Spiel des Jahres 2023 – Prognose

Schon am Montag sind wir alle schlauer, denn dann gibt die Spiel des Jahres-Jury bekannt, welche Spiele sie aus dem vergangenen Jahrgang zum Spiel, Kinderspiel und Kennerspiel des Jahres empfiehlt und nominiert. Allerdings nicht wie in den vergangenen Jahren bereits um 10 Uhr morgens, der Live-Stream startet dieses Jahr erst am Nachmittag um 16 Uhr. Bei den Bretterwissern haben wir bereits unsere Hörer gefragt, welche Titel sie auf den Listen vermuten und unsere persönlichen Tipps abgegeben. Heute möchte ich meine Gedanken dazu auch noch verschriftlichen.

Bevor ich zur diesjährigen Prognose komme, möchte ich zurückblicken. Letztes Jahr lag ich mit Living Forest als Kennerspiel des Jahres genau richtig. Meine beiden weiteren Tipps für die Nominierungen, Khôra und Witchstone, landeten neben Arche Nova immerhin auf der Empfehlungsliste.

Beim Spiel des Jahres hatte ich auch nur beim späteren Preisträger Cascadia den richtigen Riecher. Die beiden anderen Nominierten Scout und Top Ten hatte ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch gar nicht gespielt. Das von mir genannte 7 Wonders Architects landete lediglich auf der Empfehlungsliste, Project L hingegen wurde von der Jury überhaupt nicht erwähnt.

Der überraschendste Titel der Empfehlungsliste zum Spiel des Jahres 2022 war sicherlich Magic Rabbit von Funbot, was zuvor nur wenig in den Medien beachtet wurde.

Kinderspiel des Jahres

Beim Kinderspiel des Jahres kann ich erneut keine Tipps abgeben, dafür spiele ich einfach zu wenig Kinderspiele.

Kennerspiel des Jahres

Mein Favorit für das Kennerspiel des Jahres ist Challengers. Bei diesem sogenannten Autobattler stellt sich jeder während der Partie ein Kartendeck zusammen und lässt dieses im Turniermodus gegen die Decks der anderen antreten. Nur zwischen den einzelnen Begegnungen lässt sich das Deck verändern, im Duell wird das gemischte Deck einfach heruntergespielt, bis ein Sieger feststeht. Das ist von den Regeln her zwar einfach, aber für weniger erfahrene Spieler ist das Spielkonzept doch recht fremd. Das man zwischen den einzelnen Duellen aufstehen und den Platz wechseln muss, ist zwar für die meisten kein Problem an sich, aber es ist für ein Brettspiel zumindest ungewöhnlich. Auch die Karten mit ihren Effekten und deren Zusammenspiel zu durchschauen, benötigt seine Zeit bzw. Spielerfahrung. Von daher ordne ich es beim Kennerspiel des Jahres ein. Und sehe es in diese Kategorie auch als heißen Favoriten für den Titel an.

Bei den weiteren Titeln wird es für mich schon wieder dünn, da ich noch nicht alle in Frage kommenden Spiele selbst spielen konnte. Von den Titeln, die ich gespielt habe, sind Council of Shadows und Iki meine Favoriten auf eine Nominierung. Council of Shadows sticht durch den Mechanismus heraus, dass man zwei unterschiedliche Marker für Energie und Verbrauch hat und man mehrfach den Verbrauchsmarker mit den Energiemarker einholen muss. Starke Aktionen verbrauchen auch viel, damit bewegt sich der entsprechende Marker entsprechend schnell voran. Diesen möchte man aber möglichst schnell einholen, um starke Technologien zu erhalten und auch das Spielende selbst in der Hand zu haben. Dazu gibt es einen interessanten Mehrheiten-Mechanismus, bei dem man sich immer wieder dazwischen entscheiden muss, die eigene Präsenz auszubreiten oder stattdessen lieber kurzfristig Energie zu generieren.

Bei Iki aktivieren die Spieler von ihnen ausgespielte Händler und lösen Aktionen aus, während ihre Figuren um den Spielplan ziehen. Händler können nur begrenzt oft aktiviert werden, bevor sie in den Ruhestand gehen. Dort bringen sie zwar ihrem Besitzer weiterhin einen Rundenbonus, ihre Aktion lässt sich aber nicht mehr ausführen. Daher kommt es bei Iki auch immer auf den richtigen Zeitpunkt an. Das Spiel nutzt bereits bekannte Spielmechanismen, aber in einer für ein Euro-Spiel ungewohnt interaktiven Kombination. Durch einen Feuermechanismus, der drei Mal im Spiel die ausliegenden Marktstände bedroht, kommt zwar ein unberechenbarer Glücksfaktor hinein, dieser erzeugt aber zugleich auch Spannung.

