Spiel des Jahres 2024 – Prognose

Auch wenn die Bekanntgabe der sogenannten Long Lists zum Kinderspiel, Kennerspiel und Spiel des Jahres in diesem Jahr erst sehr spät bekannt gegeben werden, bin ich mal wieder knapp dran euch von meinen Favoriten zu berichten. Zwischenzeitlich habe ich auch schon überlegt, ob ich es dieses Jahr einfach sein lasse, aber dafür bin ich dann doch zu sehr Gewohnheitstier und könnte damit einfach nicht gut leben. Bei den Bretterwissern haben wir bereits unsere Hörer gefragt, welche Titel sie auf den Listen vermuten und unsere persönlichen Tipps abgegeben. Heute möchte ich meine aktuellen Gedanken dazu verschriftlichen, bevor am kommenden Dienstag ab 16 Uhr die Bekanntgabe im Rahmen eines Youtube-Streams erfolgt.

Doch bevor ich zur diesjährigen Prognose komme, ein kurzer Rückblick auf das vergangene Jahr. Meine Tipps für das Kennerspiel waren gar nicht schlecht. Challengers wurde, wie von mir prognostiziert, zum Kennerspiel des Jahres 2023 gekürt. Mit Iki als nominierten Titel lag ich ebenfalls richtig und Council of Shadows landete auf der Empfehlungsliste. Auch Planet Unknown habe ich erwähnt, es aber nicht auf meine Liste gesetzt, da ich es selbst zu diesem Zeitpunkt noch nicht gespielt hatte. Mit Mindbug landete für mich recht überraschend ein reiner 2-Personen-Titel ebenfalls noch auf der kurzen Empfehlungsliste.

Beim Spiel des Jahres hatte ich beim späteren Preisträger Dorfromantik den richtigen Riecher. Die beiden anderen Nominierten Next Station: London und Fun Facts hatte ich lediglich auf der Empfehlungsliste erwartet. Stattdessen legte ich mich auf Akropolis und That’s not a Hat fest, die beide immerhin einen Platz auf der Empfehlungsliste bekamen.

Die weiteren von mir genannten Titel KuZooka, Sea Salt and Paper und sogar Hitster landeten ebenfalls auf der Empfehlungsliste. Ich würde mir ja jetzt fast selbst auf die Schulter klopfen, muss aber zugeben, dass die Jury in letzter Zeit einfach sehr transparent gewesen ist und man sich daher vorab einen guten Überblick verschaffen kann.

Als größte Überraschung könnte man vielleicht noch den gemeinsamen Sonderpreis für Unlock! Game Adventures und Unlock! Kids sehen. Die Entscheidung finde ich super, aber da die Jury mit Sonderpreisen eher spärlich umgeht, schließlich sollen es ja besondere Auszeichnungen sein, empfand ich das schon etwas überraschend. Und vor allem auch in der Kombination diesen Sonderpreis einem Kinderspiel und einem Kennerspiel zugleich zu verleihen.

Beim Kinderspiel des Jahres bleibt vielleicht noch zu erwähnen, dass mit Mysterium Kids mal wieder eine Kinderspiel-Version eines zuvor bereits beliebten Titels gewinnen konnte.

Kinderspiel des Jahres

Beim Kinderspiel des Jahres kann ich erneut keine Tipps abgeben, dafür müssen meine Neffen und meine Nichte noch ein wenig älter werden.

Kennerspiel des Jahres

Beim Kennerspiel des Jahres gibt es dieses Jahr einige gute Kandidaten, da fällt die Prognose nicht gerade leicht. Große Chancen sehe ich für e-Mission, weil es einfach ein richtig gutes Spiel zu einem brandaktuellen Thema ist. Man stellt sich dabei kooperativ der Aufgabe, gemeinsam weniger CO2 zu produzieren, als die Erde aufnehmen kann, bevor die Temperatur zu stark ansteigt und das Volk zu sehr in Notstand gerät. Jeder hat eigene Projekte im Blick, die man durch Ausspielen der Karten anpassen kann, was es einem Alphaspieler schwierig macht, Entscheidungen für alle anderen zu treffen.

