Genre nicht sonderlich gerne, da oft ein ungutes Gefühl entsteht, wenn man beschuldigt wird und sich verteidigen muss. Das ist hier ideal gelöst. Zu Beginn werden die Rollen verteilt, liberal oder faschistisch, einer der Faschisten ist Hitler. Die Faschisten kennen Hitler, er weiß nichts über die Mitspieler. Reihum wechselt der Präsident und schlägt einen Kanzler vor, über dessen Wahl die anderen Spieler abstimmen. Der Kanzler bekommt vom Präsidenten zwei von drei Gesetzen ausgehändigt, von denen eines ausgespielt werden muss. Diese können liberal oder faschistisch sein, beide Seiten versuchen ihre Gesetze durchzubringen. Die Faschisten können auch gewinnen, wenn sie Misstrauen säen oder Hitler später im Spiel zum Kanzler gewählt wird. Unsere Partie dauerte recht lange, viele Gesetze lagen aus, doch dann gelang es den Faschisten Hitler zum Kanzler zu machen. Sie hatten dabei gute Chancen, da sich die Liberalen untereinander nicht wirklich vertrauten. Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschieden, doch auch das fand ich akzeptabel, da es erst ganz zum Schluss passieren kann, wenn sich die Partie bereits auf der Zielgeraden befindet. Damit beendeten wir den Abend, am nächsten Tag sollte schließlich weiter gespielt werden…

Secret Hitler / Foto: Brettspielpoesie

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