Es gibt noch einen gut besprochenen Titel, den ich leider selbst noch nicht spielen konnte: Planet Unknown. Es klingt danach, dass dieses Plättchenlegespiel im Weltall ebenfalls gute Chancen haben könnte. Gerade ist wieder eine Lieferung des Spiels beim Verlag eingetroffen und es sollte daher bald wieder verfügbar sein.

Hin und wieder landen auf der Empfehlungsliste zum Kennerspiel auch Titel, die man eher als Expertenspiel einordnen würde. Als solches würde ich dieses Jahr gerne Marrakesh sehen, denn es ist eines meiner Highlights des aktuellen Jahrgangs und trotz seiner Verzahnung auch nicht zu kompliziert zu erlernen. Ein Aspekt, der Marrakesh jedoch im Weg stehen könnte, ist in meinen Augen die Verfügbarkeit. Queen Games hat die Spiele der Feld City Collection erst nur über eine Kickstarter-Kampagne und später dann selbst auf Messen veräußert. Mittlerweile gibt es eine materialseitig abgespeckte Essential Edition für den Handel. Und gerade erst wurde bekannt, dass Queen Games zukünftig eine Vertriebskooperation mit Hutter Trade eingeht. Vielleicht sind das gute Vorzeichen.

Ganz schlechte Chancen räume ich hingegen Heat ein, auch wenn ich es gerne spiele und die allgemeine Begeisterung beim deutschen Publikum selbst den Verlag überrascht hat, der hier keinen Markt für solch ein Rennspiel sah. Ich gehe allerdings davon, dass die Jury es schlicht nicht in die Auswahl nehmen kann, weil bislang die einzige deutsch lokalisierte Ausgabe ausschließlich bei Thalia erhältlich war und weitere Händler nur eine internationale Ausgabe erhalten sollen.

Spiel des Jahres

Für die Auszeichnung zum Spiel des Jahres 2023 ist Dorfromantik mein Favorit. Auch wenn es nach Cascadia wieder ein Plättchenlegespiel ist. Ich bin überzeugt davon, dass die Jury jeden Jahrgang für sich bewertet und keine Spiele ausschließt, weil sie sich einen Hauptmechanismus mit vorherigen Preisträgern teilen. Wenn man von der reinen Platzierung sechseckiger Plättchen mal absieht, spielt sich Dorfromantik ganz anders, alleine dadurch dass es kooperativ ist und eine gemeinsame Auslage entsteht. Es ist nicht möglich eine Partie Dorfromantik zu verlieren. Das Punkteergebnis ist besser oder schlechter und es lässt sich mehr oder weniger freischalten. Womit wir bei der nächsten Besonderheit wären: Anfangs verborgenes Material, welches erst nach bestimmten Erfolgen ins Spiel kommt. Das gibt dem Spiel einen enormen Wiederspielreiz, zumindest bis man alles erreicht hat. Für mich persönlich wiederholen sich die einzelnen neuen Elemente zu sehr, aber ich bin ja auch nicht die Zielgruppe des Preises. Durch die Umsetzung, die nah am Computerspiel ist, kann es dem Spiel vielleicht gelingen den einen oder anderen Videospieler zu erreichen, der sich bisher kaum für Brettspiele interessierte.

Ich tippe bei den Nominierungen auf Spiele, die in meinem Spielgruppen besonders gut angekommen sind. Von Akropolis habe ich bei den B-Rex-Tagen zunächst nicht viel erwartet. Doch der einfache Spielablauf hat mich direkt überzeugt. Ich mag es, immer wieder anhand der verfügbaren Plättchen auszutüfteln, welche Wertungen sich lohnen könnten und zu sehen, ob man genügend Plättchen dafür zusammen bekommt.

Bei That’s not a Hat war auch mein erster Gedanke, ich brauche kein weiteres Gedächtnisspiel. Doch es hat bislang jede Runde begeistert. Selten haben sich so viele Mitspieler von uns ein Spiel direkt im Nachgang selbst gekauft. Das mag vielleicht auch am erschwinglichen Preis für ein solches Kartenspiel liegen, aber auch daran, dass dieses einfache Spielprinzip schlicht überzeugt. Man macht sich die ganze Zeit gegenseitig Geschenke, doch liegen diese Objekte nur zu Beginn offen und später verdeckt aus. Daher muss man beim weiter verschenken dazu sagen, um welches Objekt es sich handelt. Und das kann wiederum angezweifelt werden. Sich ein paar Objekte zu merken kann doch nicht so schwer sein, denken die meisten zu Beginn. Doch dann schaut man den anderen dabei zu, wie sie Karten hin und her schieben und sobald man selbst wieder dran ist, das eigene Objekt weiter zu verschenken, herrscht gähnende Leere im Kopf. Es kann auch passieren, dass ein Frosch erfolgreich herumgeht, der längst als Minuspunkt vor einem Spieler liegt. Oder es sind zwei Gummienten in unterschiedlicher Richtung unterwegs, aber allen ist es egal, weil kaum noch jemand einen Überblick hat was, wo liegt. Selbst dass es genau genommen nur einem Verlierer gibt, nämlich den der zuerst drei Minuspunkte sammelt, wurde in keiner Gruppe negativ aufgefasst. Stattdessen haben alle Spaß und lachen gemeinsam über kuriose Situationen, die am Spieltisch entstehen.

Es gibt weitere Spiele, denen ich gute Chancen einräume auf der sogenannten Longlist zu landen. Next Station: London ist ein Flip and Write-Spiel, welches nicht nur durch die enthaltenen bunten Farbstifte, aus der Menge heraussticht. Die vier Farben ermöglichen es in vier Runden unterschiedliche Linien auf einem Zettel einzuzeichnen, dessen Strecken sich nur in den Stationen kreuzen dürfen. Als kleines Kartenspiel würde ich Sea Salt & Paper hinzunehmen, ein schnelles Set Collection-Spiel mit Push your Luck-Element, bei dem man seine Punkte ab einem bestimmten Wert sichern oder darauf wetten kann, die meisten Punkte von allen zu haben. Zudem hat es eine außergewöhnliche Optik, denn jede Karte zeigt Origiami-Figuren. KuZooka hat ein familienfreundliches Thema, ist ansprechend bunt gestaltet und wäre für mich als kooperatives Spiel mit eingeschränkter Kommunikation ebenfalls ein Titel für die Empfehlungsliste. Ohne es bislang gespielt zu haben, halte ich es zudem für möglich auch Fun Facts von Repos im erweiterten Kreis wiederzufinden. Dies ist ein Kommunikationsspiel, bei dem man die Mitspieler gut einschätzen muss,

Ein Spiel mit dem ich besonders um Weihnachten und Silvester herum mit Familie und Freunden viel Spaß hatte, war Hitster. Man scannt QR-Codes und hört Songs, die man, ähnlich wie bei Anno Domini, in eine eigene Zeitleiste einbauen muss, die während einer Partie vor einem entsteht. Aus mehreren Gründen halte ich dieses Spiel jedoch für nicht nominierbar. Zum einen die feste Anbindung an Spotify. Mit einem kostenfreien Account war es, zumindest anfangs, nur möglich ein Ausschnitt aus der Mitte eines Songtitels zu hören und wer die App bedient, hat Titel und Interpret angezeigt bekommen Ich habe mir daher extra einen, immerhin kostenfreien, Test-Account besorgt, um das volle Spielerlebnis zu bekommen. Nach drei Monaten müsste man allerdings zu einem bezahlten Account wechseln oder einen anderen Spotify-Account verknüpfen. Diese feste Kopplung finde ich bedenklich in Bezug auf ein Auszeichnung. Auch mit Blick auf die Lebensdauer eines Spiel des Jahres-Preisträgers. Wer weiß ob es die App in einigen Jahren überhaupt noch gibt. Das Spiel hat nicht einmal eine gedruckte Anleitung, auch diese findet man ausschließlich in der App, was ich während der Partien störend empfand. Außerdem finde ich es einfach schade, dass in der heutigen Zeit, in der sich auch die Spieleautorenzunft explizit für die Erwähnung der Autoren einsetzt, dieses bei Hitster komplett versäumt wurde.


Vielleicht etwas kurzfristig, aber wie lautet denn eure Prognose? Was glaubt ihr wird zum Spiel des Jahres, Kennerspiel des Jahres und vielleicht auch zum Kinderspiel des Jahres nominiert? Lasst mich an euren Gedanken teilhaben und schreibt eure Kandidaten in die Kommentare, gerne auch mit kurzer Begründung.

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