Ebenfalls ein aktuelles Trend-Thema (Natur) und viele Karten kommen bei Mischwald zum Einsatz. Ziel dabei ist es einen Wald aus Bäumen entstehen zu lassen und an diesen Tiere auszuspielen, die auf verschiedene Weise Punkte einbringen, zum Teil beziehen sich diese Wertungen auf andere ausgespielte Karten. Manch einer stört sich an der unübersichtlichen Auslage und die umfangreiche Punktezählung bei Spielende, ich sehe darin allerdings kein Problem.

Auch Bier Pioniere setzt auf viele unterschiedliche Karten und kombiniert diese mit einem Worker Placement Mechanismus sowie dem Thema des Bierbrauens. Es ist für ein Kennerspiel schon recht komplex, aber offenbar sehr beliebt bei vielen Jury-Mitgliedern und könnte in diesem Jahr das etwas komplexere Spiel stellen, welches es in den vergangenen Jahren häufiger unter die Nominierten schaffte. Mindestens auf der Empfehlungsliste erwarte ich es aber definitiv.

Diese ist beim Kennerspiel ja eigentlich eher kürzer, keine Ahnung ob das bei der passenden Auswahl an Kandidaten auch dieses Jahr gelingt. Die Gilde der fahrenden Händler kam trotz diverser Kritikpunkte beim Spielmaterial eigentlich überall gut an und könnte ich mir daher dort vertreten vorstellen. Während dieses Spiel nun fast ein Jahr lang Zeit hatte, sich zu bewähren, ist mein nächster Tipp, gerade erst erschienen: Botanicus setzt ebenfalls auf das Naturthema, sieht mit seinen individuellen Holzfiguren sowie den fabelhaften Illustrationen einfach toll aus und zumindest die Variante spielt sich in meinen Augen auch wirklich interessant. Das Einsteigerspiel ist zwar zugänglicher, ich finde sie allerdings recht schnell langweilig.

Ohne es selbst gespielt zu haben, scheint auch Pan Am bei der Jury beliebt zu sein. Das Spiel hat zwar schon ein paar Jahre auf dem Buckel, eine deutsche Version erschien aber erst 2023 und ist durch den Vertrieb über Hutter nun erst großflächig verfügbar. Das waren längst nicht alle von großen Teilen der Jury gut besprochener Kennerspiele, aber ich möchte jetzt nicht alle einzeln aufzählen.

Ein besonderes Highlight dieses Jahrgangs war für mich Zug um Zug – Legenden des Westens, die Legacy-Variante des Klassikers, der 2004 den Preis Spiel des Jahres erhielt. Genau dieser Umstand könnte einer Nominierung im aktuellen Jahrgang im Wege stehen. Das war bei Pandemic Legacy und seinem nominierten Vorgänger zwar kein Problem, Pandemie war damals aber auch kein Preisträger. Ich könnte mir hier einen Sonderpreis vorstellen, auch wenn diese ja eigentlich zurückhaltend ausgegeben werden sollen. Die Kampagne beginnt zwar einfacher als das bekannte Zug um Zug, bringt aber kontinuierlich so viele neue Regeln hinzu, dass es immer umfangreicher und daher zu einem Kennerspiel wird. Vielleicht ist es auch gar kein Problem und es wird einfach zum Kennerspiel des Jahres nominiert.

Spiel des Jahres

Wie zuvor bereits erwähnt, ist es auch dieses Jahr wieder schwierig zu unterscheiden, ob ein Titel zum Spiel oder Kennerspiel des Jahres gehört. Ich entscheide mich dennoch für Sky Team als heißesten Favoriten auf den Titel Spiel des Jahres. Ich denke eigentlich, dass Spiele für nur zwei Personen es beim Kennerspiel des Jahres leichter haben, weil sie für eine größere Zielgruppe geeignet sind. Aber Sky Team ist einfach ein grandioses Spiel und hätte es in meinen Augen total verdient, als Spiel des Jahres bekannt zu werden und damit zu zeigen, was Brettspiele so alles können.

Eine meiner Kolleginnen, denen ich letztes Jahr Dorfromantik empfohlen habe, fand den Zugang schwierig, da das Konzept des kooperativen Spielens für sie völlig neu war. Das könnte auch bei Sky Team eine Hürde sein, aber ich finde gerade das Thema macht es so leicht zu erklären. Man sitzt gemeinsam im Cockpit und jeder hat seine speziellen Aufgaben, um den Flieger ordentlich zu landen. Und dabei gibt es eben immer wieder Phasen, in denen man keine Zeit für Smalltalk hat und einfach jeder Griff sitzen muss.

Jury-Mitglied Harald Schrapers hat in seinem Podcast explizit erwähnt, dass man Sky Team ja auch einfach in Teams, statt nur zu zweit, spielen könnte, und es in seinen Gruppen ähnlich gut an kam wie Dorfromantik im Jahr zuvor. Die ersten Szenarien sind überschaubar, die Komplexität wird langsam hochgedreht, indem immer wieder neue Elemente hinzukommen. Der Verlag hat die Schachtel extra so aufgebaut, dass man zu Beginn nicht von all dem Spielmaterial erschlagen wird, sondern zunächst nur das entdeckt, was man in der ersten Partie benötigt. Und bereits die ersten Szenarien sind schon so herausfordernd, dass ich finde, man kann alleine damit eine Menge Spielspaß erleben. Und daher passt es für mich als Spiel des Jahres, mit der Option es durch die anderen Szenarien immer komplexer werden zu lassen.

Auch wenn es nicht mein persönlicher Favorit im Genre der Kommunikationsspiele dieses Jahrgangs ist, würde ich auf eine Nominierung für The Same Game tippen. Ich selbst habe nur zwei Partien beim Pressetag erlebt, die zwar schon ganz interessante Diskussionen aufkommen lassen haben, aber insgesamt empfand ich es zu schwierig selbst einen passenden Begriff zu finden, der auf genau eine der Kategorien passt, auf alle anderen aber nicht. Ich persönlich würde lieber Ghostwriter an dieser Stelle sehen, da ich damit bessere Spielerlebnisse hatte. Zwei Teams versuchen denselben Begriff zu erraten, zu dem jeweils ein Teammitglied für das eigene Team geheime Fragen offen Buchstabe für Buchstabe beantwortet, bis das eigene Team das Aufschreiben stoppt. Aber es ist vielleicht nicht innovativ genug. Auch Sides bekam gute Kritiken aus dem Jury-Umfeld, das finde ich von den Dreien jedoch noch am wenigsten neuartig.

Meine dritte Prognose für die Nominierung zum Spiel des Jahres spreche ich für Mycelia aus. Auch wenn ich nicht mehr so überzeugt davon bin, wie ich es im vergangenen Spätsommer war, als das Spiel erschien. Wenn ich mir aktuell die Rezensionen der Jury-Mitglieder so anschaue, würde ich wohl eher darauf tippen, dass Auf den Wegen von Darwin gute Chancen hat. Das konnte ich aber bis heute nicht spielen.

Auf der Longlist würde ich Platz sehen für mindestens eines der pfiffigen Kartenspiele, die in diesem Jahrgang erschienen sind. Dazu gehören für mich Quando, Cabanga, FTW!, Schnitzeljagd, TRIO und ohne es selbst gespielt zu haben, Surfosaurus Max. Der größte Favorit scheint bei der Jury in dieser Kategorie allerdings Passt Nicht! zu sein. Ich konnte es bislang nur in kleineren Runden spielen und da hat es leider gar nicht gezündet. Auch ‘ne Tüte Chips wäre für mich ein würdiger Vertreter der kleinen, schnellen Spiele mit großem Glücks-, aber ebenso großem Spaßfaktor. Nur leider gibt es da in der Jury durchaus gegenteilige Meinungen.

Auch ein Quizspiel könnte ich mir gut vorstellen und ohne es selbst gespielt zu haben, rechne ich mit guten Chancen für Schätz’ it if you can. Die Problemchen mit dem Abtragen der Punkte am Schachtelrand und der Wertung in der letzten Runde wurden für die neue Auflage wohl behoben. Als Legespiel könnte auch Harmonies noch auf eine der Empfehlungslisten rutschen, wobei ich da nicht einmal genau sagen könnte, ob Spiel oder Kennerspiel des Jahres. Es fühlt sich für mich komplizierter an, da sich die Anforderungen der Tierkarten widersprechen können, was man schnell übersehen kann. Gleichzeitig empfinde ich es etwas zufälliger, da man weniger Einfluss auf die Auslage der Plättchen und Tierkarten hat. Auch wenn die Optik wunderschön ist, ist es die Materialqualität weniger, denn die Tableaus und Karten wellen sich. Es macht mir dennoch Spaß in jeder neuen Partie zu schauen, welche Tiere und Landschaften ich gut kombinieren kann, aber mir fehlt das Besondere an dem Spiel, welches es von anderen Titeln abhebt. Besonders im Vergleich zu ausgezeichneten Spielen wie Azul oder Cascadia. Selbst Krimimaster Steph Kessler hat es auf seinem Blog als Kind dieser beiden bezeichnet.


Vielleicht etwas kurzfristig, aber wie lautet denn eure Prognose? Was glaubt ihr wird zum Spiel des Jahres, Kennerspiel des Jahres und vielleicht auch zum Kinderspiel des Jahres nominiert? Lasst mich an euren Gedanken teilhaben und schreibt eure Kandidaten in die Kommentare, gerne auch mit kurzer Begründung.

Ähnliche Artikel:

3 Antworten auf „Spiel des Jahres 2024 – Prognose“

SkyTeam als Koop direkt nach Dorfromatik glaube ich nicht dran; würde auf Harmonies tippen, falls die Artverwandschaft zu Cascadia die Jury nicht stört. The Same Game scheint auch durchweg gut anzukommen – wenn jemand am Tisch die Regeln verständlich erklären kann ;-) Triqueta mit der jetzt implementierten Erweiterung, die es mE erst für 2 und 5 Spieler richtig tauglich macht, wäre vielleicht auch noch eine Möglichkeit, oder auch M’Lem.

Kennerspiel wird sicher e-Mission werden. Das Thema muss unter die Leute, und der Verlag wäre spartenübergreifend mal wieder dran.

BTW, “Passt Nicht!” hat bei fast allen gezündet, mit denen ich es gespielt habe.
Nachteilig sind allerdings Runden, bei der einige aggressiv taktisch spielen und andere ihrem rechten Sitznachbarn ums Verrecken nicht schaden wollen. Dann nutzt auch mal alle Taktik nix. Und zu zweit entfaltet es seine Qualität mE auch noch nicht wirklich.

Hallo KK,

vielen Dank für Deine Kommentare.

Diese Häufung des kooperativen Spielerlebnisses hat mich auch schon nachdenken lassen, dennoch empfinde ich die beiden Koop-Spiele am preiswürdigsten in beiden Kategorien. Harmonies fände ich persönlich unpassender, wenn man auf den vorletzten Siegertitel blickt.
Triqueta habe ich leider noch nicht gespielt, da mir zu zweit eher davon abgeraten wurde. Die 2te Edition möchte ich mir gerne anschauen, aber laut Pegasus Webseite erscheint die erst diesen Sommer. Ich fürchte das könnte dem Spiel im Weg stehen. Ich weiß auch nicht wie die Jury damit umgeht, wenn ein Spiel erst in der zweiten Edition mit zusätzlicher Erweiterung gänzlich von sich überzeugen kann.

Passt Nicht! werde ich in größerer Runde nochmal auf den Tisch bringen, vielleicht ändert das den Blickwinkel.

Es bleibt auf jeden Fall spannend bis morgen Nachmittag :)

Verspielte Grüße, Sonja

Hallo Sonja,

noch kurz zu Triqueta: In der Grundversion hat es zu zweit auch mE nicht funktioniert, und für fünf Spieler hatte es meiner Erfahrung nach zu wenig Spielsteine, um bei den Dreier-Sets ernsthaft in Bedrängnis zu kommen – also hatte es als Grundspiel auch zu fünft und damit an beiden Enden der angegebenen Spielerzahl nicht gut funktioniert.
Beides behebt nun die Erweiterung Hidden Wolves zum einen mit einer neu eingeführetn Sonderregel für Zwei und zum anderen mit zusätzlichen Steinen. Die BB soll ja mW künftig ausschliesslich zu einem nur wenig über dem des Grundspiels allein liegenden Preis angeboten werden.
In der BB-Version würde es daher mE gut zumindest auf die Empfehlungsliste als SdJ passen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert